Rede von
Erwin
Schoettle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die jetzt zur Beratung stehende Vorlage gilt das bekannte Wort, daß nichts so eilig sein könnte, als daß es durch Liegenlassen nicht noch eiliger werden würde. Ich finde, es ist ein etwas starkes Stück, dem Bundestag den Gesetzentwurf erst nach dem Auslaufen des Gesetzes vorzulegen, obwohl bekannt war, daß das vorläufige Haushaltsgesetz am 30. September ablaufen würde.
Dazu war überhaupt kein Grund vorhanden. Das Bundesfinanzministerium ist seit langem darauf aufmerksam gemacht worden, die Beratungen über den Haushalt 1950/51 würden unter keinen Umständen so fristgerecht vor sich gehen, daß etwa nicht mit der Verlängerung dieses Gesetzes zu rechnen ist. Ich weiß nicht, was man im Bundesfinanzministerium über eine korrekte Haushaltsführung gedacht hat, wenn man einfach die Dinge treiben ließ und es dahin brachte, daß wir praktisch seit dem 30. September einen haushalts-
und gesetzlosen Zustand haben.
Ich glaube trotz allen Verständnisses für die Schwierigkeiten einer Übergangsperiode, so kann man die Dinge nicht behandeln. Man muß schon darauf Wert legen, daß auch das Bundesfinanzministerium seinen Kalender zur Hand nimmt und an die ablaufenden Fristen denkt.
Meine Damen und Herren! Ich möchte im Namen meiner Fraktion dagegen Einspruch erheben, daß die Vorlage heute in allen drei Lesungen verabschiedet wird; nicht etwa, weil wir die Dringlichkeit dieses Gesetzes nicht einsehen würden. Aber ich glaube, es ist unmöglich, diese Vorlage zu behandeln, ohne im Haushaltsausschuß die schwerwiegenden Bedenken gründlich geprüft zu haben, die gegen einige Formulierungen des vorläufigen Haushaltsgesetzes vorgebracht worden sind. Ich denke dabei insbesondere an den § 8 des Gesetzes, in dem ein Kreditplafond festgesetzt wird, dessen Erhöhung man jetzt in der Verlängerungsvorlage fordert. Es gibt verschiedene Bedenken gegen die Formulierungen dieses § 8, die dahin gehen, daß er mit dem Wortlaut des Grundgesetzes nicht übereinstimme. Das Grundgesetz bestimmt in seinem Art. 115:
Kreditgewährungen und Sicherheitsleistungen zu Lasten des Bundes, deren Wirkung über ein Rechnungsjahr hinausgeht, dürfen nur auf Grund eines Bundesgesetzes erfolgen.
Aber für dieses Bundesgesetz wird bindend vorgeschrieben, daß im Gesetz die Höhe des Kredits oder der Umfang der Verpflichtungen, für die der Bund die Haftung übernimmt, bestimmt sein müssen. Dem entspricht die jetzige Formulierung des vorläufigen Haushaltsgesetzes nicht. Es .ist unmöglich, heute in drei Lesungen über ein Gesetz abzustimmen, gegenüber dem z. B. der Bundesschuldenausschuß eine Reihe von Vorbehalten zu machen hat. Ich schlage deshalb vor, daß wir heute eine erste Lesung durchführen, dann das Gesetz dem Haushaltsausschuß überweisen und in der nächsten Woche die zweite und dritte Lesung vornehmen.