Rede von
Dr.
Victor-Emanuel
Preusker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Es hat uns einigermaßen in Erstaunen versetzt, daß jetzt auf einmal vom Herrn Kollegen Meyer von der SPD ein Antrag auf Beseitigung der Preisbindungen für die Kasko- und Unfallversicherung vorgelegt und begründet worden ist. Genau denselben Standpunkt vertritt auch unsere Fraktion bereits seit langer Zeit in den Beratungen über das Preisgesetz. Die Fraktion der SPD hat erst vor wenigen Tagen bei den Abstimmungen im wirtschaftspolitischen Ausschuß über die Frage der Beibehaltung oder Aufhebung der Preisbindung für die Kasko- und Unfallversicherung für die Beibehaltung der Preisbindung für die Kasko- und Unfallversicherung gestimmt.
Ich vermag diesen Widerspruch nicht aufzuklären
und wäre sehr interessiert, zu erfahren, ob nun
die Stellungnahme von vor drei Tagen oder die jetzige Stellungnahme die Meinung der SPD-Fraktion widergibt.
Von unserem Standpunkt aus ist sicher den Kraftfahrzeugversicherungen zuzubilligen, daß sie im Laufe der letzten eineinhalb Jahre wesentlich erhöhte Schäden zu regulieren hatten, daß die Zahl der Unfälle auf unseren Landstraßen erheblich zugenommen hat. Andererseits glauben wir aber auch, daß kein Grund besteht, nun auf der Grundlage nur des kurzen bisher zur Verfügung stehenden Zeitraumes so tiefgehende Eingriffe in die bisherigen Prämiensysteme vorzunehmen und so erhebliche Heraufsetzungcn zu verordnen. Wir glauben, daß die Prämiensätze ungenügend gewesen sind, aber niemand kann mit Sicherheit sagen, ob sie tatsächlich in diesem Umfang heraufgesetzt werden mußten. Die Versicherungen selbst scheinen ja auch das Empfinden gehabt zu haben, daß sie hier doch mit unsicheren Größen arbeiten. Sonst hätten sie nicht von sich aus den Korrektivgedanken der Einführung der Gewinnbeteiligung hervorgebracht, der ja auch in dieser Verordnung 51/50 niedergelegt wurde, allerdings in einer Weise, die uns absolut nicht befriedigt. Für den Fall, daß die Aufhebung der Preisbindung für die Kasko- und Unfallversicherung nicht erfolgt, müssen wir schon jetzt sagen, daß dieser Punkt unbedingt geändert werden muß.
Wenn man aber weiß, daß etwa 70 bis 75 % der gesamten Schadens- und Prämienzahlungen auf die Zwangshaftpflichtversicherung entfällt und daß auf den übrigen Bereich der Kasko- und Unfallversicherung nur etwa 25 % entfallen, so scheint es uns tatsächlich bei diesen Versicherungszweigen, bei denen kein Abschlußzwang für das Versicherungsunternehmen vorliegt, sondern es im freien Willen des Unternehmens sowohl wie der Versicherten liegt, ob sie einen bestimmten Vertrag abschließen wollen oder nicht, berechtigt zu sein, die Preisbindungen aufzuheben, um im Wege des freien Wettbewerbs der Versicherungsunternehmen untereinander und auf der anderen Seite dann auch der freien Wahl der Versicherungsnehmer zu einer echten Bedarfsprämie auf den Gebieten der Unfall- und Kaskoversicherung zu gelangen.
Es ist häufig eingewandt worden, daß die drei Gebiete eng zusammengehören und sich voneinander nicht trennen ließen, weil sie dasselbe Objekt betreffen. Dann müßte man mit dem gleichen Recht auch den untrennbaren Zusammenhang etwa zwischen Kranken- und Lebensversicherung begründen können. Denn zweifellos betrifft sowohl die Kranken- wie die Lebensversicherung das gleiche Objekt, nämlich den Menschen. Es handelt sich aber doch um völlig verschiedene Dinge, die auch in der Kalkulation völlig verschieden behandelt werden müssen, ebenso in der Deckungsmasse. In dem einen Fall, bei der Haftpflichtversicherung, werden Schäden versichert, die irgend jemand dritten Personen oder Sachen zufügt. Bei der Unfall- und Kaskoversicherung werden dagegen in erster Linie Schäden versichert, die man selbst an seinem eigenen Körper oder an seinem Fahrzeug erleidet. Es sind also ganz verschiedene Tatbestände. Daß sie mit einem und demselben Auto zusammenhängen, steht auf einem anderen Blatt.
Ich darf nur noch ein Wort zu dem Antrag der WAV sagen. Hier müßte es zunächst heißen: „da sie ohne Zustimmung des Bundesrates erfolgte"; denn es steht nirgendwo im Grundgesetz, daß eine
Rechtsverordnung der Zustimmung des Bundestags bedarf. Wir sind der Meinung, daß der Bundestag in keinem Falle hier hätte zustimmen müssen. Dieser Antrag ist also abzulehnen, weil er sachlich unrichtig ist.
Zu dem Antrag der SPD darf ich für unsere Fraktion nur erklären, daß wir aus den angeführten Gründen auch dafür sind, den freien Wettbewerb in der Unfall- und Kaskoversicherung endlich zuzulassen.