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ID0109002700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 90. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. Oktober 1950 3331 90. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Oktober 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3332C, 3335A Änderung der Tagesordnung . . 3332D, 3335A Antrag auf Aufhebung der Immunität des Abg. Kalbfell 3332D Mende (FDP), Berichterstatter . . . 3332D Anfrage Nr. 111 der Fraktion des Zentrums betr. Zuständigkeit für das Geld- und Kreditwesen (Nrn. 1296 und 1419 der Drucksachen) 3335A Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Besteuerung besonderen Aufwandes (Nr. 1345 der Drucksachen) 3335B Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . . 3335B Ewers (DP) 3336D Dr. Koch (SPD) 3337B Dr. Bertram (Z) 3339A Paul (Düsseldorf) (KPD) 3340A Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Nr. 1380 der Drucksachen) 3340C Dr. Etzel (Bamberg), Antragsteller 3340D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Finanzierung des Wohnungsbaus (Nr. 1339 und 83 [neu] der Drucksachen) 3341C Tenhagen (SPD), Berichterstatter . 3341C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Änderung des § 99 der vorläufigen Geschäftsordnung (Nr. 1404 der Drucksachen) 3342A Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 3342A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (Nr. 1389 der Drucksachen) 3342C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 3342C Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1398 der Drucksachen) . . 3343A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3343A Beratung der Verordnung PR Nr. 59/50 über Getreidepreise für die Monate Oktober 1950 bis Juni 1951 (Nr. 1400 der Drucksachen) 3343B Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 3343B Kriedemann (SPD) 3344B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses betr. Entwurf eines Gesetzes über Personalausweise (Nrn. 1385, 1032, 1143 und 1302 der Drucksachen) 3345C Dr. Oellers (FDP), Berichterstatter . . 3345C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1401 der Drucksachen) 3335A, 3346C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3346C Schoettle (SPD) 3347A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 3347C Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abg. Dr. Wuermeling, Arnholz, Gaul, Farke, Dr. Falkner, Pannenbecker, Paschek u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung (Nr. 1409 der Drucksachen) 3335B, 3348C Dr. Seelos (BP) (zur Geschäftsordnung) 3348D Dr. Wuermeling (CDU), Antragsteller 3349A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen (Nr. 1356 der Drucksachen) 3350A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über das Schiffsregister (Nr. 1370 der Drucksachen) 3350A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Personenstandsgesetzes (Nr. 1371 der Drucksachen) 3350B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Rheinschifferpatente (Nr. 1388 der Drucksachen) 3350B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Anerkennung von Nottrauungen (Nr. 1134 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1362 der Drucksachen) 3350B Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . 3350C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Goetzendorff u. Gen. betr. Fahrpreisermäßigung für Heimatvertriebene (Nrn 1358 und 883 der Drucksachen) 3352A Leonhard (CDU), Berichterstatter . 3352A Beratung des Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Änderung der Anordnung nach § 73 des Soforthilfegesetzes vom 8. August 1949 (WiGBl. S. 214) (Nrn. 1359 und 957 der Drucksachen) 3352D Matzner (SPD), Berichterstatter . . 3352D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 3353B Kohl (Stuttgart) (KPD) 3353C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Zwischenstaatliche Regelung von sozialpolitischen Angelegenheiten (Nrn 1360 und 876 der Drucksachen) 3354A Horn (CDU), Berichterstatter . . . 3354A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Finanzierung des Baues von Hochseeschiffen (Nr. 1366 der Drucksachen) . . 3354D Wehner (SPD), Antragsteller . . . . 3355A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 3355D Dr. Bucerius (CDU) 3356D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Verordnung PR Nr. 51/50 vom 9. August 1950 über Änderung des Einheitstarifs für Kraftfahrtversicherungen (Nr. 1365 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betr. Verordnung PR Nr. 51/50 vom 9. August 1950 (Nr. 1369 der Drucksachen) 3357B Meyer (Bremen) (SPD), Antragsteller 3357C Löfflad (WAV), Antragsteller . . . . 3358C Dr. Bertram (Z) 3358D Dr. Preusker (FDP) 3359B Erklärung der Bundesregierung außerhalb der Tagesordnung (Streikbeschluß für die Arbeiter und Angestellten der Bundeswasserstraßenverwaltung) 3360A Storch, Bundesminister für Arbeit . 3360B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Konsulargesetzes (Nr. 1289 der Drucksachen) . . . 3361A Dr. Pfeiffer, Bayerischer Staatsminister, Berichterstatter 3361A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Rat für Formentwicklung deutscher Erzeugnisse in Industrie und Handwerk (Nr. 1347 der Drucksachen) 3361C Hennig (SPD), Antragsteller . 3361D, 3363B Farke (DP) 3362D Schuler (CDU) 3363A Nächste Sitzung 3363D Die Sitzung wird um 9 Uhr 11 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Wilhelm Niklas


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Preisanordnung 38 ist dem Bundesrat und dem Bundestag seinerzeit die Regelung der Getreidepreise für die ersten drei Monate des Wirtschaftsjahres — Juli, August und September — vorgelegt worden. In der Drucksache Nr. 1400 liegt ihnen nun der Entwurf einer Preisanordnung 59/50 vor, die die Getreidepreise für die restierenden Monate des am 1. Oktober begonnenen Wirtschaftsjahres regelt.
    Grundsätzlich hat sich am bisherigen System nichts geändert. Es bleibt bei dieser Erhöhung um 40 bzw. 60 Mark je Tonne gegenüber den Roggen- und Weizenpreisen des vergangenen Wirtschaftsjahres. Aber in der Durchführung sind einige Änderungen notwendig geworden.
    Erstens: Schon seit der Zwangswirtschaft im ersten Weltkrieg war das alte Reichsgebiet in eine große Zahl von Preisgebieten eingeteilt, 14 bei
    Roggen, 18 bei Weizen. Seit langem war es der Wunsch der beteiligten Kreise und der Landesregierungen, diese Preisgebiete zahlenmäßig zu vermindern. Wir haben das getan. Statt der 14 Roggenpreisgebiete finden Sie in der Vorlage nur 4, und auch die Zahl der Weizenpreisgebiete haben wir von 18 auf 4 verringert.
    Die Reports hören mit März auf. Das entspricht dem Gedanken, daß die Regierung ein Interesse daran hat, die inländisch erzeugten Getreidemengen verhältnismäßig rasch dem öffentlichen Verbrauch zuzuführen. Die Reports sind auch von 2,50 DM auf 2 DM vermindert. Sie betragen für Oktober 1,50 DM, und im Dezember wird ein mittlerer Preis von 280 bzw. 320 DM effektuiert werden.
    Damit erhebt sich die Frage nach dem Preis für das sogenannte Konsumbrot. Ich bin ermächtigt, im Auftrage der Bundesregierung die Erklärung abzugeben, daß die Preise für die sogenannten Konsumbrote — ich muß die Mehrzahl nennen, weil das Konsumbrot von Kiel bis Konstanz sehr verschieden ist — unverändert bleiben und daß die eingetretene Erhöhung durch 1,50 DM Report je Tonne sich nicht auswirkt.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Bravo!)

    In Ziffer 2, meine Damen und Herren, sehen Sie dann die Preisregelung für das ausländische Getreide. Hier haben wir insgesamt drei Preisgebiete gebildet. Die ausländischen Brotgetreidepreise sind mit den inländischen verzahnt. Sie ersehen die Einzelheiten aus den Tabellen.
    Ich darf Sie dann noch auf § 3 aufmerksam machen. Sie wissen, daß nach der ersten Preisanordnung in der Regierungsvorlage ein Abgabepreis von 260 DM vorgesehen war. Der Antrag Lübke, der damals auch von den bürgerlichen Parteien angenommen worden ist, senkte den Preis auf 240 DM. Die Alliierte Kommission hat erstens den Charakter des Preises als Festpreis und zweitens die zu niedrige Festsetzung beanstandet. Die Damen und Herren sehen infolgedessen, daß jetzt in § 3 ein Abgabepreis als Höchstpreis von 260 DM je Tonne vorgesehen ist. Er kann natürlich entsprechend seinem Charakter als Höchstpreis unterschritten werden.
    Der Bundesrat hat mit allen Stimmen gegen die von Hamburg die Regierungsvorlage angenommen. Nordrhein-Westfalen hat — Sie sehen das auf der letzten Seite der Vorlage — einen Antrag folgenden Wortlauts gestellt:

    (2) Soweit nach dieser Anordnung in einzelnen Preisgebieten sich Preise ergeben, die unter den Septemberpreisen der Anordnung PR Nr. 38/50 liegen, verbleibt es bei den Septemberpreisen, bis ein Gleichstand erzielt ist.

    Das klingt etwas kompliziert, und infolgedessen
    darf ich mir einige Worte der Erklärung gestatten.
    Ich habe den Damen und Herren geschildert, daß wir die Preisgebiete bei Roggen von 14 auf 4 und bei Weizen von 18 auf 4 zusammengeschweißt haben. Dabei nahmen wir natürlich nicht das jeweils oberste Preisgebiet, sondern das mittlere. Es können also — auf der Landkarte müßte ich sagen: streifenweise — Gebiete auftreten, wo durch die eben von mir geschilderte Technik tatsächlich der Oktoberpreis niedriger wäre als der Septemberpreis. Das ist natürlich unmöglich, und daher wurde dieser Antrag von Nordrhein-Westfalen gestellt, der vom Bundesrat angenommen wurde und dem auch die Bundesregierung beitritt.


    (Bundesernährungsminister Niklas)

    Ferner der Antrag von Niedersachsen:

    (2) Ergeben sich bei Anwendung der Vorschriften über die Preisgebiete (§ 1 Absatz 3 Satz 1, § 2 Absatz 3) und über die Paritätspunkte (§ 2 Absatz 3, § 3 Absatz 2) Ungleichheiten, so kann der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Preisgebiete und Paritätspunkte anderweitig festsetzen.

    Veranlassung zu diesem Antrag war die Überlegung, daß sich dieses System der neuen Preisgebiete erst einspielen muß. Da und dort werden sich Reibungen ergeben. Ohne den Antrag von Niedersachsen müßte bei jeder, auch der kleinsten Änderung die Gesetzgebungsmaschine in Bewegung gesetzt werden. Der Antrag von Niedersachsen enthält also eine Ermächtigung an den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Der Bundesrat hat einstimmig zugestimmt; die Bundesregierung hat ebenfalls zugestimmt.
    Schließlich noch eine Kleinigkeit, der Antrag von Schleswig-Holstein, als weiteren Paritätspunkt Flensburg in die Liste einzufügen, die Ihnen vorliegt. Der Wunsch ist angesichts der Bedeutung Schleswig-Holsteins als Mastbezirk berechtigt.
    Die Bundesregierung tritt sämtlichen eben aufgeführten drei Abänderungs- bzw. Ergänzungsanträgen des Bundesrats bei und bittet um Annahme der Preisanordnung PR Nr. 59/50.

    (Bravo! in der Mitte.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich eröffne die Aussprache.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen 40 Minuten für die Gesamtaussprache vor. Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Kriedemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren: Die sozialdemokratische Fraktion sieht sich nicht in der Lage, dieser Anordnung zuzustimmen. Die Gründe dafür liegen keineswegs in der Höhe der Preise für in Deutschland erzeugtes Getreide. Sie liegen auch nicht in der Höhe der Reports. Wir wollen uns auch nicht mit den zweifellos in der Anordnung vorhandenen Unebenheiten bezüglich der Paritätspunkte und der Preisgebiete beschäftigen. Wir sind der Überzeugung, daß es sich hier um eine sehr schwierige Angelegenheit handelt, die jetzt schon wegen der einen Tatsache nicht mehr korrigiert werden kann, daß uns diese Anordnung erst am 28. September zugegangen ist, obwohl sie eigentlich schon am 1. Oktober in Wirkung sein sollte.
    Wenn wir der Anordnung nicht zustimmen, dann tun wir es deshalb nicht, weil wir in ihr eine Fortsetzung des — verzeihen Sie den harten Ausdruck! — etwas leichtfertigen Verfahrens bezüglich der Behandlung der Auswirkungen der Getreidepreiserhöhung auf den Brotpreis sehen. Es ist ganz ohne Zweifel und wird von keinem der Beteiligten bestritten, daß die Auswirkung dieser Anordnung eine Erhöhung der Brotpreise in dem Umfang bedeuten muß, in dem die Erhöhung der Getreidepreise, der Mehlpreise durch die Reports nicht durch Subventionen ausgeglichen wird. Wir haben von dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf den Herrn Bundesminister der Finanzen die Mitteilung bekommen, daß die Regierung im Interesse der Erhaltung
    des Preises für das sogenannte Konsumbrot unter allen Umständen eingreifen werde, wenn sich das zur Aufrechterhaltung des heutigen Preises als notwendig erweisen sollte. Wir haben leider keine zuverlässige Mitteilung darüber, um welchen Betrag es sich handeln wird. Es ist auch mit den beteiligten Kreisen — also in diesem Falle Bäcker und Müller — trotz mehrfacher Verhandlungen noch kein brauchbarer Weg für die Durchführung einer solchen Subvention gefunden worden. Aber selbst wenn es möglich sein sollte, den Preis für Konsumbrot in der einen oder anderen Weise durch Zurverfügungstellung von öffentlichen Mitteln in der heutigen Höhe zu halten, würden wir das für keine ausreichende Sicherung der Aufrechterhaltung des Brotpreises erachten.
    Meine Damen und Herren! Es ist über das Konsumbrot außerordentlich viel geredet worden. Aus den verschiedensten Gründen, die jetzt nicht zur Debatte stehen, wird über das Konsumbrot nur ein außerordentlich geringer Prozentsatz der Brotversorgung befriedigt; d. h. daß weite Kreise der Verbraucher aus Gründen, die, wie gesagt, hier nicht zur Debatte stehen, in ihre Haushaltsrechnung nicht den Preis für Konsumbrot, sondern den Preis für die freien Brotsorten eingehen sehen müssen. Deshalb ist das Problem nicht damit gelöst, wenn man diese eine Brotsorte betrachtet und ihren Preis stabilisieren will; denn diese Brotsorte hat für die Statistik, für die Berechnung des Lebenshaltungskosten-Indexes zweifellos sehr viel mehr Bedeutung als für die Brotversorgung in der Praxis. Wir haben also aus den Auswirkungen dieser Anordnung mit einer weiteren Steigerung des Preises mindestens der sogenannten freien Brotsorten zu rechnen. Das erscheint uns außerordentlich bedenklich, ebenso bedenklich vom Standpunkt der Verbraucher wie vom Standpunkt der Erzeuger aus.
    Ich habe von dieser Stelle aus mehrfach darauf hingewiesen, daß es mindestens unzweckmäßig, ja gefährlich ist, wenn man bei der Berücksichtigung der Interessen der Erzeuger nicht zugleich auch die Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die Verbraucher betrachtet. Es ist dann für die Verbraucher zu naheliegend, die Ursachen für die bei ihnen auftretenden Schwierigkeiten in der Landwirtschaft zu sehen. Sie können es keinem übelnehmen, wenn er da nicht in tiefe Forschungen einsteigt, um die Zusammenhänge zu erkennen.
    Es ist nach unserer Meinung Sache der Regierung, daß sie sich, wenn sie auf der einen Seite eine Maßnahme trifft, mit den Konsequenzen dieser Maßnahme nach der anderen Seite hin auseinandersetzt. In der Zusage der Regierung, den Konsumbrotpreis auf dem heutigen Stande zu halten, sehen wir dafür keine Garantie. Man hat seinerzeit, weil man ja mit aller Gewalt den Nachweis dafür führen wollte, daß das Kanzlerwort „der Brotpreis bleibt unverändert" auch gehalten würde, den Konsumbrotpreis unter recht erheblichem Druck auf die beteiligten Wirtschaftskreise so eng kalkuliert, daß er jetzt einfach nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Das werden Ihnen alle, die bereit sind, darüber offen zu reden, zugeben. Darüber liegen Meinungsäußerungen sowohl von seiten der Genossenschaftsbäckereien wie auch von seiten der privaten Unternehmer vor, daß wegen der Enge der Kalkulation der Konsumbrotpreis überhaupt nur gehalten werden kann, wenn man zum Ausgleich der Verluste oder mindestens zum Ersatz der Gewinne, die man auf dieser Seite nicht machen kann, auf die freien Brotsorten zu-


    (Kriedemann)

    rückgreift. Das bedeutet, daß die Dinge doch außerordentlich eng ineinander sitzen. Es scheint mir völlig ohne Zweifel zu sein — und ich bedaure, es hier aussprechen zu müssen —, daß, da sich die Regierung ganz offenbar nicht entschließen will, alle Verteuerungen aufzufangen, am Ende dieser Verordnung zwangsläufig mindestens für die sogenannten freien Brotsorten eine neue Preiserhöhung sich durchsetzen wird. Das ist der Regierung auch von allen Beteiligten mitgeteilt worden.
    Es scheint uns nicht der richtige Weg zu sein, in solchen Fällen einfach zu sagen, daß es am guten Willen der Beteiligten liege. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, daß ein so umfangreiches Gewerbe wie die Bäcker und die Müller so verantwortungslos ihre engen Interessen gegenüber der Regierung durchsetzen würde, wenn es dafür nicht auch ausgezeichnete kalkulatorische Grundlagen hätte. Weil das auf uns zukommt, sprechen wir es hier aus. Wir bedauern, daß auch in dieser Situation von seiten der Regierung nicht offen zugegeben wird, daß die Erhöhung der Getreidepreise unter gleichzeitiger Beschränkung der Subventionen notwendigerweise zu einer Erhöhung der Brotpreise führen muß. Ich wollte es hier angesprochen haben, und damit hoffe ich, die Gründe dafür dargetan zu haben, warum wir dieser Anordnung nicht zustimmen. Wer ihr zustimmt, muß es in dem Bewußtsein tun, daß, wenn er also ganz vorsichtig formulieren will, mindestens eine sehr erhebliche Gefahr und viele gute Gründe für eine weitere Verteuerung des Teils der Brotversorgung entstehen, der nun einmal der überwiegende Teil ist. Ich würde Sie dringend bitten, nicht allzusehr auf dem Konsumbrot herumzureiten; denn, wie gesagt, es ist für die Lebenshaltungstatistik, für den Nachweis, daß die Dinge nicht teurer werden, sehr viel wichtiger als für die Brotversorgung.

    (Beifall bei der SPD.)