Rede von
Dr.
Otto
Kneipp
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Die Drucksache Nr. 1395 befaßt sich mit dem Entwurf eines Gesetzes über Tabaksteuervergünstigungen für gewerbliche Tabakpflanzer im Erntejahr 1950. Ehe ich auf die Materie dieses Gesetzentwurfs selbst eingehe, darf ich Ihnen zur Erläuterung der Bedeutung des Gesetzes einige Zahlen geben.
Der deutsche Tabakanbau findet sich in erster Linie in dem Land links und rechts des Rheins, im südlichen Deutschland, also in Baden-Baden, als geographischer Begriff angesehen, in der Pfalz, in Franken, in Südhessen und in Niedersachsen. Die gesamte Anbaufläche beträgt in diesem Jahr 12 000 ha, die Anbauerzahl 64 000. Der gesamte Tabakanbau im Inlande umfaßt rund 40 % des Tabakbedarfs der Bundesrepublik. Aus diesen Zahlen können Sie die Bedeutung des inländischen Tabakanbaues ersehen und vermögen demgemäß auch den Inhalt des Gesetzentwurfs entsprechend zu würdigen. Die Tabakanbauer selbst sind durchweg kleinere Leute, wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf; also im Klein- und Kleinstbetrieb vollzieht sich, hauptsächlich im badischen Raume, dieser Anbau. Sind es doch allein im badischen Raum rund 40 000 gewerbliche Tabakpflanzer, um in der Sprache des Gesetzentwurfs zu bleiben. Nicht nur Bauern, sondern auch Fabrikarbeiter sind gerade an diesem Anbau beteiligt. Bei dem Tabakanbau handelt es sich um besonders intensive Kulturen. Der Tabakanbau vollzieht sich auf Böden, die sich in erster Linie für den Tabakbau eignen. Es sind durchweg leichtere Böden, zum Teil sandige Böden, auf denen dieser Anbau vor sich geht.
Nun habe ich vorhin schon gesagt: wir haben ein außerordentlich großes Interesse daran, den inländischen Tabakbau weiterhin aufrechtzuerhalten und unter Umständen zu forcieren. Wir haben auch qualitätsmäßig ein besonderes Interesse daran, diesen Tabakanbau herauszustellen. Wir dürfen dem deutschen Tabakanbau durchaus nachsagen, daß er in bezug auf die Qualität in den letzten Jahren außerordentlich große Leistungen aufzuweisen hat. Wenn uns auch die klimatischen Verhältnisse der Tabakanbaugegenden zunächst nicht gestatten werden, hundertprozentig dem Ziel nahezukommen, das sich der deutsche Tabakanbau gestellt hat, so sind wir doch auf dem besten Wege, ein Tabakerzeugnis zu bekommen, das durchaus in Konkurrenz mit den ausländischen Tabakerzeugnissen treten kann. Mit dem gesamten Tabakverbrauch von rund 77 000 Tonnen pro Jahr im Gebiet der Bundesrepublik würden wir es schon devisenmäßig überhaupt nicht schaffen, wenn wir nicht auf den inländischen Anbau zurückgreifen könnten.
Aus diesem Grunde hat der Wirtschaftsrat im vorigen Jahr für das Tabakwirtschaftsjahr 1949/50 bschlossen, den Anbauern, um sie anzuregen, Prämien in Gestalt einer Tabaksteuervergünstigung zu geben. Diese Prämien werden nach dem Umfang der angebauten Fläche zugeschlagen, sodaß derjenige, der eine besonders große Fläche bebaut, ein entsprechend größere Menge von Tabakerzeugnissen verbilligt bekommt. Im vorigen Jahr hat sich nun herausgestellt, daß die hingegebenen Prämien zu umfangreich waren. Der Tabakanbauer soll diese Prämien für sich, seine Familienangehörigen und die bei ihm beschäftigten fremden Arbeitskräfte verwenden. Es ist hier und da Mißbrauch getrieben worden, weil die Tabakanbauer die ihnen im vorigen Wirtschaftsjahr zugeteilten verbilligten Tabakerzeugnisse nicht restlos aufbrauchen konnten. Es würde dem Sinn des Gesetzes widersprechen, wenn die Tabakanbauer einen Teil der ihnen zu billigeren Preisen abgegebenen Tabakerzeugnisse verkaufen würden. Damit würden sie sich natürlich auch außerhalb des Rahmens des Gesetzes stellen.
Im Benehmen mit den Tabakanbauern hat die Bundesregierung die zu bewilligenden Vergünstigungen auf ca. 50 % der vorjährigen Prämien herabgedrückt. Die Meinung im Ausschuß war auf diesem Gebiet nicht ganz einhellig. Es wurde hier und da die Frage aufgeworfen, ob man diese Vergünstigungen steuerlicher Art weiter bewilligen soll. Es wurde auch die Frage aufgeworfen, ob diese Vergünstigungen noch weitere Jahre gelten sollten. Man hat sich aber schließlich im Ausschuß mit großer Mehrheit zu der Ansicht durchgerungen, daß für das laufende Jahr — und das Gesetz erstreckt sich ja nur auf das laufende Tabakwirtschaftsjahr — diese Prämien, diese Vergünstigungen bewilligt werden sollten. Sie sind in dem Gesetz auf Kilogrammengen oder Bruchteile von Kilogramm je nach der Größe der Fläche abgestellt. Es ist ein Modus gefunden worden, um die Steuervergünstigung von einem Kilogramm entsprechend auf die einzelnen Tabakerzeugnisse umzumünzen.
Der Ausschuß hat die Regierungsvorlage in § 1 und 2 dahingehend geändert, daß er hinter „Zigarillos" das Wort „Stumpen" eingefügt hat,
um den Tabakanbauern die Möglichkeit zu geben, an Stelle von Zigarillos Stumpen zu nehmen. Er hat für die entsprechende Anzahl Zigarillos eine etwas kleinere Menge Stumpen eingefügt, um auch gewichtsmäßig eine Gleichheit herzustellen. Bei der redaktionellen Gestaltung der Vorlage ist versehentlich unterlassen worden, in § 1 Abs. 1 letzter Satz hinter „Zigarillos" das Wort „Stumpen" einzufügen. Ich darf namens des Ausschusses beantragen, das Wort „Stumpen" in § 1 Abs. 1 Satz 2 einzufügen.
Das Gesetz des vorigen Jahres erstreckte sich nur auf das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, nicht auf die französische Zone. Es ist selbstverständlich, daß in diesem Jahre die Vergünstigungen unter allen Umständen auch für die Anbauer in der französischen Zone eingeführt werden müssen. Ich bitte Sie, auch insoweit der Gesetzesvorlage zuzustimmen.
Der Ausfall, der dem Bund durch diese Vergünstigungen entsteht, beträgt 2,6 Millionen DM.
Ich habe die Ehre, Sie namens des Ausschusses zu bitten, dem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu erteilen.