Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon bei der zweiten Beratung dieses Gesetzes hat der Abgeordnete Kohl die Behauptung aufgestellt, daß im Bundesarbeitsministerium Pläne vorlägen oder ausgearbeitet würden, wonach in der Krankenversicherung eine Beteiligung der Versicherten an den Behandlungskosten vorbereitet würde. Dazu habe ich Ihnen zu sagen, daß das mit keinem Wort der Wahrheit entspricht. Tatsache ist, daß wir im „Bundesarbeitsblatt" einen Artikel aufgenommen haben, um einmal der breitesten Öffentlichkeit die Auffassungen von gewissen Stellen in Deutschland über eine Reform der Sozialversicherung klarwerden zu lassen. Wir haben uns vom Inhalt distanziert, indem wir im „Bundesarbeitsblatt" in einer Fußnote ganz klar gesagt haben, daß die in diesem Artikel enthaltenen Auffassungen keinesfalls die Auffassungen des Arbeitsministeriums oder auch nur einiger Sachbearbeiter seien. Unglücklicherweise hat dann ein Teil der Presse aus diesem Artikel einiges herausgezogen und von Reformbestrebungen des Bundesarbeitsministeriums gesprochen. Wir haben ausdrücklich der Presse gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß diese Ausführungen nicht der Wahrheit entsprechen, und die Presse hat diese unsere Stellungnahme herausgebracht. Ich wundere mich deshalb, daß der Abgeordnete Kohl diese Behauptungen auch heute wieder in derselben Form aufstellt. Wir werden heute im Laufe des Tages noch Gelegenheit haben, uns über die wirklichen Verhältnisse in der Sozialversicherung zu unterhalten. Sie werden dabei sehen, daß in Wirklichkeit das Problem der Sozialversicherung eines der brennendsten und auch eines der schwierigsten ist.
Ich möchte zu der gesamten Gesetzesvorlage noch folgendes sagen. Wir haben diesen Gesetzentwurf in der vorliegenden Form mit einer fünfzigprozen
tigen Beteiligung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer vorgelegt, weil wir der Überzeugung sind, daß wir in absehbarer Zeit gezwungen sein werden, der Sozialversicherung weitergehende Einnahmen zu sichern, und wir wissen ganz genau, daß diese Gelder aus den Erträgnissen der Wirtschaft entnommen werden müssen. Wir sind der Meinung, daß hier die beiden Sozialpartner sich gemeinschaftlich des Ernstes ihrer Aufgabe bewußt sein müssen und daß sich eine Seite der Selbstverwaltung ihrer Verantwortung in vollem Umfange gar nicht bewußt sein kann, wenn man sie in die absolute Minderheit bringt.
— Jawohl, meine Damen und Herren, das ist bei Ihnen genau so. Wenn wir über die Selbstverwaltung, wenn wir über das Mitbestimmungsrecht reden und wenn Ihnen Vorschläge gemacht werden, wonach Sie nicht paritätisch vertreten sind, dann sagen Sie: das ist für uns zwecklos.
Genau so ist es doch hier. Wenn wir heute in der gesamten Sozialversicherung einheitliches Recht vorschlagen, also auch die fünfzigprozentige Beteiligung der Arbeitnehmer in der Unfallversicherung vorsehen, und wenn wir jetzt daran gehen, auf der Basis der Selbstverwaltung eine neue Arbeitslosenversicherungsanstalt zu errichten, ist in keinem Moment von den Gewerkschaften der Vorschlag gemacht worden, die Selbstverwaltung zwei Drittel zu ein Drittel aufgeteilt einzuführen.
Ich bin der Ansicht, daß unsere Sozialversicherung etwas Einheitliches ist. Sie muß sämtliche in der Wirtschaft tätigen Menschen verpflichten, alles zu tun, um diese Hilfseinrichtung für unsere
arbeitenden Menschen so krisensicher wie überhaupt nur möglich zu machen.