Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Auch für mich und meine Freunde ist nicht der geringste Zweifel daran möglich, daß es undenkbar ist, ein Gesetz von dieser Tragweite hier in drei Lesungen zu verabschieden, wie wir es vorhin ausnahmsweise einmal bei der Änderung der Gewerbeordnung in einem ganz klarliegenden Falle getan haben. Ich bedauere, daß von Regierungsseite ein solcher Antrag gestellt worden ist. Man versteht nicht recht, was sich die Regierung eigentlich dabei gedacht hat. Meine Damen und Herren! Ich bedauere es, daß ich leider nicht in der Rolle des Oppositionellen hier stehen kann.
— Das ist ja nun nicht zu machen.
Aber meine Freunde fassen die Stellung als Koalitionspartei nicht so auf, daß wir in einem Falle, wie er hier vorliegt, nicht sehr offen der Regierung gegenüber unsere abweichende Auffassung mit allem Nachdruck zum Ausdruck bringen sollten. Wir haben uns wiederholt gegenüber unserer — wie ich leider hier sagen muß — Regierung dagegen verwahrt, daß dieses Haus immer wieder im letzten Moment zu Gesetzesvorlagen Stellung nehmen muß, wenn eine Frist abläuft.
Meine Fraktion ist nicht gewillt, weiter zu dulden, daß das, was sie als Regierungspartei sagt, anscheinend bei der Regierung nicht gehört wird.
Dieser Zustand ist unerträglich. Ich bedauere, daß hier kein verantwortlicher Minister zugegen ist.
Wir lassen uns als Regierungspartei solche Dinge nicht länger gefallen.
Das Vertrauen in die Regierungsarbeit muß aufs schwerste gestört werden, wenn bei der Regierung anscheinend so wenig Vorsorge und vorausschauende Planung vorhanden ist, daß man für ein am 30. September ablaufendes Gesetz dem Hohen Hause am 28. September die entsprechende Vorlage macht. Es war seit Monaten vorauszusehen, daß wir bis zum 30. September den Haushalt nicht würden verabschieden können. Der Haushaltsausschuß muß sich in der nächsten Woche überlegen, ob wir die Haushaltsberatung bis zum 31. Dezember werden abschließen können. Ich hoffe, daß die Regierung sich schon heute — —
- ja, das ist die offene Frage, über die wir uns dann im Haushaltsausschuß unterhalten müssen. Aber ich hoffe, daß auch die Regierung nun nicht wieder wartet bis zum 18. Dezember, wenn hier die Weihnachtspause einsetzen soll, sondern sich rechtzeitig überlegt, wie die Situation ist, wenn bis zum 31. 12. die Sache nicht erledigt ist.
Meine Damen und Herren! Eine Krediterhöhung um 500 Millionen wird beantragt. Wenn man einmal Banker gewesen ist, hat man auch in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts noch eine große Achtung für den Tausendmarkschein. 500 Millionen Krediterhöhung! Ich darf darauf hinweisen, daß diese Kredite ja auch Zinsen kosten. Unser Schuldenhaushalt sieht jetzt schon eine Zinsensumme von 150 Millionen vor. So einfach ist das also nicht, hier einfach 500 Millionen zu bewilligen. Diese Bewilligung kostet auch Zinsen. Wir werden im Haushaltsausschuß vom Herrn Bundesfinanzminister genaue Aufklärung fordern, wie sich seine Kreditoperationen in den letzten Monaten vollzogen und entwickelt haben. Es wird behauptet, daß im Schuldenausschuß bereits schwere Bedenken zum Ausdruck gebracht worden sind hinsichtlich gewisser Manipulationen, die hier durchgeführt worden sind.
Wir wünschen über diese Dinge absolute Klarheit gerade als Regierungspartei, die wir die Verantwortung mittragen. Wir werden auf der anderen Seite selbstverständlich gern dafür geradestehen, ,daß die nötigen Mittel für die notwendige Anreicherung der Vorräte zur Verfügung stehen. Aber wir wünschen vorher absolute und restlose Klarheit über die ganze Kreditlage.
Wir haben mit Erstaunen in der Begründung gelesen, daß in dem halben Jahr, das seit Beginn des Haushaltsjahres verflossen ist, immer noch keine Klarheit über die Zahlungen der Länder an den Bund zur Abdeckung des Haushaltsdefizits für das Haushaltsjahr 1949 geschaffen worden ist. In unseren Kreisen ist kein Zweifel mehr darüber, daß eben die Dinge immer schwieriger werden, weil die elf Länder teilweise nicht leistungsfähig und nicht in der Lage sind, diese Beträge aufzubringen. Das sind sehr grundsätzliche Fragen!
Leider scheinen auch meine Voraussagen eingetroffen zu sein, die ich schon bei der letzten Etatberatung machte, daß wohl auch die Bundesbahn kaum in der Lage gewesen ist, die Zahlungen zu leisten, die sie nach dem Haushaltsplan leisten soll. Das sind alles Fragen von sehr großer, grundsätzlicher Bedeutung. Es ist falsch, zu Blaubei, daß diese Fragen sich von selbst lösen würden! Nein, diesen Problemen muß man ganz offen ins Auge sehen. Man muß dann auch den Mut haben, daraus die Konsequenzen zu ziehen, die sich zwangsläufig ergeben. Wir sind dafür und werden dafür stimmen, daß dieses Gesetz dem Haushaltsausschuß überwiesen wird. Wir werden uns gern dafür einsetzen, daß die Beratungen im Haushaltsausschuß so rasch wie möglich durchgeführt werden. Aber daß dieses Gesetz mit seiner großen Bedeutung einer ganz eingehenden Beratung bedarf, das unterliegt für meine Freunde keinem Zweifel.