Herr Präsident! Meine Damen und Herren: Die sozialdemokratische Fraktion sieht sich nicht in der Lage, dieser Anordnung zuzustimmen. Die Gründe dafür liegen keineswegs in der Höhe der Preise für in Deutschland erzeugtes Getreide. Sie liegen auch nicht in der Höhe der Reports. Wir wollen uns auch nicht mit den zweifellos in der Anordnung vorhandenen Unebenheiten bezüglich der Paritätspunkte und der Preisgebiete beschäftigen. Wir sind der Überzeugung, daß es sich hier um eine sehr schwierige Angelegenheit handelt, die jetzt schon wegen der einen Tatsache nicht mehr korrigiert werden kann, daß uns diese Anordnung erst am 28. September zugegangen ist, obwohl sie eigentlich schon am 1. Oktober in Wirkung sein sollte.
Wenn wir der Anordnung nicht zustimmen, dann tun wir es deshalb nicht, weil wir in ihr eine Fortsetzung des — verzeihen Sie den harten Ausdruck! — etwas leichtfertigen Verfahrens bezüglich der Behandlung der Auswirkungen der Getreidepreiserhöhung auf den Brotpreis sehen. Es ist ganz ohne Zweifel und wird von keinem der Beteiligten bestritten, daß die Auswirkung dieser Anordnung eine Erhöhung der Brotpreise in dem Umfang bedeuten muß, in dem die Erhöhung der Getreidepreise, der Mehlpreise durch die Reports nicht durch Subventionen ausgeglichen wird. Wir haben von dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf den Herrn Bundesminister der Finanzen die Mitteilung bekommen, daß die Regierung im Interesse der Erhaltung
des Preises für das sogenannte Konsumbrot unter allen Umständen eingreifen werde, wenn sich das zur Aufrechterhaltung des heutigen Preises als notwendig erweisen sollte. Wir haben leider keine zuverlässige Mitteilung darüber, um welchen Betrag es sich handeln wird. Es ist auch mit den beteiligten Kreisen — also in diesem Falle Bäcker und Müller — trotz mehrfacher Verhandlungen noch kein brauchbarer Weg für die Durchführung einer solchen Subvention gefunden worden. Aber selbst wenn es möglich sein sollte, den Preis für Konsumbrot in der einen oder anderen Weise durch Zurverfügungstellung von öffentlichen Mitteln in der heutigen Höhe zu halten, würden wir das für keine ausreichende Sicherung der Aufrechterhaltung des Brotpreises erachten.
Meine Damen und Herren! Es ist über das Konsumbrot außerordentlich viel geredet worden. Aus den verschiedensten Gründen, die jetzt nicht zur Debatte stehen, wird über das Konsumbrot nur ein außerordentlich geringer Prozentsatz der Brotversorgung befriedigt; d. h. daß weite Kreise der Verbraucher aus Gründen, die, wie gesagt, hier nicht zur Debatte stehen, in ihre Haushaltsrechnung nicht den Preis für Konsumbrot, sondern den Preis für die freien Brotsorten eingehen sehen müssen. Deshalb ist das Problem nicht damit gelöst, wenn man diese eine Brotsorte betrachtet und ihren Preis stabilisieren will; denn diese Brotsorte hat für die Statistik, für die Berechnung des Lebenshaltungskosten-Indexes zweifellos sehr viel mehr Bedeutung als für die Brotversorgung in der Praxis. Wir haben also aus den Auswirkungen dieser Anordnung mit einer weiteren Steigerung des Preises mindestens der sogenannten freien Brotsorten zu rechnen. Das erscheint uns außerordentlich bedenklich, ebenso bedenklich vom Standpunkt der Verbraucher wie vom Standpunkt der Erzeuger aus.
Ich habe von dieser Stelle aus mehrfach darauf hingewiesen, daß es mindestens unzweckmäßig, ja gefährlich ist, wenn man bei der Berücksichtigung der Interessen der Erzeuger nicht zugleich auch die Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die Verbraucher betrachtet. Es ist dann für die Verbraucher zu naheliegend, die Ursachen für die bei ihnen auftretenden Schwierigkeiten in der Landwirtschaft zu sehen. Sie können es keinem übelnehmen, wenn er da nicht in tiefe Forschungen einsteigt, um die Zusammenhänge zu erkennen.
Es ist nach unserer Meinung Sache der Regierung, daß sie sich, wenn sie auf der einen Seite eine Maßnahme trifft, mit den Konsequenzen dieser Maßnahme nach der anderen Seite hin auseinandersetzt. In der Zusage der Regierung, den Konsumbrotpreis auf dem heutigen Stande zu halten, sehen wir dafür keine Garantie. Man hat seinerzeit, weil man ja mit aller Gewalt den Nachweis dafür führen wollte, daß das Kanzlerwort „der Brotpreis bleibt unverändert" auch gehalten würde, den Konsumbrotpreis unter recht erheblichem Druck auf die beteiligten Wirtschaftskreise so eng kalkuliert, daß er jetzt einfach nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Das werden Ihnen alle, die bereit sind, darüber offen zu reden, zugeben. Darüber liegen Meinungsäußerungen sowohl von seiten der Genossenschaftsbäckereien wie auch von seiten der privaten Unternehmer vor, daß wegen der Enge der Kalkulation der Konsumbrotpreis überhaupt nur gehalten werden kann, wenn man zum Ausgleich der Verluste oder mindestens zum Ersatz der Gewinne, die man auf dieser Seite nicht machen kann, auf die freien Brotsorten zu-
rückgreift. Das bedeutet, daß die Dinge doch außerordentlich eng ineinander sitzen. Es scheint mir völlig ohne Zweifel zu sein — und ich bedaure, es hier aussprechen zu müssen —, daß, da sich die Regierung ganz offenbar nicht entschließen will, alle Verteuerungen aufzufangen, am Ende dieser Verordnung zwangsläufig mindestens für die sogenannten freien Brotsorten eine neue Preiserhöhung sich durchsetzen wird. Das ist der Regierung auch von allen Beteiligten mitgeteilt worden.
Es scheint uns nicht der richtige Weg zu sein, in solchen Fällen einfach zu sagen, daß es am guten Willen der Beteiligten liege. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, daß ein so umfangreiches Gewerbe wie die Bäcker und die Müller so verantwortungslos ihre engen Interessen gegenüber der Regierung durchsetzen würde, wenn es dafür nicht auch ausgezeichnete kalkulatorische Grundlagen hätte. Weil das auf uns zukommt, sprechen wir es hier aus. Wir bedauern, daß auch in dieser Situation von seiten der Regierung nicht offen zugegeben wird, daß die Erhöhung der Getreidepreise unter gleichzeitiger Beschränkung der Subventionen notwendigerweise zu einer Erhöhung der Brotpreise führen muß. Ich wollte es hier angesprochen haben, und damit hoffe ich, die Gründe dafür dargetan zu haben, warum wir dieser Anordnung nicht zustimmen. Wer ihr zustimmt, muß es in dem Bewußtsein tun, daß, wenn er also ganz vorsichtig formulieren will, mindestens eine sehr erhebliche Gefahr und viele gute Gründe für eine weitere Verteuerung des Teils der Brotversorgung entstehen, der nun einmal der überwiegende Teil ist. Ich würde Sie dringend bitten, nicht allzusehr auf dem Konsumbrot herumzureiten; denn, wie gesagt, es ist für die Lebenshaltungstatistik, für den Nachweis, daß die Dinge nicht teurer werden, sehr viel wichtiger als für die Brotversorgung.