Rede von
Dr.
Carlo
Schmid
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Dieser Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung der Interpellation der Abgeordneten Bauknecht und Genossen betreffend Lage der deutschen Pelztierzucht .
Meine Damen und Herren! Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor: 5 Minuten für die Begründung und, falls es zu einer Aussprache kommen sollte, 40 Minuten für die Gesamtaussprache. — Es ist so beschlossen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bauknecht.
Bauknecht , Interpellant: Meine Damen und Herren! Veranlassung zu dieser Interpellation gab die Tatsache, daß die deutsche Pelztierzucht in der vergangenen Zeit, seit die Zuständigkeit auf das Wirtschaftsministerium übergegangen ist, von diesen Stellen und auch von der deutschen Öffentlichkeit nahezu dilatorisch behandelt wurde. Es ist notwendig, Sie kurz mit einigen Zahlen darüber aufzuklären, wie die Verhältnisse bei diesem Betriebszweig liegen. Vor 1945 war die Jahreserzeugung in Deutschland 30 000 Silberfüchse, 8 000 Blaufüchse, 20 000 Nerz- und 100 000 Nutriafelle mit einem Gesamtwert von 13 Millionen Mark. Nach dem Verlust der Ostgebiete haben sich diese Zahlen wohl etwas vermindert; aber immerhin betrug die Erzeugung nach 1945 allein bei Silberfüchsen noch 13 000 und bei Nutria 60 000.
Meine Damen und Herren, es handelt sich hier nicht etwa um einen neuen Betriebszweig, sondern um einen alten Broterwerb für Tausende von Menschen, auch um keinen Sport, sondern um wirklich solide Geschäfte. Bis 1949 war diesem Betriebszweig noch eine bescheidene Rente vergönnt, weil die Länder eine entsprechende Förderung an den Tag legten. Aber seit der vollen Liberalisierung im Herbst 1949 geht es nun mit der deutschen Pelztierzucht rasend bergab, und zwar deswegen, weil im Zuge der völligen Liberalisierung uferlos Importe getätigt wurden, obwohl durch die deutsche Produktion der Gesamtbedarf an Edelfüchsen beispielsweise vollkommen gedeckt werden konnte.
Das Entscheidende ist, daß wir hier nicht etwa nun eine einseitige Bevorzugung wollen. Aber so, wie es zur Zeit ist, daß unsere wirtschaftlichen Stellen ohne weiteres die Tatsache hinnehmen, daß die nordischen Länder diese Fälle mit einem Exportdumping von 30% nach Deutschland exportieren, ohne daß von uns aus dagegen auf handelspolitischem Gebiet etwas getan wird, kann es nicht weitergehen; diese Tatsache kann nicht länger hingenommen werden. Ich meine, solche diskriminierenden Maßnahmen, wie sie vor allen Dingen durch Norwegen und Schweden in dem Exportdumping zutage treten, müssen unsererseits beantwortet werden. Wenn sich in der kommenden Saison, im kommenden Winter diese Dinge wiederholen würden, wäre der Ruin der deutschen Pelztierzucht sicher.
Werfen wir einen Blick nach den anderen Staaten und sehen wir, was dort für die Pelztierzucht getan wird! In USA, in Kanada wie auch in den nordischen Staaten bekommen die Züchter billigste Kredite und Subventionen. Die einheimische Zucht wird durch Zölle gegen ausländische Einfuhr geschützt und vom Staat betreut. Allein in Amerika beträgt der Schutzzoll 30 bis 50%, — bei uns nicht 1%!
Meine Herren! Wenn wir unter den gleichen Bedingungen wie Norwegen und Amerika produzieren können, sind auch die deutschen Züchter in der Lage, Gleiches zu leisten. Aber unter solch unfairen Bedingungen ist ihnen natürlich diese Möglichkeit genommen. Insgesamt haben wir in der Bundesrepublik heute noch 5 000 Pelztierzüchter. Diese Tatsache wird heute noch viel zuwenig beachtet, namentlich der Umstand, daß es sich hierbei vielfach — und zwar in den meisten Fällen —um körperlich Beschädigte und namentlich um Heimatvertriebene handelt. Wenn hier nichts geschieht, sind wir auf dem besten Wege, auch diese selbständigen Existenzen zu vernichten. Aber offenbar steht das Bundeswirtschaftsministerium diesen Dingen gleichgültig gegenüber.
Ich darf zum Schluß noch auf eines hinweisen: Es ist auch noch eine andere volkswirtschaftliche Seite, die hier beachtet werden muß, und zwar die, daß diese Tiere zur Hälfte mit Stoffen ernährt werden, die sonst der Volkswirtschaft verloren gehen. Ich erinnere daran, daß beispielsweise das Blut, das bei den Schlachtungen in den Schlachthöfen anfällt, sonst die Gosse hinunterläuft, aber ohne weiteres ein sehr brauchbarer Grundstoff für die Fütterung der Silberfüchse ist. Dasselbe gilt für minderwertiges Fleisch oder für minderwertigen Fisch.
Meine Herren, es ist so, daß wir den Wunsch haben, daß das Bundesernährungsministerium sich dieser Dinge annimmt und daß vor allem der Verband deutscher Pelztierzüchter zu den Beratungen und Beschlüssen, die das Bundeswirtschaftsministerium zu fassen hat, hinzugezogen wird.