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ID0109105600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 91. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1950 3365 91. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1950. Geschäftliche Mitteilungen . 3366D, 3375A, 3405C Zustimmung des Deutschen Bundesrats zum Ersten Gesetz zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund (Erstes Überleitungsgesetz) . . . 3367A Gesetz zur Verlängerung des Notgesetzes für die deutsche Hochseefischerei . . 3367A Gesetz über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofs 3367A Gesetz zur Änderung des Konsulargesetzes 3367A Gesetz über Personalausweise 3367A Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Entwurf eines Gesetzes über eine vorläufige Finanzhilfe für das Land Schleswig-Holstein im Rechnungsjahr 1950 3367B Anfrage Nr. 115 der Fraktion der BP betr Verteilung der für den Wiederaufbau kriegszerstörter landwirtschaftlicher Anwesen zur Verfügung gestellten Kredite auf die deutschen Länder (Nr. 1321 und 1451 der Drucksachen) 3367B Anfrage Nr. 119 der Fraktion des Zentrums betr. Münzprägung (Nrn. 1383 und 1454 der Drucksachen) 3367B Überweisung der Anträge der Fraktionen der SPD bzw. der WAV betr. Verordnung PR Nr. 51/50 über Änderung des Einheitstarifs für Kraftfahrtversicherungen an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik (Nrn. 1365 und 1369 der Drucksachen) 3367B Schreiben des Bundeskanzlers vom 12. Oktober 1950 betr. Ernennung des Bundestagsabgeordneten Dr. Dr. Lehr zum Bundesminister des Innern 3367C Vereidigung des Bundesministers des Innern Dr. Dr. Lehr 3367C Erklärung der Fraktion der DP außerhalb der Tagesordnung betr. Flugblatt gegen den Wahlbetrug in der Ostzone 3368A Dr. Mühlenfeld (DP) 3368A Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Aufwendungen für Kunstwerke (Nr. 1325 der Drucksachen) . . . . 3368B Dr. Koch (SPD), Interpellant . . . . 3368B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 3369C Dr. Bertram (Z) 3370C Erste und zweite Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, WAV und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Freistellung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages von Haftpflichtansprüchen (Nr. 1417 der Drucksachen) . 3371A Dr. Oellers (FDP), Antrag- steller 3371A, 3372A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 3371C Erler (SPD) 3372D Ewers (DP) 3373A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 vom 23. Juni 1950 (BGBl. S. 219) (Nr. 1401 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) (Nr. 1448 der Drucksachen) 3373B Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Berichterstatter 3373B Schoettle (SPD) 3374D, 3376D Dr. Leuchtgens (DRP) . . 3375B, 3378B Bausch (CDU) 3376A, 3378D Paul (Düsseldorf) (KPD) 3378A Austritt der Abgeordneten Fröhlich, Ott, Tichi und Weickert aus der Fraktion der WAV und Bildung einer parlamentarischen Gruppe „Deutscher Gemeinschaftsblock der Heimatvertriebenen und Ent rechteten" 3375A Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung (Nrn. 1424, 1354, 444, 248 der Drucksachen) 3379B Richter (Frankfurt) (SPD) . 3379C, 3383C Kohl (Stuttgart) (KPD) 3380B Storch, Bundesminister für Arbeit 3381C Degener (CDU) 3382B Frau Korspeter (SPD) 3383A Dr. Hammer (FDP) 3383A Frau Kalinke (DP) . . . . 3383C, 3384D Schoettle (SPD) 3384D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Tabaksteuervergünstigungen für gewerbliche Tabakpflanzer im Erntejahr 1950 (Nr. 1288 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11.Ausschuß) (Nr. 1395 der Drucksachen) 3385A Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 3385B Herbig (SPD) 3386A Zweite Beratung des von den Abg. Strauß, Kemmer u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Nr. 180 der Drucksachen) 3387B Zur Geschäftsordnung: Brandt (SPD) 3387C Strauß (CSU) 3388A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse (Nr. 1281 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 1423 der Drucksachen) . 3388B Schill (CDU), Berichterstatter . . . 3388B Günther (CDU) 3389D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . . 3390A Mensing (CDU) 3390C Dr. Horlacher (CSU) 3390D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Preisgesetzes (Nr. 972 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 1422 der Drucksachen) 3391A, 3396A Dr. Preusker (FDP), Berichterstatter 3391B Zur Geschäftsordnung: Etzel (Duisburg) 3394B, D Dr. Wellhausen (FDF) . . . 3394C, 3395A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Hilfsmaßnahmen für unwettergeschädigte Gebiete (Nrn. 1399, 1149 der Drucksachen) . . . 3395A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Ermächtigung des Bundestages zur Strafverfolgung wegen Verächtlichmachung des Bundestages (Nr. 1405 der Drucksachen) 3395B Dr. Horlacher (CSU), Berichterstatter 3395B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Eingaben gegen die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Reimann (Nr. 1406 der Drucksachen) 3396A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 3396A Paul (Düsseldorf) (KPD) 3398A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über Schwerbeschädigten-Betriebe (Nrn. 1449, 571 der Drucksachen) 3399A Arndgen (CDU), Berichterstatter . 3399A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Anpassung von Leistungen der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Arbeitslosenfürsorge, der Körperbeschädigten- und Hinterbliebenenversorgung, der Soforthilfe und der öffentlichen Fürsorge (Nr. 1271 der Drucksachen) 3399C Fischer (SPD), Antragsteller 3399C, 3404D Müller (Offenbach) (KPD) . . . . . 3402C Storch, Bundesminister für Arbeit 3403C Horn (CDU) 3404B Beratung es Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1411 der Drucksachen) . 3405A Nächste Sitzung . . . . 3405C Die Sitzung wird um 9.19 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon bei der zweiten Beratung dieses Gesetzes hat der Abgeordnete Kohl die Behauptung aufgestellt, daß im Bundesarbeitsministerium Pläne vorlägen oder ausgearbeitet würden, wonach in der Krankenversicherung eine Beteiligung der Versicherten an den Behandlungskosten vorbereitet würde. Dazu habe ich Ihnen zu sagen, daß das mit keinem Wort der Wahrheit entspricht. Tatsache ist, daß wir im „Bundesarbeitsblatt" einen Artikel aufgenommen haben, um einmal der breitesten Öffentlichkeit die Auffassungen von gewissen Stellen in Deutschland über eine Reform der Sozialversicherung klarwerden zu lassen. Wir haben uns vom Inhalt distanziert, indem wir im „Bundesarbeitsblatt" in einer Fußnote ganz klar gesagt haben, daß die in diesem Artikel enthaltenen Auffassungen keinesfalls die Auffassungen des Arbeitsministeriums oder auch nur einiger Sachbearbeiter seien. Unglücklicherweise hat dann ein Teil der Presse aus diesem Artikel einiges herausgezogen und von Reformbestrebungen des Bundesarbeitsministeriums gesprochen. Wir haben ausdrücklich der Presse gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß diese Ausführungen nicht der Wahrheit entsprechen, und die Presse hat diese unsere Stellungnahme herausgebracht. Ich wundere mich deshalb, daß der Abgeordnete Kohl diese Behauptungen auch heute wieder in derselben Form aufstellt. Wir werden heute im Laufe des Tages noch Gelegenheit haben, uns über die wirklichen Verhältnisse in der Sozialversicherung zu unterhalten. Sie werden dabei sehen, daß in Wirklichkeit das Problem der Sozialversicherung eines der brennendsten und auch eines der schwierigsten ist.
    Ich möchte zu der gesamten Gesetzesvorlage noch folgendes sagen. Wir haben diesen Gesetzentwurf in der vorliegenden Form mit einer fünfzigprozen


    (Bundesarbeitsminister Storch)

    tigen Beteiligung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer vorgelegt, weil wir der Überzeugung sind, daß wir in absehbarer Zeit gezwungen sein werden, der Sozialversicherung weitergehende Einnahmen zu sichern, und wir wissen ganz genau, daß diese Gelder aus den Erträgnissen der Wirtschaft entnommen werden müssen. Wir sind der Meinung, daß hier die beiden Sozialpartner sich gemeinschaftlich des Ernstes ihrer Aufgabe bewußt sein müssen und daß sich eine Seite der Selbstverwaltung ihrer Verantwortung in vollem Umfange gar nicht bewußt sein kann, wenn man sie in die absolute Minderheit bringt.

    (Hört! Hört! bei der SPD und der KPD.)

    — Jawohl, meine Damen und Herren, das ist bei Ihnen genau so. Wenn wir über die Selbstverwaltung, wenn wir über das Mitbestimmungsrecht reden und wenn Ihnen Vorschläge gemacht werden, wonach Sie nicht paritätisch vertreten sind, dann sagen Sie: das ist für uns zwecklos.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD und KPD.)

    Genau so ist es doch hier. Wenn wir heute in der gesamten Sozialversicherung einheitliches Recht vorschlagen, also auch die fünfzigprozentige Beteiligung der Arbeitnehmer in der Unfallversicherung vorsehen, und wenn wir jetzt daran gehen, auf der Basis der Selbstverwaltung eine neue Arbeitslosenversicherungsanstalt zu errichten, ist in keinem Moment von den Gewerkschaften der Vorschlag gemacht worden, die Selbstverwaltung zwei Drittel zu ein Drittel aufgeteilt einzuführen.
    Ich bin der Ansicht, daß unsere Sozialversicherung etwas Einheitliches ist. Sie muß sämtliche in der Wirtschaft tätigen Menschen verpflichten, alles zu tun, um diese Hilfseinrichtung für unsere
    arbeitenden Menschen so krisensicher wie überhaupt nur möglich zu machen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Degener.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Johannes Degener


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will die Debatte über den Hauptpunkt der Vorlage, § 2, Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane in der Sozialversicherung, nicht verlängern. Der Herr Bundesarbeitsminister hat im ganzen gesehen den Standpunkt vertreten, den auch meine Fraktion in der großen Mehrheit teilt.
    Ich möchte aber kurz zu einem Abänderungsantrag sprechen, den wir heute eingereicht haben. In § 1 Abs. 6 der Ausschußvorlage ist vorgesehen, daß im Vorstand des Versicherungsträgers ein Arzt nicht stimmberechtigt mitarbeiten soll. Ein Teil meiner Freunde ist der Auffassung, daß es nicht sinngemäß und nicht zweckmäßig ist, im Vorstand dieses Sozialversicherungsträgers einen Arzt mitwirken zu lassen, dessen Standesorganisation oder kassenärztliche Vereinigung als Vertragspartner mit dem Versicherungsträger in einem Vertragsverhältnis steht. Es sind da Bedenken geltend gemacht worden, die wir zwar nicht ganz teilen, die uns aber doch bewogen haben, einen Kompromißvorschlag zwischen dem schon bei der vorigen Lesung eingereichten Abänderungsantrag der SPD-Fraktion und dem Wortlaut in § 1 Abs. 6 der Ausschußvorlage zu formulieren. Wir möchten das Hohe Haus bitten, für § 1 Abs. 6 folgende Fassung zu beschließen:
    Der Vorstand des Versicherungsträgers hat bei der Behandlung von Fragen, die die Volksgesundheit berühren, einen auf dem Gebiete der Volksgesundheit und der Sozialversicherung erfahrenen Arzt mit beratender Stimme hinzuzuziehen. Die Auswahl des Arztes erfolgt auf Grund von Vorschlägen der zuständigen Ärztekammer vom Vorstand des Versicherungsträgers.
    Dieser Wortlaut sichert, daß dieser Arzt nur in den Fragen der Volksgesundheit hinzugezogen wird. Damit sind die größten Bedenken gegen den Wortlaut der Ausschußvorlage, wie ich glaube, entfallen.
    Wir sind aber der Meinung, daß die einzige Stelle, die noch in der Lage ist, mit einigermaßen Aussicht auf Erfolg einen möglichst uninteressierten Arzt für die Hinzuziehung in den Vorständen bei den Fragen der Volksgesundheit vorzuschlagen, eben die Ärztekammer ist.

    (Abg. Kohl [Stuttgart] : Sehen Sie, und das bezweifeln wir!)

    — Es gibt unseres Erachtens keine andere Stelle, die mit mehr Aussicht auf Erfolg solche Vorschläge machen kann.
    Nun hatten wir überlegt, ob es zweckmäßig sei, bei dieser neuen Formulierung auch den Vorschlag zu machen, daß dieser von der Ärztekammer vorgeschlagene und vom Vorstand unter den verschiedenen Vorschlägen ausgewählte Arzt für die Dauer der Wahlperiode des Vorstandes hinzugezogen werden solle. Wir haben aber davon abgesehen, eine solche Bestimmung mit in unseren Vorschlag aufzunehmen, weil wir die Möglichkeit offenlassen möchten, daß auch einmal ein Wechsel in der Person des hinzuzuziehenden Arztes erfolgt, falls ein solcher Wechsel zweckmäßig ist. Wir sind allerdings der Auffassung, daß im Interesse einer kontinuierlichen Zusammenarbeit danach gestrebt werden sollte, diesen Arzt für die Dauer der Wahlperiode des Vorstandes in den Fragen der Volksgesundheit heranzuziehen. Wir möchten andererseits auch keinen Zweifel darüber lassen, daß wir bei dem Ziele, hier eine ärztliche Mitwirkung ohne Stimmrecht zu sichern, von der Ansicht ausgegangen sind, daß in allen Fragen der Leistungsfestsetzungen — in der Regel werden das diejenigen sein, die über die RVO-Mindestleistungen hinausgehen, die dann zu beschließen sind, wenn es sich zum Beispiel darum handelt, Tbc-Krankheit, Krebskrankheit oder dergleichen zu bekämpfen und dafür Mittel aus dem Etat der Krankenkasse entweder zu steigern oder zu senken, — der Augenblick gekommen ist, in dem der Arzt beratend beteiligt sein muß.
    Wegen der Bedeutung der Fragen der Volksgesundheit nach all dem, was hinter uns liegt, bitten wir, diese beratende Mitwirkung des Arztes durch die Annahme unseres Vorschlages zu sichern.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)