Rede von
Gottfried
Leonhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Von der Bundesregierung wurde dem Deutschen Bundestag der Entwurf eines Gesetzes zur Besteuerung besonderen Aufwandes vorgelegt. Dieses Gesetz ist unter der Bezeichnung Luxussteuergesetz allgemein bekannt. Schon die dem Gesetz beigefügte Begründung zeigt uns die ganze Problematik dieses Gesetzes auf. Ich darf Sie, meine verehrten Damen und Herren, bitten, diese Begründung gründlich durchzulesen. Durch dieses Gesetz sollen verschiedene Artikel einer höheren Umsatzsteuer unterworfen werden. Selbstverständlich hat kein vernünftiger Mensch etwas dagegen einzuwenden, daß Hummern, Kaviar, Austern, Langusten höher besteuert werden: denn der Verzehr dieser Dinge paßt schlecht zur deutschen Not und Armut und belastet zudem unnötigerweise unsere Devisenbilanz. Wesentlich anders liegen aber die Dinge bei der Besteuerung von Schmuckwaren aus Edelmetall, von Lederwaren, Rauchwaren, Teppichen und anderem. All diese Artikel sind äußerst lohn- und arbeitsintensiv. Die betreffenden Industrien sind auf den Export angewiesen. Es dürfte allgemein bekannt sein, daß wir in diesen Branchen nur dann für den Export leistungsfähig sind, wenn der Inlandsabsatz für diese Erzeugnisse gesichert ist.
Das vorgelegte Gesetz ist leider geeignet, den Inlandsmarkt weitgehend zu gefährden. Durch die Tüchtigkeit der Arbeitnehmer, deren überragendes handwerkliches und künstlerisches Können, durch den Wagemut der Unternehmer haben sich diese Fabrikationszweige zu bedeutenden Exportindustrien entwickelt, die Auslandsmärkte erobert und den deutschen Erzeugnissen Weltruf verschafft. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß z. B. Pforzheim früher unter allen deutschen Städten nach Berlin der zweitgrößte Devisenbringer war. Naturgemäß sind die sogenannten Luxusindustrien leider sehr krisenempfindlich, wovon alle in diesen Industrien tätigen Menschen ein Lied singen können. Zudem sind diese Industrien an einzelnen Standorten zusammengefaßt, so daß diese Aufwandsteuer eine einseitige Belastung gerade derjenigen Industrieplätze mit sich bringen würde, die besonders schwer um ihre Existenz zu kämpfen haben. Außerdem handelt es sich in der Regel um mittlere und kleinere Betriebe, auf deren Finanzkraft unbedingt gebührend Rücksicht genommen werden muß. Wenn auch die Steuer beim Einzelhandel erhoben würde, so fielen doch die Auswirkungen besonders auf die Fabrikation zurück, und dort, wären wiederum insbesonders die Arbeiter die Leidtragenden. Diese Tatsache kann nicht stark genug hervorgehoben werden. Ein notleidend gewordener Schmuckwarenbetrieb kann seine erstklassig ausgebildeten und geschulten Fachkräfte nicht einfach von heute auf morgen mit der Herstellung x-beliebiger anderer Artikel beschäftigen. Das geht eben nicht.
Der Grundgedanke, unverantwortlich hohe Spesen der Betriebe durch irgendwelche gesetzlichen oder steuerlichen Maßnahmen herabzudrücken, ist durchaus zu begrüßen. Ob das vorgelegte Gesetz allerdings geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen, dürfte mindestens zweifelhaft sein.
Am ehesten könnte dieses Ziel durch niedrigere Einkommensteuersätze erreicht werden; denn dann hätte jeder Unternehmer von sich aus das allergrößte Interesse, die Spesen so niedrig als nur irgend möglich zu halten. Bei den außerordentlich hohen staatlichen Verpflichtungen ist der letztere Weg zur Zeit leider nicht gangbar. Bei der Behandlung einer Spesensteuer muß aber auch bedacht werden, daß die Betriebe besonders ausländischen Einkäufern gegenüber bei den Aufwendungen, die der Bewirtung und sonstigen Betreuung dienen, nicht allzu kleinlich sein dürfen. Das gehört nun einmal dazu, wenn man Auslandsgeschäfte tätigen will.
Die Erfahrungen, welche in den Jahren 1919 bis 1926 mit der Luxussteuer gemacht worden sind, ermutigen uns nicht gerade dazu, heute eine solche Steuer wieder einzuführen.
Diese Erfahrungen haben gezeigt, daß das Steueraufkommen ständig fiel, der Verwaltungsaufwand für die Festsetzung und Einziehung der Steuer dagegen im umgekehrten Verhältnis zum Steuerertrag anstieg. Im Interesse einer sparsamen Finanzverwaltung müssen wir uns deshalb ernstlich überlegen, ob wir uns überhaupt den Luxus erlauben können, jetzt eine Luxussteuer einzuführen.
Es darf weiter nicht übersehen werden, daß die Einführung einer Aufwandsteuer auf den betreffenden Gebieten eine bedeutende Preissteigerung zur Folge hätte. Als Abgeordneter des Kreises Pforzheim betrachte ich es als meine persönliche Pflicht, mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen, daß die Einführung einer Luxussteuer sich für unsere schwer um ihre Existenz und Weltgeltung ringende Pforzheimer Schmuckwarenindustrie und andere Industrien äußerst schädigend auswirken würde.
— Auch für andere Industrien.
Für die CDU-Fraktion stelle ich deshalb den Antrag, den Gesetzentwurf Drucksache Nr. 1345 dem Finanz- und Steuerausschuß federführend und gleichzeitig dem Wirtschaftsauschuß zu überweisen. Die Damen und Herren dieser Ausschüsse möchte ich bitten, das Für und Wider dieses Gesetzentwurfes sowie seine Auswirkungen sowohl auf den Steuerertrag als auf den Verwaltungsaufwand und auf die wirtschaftlichen Verhältnisse — Produktionseinschränkungen, eventuell notwendig werdende Arbeiterentlassungen usw. — gründlich zu beraten und zu prüfen und dann dementsprechende Beschlüsse zu fassen.