Rede von
Alfred
Gleisner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion begrüßt die Einbringung eines Gesetzes zur Schaffung eines Bundeskriminalamtes. Wir haben lediglich zu dem Funktionieren dieses Kriminalamtes einige Anregungen zur Diskussion zu stellen.
Die wesentlichen Aufgaben des Bundeskriminalamtes liegen in der Koordinierung der Landeskriminalpolizeiämter. Nur wenn eine Stelle im Bund alle polizeilichen Nachrichten sammelt, auswertet und weiterleitet, ist eine wirksame Verbrechensbekämpfung, insbesondere eine Bekämpfung internationaler und reisender Verbrecher, möglich. Die Hauptaufgabe kann daher nicht in der Exekutive, sondern muß in der wissenschaftlichen Auswertung aller polizeilichen Nachrichten liegen. Diese zentrale Unterstützung der Kriminalpolizei der Länder ist deshalb besonders wichtig, weil die Kripo kein Handwerk, sondern eine Wissenschaft ist, die täglich neue Methoden und neue Formen des Verbrechens kennenlernt und neue Methoden und Formen der Bekämpfung und Abwehr des Verbrechens entwickeln und erarbeiten muß. Daher ist eine schnelle und sichere Weitergabe aller Nachrichten an die nachgeordneten Landeskriminaldienststellen notwendig.
Fahndungsbücher und Steckbriefregister sind heute ein notwendiger Bestandteil der Verbrechensbekämpfung. Bisher konnte eine Reihe gesuchter Verbrecher aus einem Land in das andere wechseln, ohne daß die Kriminalpolizei Gelegentheit hatte, ihre Nachrichtenmittel frühestens auszunutzen. Vor wenigen Wochen passierte ein internationaler Verbrecher die Zollstelle Aachen. Der Mann fiel durch ein Delikt auf, das nicht in seinem Ressort lag. Der Beamte nahm ihn auf die Wache und ließ ihn drei Stunden sitzen. Dann mußte er ihn laufen lassen, weil ein Grund für seine weitere Inhaftierung nicht vorlag. Zwei Stunden später lag die Nachricht vor, daß der Verbrecher von sechs Staaten in Europa gesucht wird.
Die Hauptaufgabe des Bundeskriminalamtes kann, wie ich schon sagte, nicht in der Exekutive liegen. Wir müssen die Vorwärtsentwicklung so betreiben, daß eine zentrale Funktionsstelle für die Überwachung der Fahndungsbücher und der Strafregister schnellstens geschaffen werden kann. Diese sind nur dann wirksam, wenn sie frühestens und lückenlos bis zum Kriminalwachtmeister gelangen. Es ist selbstverständlich eine dringende Aufgabe des Bundeskriminalamtes, mit den ausländischen Polizeien, vor allem mit den nachbarstaatlichen Polizeien, einen Erfahrungsaustausch und Erkennungsdienst auf- und auszubauen. Die Versorgung der Grenzpolizei mit dem neuesten Erkennungsmaterial, vor allem betreffend internationale Verbrecher, ist zwingend.
Neben diesem notwendigen Nachrichten- und Erkennungsdienst muß das Kriminalamt eine moderne wissenschaftliche und technische Abteilung haben. Diese muß alle Sparten der Kriminal- und Gerichtswissenschaft umfassen und auch Forschungsarbeiten betreiben können. Erst in zweiter Linie kommen die Exekutivaufgaben. Der exekutive Einsatz sollte überhaupt erst dann erfolgen, wenn die personellen und materiellen Mittel der Länder nicht mehr ausreichen. Dies ist aber erst dann der Fall, wenn die Ländergrenzen die Arbeit der Kriminalpolizei behindern. Die Zuständigkeitsgrenzen der Landeskriminalpolizeien decken sich mit den Ländergrenzen. Aus diesem Grunde ist eine Bundesexekutive für die Fälle vorgesehen, die über Ländergrenzen hinauswirken. Sie sollten aber auch nur in diesem Falle wirksam werden. Es brauchen daher nur wenige Spezialisten und Experten im Bundeskriminalamt Verwendung zu finden. Bei der Einrichtung des Bundeskriminalamtes sollte der Innenminister das Zonenkriminalamt in Hamburg als Grundstock übernehmen. Dieses hat neben den guten Fachkräften eine ausgezeichnete technische Ausrüstung und Material.
Zu beachten wäre: die Kriminalpolizei und Ordnungspolizei bilden in verschiedenen Ländern einen Körper. Dieser darf durch die nunmehr zentrale Arbeit des Bundeskriminalamtes nicht zerissen werden. Die Erfahrung hat gezeigt, daß eine solche Regelung richtig ist.
Da das Bundeskriminalamt nur für kriminelle Delikte eingesetzt werden kann, darf auf keinen Fall eine andere Behörde mit eingebaut werden. Ich denke hier an das Sicherheitsamt oder an das Amt für Schutz der Verfassung. Deren Aufgaben liegen in einer ganz anderen Ebene, die ganz andere Voraussetzungen verlangt.
Es besteht die Absicht, einen parlamentarischen Ausschuß für Polizei zu bilden. Es wäre gut, wenn dieser schon beim Auf- und Ausbau des Bundeskriminalamtes mitwirken könnte.
Ich steile den Antrag, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuß für innere Verwaltung zu überweisen.