Rede von
Dr.
Hermann
Schäfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz.
Dr. von Merkatz: : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des Abschlusses der Entnazifizierung ist eingehend diskutiert worden. Ich habe von meiner Fraktion lediglich den Auftrag, jetzt am Ende dieser langen Diskussion unsere Stellungnahme noch einmal ganz knapp zu umreißen. Bereits im Jahre 1945, verstärkt dann 1946 und 1947, hat die Deutsche Partei mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln gegen das System der Entnazifizierung angekämpft. Wir haben uns dabei von dem Gesichtspunkt leiten lassen, daß die Bestrafung oder Sanktionierung — das ist praktisch eine Bestrafung — eines politischen Gesinnungstatbestandes in keiner Weise in unser deutsches Rechtssystem und in unser Rechtsgefühl einzuordnen ist und daß man diese Fragen der politischen Säuberung auf ausgesprochene Nutznießungstatbestände und auf Straftatbestände zu beschränken hat.
Von diesem Gesichtspunkt ist der von uns vorgelegte Gesetzentwurf getragen. Wir sind heute noch der Ansicht und sind dafür eingetreten, daß eine Bundeszuständigkeit für dieses Rechtsgebiet besonderer Art gegeben ist, das zwar nicht zum Strafrecht im eigentlichen Sinne gehört, aber analog der Bundeszuständigkeit für das Strafrecht behandelt werden müßte. Nachdem die Diskussion im Ausschuß darauf hinauslief, daß die Verabschiedung einer Gesetzesvorlage nicht möglich schien, und auch nach der Stellungnahme des Justizministeriums, haben wir uns der Linie
angeschlossen, Grundsätze zu entwerfen, die einheitlich nach dem System einer allgemeinen Gesetzgebung in den Ländern angenommen werden sollten. Die Dinge sind eingehend durchdiskutiert worden. Insbesondere sind unsere Forderungen, die mit denen der FDP übereinstimmen, daß die Beendigung der Entnazifizierung sich auch auf die Gruppen I und II zu erstrecken hat, nicht in vollem Umfang angenommen worden. Die Frage, die praktisch die größte Tragweite hat, ist: Was geschieht mit den Beamten, die damals 1945 und 1946 so in Bausch und Bogen aus dem Amt hinausgejagt worden sind? Sollte man hier nicht der Rechtsprechung einiger Verwaltungsgerichte folgen, die ihnen ihre Bezüge wieder zuerkennen? Alle diese Punkte sind nicht angenommen worden. Insbesondere fehlt in den Grundsätzen, die der Ausschuß zum Schutze der Verfassung entworfen hat, die gerechte Berücksichtigung der durch die Spruchgerichte in der britischen Zone verurteilten Personen der Kategorien I und II.
Aus diesen Gründen ist meine Fraktion nicht in der Lage, den von dem Ausschuß entworfenen Grundsätzen zuzustimmen. Sie erwartet, daß angesichts der zwingenden Gebote unserer politischen Situation in allen Ländern und auch hier im Bundestag die Einsicht wächst, daß mit diesem Wahnsinn nun endlich Schluß gemacht werden muß.