Rede von
Lisa
Korspeter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! In § 11 Abs. 3 wird bestimmt, daß der Bundesminister für Arbeit die Wahlordnung erläßt. Mit einer solchen Regelung können wir uns nicht einverstanden erklären. Wir halten es nicht für richtig, dem Bundesarbeitsminister eine so weitgehende Ermächtigung zu erteilen, und wir sind der Meinung, daß sich das Haus bereits bei verschiedenen Gelegenheiten dagegen ausgesprochen hat, der Bundesregierung zu weittragende Ermächtigungen zuzugestehen. Wir halten es für richtig und auch für notwendig, daß die Wahlordnung durch ein Gesetz verabschiedet wird, damit der Bundestag dazu Stellung nehmen kann.
Wir sind davon überzeugt, daß Sie eine Reihe von Einwendungen machen, beispielsweise darauf hinweisen werden, daß früher das Reichsversicherungsamt die Wahlordnung für die Sozialversicherungsträger erlassen hat, genau so wie die Wahlordnung für die Beisitzer bei den Versicherungsbehörden. Alles das zugegeben, meine Herren und Damen! Aber heute haben wir eine ganz andere Situation. Die Wahlen sind weitaus schwieriger. Während wir früher nur bei den Krankenkassen Urwahlen hatten, haben wir jetzt auf Grund des § 4 für jeden Versicherungszweig Urwahlen, die die Dinge selbstverständlich erschweren und eine Vielfalt von Vorschriften erfordern. Außerdem sind im Gesetz keine Bestimmungen über die Wahl verankert, abgesehen von der Vorschrift über den Bundeswahlbeauftragten. Das Gesetz würde deshalb dem Bundesarbeitsminister völlig freie Hand geben. Diese Ermächtigung erscheint uns aber viel zu weittragend, als daß wir ihr zustimmen könnten. Bei der Verabschiedung des Betriebsrätegesetzes im Reichstag wurde in § 25 festgelegt, daß die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren vom Reichsarbeitsminister
mit Zustimmung eines aus 28 Mitgliedern bestehenden Ausschusses des Reichstags getroffen werden. Hier, wo es sich um eine Vielfalt von Versicherungsträgern handelt, soll dem Bundesarbeitsminister die Möglichkeit gegeben werden, die Wahlordnung allein zu erlassen.
War sollten bei unseren Überlegungen nicht vergessen, daß diese Sozialwahlen von außerordentlicher Bedeutung sind. Zwei Drittel der Bevölkerung werden davon erfaßt, nur ein Drittel weniger als bei der Bundestagswahl, und auch damals wurde vom Parlamentarischen Rat ein Wahlgesetz verabschiedet. Mit Rücksicht auf die Bedeutung dieser Sozialwahlen fordern wir ein Gesetz. Aber ich möchte auch noch etwas hinzufügen: Wir waren uns im Ausschuß eigentlich alle darin einig, daß wir alles tun wollen, um der Bevölkerung die Bedeutung dieser Wahlen wirklich zum Bewußtsein zu bringen.
Sie werden uns jetzt vielleicht vorwerfen, wir verzögerten mit unserer Forderung das Inkrafttreten des Gesetzes.
Wir haben bereits im Ausschuß darauf hingewiesen, daß wir eine solche Regelung wünschen, und es kann auch dem Bundesarbeitsminister nicht unbekannt geblieben sein, daß wir gegen eine solche Ermächtigung unseren Einspruch geltend machen werden.
Deshalb sind wir der Ansicht, daß der Bundesarbeitsminister bereits seit längerem die Möglichkeit und die Gelegenheit gehabt hätte, einen solchen Gesetzentwurf einzureichen. Ja wir sind darüber hinaus der Auffassung, daß er ihn sogar gemeinsam mit dem Selbstverwaltungsgesetz hätte einreichen können. Dann hätten wir diese beiden Gesetze zusammen verabschieden können. Wir können und wollen dem Bundesarbeitsminister diese Ermächtigung nicht geben. Wir sind der Meinung, daß ein Wahlgesetz vorgelegt werden sollte, zu dem der Bundestag Stellung nimmt, und beantragen deshalb, daß § 11 Abs. 3 die Fassung erhält, die wir in unserem Abänderungsantrag vorgeschlagen haben.
Weiterhin bitten wir, dem § 11 Abs. 5 wieder die Fassung des § 13 Abs. 5 der Vorlage der Bundesregierung zu geben. Es ist zweifellos erwünscht, daß die Wahlen nicht nur für einzelne Versicherungszweige, sondern möglichst insgesamt einheitlich durchgeführt werden. Ob sich das aber in der Praxis in diesem Umfang durchführen läßt, können wir heute überhaupt noch nicht übersehen. Deshalb ist § 13 Abs. 5 der Regierungsvorlage elastischer, weil man damit die Möglichkeit hat, auf die zunächst noch sehr differenzierten Verhältnisse in den einzelnen Ländern Rücksicht zu nehmen. Man sollte es dem Bundesarbeitsminister im Einvernehmen mit den obersten Verwaltungsbehörden der Länder und den Gewerkschaften überlassen, wie die Wahlen am zweckmäßigsten, am einfachsten und am billigsten durchgeführt werden können.
Deshalb bitten wir um Annahme unserer Abänderungsanträge.