Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier handelt es sich wieder um die Zuständigkeitsverteilung zwischen Regierung und Bundestag. Ich glaube nicht, daß die Frage durch die Regierung richtig gelöst worden ist. Die Anordnung greift so tief in das gesamte Verkehrswesen ein, daß zum mindesten eine Zustimmung des Bundesrates hätte herbeigeführt werden müssen. Aus Gründen, die von maßgebender juristischer Seite dargelegt worden sind, handelt es sich im wesentlichen nicht um eine Anordnung, die die Preisbildung betrifft, sondern aus folgenden Gründen in erster Linie um eine wirtschaftspolitische Anordnung. Die Kaskoversicherung hat eine erhöhte Schadenskurve zu verzeichnen, und die zusätzlichen Kosten der freiwilligen Kaskoversicherung sind in dieser Preisanordnung den Zwangsversicherten aus der Haftpflichtversicherung zu-
sätzlich mit aufgebürdet worden. Das ist keine Maßnahme der Preisbildung mehr, sondern eine Maßnahme der Wirtschaftspolitik. Für eine solche Maßnahme ist der Verordnungsweg nicht gegeben.
Es kommt hinzu, daß die Schadenshäufigkeit heim gewerblichen Güterverkehr viel stärker angestiegen. ist als die Schadenshäufigkeit beim PKW-Verkehr. Diese erhöhte Schadenshäufigkeit findet aber nicht ihren Ausdruck in den Prämien, das heißt, der Personenkraftwagenverkehr muß einen anderen Teil des motorisierten Verkehrs, nämlich den gewerblichen Güterverkehr mit subventionieren. Auch das ist keine Maßnahme, die im Verordnungswege auf Grund einer Preisbildungsverordnung hier getroffen werden könnte. Man sieht also, daß vielleicht durchaus erstrebenswerte Ziele - darüber möchte ich mich hier nicht verbreiten - hier auf dem Verordnungswege durchgesetzt werden sollen und daß das zuständige Gremium, nämlich der Gesetzgeber, vereint in Bundestag und Bundesrat, übergangen werden soll. Dagegen müssen wir uns in erster Linie wehren.
Es kommt noch ein zweiter sehr wichtiger Gesichtspunkt. hinzu. Die Versicherungsgesellschaften haben gut daran getan, diesen Antrag jetzt vorzulegen. Denn es hat sich in einer international vergleichenden Betrachtung der Schadenshäufigkeit ergeben, daß bei ganz kleiner Verkehrsdichte die Schäden gering sind. Bei einer sehr großen Verkehrsdichte weisen die Schäden eine mittlere Höhe auf. Bei einer mittleren Verkehrsdichte aber sind die Schäden am allergrößten. Es ist also keineswegs so, daß mit zunehmender Verkehrsdichte auch die Schäden steigen, sondern die Schäden senken sich hierbei. In Deutschland haben wir aber das Stadium einer mittleren Verkehrsdichte erreicht, die sich weiter steigert. Auf Grund des Vergleichs mit dem Ausland kann man annehmen, daß sich dann die Schadenshäufigkeit senken wird. Infolgedessen ist es vom volkswirtschaftlichen Gesichtspunkt aus betrachtet ein denkbar ungeeigneter Augenblick, für die Schadens- und Prämienfestsetzung einen Zeitpunkt zu wählen, in dem die Schadenshäufigkeit, international gesehen, am allerhöchsten ist.
Ich hin deshalb der Ansicht, daß diese Anordnung einmal rechtsungültig ist. Zum andern müßte eine solche Anordnung, wenn sie im Wege der Gesetzgebung erwogen werden sollte, den zuständigen Instanzen zugeleitet. werden.