Rede von
Margot
Kalinke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Entwurf, den uns die SPDFraktion vorgelegt hat, hat die Fraktion der Deutschen Partei, die an den Fragen der Erhaltung der Rentenversicherung als der maßgeblichen Altersversorgung des deutschen Volkes besonders interessiert ist, gewissermaßen erfreut. Wir haben uns sehr darüber gefreut, daß gerade die Sozialdemokratische Partei erkannt hat, daß die Reduzierung der Steigerungsbeträge, wie sie das Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz gebracht hat, nicht gut ist; und wir freuen uns auch, daß die Diskussion über eine wirklich wertvolle und wirksame Altersversorgung nach dem Prinzip der Freiwilligkeit eröffnet werden soll.
Darin bin ich auch mit der Frau Kollegin Döhring einig, daß das augenblickliche System, wie es uns das SVA beschert hat, in keiner Weise einen Anreiz für die freiwillige Weiterversicherung bietet. Ganz besonders sind die weiblichen Angestellten davon betroffen, die nicht immer in der Lage sind, eine freiwillige Höherversicherung, deren Beiträge ja jetzt an den Arbeitsverdienst gebunden sind, aus eigener Kraft zu leisten, während früher diese freiwillige Weiterversicherung in ganz großem Maße einer der maßgeblichsten Grundsteine für die Altersversorgung war. Wenn man außerdem bedenkt, daß die gesamte Altersversorgung des Handwerks problematisch ist und daß sie ebenfalls bei der Neuordnung der Rentenversicherung sehr ernsthaft diskutiert werden muß, wenn man weiß, daß auf den Schultern der Angestellten und ihrer Arbeitgeber, die bisher ohne Staatszuschüsse die Beiträge aufgebracht haben, diese ganze Entwicklung ruht, dann muß man doppelt verantwortlich zu einer solchen Vorlage Stellung nehmen.
Und da hat meine Fraktion einen ganz besonderen Wunsch. Wir haben schon im September vorigen Jahres mit der Drucksache Nr. 35 vom 27. September 1949, die in der 12. Sitzung am 20. Oktober 1949 dem sozialpolitischen Ausschuß überwiesen worden ist, den Antrag zur Überprüfung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes gestellt. Wir haben außerdem mit dem Antrag auf Drucksache Nr. 44 — ebenfalls vom 27. September 1949 und gleichfalls bereits im Oktober 1949 dem Ausschuß überwiesen — den Antrag zur Wiedererrichtung der Bundesanstalt für Angestellte gestellt. Wir haben außerdem mit unserem Antrag
vom 20. Januar 1950 das Problem der betrieblichen Pensionskassen mit angerührt, das leider auch bis heute in beiden Ausschüssen noch nicht erledigt werden konnte.
Die Problematik der freiwilligen Altersversorgung sowohl im Betriebe als auch in der staatlichen Rentenversicherung ist so groß und die Frage so verantwortlich, dali ich durchaus mit dem Herrn Kollegen Arndgen hundertprozentig darin einig bin, daß es unverantwortlich wäre, jetzt ein Flickwerk zu beginnen und auf die großen Löcher in der deutschen Rentenversicherung dünne Flicken zu setzen, die bei der nächsten Belastungsprobe reißen würden. Wir meinen, daß es viel wichtiger wäre, zunächst einmal festzustellen, daß das Vertrauen zur Rentenversicherung, zur pflichtmäßigen wie zur freiwilligen, erst dann wieder gegeben sein kann, wenn die Grundlagen der Rentenversicherung hergestellt sind. Insofern haben wir nach langem Warten mit einer gewissen Beruhigung gehört, daß nun endlich die mathematischen Un-t erlagen im Bundesarbeitsministerium fertig sein sollen, die uns zeigen werden, wie pleite die deutsche Rentenversicherung ist. Wenn wir jetzt eine große Sorge haben, dann nicht die, zunächst da einen Anreiz zu schaffen, wo keine Grundlagen vorhanden sind, sondern die, zuerst die Sorge zu beseitigen, ob die Renten in der bisherigen Höhe überhaupt gezahlt werden können. Die zweite Sorge, die wir zu beseitigen haben, ist die, daß der Anreiz der freiwilligen Weiterversicherung erst dann geschaffen wird, wenn alle jene Dinge beseitigt sind, die vorläufig noch durch das Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz weitgehende . Unklarheiten und Ungerechtigkeiten geschaffen haben. Ich denke nur an das Anliegen, das Sie mit so besonderer Wärme immer vorgetragen haben und das wir teilen: die Frage der Renten für die Arbeiterwitwe in der Invalidenversicherung. Das, was dort durch die Sperrvorschriften gekommen ist, ist eine solche soziale und unbillige Härte, daß ich immer nur wiederholen kann: ich bitte um die Hilfe aller Fraktionen bei der endgültigen Überprüfung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes, dem meine Fraktion schon im Wirtschaftsrat ihre Zustimmung aus den Gründen, die Sie erfreulicherweise heute vortragen, nicht geben konnte.
Zum Schluß darf ich noch darauf hinweisen, daß es uns wichtig erscheint, daß dieser Antrag erst dann im Ausschuß für Sozialpolitik beraten wird, nachdem die Grundlagen der Rentenversicherung wiederhergestellt sind, nachdem die versicherungsmathematische Bilanz vorliegt, nachdem das Anpassungsgesetz überprüft ist und nachdem die Frage der Angestelltenversicherung sowohl ihrer besonderen Organisation als auch ihrer besonderen Verantwortung nach auch gegenüber den Berufsständen, die ihre freiwillige Versicherung in ihr haben, gelöst ist.
Vizepräsident Dr. Schmid! Das Wort hat der
Herr Abgeordnete Richter .