Rede von
Josef
Arndgen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Ihnen in Drucksache Nr. 1354 vorliegenden Antrag des Ausschusses für Sozialpolitik soll nach rund 16 Jahren die Verwaltung der Sozialversicherung wieder in die Hände der Beteiligten, d. h. in die Hände der Versicherten und der Arbeitgeber, gelegt werden. Die seit Schaffung der Sozialversicherung in den achtziger Jahren fest-
gelegte Selbstverwaltung bei den Sozialversicherungsträgern ist durch Gesetz vom 5. Juli 1934 beseitigt worden, und an Stelle der Selbstverwaltungsorgane wurde das Führerprinzip eingeführt. Dabei wurden die Befugnisse der früheren Selbstverwaltungsorgane den Leitern der Krankenkassen, den Päsidenten der Landesversicherungsanstalten und den Leitern der Unfallversicherung zugeordnet. Dem Kassenleiter, bzw. dem Präsidenten der Rentenversicherungsanstalt, war durch dieses Gesetz lediglich ein Beirat mit beratender Funktion zur Seite gestellt.
Das Bestreben, in der Sozialversicherung die Selbstverwaltung wieder einzuführen, wurde lebendig, als Mitte 1945 die im Jahre 1933 zerschlagenen Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen sich wieder formieren und ihren Aufgaben nachgehen konnten. Allerdings standen durch die Tatsache der Aufteilung Deutschlands in vier Zonen mit unterschiedlicher politischer Zuständigkeit und mit den neugebildeten Ländern mit einem gewissen politischen Eigenleben bis zur Schaffung des Zweizonenwirtschaftsrats der Wiedereinführung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Erst nachdem beim Zweizonenwirtschaftsrat als letztes Amt ein solches für Arbeit mit Zuständigkeiten für die Sozialversicherung eingerichtet wurde, konnte der Versuch gemacht werden, wenigstens für das Gebiet des Zweizonenwirtschaftsrats die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung wieder einzuführen. Das am 25. Mai 1949 vom Frankfurter Wirtschaftsrat auf diesem Gebiet verabschiedete Gesetz ist allerdings trotz Vorstelligwerden der Gewerkschaften vom Zweizonenkontrollamt nicht genehmigt worden. Lediglich in der französischen Zone ist in der Zwischenzeit durch Ländergesetz die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung wieder verwirklicht worden.
Uns, dem Bundestag, ist nun die Aufgabe gestellt, für das Gebiet des westdeutschen Bundes die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung gesetzlich neu zu regeln. Zur Schaffung der notwendigen Gesetzesgrundlagen wurde dem Ausschuß für Sozialpolitik ein Initiativantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache Nr. 248 zugeleitet und außerdem in der 33. Sitzung dieses Hauses ein Regierungsentwurf, der sich ebenfalls mit der Wiedereinführung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung beschäftigt. Außerdem lagen dem Ausschuß für Sozialpolitik zu dem gleichen Thema der Antrag Drucksache Nr. 44 der Deutschen Partei sowie der Antrag Drucksache Nr. 301 der Abgeordneten Degener und Genossen und der Antrag Drucksache Nr. 1019 der Bayernpartei zur Beratung vor. Desgleichen sind dem Ausschuß und auch den Ausschußmitgliedern von den interessierten Organisationen und von den Sozialversicherungsträgern in vielen Zuschriften Anregungen zu den einzelnen Paragraphen der beiden Gesetzentwürfe übermittelt worden.
In der grundlegenden Konstruktion waren die beiden Entwürfe, sowohl der der SPD-Fraktion wie auch der Regierungsentwurf, angelehnt an das vom Wirtschaftsrat in Frankfurt am Main im vergangenen Jahre verabschiedete Gesetz, das allerdings nicht genehmigt wurde. In der Bestimmung „Besetzung der Organe bei den Versicherungsträgern" weichen die beiden Entwürfe allerdings weit voneinander ab. Während der SPD-Entwurf die Organe nur mit Versichertenvertretern besetzt wissen will, schlägt der Regierungsentwurf paritätische Besetzung der Organe vor. Unter Zugrundelegung des Regierungsentwurfs wie auch des Entwurfs der SPD-Fraktion und unter Berücksichtigung der vorhin genannten Anträge hat der Ausschuß für Sozialpolitik den Antrag Drucksache Nr. 1354 mit einem neuen Gesetzentwurf vorgelegt.
Wenn nun der Ausschuß für Sozialpolitik 18 Sitzungen und acht Monate benötigte, um zu diesem Ergebnis zu kommen, dann ist die Ursache dafür, daß es so lange dauerte, darin zu suchen, daß einmal im Ausschuß für Sozialpolitik wesentliche Meinungsverschiedenheiten zutage traben und zum anderen eine Unmenge Bestimmungen der RVO sowie eine große Anzahl sonstiger Gesetze, Verordnungen und Erlasse oder Teile derselben außer Kraft gesetzt, geändert oder dort, wo sie in einem Teile des Bundesgebiets noch nicht beseitigt waren, aufgehoben werden mußten, eine Arbeit, meine Damen und Herren, die sehr langwierig und sehr zeitraubend gewesen ist! In diesem Zusammenhang darf ich darauf verweisen, daß uns die Sachbearbeiter des Bundesarbeitsministeriums in dankenswerter Weise technische Hilfe geleistet haben.
Meine Damen und Herren! Nicht nur im Ausschuß des Bundestages waren die Meinungsverschiedenheiten groß, sondern auch der Bundesrat konnte bezüglich der Gesetzesformulierungen für die Wiedereinführung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung nicht zu einer einmütigen Auffassung kommen.
Dem Ausschuß für Sozialpolitik wurde eine Mehrheits- und eine Minderheitsauffassung des Bundesrates vorgetragen.
Ich gestatte mir, nur auf diejenigen der Ihnen nun vorliegenden Beschlüsse des Ausschusses einzugehen, die zu Formulierungenführten, welche sowohl von dem Regierungsentwurf wie auch von dem Entwurf der SPD-Fraktion abweichen. Dabei ist insofern im § 1 von dem Gedanken dieser beiden Entwürfe abgewichen worden, als die Ziffer 5 die Wahl von Versicherungsältesten für die Knappschaft zwingend vorschreibt, während für die Wahl von Versicherungsältesten in der Angestellten- und in der Invalidenversicherung nur eine Kannvorschrift vorgesehen ist. Dabei soll es den Satzungen dieser Versicherungsträger überlassen bleiben, ob in deren Bereich Versicherungsälteste gewählt werden sollen oder nicht. Der Ausschuß hat sich für diese Regelung enschieden, weil in der Knappschaft die Versicherungsältesten aus der jahrhundertealten Selbsthilfeorganisation des Bergbaus hervorgegangen sind und die Versicherungsältesten im Bergbau ihre Tätigkeit nicht unterbrochen haben.
In der Angestelltenversicherung wurde wohl bei Schaffung des Angestelltenversicherungsgesetzes im Jahre 1913 das Vertrauensmännersystem zwingend eingeführt, und zwar deswegen, weil diese Versicherung zentral organisiert war und nur eine Anstalt für das ganze damalige Deutsche Reich mit dem Sitz in Berlin bestand. Zwischen den Versicherten und dieser zentral gelegenen Anstalt waren bei der damaligen räumlichen
Trennung Verbindungseinrichtungen in Gestalt dieser Vertrauensleute notwendig. Seit 1945 sind aber die Aufgaben der Angestelltenversicherung von den Landesversicherungsanstalten übernommen und durchgeführt worden, so daß es zur Zeit kaum tunlich erscheint, die Versicherungsältesten in der Angestelltenversicherung wieder und in der Invalidenversicherung neu einzuführen. Dabei ist der Ausschuß weiter davon ausgegangen, daß in den letzten 15 Jahren eine große Fülle von Gesetzen, Verordnungen, Erlassen und Entscheidungen ergangen ist, die das Sozialversicherungsrecht außerordentlich unübersichtlich und kompliziert gemacht haben. Eine gründliche und langanhaltende Schulung der Versicherten wäre also notwendig, um diese mit ihren Aufgaben und Pflichten vertraut zu machen. Der jetzige Zeitpunkt ist für die zwingende Einführung von Versicherungsältesten in der Rentenversicherung denkbar ungünstig. Daher schlägt der Ausschuß für die Wahl von Versicherungsältesten in der Angestellten- und Invalidenversicherung die Kannvorschrift vor.
Als neue Bestimmung ist im § 1 eine Ziffer 6 angefügt, die festlegt, daß ein Arzt mit beratender Stimme dem Vorstand der Versicherungsträger angehört. Wie Sie wissen, sind der Sozialversicherung auch Aufgaben vorbeugender Gesundheitsfürsorge zugeordnet. Diesen Aufgaben können die Sozialversicherungsträger aber nur gerecht werden, wenn sie sich .des fachärztlichen Rates bedienen. Während für die Zuziehung eines Arztes zu den Vorständen der Sozialversicherung Einmütigkeit im Ausschuß bestand, mußte die Art der Vorschläge durch Mehrheitsbeschluß entschieden werden.
In § 2 Abs. 1 ist die Besetzung der Organe bei den Versicherungsträgern geregelt. Über diesen Paragraphen konnte keine Einigung erzielt werden. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich für den Regierungsentwurf, der eine paritätische Besetzung der Organe vorsieht, entschieden. Dabei ist die Mehrheit des Ausschusses von der Auffassung ausgegangenen, daß es auch für die Versicherungsträger nicht angängig und den Versicherten nicht nützlich und dienlich ist, wenn auf die Mitarbeit und die Verantwortung der Arbeitgeber verzichtet wird. Sieht sich der Arbeitgeber in der Sozialversicherung in eine hoffnungslose Minderheit gedrückt, wird auch das Interesse recht bald erlahmt sein.
Neu ist eine Bestimmung im Abs. 7 des § 2, nach der Angestellte der Arbeitgeberorganisationen und der Gewerkschaften auch dann Mitglied eines Organs bei einem Versicherungsträger werden können, wenn sie nicht bei diesem Versicherungsträger versichert sind. Zu dieser Bestimmung hat sich die Mehrheit des Ausschusses bekannt, weil es bei der Unübersichtlichkeit und Kompliziertheit des augenblicklichen Sozialversicherungsrechts im Interesse der Versicherungsträger und auch im Interesse der Versicherten gelegen ist, wenn der eine oder andere diesen Organen angehört, der sich von Berufs wegen mit der Sozialversicherung beschäftigen muß.
Im § 2 wurde weiter ein neuer Abs. 11 eingebaut, der bestimmt, daß bei Stimmengleichheit eine neue Beratung angesetzt werden muß. Sofern auch bei der zweiten Beratung eine Mehrheit nicht erzielt wird, gilt der Antrag als abgelehnt.
Diese Fassung wurde gewählt, um bei der paritätischen Besetzung der Organe von Gesetzes wegen einen gewissen Zwang zur Verständigung auszuüben.
Bei den Vorschriften über die Wahl der Mitglieder der Organe hat der Ausschuß im § 4 Abs. 3 bezüglich der Wahlen zu den Organen der gemeindlichen Unfallversicherung festgelegt, daß in beschränkter Zahl Vertreter von Gruppen gewählt werden können, die nicht bei den Gemeinden oder Gemeindeverbänden beschäftigt sind. Diese Bestimmung ist notwendig, da bei den gemeindlichen Unfallversicherungsträgern auch Personen. und Personengruppen versichert sind, die nicht als Arbeitnehmer einer Gemeinde gelten. Beispiele hierfür sind die Hausangestellten und auch die Angestellten des Roten Kreuzes. Für diese Gruppen muß die Möglichkeit geschaffen werden, in der Unfallversicherung ihres Gebietes mit vertreten zu sein.
In den §§ 8, 9 und 10 des Entwurfs der SPD-Fraktion sind die Aufgaben und Befugnisse der Vertreterversammlung aufgezählt. Die Mehrheit des Ausschusses ist der Meinung, daß diese Aufgaben und Befugnisse schon in der Reichsversicherungsordnung genügend umschrieben sind, so daß die Paragraphen des SPD-Entwurfs nicht notwendig erscheinen. Aus diesem Grunde hat der Ausschuß die genannten Paragraphen abgelehnt.
Die künftige Stellung des Geschäftsführers bei den Versicherungsträgern, die im § 8 geregelt ist, wurde sehr lange und eingehend erörtert. Dabei mußte beachtet werden, daß wir in der Kranken- und Unfallversicherung das Genossenschaftsprinzip haben, während die Rentenversicherung nach dem Anstaltsprinzip verwaltet wird, und daß außerdem die Finanzmittel bei der Krankenversicherung von den Versicherten und den Arbeitgebern je zur Hälfte, in der Unfallversicherung von den Arbeitgebern allein und in der Rentenversicherung zu einem Teil von der öffentlichen Hand, vom Staat, aufgebracht werden. Dazu sind die Landesbehörden in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sehr stark engagiert. Ich erinnere nur an die Forstwirtschaft, die zu einem erheblichen Teile Sache des Staates, Sache der Länder ist. Die unterschiedliche Konstruktion der Versicherungsträger und die verschiedene Art der Mittelbeschaffung mußte bei der Stellung der Geschäftsführer berücksichtigt werden. In Verfolg dieser Gedankengänge ist im § 8 bestimmt, daß in der Kranken-, in der knappschaftlichen und in der Unfallversicherung der Geschäftsführer vom Vorstand gewählt wird. In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung bedarf der gewählte Geschäftsführer noch der Bestätigung durch die oberste Landesbehörde. Bei den Trägern der Rentenversicherung der Arbeiter wählt die Vertreterversammlung auf Vorschlag des Vorstandes eine aus drei Personen bestehende Geschäftsführung, also eine kollegiale Geschäftsführung, wie es sonst in Institutionen mit großen geldlichen Umsätzen üblich ist. Diese bei der Rentenversicherung von der Vertreterversammlung gewählte Geschäftsführung bedarf der Bestätigung durch die Landesregierung. Bei den Versicherungsträgern des Bundes, der Länder, der Gemeinden und bei der Bundesbahn-Versicherungsanstalt bestimmt die zuständige oberste Verwaltungsbehörde das Nähere über die Geschäfts-
führung. Während bei den sonstigen Versicherungsträgern der Geschäftsführer an den Sitzungen der Organe nur mit beratender Stimme teilnehmen kann, hat die Geschäftsführung der Rentenversicherungsträger bei der Aufstellung des Haushalts, des Stellenplanes und in Fragen der Vermögensverwaltung eine beschließende Stimme.
Die dem Sinn nach gleichlautenden §§ 10 und 11 des Regierungsentwurfs und die §§ 13 und 14 des SPD-Entwurfes, die sich mit der Prüfung und Aufsicht der Versicherungsträger beschäftigen, hat der Ausschuß abgelehnt. Der Ausschuß ist in seiner Mehrheit der Meinung, daß zur Zeit die Prüfung der Versicherungsträger bereits gesetzlich geregelt ist. Allerdings weichen die nach 1945 erlassenen Vorschriften der Länder voneinander ab. Das gleiche kann auch von den Bestimmungen über die Aufsicht über die Versicherungsträger gesagt werden. Es fehlen freilich auch noch Aufsichtsbehörden für die Ersatzkrankenkassen und für die Versicherungsträger, die über den Bereich eines Landes hinausgehen. Dazu kommt noch, daß vor kurzem in diesem Hause in dem Gesetz über den Rechnungshof die Rechnungsprüfung der Sozialversicherungsträger unter das Rechnungshofgesetz gestellt wurde. Nach Meinung des Ausschusses kann die Aufsicht über die Versicherungsträger und die Prüfung derselben erst dann endgültig geregelt werden, wenn wir ein Bundesversicherungsamt haben. Wie dem Ausschuß berichtet worden ist, sind die Vorbereitungen für die Errichtung dieses Amtes schon weitgehend gediehen, wobei in dem hierzu notwendigen Gesetz auch die sonstigen notwendigen Organisationsfragen mitgeregelt werden sollen. Aus diesen Gründen hätten die §§ 10 und 11 des Regierungsentwurfs und die §§ 13 und 14 des Entwurfs der SPD-Fraktion nur eine vorübergehende Bedeutung gehabt. Deshalb hat der Ausschuß diese Paragraphen abgelehnt.
Anstelle des gestrichenen § 10 des Regierungswurfs schlägt Ihnen der Ausschuß einen neuen Paragraphen vor, der für die Angestelltenversicherung die gleichen Organe wie in der Rentenversicherung der Arbeiter vorsieht. Dieser neue § 10 ist nach Auffassung des Ausschusses notwendig, weil die Anstalt der Angestelltenversicherung de jure noch besteht, auch dann, wenn im Westen die Aufgaben und die Vermögen der Angestelltenversicherung von den Landesversicherungsanstalten treuhänderisch verwaltet werden.
Bei § 11 hat sich der Ausschuß dem Vorschlag des Regierungsentwurfs angeschlossen, nämlich in dem Gesetz für die Durchführung der Wahlen einen Bundesbeauftragten zu verankern. Dieser Bundeswahlbeauftragte soll ermächtigt werden, Richtlinien für die einheitliche Durchführung der Wahlen zu erlassen und den Zeitpunkt der Wahlen für die einzelnen Versicherungszweige festzulegen. Die Wahlordnung an sich wird vom Bundesminister für Arbeit erlassen. Außerdem sieht § 11 Landeswahlbeauftragte vor, denen die Durchführung der Wahlen zu den Organen der Versicherungsträger ihres Landes obliegt.
Der § 14 der Vorlage, der sich mit der Wiederzulassung von Trägern in der Krankenversicherung beschäftigt, war in den Ausschußberatungen sehr stark umstritten. Doch hat sich die Mehrheit für die Ihnen vorliegende Formulierung entschieden. Einmal waren durch die Verordnung
vom 10. 10. 1934 eine Reihe von Krankenversicherungsträgern zusammengelegt und deren Neuerrichtung erschwert, wenn nicht ganz unmöglich gemacht worden. Weiter sind durch Anordnungen der Militärregierungen nach 1945 weitere Krankenversicherungsträger zusammengelegt worden, ohne daß hierfür eine innere Notwendigkeit gegeben war. Für diese Versicherungsträger muß jetzt, wenn es um die Wiederherstellung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung geht, eine Möglichkeit gegeben werden, den Zustand wieder herzustellen, wie er gewesen ist.
Um nun, meine Damen und Herren, die befürchtete Gefährdung der in Frage kommenden Versicherungsträger, besonders der Allgemeinen Ortskrankenkassen, zu beheben, sind in § 14 des Gesetzes insofern Bremsen eingebaut, als die in der Reichsversicherungsordnung festgelegten Ziffern für die Errichtung von neuen Sozialversicherungsträgern verdoppelt worden sind. Außerdem sieht § 248 der Reichsversicherungsordnung eine ganze Reihe von Hemmungen vor, so daß die Befürchtung, durch Neuerrichtung von Sozialversicherungsträgern könnten die Allgemeinen Ortskrankenkassen gefährdet werden, nicht berechtigt erscheint.
Der . Vorsitzende des Ausschusses war der Meinung, der Einbau des § 14 des vorliegenden Gesetzentwurfs sei nicht statthaft, weil der Einbau dieser Bestimmungen auf Grund der Anträge Drucksachen Nr. 361 und Nr. 1019 erfolgte, auf Grund von Anträgen, die nach Auffassung des Vorsitzenden des Ausschusses mit der Selbstverwaltung der Sozialversicherung nicht in Zusammenhang gebracht werden können. Nach einer Beschwerde des Ausschußvorsitzenden beim Präsidenten des Bundestages beschäftigte sich der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität mit dieser Angelegenheit. Dabei ist der Geschäftsordnungsausschuß nach Überprüfung der Angelegenheit zu derselben Aufassung gekommen wie der Ausschuß für Sozialpolitik, nach der die Drucksachen Nr. 361 und 1019 im Zusammenhang mit den Beratungen um die Wiedereinführung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung behandelt werden dürften.
Um nun die weiter aufgeworfene Frage, ob die Wiederzulassung von Krankenversicherungsträgern in einem Gesetz, das die Selbstverwaltung regelt, zulässig ist, zu entkräften, hat Ihnen der Ausschuß vorgeschlagen, für das Gesetz folgende Überschrift zu beschließen: „Gesetz über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiete der Sozialversicherung",
Meine Damen und Herren! In den Übergangsvorschriften und in den Schlußbestimmungen sind im § 16 die Rechtsverhältnisse der Geschäftsführer, die nicht mehr wiedergewählt werden, geregelt. Mit dieser Bestimmung hat der Ausschuß versucht, klare Verhältnisse zu schaffen, um Auseinandersetzungen auch gerichtlicher Art soweit eben möglich zu vermeiden.
Recht schwierig war die Formulierung des § 18, nach dem alle die Gesetze, Verordnungen und Erlasse, die der Selbstverwaltung entgegenstehen, außer Kraft gesetzt, geändert oder dort, wo sie in Teilen des Bundesgebiets noch nicht beseitigt sind, aufgehoben werden sollen. Gemeinsam mit den Sachbearbeitern des Bundesarbeitsministeriums und den Vertretern der Ländersozialministe-
rien wurde der Katalog des § 18 zusammengestellt. Dabei muß zugegeben werden, daß bei der Unmenge von Gesetzen, Verordnungen und Erlassen, die sich in den letzten 15 Jahren mit der Sozialversicherung beschäftigt haben, nicht 100%ige Gewähr für die unbedingte Vollständigkeit des Katalogs gegeben ist.
Meine Damen und Herren! In den Zuschriften, die den Ausschußmitgliedern noch in den letzten Tagen zugingen, wird eine baldige Verabschiedung des Gesetzes nicht nur von den Versicherten, sondern auch von den Sozialversicherungsträgern und den Arbeitgebern verlangt. Ich bitte daher namens des Ausschusses, den Antrag auf Drucksache Nr. 1354 anzunehmen und damit dieses Gesetz zu verabschieden.