- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()
Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Verwahrung dagegen einlegen, daß wir heute hier dieses Gesetz und insbesondere den Art. I überhaupt beraten. Nach meiner Auffassung müßte der Voranschlag für das Jahr 1950 längst durch die Gesetzgebungsinstanzen hindurchgegangen sein. Es hat jetzt wenig Sinn, festzustellen, ob der Bundestag, die Regierung oder der Bundesrat daran schuld ist. Jedenfalls bleibt es ein finanzpolitischer Skandal, daß wir heute im Oktober für das laufende Geschäftsjahr noch keinen von den gesetzgebenden Instanzen bewilligten Voranschlag haben. Deshalb ist es für uns unmöglich, dieser Verlängerung der vorläufigen Haushaltsordnung bis zum Ende dieses Jahres zuzustimmen. Ich möchte die gesetzgebenden Instanzen vor allen Dingen auffordern, nun den Voranschlag so rasch wie möglich durchzuführen. Wir sind doch immer bestrebt, vorbildlich für die übrigen Gebietskörperschaften zu sein. Es ist ein sehr schlechtes Beispiel, daß wir heute noch keinen gesetzlich genehmigten Etat haben. Draußen in den Landtagen, in den Kreistagen und in den Gemeindevertretungen sind die Etats zum großen Teil genehmigt, hier im Bundestag noch nicht. Es ist auch keine Entschuldigung dadurch gegeben, daß ein Übergang, eine Neugestaltung dieser Dinge notwendig war. Die Unterlagen liegen seitens der Regierung schon seit Wochen oder Monaten vor. Die Gesetzgebungsmaschine arbeitet eben nicht korrekt.
Ich möchte vor allen Dingen darauf aufmerksam machen, daß es unmöglich ist, den Kreditplafond von 1,5 Milliarden auf 2 Milliarden DM zu erhöhen. Diese Ablehnung beruht nicht auf einer Willkür, auch nicht auf einer Oppositionshaltung gegenüber der Regierung, sondern sie ist eine sachliche Notwendigkeit. Unsere Wirtschaft arbeitet heute in weitem Maße mit Kredit. Die Kreditaufblähung ist dermaßen groß, daß man die größten Befürchtungen haben muß, daß unser Geld- und Kreditwesen in sich zusammenbricht. Ich habe hier den Monatsbericht der Bank deutscher Länder vom August 1950 vor mir liegen. Darin wird an den verschiedensten Stellen darauf aufmerksam gemacht, wieweit die Kreditsteigerung Platz gegriffen hat. Danach sind zunächst die kurfristigen Kredite aller geschäftsführenden Banken im August um 230 Millionen DM! gestiegen. Die mittel- und langfristigen Ausleihungen der Geldinstitute sind um 343 Millionen DM gestiegen. Die Kredite des Zentralbankensystems, die unmittelbar an Nichtbanken ausgegeben werden, sind um 146 Millionen DM gestiegen. Außerdem ist hier ausdrücklich erwähnt, daß die öffentlichen Finanzen sich zusehends verschlechtern. Es heißt hier — ich gestatte mir mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten, diese wenigen Sätze aus dem Bankbericht der Bank deutscher Länder zu verlesenen — :
Die wichtigsten weiteren Erhöhungen der Ausgabenansätze betreffen die Investitionen für die Seeschiffahrt und die Ausgaben der Wirtschaftsverwaltung. Insgesamt sind nunmehr
— und das ist für unsere Beratung sehr beachtenswert —
die Ausgaben nach Ausschaltung einer etatsrechtlich bedingten Doppelbuchung in Höhe von 300 Millionen DM mit 12,7 Milliarden DM veranschlagt. Die vorgesehene Erhöhung der Berlin-Hilfe um 200 Millionen DM ist hierin noch nicht enthalten. Der ursprünglich mit 364 Millionen DM bezifferte Fehlbetrag wird im neuen Entwurf mit 709 Millionen DM angenommen. Er soll durch Kreditaufnahme gedeckt werden, wovon 300 Millionen DM für die Lebens- und Düngemittelsubventionen und der Rest hauptsächlich für die im außerordentlichen Haushalt projektierten Investitionen vorgesehen sind.
Meine Damen und Herren! Die Begründungen, die das Finanzministerium in der Vorlage für die Erhöhung des Kreditplafonds gibt, sind in keiner Weise zulässig und in keiner Weise zu rechtfertigen. Warum hat man mit den Ländern die 240 Millionen DM nicht schon verrechnet? Es ist eine Sache des Finanzministeriums, diese Verrechnung vorzunehmen, und man kann sich jetzt nicht die Erhöhung des Kreditplafonds mit einer solchen Begründung vornehmen. Auf der andern Seite sind auch die Vorschüsse, die sonst gefordert werden, keineswegs in ihrer Begründung zu verstehen. Die fortgesetzten Übergriffe des Finanzministers zeigen sich ja gerade auch aus dem Bericht des Herrn Dr. Höpker-Aschoff, in dem nachgewiesen
wird, daß 360 Millionen aus den Mitteln des ECA-Fonds genommen werden. Der Herr Finanzminister macht — und das möchte ich hier ausdrücklich einmal sagen — in seiner Finanzpolitik, was er will. Er fragt nicht nach dem Haushaltsausschuß und fragt erst recht nicht nach dem Plenum. Er nimmt ohne weiteres diese Erhöhungen vor und sagt uns dann: das habe ich getan. Wenn wir das Etatsrecht wahren wollen, dann müssen wir gegen diese Erhöhung des Kreditplafonds mit allem Nachdruck Stellung nehmen; und ich bitte Sie deshalb, den Antrag auf Erhöhung des Kredits von 1,5 Milliarden auf 2 Milliarden abzulehnen. Wenn wir das nicht tun, dann machen wir uns nach wie vor zum Spielball finanzministerlicher Willkür.