Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie bereits der Herr Berichterstatter erwähnt hat, bestand im Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen ziemliche Übereinstimmung darüber, daß man der Gesetzesvorlage die Zustimmung geben kann, zumal das Gesetz auf ein Jahr befristet sein soll. Die SPD wird also dem Gesetzentwurf zustimmen.
In den Beratungen wurde nicht selten der Überzeugung Ausdruck gegeben, daß man die Regierung bitten sollte, endlich das zugesagte Gesetz über die große Tabaksteuerreform vorzulegen. Daß dieses Gesetz jetzt zu einer Notwendigkeit wird, sehen wir zum Beispiel an Erscheinungen auf dem Tabakmarkt in der letzten Zeit. Ich erinnere lediglich an den Tabakmarkt in Heidelberg am 12. September, bei dem der größte Teil des angebotenen Tabaks nicht einmal Abnehmer finden konnte. Ob die eine Hoffnung der Raucher, zu denen ich nicht gehöre und zu deren Anwalt ich mich eigentlich heute bekennen muß, aber nur dann bekennen kann, wenn ich daran zurückdenke, daß ich vor vierzig Jahren auch zu ihnen gehörte,
— ob dieser eine Wunsch und die Hoffnung der Raucher, daß es endlich einmal zu einer Herabsetzung der Preise für gewisse Tabakerzeugnisse auf ein erträgliches Maß kommen werde, erfüllt wird und ob diese Raucher den Tag der Herabsetzung erleben werden, steht allerdings noch sehr dahin.
Ich glaube, wir stehen zu sehr im Zeichen des „Morgen"; „heute noch nicht, aber morgen ist es nicht ausgeschlossen". Ich muß schon gestehen: dabei habe ich lebhaft an die Tafel gedacht, die ich unlängst einmal beim Eintritt in eine deutsche Burg lesen konnte. Darauf stand: „Heute Eintritt 50 Pfennig; morgen Eintritt frei". Dieses „Morgen" zu erleben, wird wahrscheinlich keinem Besucher der Burg je gestattet sein; denn er wird am kommenden und überkommenden Tag immer wieder erleben, daß erdieselbe Tafel vorfindet: „Heute Eintritt 50 Pfennig; morgen ist er frei".
Was wir auf diese Versprechungen zu geben haben, davon können ja vor allem unsere verdrängten Beamten ein Lied singen, denen man seit dem 2. Dezember des vorigen Jahres die Gleichstellung zugesichert hatte; aber auch die Freunde eines guten Trunks schwarzen Kaffees können davon ein Lied singen — das glaube ich hier zum Ausdruck bringen zu müssen —, die ebenfalls noch die Herabsetzung des Preises, der 460 % des Vorkriegspreises beträgt, erwarten.
Nun hat es den Anschein, als ob man gerade bei der Vertretung der Interessen des kleinen Mannes nicht jene Energie aufbrächte, wie wenn es sich darum handelt, einem andern zu Willen zu sein. So ist zum Beispiel schon längst das Gesetz über die Steuervergünstigungen für die Tabakkleinstanbauer fällig. Wir hatten bereits einen Antrag eingebracht, der aber zurückgezogen wurde, als wir hörten, daß ein entsprechender Gesetzentwurf bereits im Bundesrat vorläge. Dieser Gesetzentwurf ist im Bundesrat behandelt worden, und es ist auch darin den Wünschen der Tabakkleinstpflanzer so weit wie möglich Rechnung getragen worden. Aber dieser Gesetzentwurf ist noch nicht dem Bundestag vorgelegt worden; und die Kleinstpflanzer haben ein hohes Interesse daran, daß dieses Gesetz recht bald hier verabschiedet werde. Wir dürfen wohl das Bundesfinanzministerium bitten, uns nicht mehr allzulange auf die Vorlage dieses Gesetzes warten zu lassen. Nachdem die Tabakkleinstpflanzer gewisse Steuervergünstigungen — Steuerfreiheit bis zu 100 Pflanzen, Zahlung eines herabgesetzten Steuersatzes von 100 bis zu 200 Pflanzen — bekommen sollen, wäre es an der Zeit, sehr bald mit der Beratung der Vorlage zu beginnen, bevor noch das letzte Blatt Rohtabak in den Pfeifen unserer Tabakplantagenbesitzer in Miniatur verschwunden ist. Gleichzeitig sollte man aber auch daran denken, den Forderungen der Kleinsterzeuger etwas gerechter zu werden. Sie wissen, daß die Kleinsterzeuger und Kleinfabrikanten, wie wir sie namentlich in Nordbaden noch haben, heute sehr schwer gegen die Konkurrenz der Großunternehmer zu kämpfen haben. Ihre Regie ist eine unvergleichlich größere. Sie haben nicht wie die Großbetriebe die Möglichkeit, Rohtabak in größeren Mengen einzukaufen. Sie haben eine bedeutend höhere Regie beim Verkauf. Sie können nicht ihre Tabakkistchen im eigenen Betrieb wie große Betriebe erzeugen. Sie sind gezwungen, das Tabakentrippen fremden Betrieben anzuvertrauen. Kurz, ihre Regie ist eine ungleich höhere als die der Großbetriebe.
Es ist vielleicht nur gerechtfertigt, wenn diese Kleinbetriebe bitten, daß man ihnen, so wie einst, eine gewisse Rückvergütung der Banderolensteuer zubillige. Ob alle diese Wünsche, die aus den Reihen der kleinen Leute kommen, auch beim Bundesfinanzministerium Gehör finden werden, ist allerdings mehr als zweifelhaft. Früher sagte man einmal, Finanzminister dürfen kein Herz haben. Vielleicht haben sie wirklich keines, oder es ist derart klein, daß es nicht Platz hat, all den vielen Interessenten einen Unterschlupf zu bieten. Meine Damen und Herren, wenn man schor nicht in der Lage ist, gleichmäßig nach allen Seiten auszuteilen, so sollte man wohl in unserem Staate, der sich zu drei Vierteln aus kleinen Leuten zusammensetzt,
aus Menschen, die ein Recht haben, daß man ihre Interessen von höchster Seite vertritt, deren Wünsche etwas mehr berücksichtigen.
Die SPD-Fraktion ist bereit, der Gesetzesvorlage zuzustimmen, und ich wiederhole meine Bitte an das Finanzministerium, die Interessen dieser kleinen Leute, die ich eben erwähnte, der kleinen Pflanzer und auch der kleinen Produzenten, zu berücksichtigen.