Rede von
Paul
Harig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Wie bekannt, wurden die ersten Versuche eines westdeutschen Landwirtschaftsministers, diesen innerdeutschen Warenaustausch auch für die Landwirtschaft auszunützen, diffamiert, die Realisierung des von Herrn Dr. Gereke abgeschlossenen Vertrages auf die lange Bank geschoben. Die Zustimmung zu den ersten drei Forderungen des Antrages der KPD-Fraktion ist die entscheidende Voraussetzung, um stabile und die Existenz der Landwirtschaft sichernde Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu garantieren.
Zu den Punkten 5 und 8: Die landwirtschaftliche Verschuldung hat durch die steuerliche Belastung und die übrigen bekannten Umstände bereits einen 1 Grad erreicht, der an die zwanziger Jahre erinnert. Einem landwirtschaftlichen Verkaufserlös von 7,5 Milliarden DM aus der überdurchschnittlich guten Ernte von 1949/50 stehen Betriebsausgaben einschließlich persönlicher Steuern und Soforthilfeabgaben von 6,6 Milliarden gegenüber. Der daraus sich ergebende Jahresgewinn von 900 Millionen DM verteilt sich auf rund zwei Millionen Betriebe, so daß auf den einzelnen Betrieb ein Jahresdurchschnittsgewinn von 450 DM entfällt, der den baren Arbeitslohn für die bäuerliche Familie darstellt.
Da bei der heutigen undurchsichtigen Steuerveranlagung fast jeder Bauer einen eigenen Steuerberater benötigt, der für ihn eine weitere finanzielle Belastung bedeutet, fordert die KPD eine Vereinfachung der landwirtschaftlichen Steuergesetzgebung. Sie fordert die Reduzierung der steuerlichen Belastung auf das unter den heutigen Umständen vertretbare Maß sowie die ständige Befreiung der kleinbäuerlichen Betriebe von Soforthilfeabgaben. Ich möchte dabei auf die in der Deutschen Demokratischen Republik eingeführte Einheitssteuer verweisen, die die vier Haupt-
steuern zu einer zusammenfaßt und bei der steuerlichen Veranlagung die klein- und mittelbäuerlichen Betriebe besonders berücksichtigt, wie es auch in dem Kontrollratsgesetz Nr. 12 bereits vorgesehen war.
Von all den Versprechungen der Bundesregierung gegenüber der westdeutschen Landwirtschaft ist nichts übriggeblieben als der einzige Rat, die westdeutsche landwirtschaftliche Produktion vor allem im Obst- und Gemüsebau einzuschränken, wie dies Professor Dr. Niklas unter dem Hohngelächter der Bauern auf dem Deutschen Bauerntag in Mainz und Herr Staatssekretär Dr. Sonnemann auf der Gartenbautagung in Stuttgart rieten. Die landwirtschaftliche Zeitschrift schrieb zu diesen Ratschlägen des Herrn Professor Dr. Niklas sehr richtig:
Bei diesem fleißigen Bauernvolk ist mit schönen Worten und ministeriellen Empfehlungen zur Rationalisierung und Selbsthilfe der Ernst der Situation nicht mehr zu beschönigen und die Lage nicht mehr zu retten.