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ID0108502500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. September 1950 3183 85. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. September 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 3183D, 3215C Anregung des Altestenrates auf Änderung der 99 und 100 der Geschaftsordnung betr. Bezweitiung der Beschiußrahigkeit 3184A Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (Wahlen in der sowjetischen Besatzungszone am 15. Oktober 1950) 318413 Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 3184B Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche tragen . . . 3185A Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Wehner (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen 3187B Frau Thiele (KPD) 3188C Dr. Miessner (DRP) 3192D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Maßnahmen zum Schutze der deutschen Landwirtschaft (Nr. 1189 der Drucksachen) 3193C Harig (KPD), Antragsteller . . . 3193C Kriedemann (SPD) 3195B Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung der Bestimmungen der Zweiten Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs (Nr. 1249, z u Nr. 1249 der Drucksachen) . . 3195C Frau Kalinke (DP), Antragstellerin 3195C Richter (Frankfurt) (SPD) . . . . 3198B Arndgen (CDU) 3199C Dr. Wellhausen (FDP) 3200B Storch, Bundesminister für Arbeit . . . 3200C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Kündigung von Tarifverträgen (Nr. 1269 der Drucksachen) . . 3201A Bergmann (SPD), Antragsteller . 3201B Arndgen (CDU) 3202A Dr. Wellhausen (FDP) 3203A Walter (DP) 3204B Frau Strobel (SPD) 3204D Storch, Bundesminister für Arbeit 3206D Harig (KPD) 3207C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachte Entwurfs eines Gesetzes auf Authebung des Erlasses des RReicnsarbeitsmmisters vom 10. November 1933, des sogenannten Führererlasses vom 21. Dezember 1938 und der Verordnung über den Arbeitseinsatz vom 25. März 1939 (Nr. 12'10 der Drucksachen) 3208B Freidhof (SPD), Antragsteller . . 3208C Storch, Bundesminister für Arbeit 320913 Sabel (CDU) 3210A, D Dr. Dresbach (CDU) 3210C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für verdrängte Angehörige des öffentlichen Dienstes (Nr. 1287 der Drucksachen) 3211A Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 3211A Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . 3211D Kohl (Stuttgart) (KPD) 3213B Dr. Brill (SPD) 3213D Dr. Falkner (BP) 3214D Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) (FDP) 3215A Nächste Sitzung 3215C Die Sitzung wird um 14 Uhr 40 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Herbert Kriedemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin mir sicher, daß ich nicht nur in meinem und im Namen meiner Freunde, sondern auch im Namen aller derjenigen Mitglieder dieses Hauses spreche, die sich ernsthaft darum bemühen, die vielen und schwierigen Probleme der Agrarpolitik zu lösen, wenn ich Ihnen vorschlage, in die Behandlung der Drucksache Nr. 1189 nicht einzutreten.

    (Sehr richtig! und Bravo! rechts.)

    Ganz abgesehen davon, daß die Herren Antragsteller, deren agrarpolitisches Ideal ja immerhin der Kollektivismus

    (Sehr gut! rechts)

    und die Kolchosenwirtschaft ist, uns gar nicht geeignet erscheinen und nicht legitimiert sind, in diesen schwierigen Dingen wirklich mitzureden, ist in diesem Antrag, soweit er sich überhaupt mit Dingen beschäftigt, die zur Agrarpolitik gehören, nichts genannt, was nicht längst in der Arbeit des Ernährungsausschusses angesprochen oder in Behandlung ist. Alle, die wissen, um was es hier geht, können deswegen einen solchen Antrag, der vielleicht aus Gründen der Propaganda erfunden worden ist, nur als eine Erschwerung der ernsthaften Arbeit betrachten. Es ist schade um die Zeit. Ich schlage Ihnen deshalb vor, über diesen Antrag zur Tagesordnung überzugehen.

    (Bravorufe und Händeklatschen.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache und lasse abstimmen.
Der weitestgehende Antrag ist der auf Übergang zur Tagesordnung. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der Antragsteller ist einstimmig beschlossen, zur Tagesordnung überzugehen.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der Deutschen Partei eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung der Bestimmungen der Zweiten Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs (Nr. 1249, zu Nr. 1249 der Drucksachen).
Das Wort zur Begründung hat Frau Abgeordnete Kalinke. Bevor Sie das Wort ergreifen, gestatten Sie mir noch eine kurze Frage an das Haus. Der Ältestenrat schlägt Ihnen folgende Redezeiten vor: 20 Minuten für die Begründung und 90 Minuten für die Aussprache. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Zweite Lohnkürzungsverordnung vom 24. April 1942 ist als eine Kriegswirtschaftsverordnung erlassen — Sie haben das in unserer Begründung gelesen und festgestellt —, eine Kriegswirtschaftsverordnung, für die keinerlei Veranlassung mehr besteht, zumal auch der Ministerrat für die Reichsverteidigung, der sie einmal erlassen hat, längst in die Geschichte eingegangen ist. Diese Kriegswirtschaftsverordnung von 1942, die immer noch besteht, aufzuheben, ist eine der Notwendigkeiten, der zu entsprechen wir Ihnen in diesem Initiativantrag hiermit vorschlagen. Wir haben trotz all der Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit sehr viel Gelegenheit gehabt, die Auswirkungen dieser Verordnung, die sich mit dem Beitragseinzugsverfahren der Sozialversicherung befaßt, zu studieren, und wir haben festgestellt, daß die Vereinfachung, die durch diese Verordnung möglich war und damals Arbeitskräfte für den Kriegseinsatz sparen sollte, soviel Mängel gehabt hat, daß ihre Schatten die Vorzüge weit verdunkeln.
    Diese Kriegsverordnung hat ihre Bewährungsprobe also in keiner Weise bestanden, und es hat sich das erfüllt, was der Schöpfer dieser Verordnung, Herr Oberregierungsrat Dr. Kurtz welly, schon damals in der Begründung in den Amtlichen Nachrichten über die Reichsversicherung (Nr. 14/1942) schrieb: „Damit" — mit dieser Verordnung — »verzichtet die Rentenversicherung auf ein sehr sicheres Beweismittel für die Beitragsentrichtung und unzweifelhaft auf die beste Grundlage für die Bemessung der Leistungen."
    Seit dem Zusammenbruch sind nun immer wieder Stimmen laut geworden, die sich gegen die unverantwortliche und überaus unübersichtliche Situation wandten, die sich in der Rentenversicherung durch das Beitragserhebungsverfahren ergeben hat. Viele Verbände und Organisationen, Gewerkschaftsausschüsse haben wiederholt bei den Landesversicherungsanstalten schon sehr früh ihre Bedenken mündlich und schriftlich geltend gemacht. Bei den kleinen Unternehmungen, im Handwerk und in der Landwirtschaft, in den Haushaltungen, besonders also bei den Hausangestellten, hat sich das System der Eintragung des Lohnes in eine Karte in keiner Weise bewährt. Die Mehrzahl aller falschen Angaben, die nachweisbar


    (Frau Kalinke)

    sind und die in diesen Jahren festgestellt wurden, sind sicherlich nicht aus bösem Willen, sondern sehr oft aus Unkenntnis gemacht worden. Die Auswirkungen aber werden sich mit ihren verheerenden Folgen erst dann ganz zeigen, wenn die Rentenansprüche der Zukunft beweisen werden, wieviel an unrechten Ansprüchen durch diese falsche Einzeichnung und falsche Ausstellung der Karten sich ergeben wird. Schon 1949 hat die Verwaltung für Arbeit eine Fülle von Material zugesandt bekommen, und es wäre nach unserer Auffassung ihre Pflicht gewesen, schon damals das Beitragsmarkenverfahren wieder einzuführen. Statt dessen hat die Verwaltung für Arbeit damals zwar durch einen namhaften Vertreter, der Referent für dieses Aufgabengebiet war, erklären lassen, „daß das Lohnabzugsverfahren in der Tat an einem Mangel leide, der in seinen Auswirkungen für die Versicherten und für die Versicherungsträger nicht ernst genug beurteilt werden könne"; sie hat aber nichts an diesem Mangel geändert.
    Leider hat auch das Bundesarbeitsministerium in dieser Frage bisher die Initiative noch nicht ergriffen, obschon im Wirtschaftsrat die Aufhebung von unseren Freunden wiederholt dringlich gefordert wurde. Von jeher ist in der Sozialversicherung die Versicherungsmarke die zuverlässigste Quittung und das allerbeste Beweismittel für den geleisteten Beitrag gewesen. Das Bekenntnis zum Versicherungsprinzip und damit zum selbstverantwortlichen Einsatz für die Wechselfälle des Lebens schließt in sich auch ein kontrollierbares Beitrags- und Leistungsverfahren und eine einwandfreie Beitragsleistung als Grundlage, die so gestaltet sein muß, daß der Versicherte auch die Möglichkeit der Kontrolle über seine Beitragsleistung erhält.
    Wie sah es nun mit dieser Kontrolle in der Vergangenheit aus, und wie wird sie in der Gegenwart durchgeführt? Es ist für Sie interessant — und die Geschichte ist sicherlich immer eine gute Lehrmeisterin —, daß schon in der Reichstagsdebatte in der ersten Wahlperiode 1920, als es darum ging, in der Angestelltenversicherung genau so wie in der Invalidenversicherung das Markenverfahren einzuführen und vom Kontenverfahren abzugehen, gesagt wurde:
    Auch klagen die Versicherten lebhaft darüber, daß sie keine ausreichende Sicherheit über die Einzahlung der Beiträge in der Hand haben; denn die vom Arbeitgeber in die Versicherungskarten aufzunehmende Bescheinigung über die Entrichtung des Beitrages beweist für die Versicherten nicht bindend, daß der Beitrag auch bei der Anstalt eingegangen und verbucht ist.
    Verschiedene Versuche, das Beitragsverfahren unter Beibehaltung der Versicherungskonten zu verbessern, haben auch damals nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Andere Verbesserungsvorschläge sind eingehend geprüft. Auch sie versprechen keine durchgreifende Abhilfe. Sie läßt sich vielmehr mit Sicherheit nur durch Einführung von Beitragsmarken unter gleichzeitigem Wegfall der Konten erzielen.
    Soweit der Chronist aus dem Jahre 1920.
    Auch der Verwaltung für Arbeit sind schon eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen genannt worden. Aber der zuständige Referent hat sich damals darauf beschränkt, einen Vorschlag zu machen, nämlich die Eintragung der Bescheinigungen nicht mehr dem Arbeitgeber, sondern den Krankenkassen zu überlassen. Wir glauben nicht, daß das der richtige Weg zur Wiederherstellung der Ordnung ist.
    Mit Rücksicht auf die ernsthafe Sorge um den Bestand der deutschen Sozialversicherung, deren Vermögen durch zwei Kriege und die Währungsreform zerstört wurde, erscheint es notwendiger denn je, eine klare und jeden Mißbrauch ausschließende Überprüfung der Beitragsleistungen zu ermöglichen. Das setzt voraus erstens die Möglichkeit für den Versicherungsträger, die tatsächliche Beitragsleistung der Versicherten auch zu überprüfen. Nach der Zweiten Lohnabzugsverordnung überweisen die Krankenkassen sehr hohe Summen an die Landesversicherungsanstalten, ohne daß diese Anstalten erfahren, für wen die Beiträge im einzelnen zu verbuchen sind.

    (Abg. Richter: Das wissen sie auch nicht bei Einführung der Marken!)

    — Die Anstalt hat also keine Kontrollmöglichkeit und muß sich bei einem späteren Antrag, Herr Kollege Richter, und darauf kommt es an, nur auf die Versicherten-Bescheinigung

    (Abg. Richter: Ei, natürlich!)

    verlassen, nämlich auf das, was ihr wirklich vorgelegt wird. Sie kann zwar versuchen, den früheren Beitragsschuldner zur Aufklärung aufzufordern. Wir wissen aber alle, wenn wir an die Kriegseinwirkungen, die zerstörten und gar nicht mehr vorhandenen Betriebe denken, was bei einem solchen Versuch an Erfolg herauskommen könnte.
    So sind in den vergangenen Jahren sehr hochwertige Dauerleistungen festgesetzt worden ohne jede Möglichkeit einer wirklich zuverlässigen Kontrolle, und ich erinnere nur an das Beispiel der Westwallarbeiter, für die das Reich eine Verpflichtung zur Beitragserstattung übernommen hatte, die aber vom Reich dem Versicherungsträger gegenüber niemals erfüllt wurde. Das ist ein Beispiel von vielen. Hier müssen die Landesversicherungsanstalten Renten und auch Steigerungsbeträge gewähren, obwohl sie den Gegenwert vom Reich nie erhalten haben.
    Das Verfahren, das der § 10 der Zweiten Lohnabzugsverordnung vorschreibt, ist nach unserer Auffassung für einen Rechtsstaat untragbar. Der Schuldner bescheinigt nämlich selbst die Erfüllung seiner Verpflichtung, indem er die Eintragung auf der Quittungskarte vornimmt. Damit ist auf seiten der Arbeitgeber jeder Beitragshinterziehung genau so Tür und Tor geöffnet wie die Unehrlichkeit auf seiten der Versicherten möglich ist. Die ehrlichen Versicherten aber und die ehrlichen Arbeitgeber befinden sich in einer für sie ganz unverständlichen und untragbaren Unsicherheit. Der Versicherte selbst hat keinerlei Beweismittel für seine Beitragsleistung in der Hand. Die Rentenversicherungsträger sind lediglich Vermögensverwalter für die Ersparnisse der Versicherten und für die Arbeitgeberanteile. Die Praktiker der Landesversicherungsanstalten könnten uns sicher dicke Bücher darüber schreiben, welch eine Fülle von unvollkommenen, aus Unkenntnis und Unehrlichkeit gleichermaßen falschen Bescheinigungen ihnen täglich vorgelegt werden. Es wäre ein leichtes, der Öffentlichkeit solche Beispiele des Versicherungsbetruges aus den letzten Jahren zu nennen.
    Ich freue mich, hier erklären zu können, daß viele Arbeitgeber, denen aus ihrer Verantwortung für die Sozialversicherung der Arbeitnehmer eine


    (Frau Kalinke)

    ordnungsmäßige und übersichtliche Kontrolle der Beiträge notwendig erscheint, die Wiedereinführung des Markenverfahrens als den besten Weg für die Gewinnung eines Höchstmaßes an Sicherheit ansehen. Ich betone das, weil in Zeitschriften, Rundschreiben und Gesprächen immer wieder erklärt wird, daß die Arbeitgeber einstimmig die Zweite Lohnabzugsverordnung beibehalten wollen, und daß aus diesen Gründen das Markenklebesystem nicht wieder eingeführt werden könne. Ich freue mich auch über die Stellungnahme verantwortlicher Gewerkschaftler, die mit Recht mehr Sicherheit für den Beitrag der von ihnen vertretenen Arbeiter und Angestellten fordern.
    Notwendig erscheint mir und meinen Freunden besonders die Wiedereinführung einer zuverlässigen Kontrolle. Die Landesversicherungsanstalten haben seit 1892 eine verzweigte Kontrollorganisation mit fachlich gut vorgebildeten Beamten und einen Überwachungsdienst gehabt, der vor Einführung des § 18 der Zweiten Lohnabzugsverordnung vorbildlich arbeitete. Es besteht kein sachlicher Grund, diesen Apparat nicht wieder einzusetzen, damit der rechtzeitige und richtige Beitragseinzug, der für die Geschäftsführung der Rentenversicherungsträger von so entscheidender Bedeutung ist, garantiert wird. In der augenblicklichen Situation mehren sich die Tatsachenberichte, aus denen erkennbar ist, daß z. B. bei der Wanderversicherung, also dem Übergang von der invalidenversicherungspflichtigen Beschäftigung zu einer angestelltenversicherungspflichtigen und umgekehrt der notwendige Wechsel der Versicherungskarte nicht vorgenommen wird. Trägt nun ein Arbeitgeber aus Unkenntnis oder Lässigkeit weiterhin das Entgelt in die alte Versicherungskarte ein, ohne einen Wechsel vorzunehmen, so ist später eine zuverlässige Berechnung der Rente überhaupt nicht möglich. Die Rente wird dann entweder zum Schaden der Landesversicherungsanstalt zu hoch oder zum Schaden der Versicherten zu niedrig festgesetzt. Diese Fälle sind nach dem uns vorliegenden Material seit 1945 zu Tausenden vorgekommen. Wie fehlerhaft auch die Ausstellung der Arbeitsdienstbescheinigung ist, beleuchtet ein Kontrollergebnis eines einzigen Überwachungsbeamten einer Landesversicherungsanstalt, das ich Ihnen als ein Beispiel von vielen vortragen möchte. Bei Durchführung von Betriebsprüfungen, bei denen täglich 6 bis 8 Betriebe mit zusammen 5500 Versicherten geprüft wurden, ergaben sich Falscheintragungen von insgesamt 110 000 DM zu viel angegebenen Arbeitsverdienstes, die berichtigt werden mußten.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Man muß sich also vorstellen, wie solche Prüfungen, wie nur ein Ergebnis zeigt, aussehen würden, wenn man systematisch durchprüfen könnte und würde. Welche Millionen würden wohl für die Sozialversicherung zusammenkommen, wenn es möglich wäre, sich ein wirklich zuverlässiges Bild über diese Verhältnisse zu verschaffen.
    Nicht außer acht gelassen werden soll — auch das ist eine sehr wichtige Frage -, daß ja die Beitragseinnahmen nach der Zweiten Lohnabzugsverordnung über die Kassen der Krankenkassen fließen. Es wird also mit Rücksicht auf die finanziellen Schwierigkeiten auch der Krankenversicherung sicherlich durchaus möglich und nicht unerheblich sein, festzustellen, wie lange Zeit die Kassen mit dem Geld zu arbeiten in der Lage sind, wenn etwa ihre Liquiditätslage nicht gestattet, die
    Beiträge ordnungsgemäß und pünktlich an die Landesversicherungsanstalt abzuführen. Statistiken über Beitragsrückstände von Firmen, die die Krankenkassen angeben werden, werden ebenfalls andererseits wieder für die Landesversicherungsanstalten interessant sein.
    Die bekannten Prüfungsergebnisse zeigen also ein erstaunliches Versagen der bisherigen Handhabung der Zweiten Lohnabzugsverordnung. Eine Landesversicherungsanstalt berichtet z. B., daß nach intensiver Prüfung auf dem Lande und in den Haushaltungen 95% der Arbeitnehmer keine Quittungskarten besitzen. Ich erwähne diese Beispiele, denen noch sehr viele hinzuzufügen wären, weil sie zeigen, wie notwendig im Interesse der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, aber auch im Interesse des Staates eine saubere Verwaltung und eine zuverlässige Kontrolle des Beitragseinzugs und der Beitragsleistung für den Bestand der Versicherung sind.
    Die ernste Lage der Rentenversicherung, auf die uns der Herr Bundesarbeitsminister laufend aufmerksam gemacht hat, zwingt uns im Interesse der großen Schichten der Arbeitnehmerschaft, die in der Rentenversicherung ihre alleinige Altersversorgung haben, die Mittel der Rentenversicherung auf das Sorgfältigste zu verwalten und sie vor Mißbrauch zu schützen. Nach einer Statistik des Bundesarbeitsministeriums betrugen die Rentenleistungen für Juli 1950 in der Invalidenversicherung bereits 81,3 % und in der Angestelltenversicherung 88% des Beitragseinkommens. Hinzu kommen die Ausgaben für die Heilfürsorge, die Ausgaben für die Krankenversicherung der Rentner und die Verwaltungskosten, so daß in der Angestelltenversicherung 90 % und in der Invalidenversicherung 85 % der Beitragseinnahmen in Anspruch genommen werden. Es ist kein Geheimnis mehr, daß wir in der Invaliden- und Angestelltenversicherung nur noch für sehr kurze Zeit in der Lage sein werden, die Renten aus den Beitragseinnahmen zu zahlen, wenn nicht die steigende Beschäftigungszahl ein günstigeres Ergebnis bringt.
    Diese sehr ernste Lage der Rentenversicherung hat auch die Gegner auf den Plan gerufen, die mit den Verfechtern des gleichen Gedankens im Zentralamt für Arbeit schon immer verkündeten, daß die Wiedereinführung des Markenverfahrens die Rentenversicherungsträger in noch größere Schwierigkeiten bringen würde. In diesen Tagen ist in der. Zeitung „Die Ortskrankenkasse" ein Aufsatz erschienen, der sich mit der Organisation der Beitragserhebung befaßt. Dieser Aufsatz geht davon aus, daß die Tendenz der neuesten Zeit ganz allgemein dahin gehe, die Organisationsform zu finden, die die Zweige der Sozialversicherung sogleich zusammenzufassen in der Lage sei und empfiehlt als das Mittel dazu einen einheitlichen Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Auch in der Diskussion der Internationalen Vereinigung für soziale Sicherheit ist man sich durchaus klar gewesen, daß die Markensysteme in England, Irland, Italien und den Niederlanden Verwendung finden und daß man auch in Dänemark wieder zu den Beitragsmarken zurückgefunden hat. Das Gegenbeispiel des österreichischen Einheitsbeitrages und des französischen Lohnlistensystems steht dem gegenüber und wird uns empfohlen. Es ist immer bezeichnend für die Organisation der Sozialversicherung dort, wo man, wie in Frankreich, eine straffe Organisation der Ortskasse hat.
    Meine Freunde glauben nicht, daß die Rückkehr zum bewährten Markenklebeverfahren die inter--


    (Frau Kalinke)

    nationale Entwicklung auf diesem Gebiete übersehen heißt. Meine Freunde und ich glauben auch nicht, daß die notwendigen zwischenstaatlichen Beziehungen und die so selbstverständliche Diskussion über die Koordinierung sozialpolitischer Notwendigkeiten, die sich durch einen gemeinsamen europäischen Markt ergeben wird, die Schaffung etwa eines einheitlichen Sozialversicherungsrechts oder gar eines einheitlichen Weltsystems für die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge voraussetzt. Wie sehr auch bei dem System der totalen Staatsfürsorge die Beitragsmarke als Garant einer zuverlässigen Beitragskontrolle gilt, zeigt Ihnen das Beispiel Englands und, wenn Sie wollen, auch Berlins. Der universale Gedanke einer einheitlichen Versorgung ist dem europäischen Denken genau so fremd wie ein einheitliches Beitragserhebungssystem. Deshalb geht es hier auch nicht um die politische Forderung eines theoretisch erdachten Systems, sondern ganz allein um die Ergebnisse der praktischen Erfahrung, die sachlich zu revidieren wir Verantwortung tragen, um den deutschen Arbeitern und Angestellten und ihrer Selbstverwaltung die gesetzlichen Voraussetzungen für die verantwortliche Vermögensverwaltung und Leistungsgestaltung der deutschen Sozialversicherungsträger zu geben.

    (Beifall bei der DP.)