Rede von
Dr.
Fritz
Baade
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Eine interfraktionelle Gruppe hatte den Antrag gestellt:
die Bundesregierung zu ersuchen, bei der
Verteilung der nächsten ERP-Rate 50 Millionen DM zum Wiederaufbau der Universitäten, der Technischen und der Landwirtschaftlichen Hochschulen bereitzustellen.
Der ERP-Ausschuß hat diesen Antrag beraten und dabei als erstes einstimmig festgestellt, daß es wohl aussichtslos sein würde, von der ECA-Mission die Zustimmung dafür zu bekommen, daß aus Gegenwertmitteln Ausgaben bestritten werden, die zu den normalen Aufgaben der Länder gehören. Das heißt: diese Förderung der Universitäten mußte darauf verzichten, den Lehrbetrieb der Universitäten zu finanzieren, da dieser Lehrbetrieb Länderangelegenheit ist. Es mußte daher von vorn-
herein versucht werden, diese Finanzierung vollständig auf die Forschung zu konzentrieren, und zwar auf diejenige Forschung, die im engsten Zusammenhang mit den Aufgaben des Marshallplans steht. Dabei handelt es sich um eine Forschung, von deren Ergebnissen praktische und kurzfristig zu erzielende Beiträge für die Unabhängigkeit Deutschlands von weiterer Auslandshilfe zu erhoffen sind.
Nachdem wir dies grundsätzlich im ERP-Ausschuß klargestellt hatten, haben wir den Antrag an den Ausschuß für Kulturpolitik weitergeleitet, der sich in einer Sitzung vom 7. Juli damit befaßt hat und unseren Gesichtspunkten grundsätzlich zustimmte, uns aber ersuchte, bei der Verteilung dieser Mittel das Bundesinnenministerium federführend einzuschalten.
Wir haben dann erneut im ERP-Ausschuß eingehend über diese Frage gesprochen und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß wir hier alles vermeiden müßten, was die Bewilligung dieser Mittel durch die letzten Endes ja zuständige ECA-Mission gefährden könnte und daß wir infolgedessen die Ausrichtung des Einsatzes dieser Mittel für diejenigen Aufgaben der Forschung, deren Ergebnisse die Abhängigkeit Deutschlands von amerikanischer Hilfe beseitigen können, so stark wie nur möglich herausarbeiten müßten.
Wir haben dann zu unserer Freude festgestellt, daß ziemlich gleichzeitig mit unseren Arbeiten die Bundesregierung schon einen Betrag von ursprünglich 17,5 Millionen — er wurde dann schließlich auf 22 Millionen erhöht — bei der ECA-Mission für solche Forschungszwecke beantragt hatte und daß gerade in den Tagen, an denen wir darüber berieten, bereits aus der ersten Tranche der Freigabe von Gegenwertfonds ein Betrag von 22 Millionen DM für solche Forschungszwecke von der ECA-Mission endgültig genehmigt worden war.
Für diese Forschungsaufgaben war bereits von den zuständigen Bundesministerien ein allgemeines Programm aufgestellt worden. Dieses Programm war im wesentlichen nach den Richtlinien aufgestellt worden, deren wichtigste Punkte ich eben erwähnt habe: Konzentration auf konkrete praktische Forschungsaufgaben auf dem Gebiet der technologischen und naturwissenschaftlichen Forschung und zu einem sehr bescheidenen Teil auf dem Gebiet der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung, Forschungen, von denen zu erwarten ist, daß entweder unsere Dollareinnahmen aus dem Export in absehbarer Zeit dadurch vergrößert werden oder daß wir Dollarausgaben sparen.
Wir hatten aber doch das Gefühl, daß diese Forschungsarbeiten noch wesentlich schärfer koordiniert werden müßten, als das bisher geschehen war. Es ergab sich auch das Problem, wieweit aus diesen ERP-Gegenwertmitteln, die nach dem gestern hier in diesem Hause angenommenen Antrag nun ganz eindeutig Haushaltsmittel des Bundes sind,
die Forschungen von Instituten der Privatindustrie finanziert oder durch Kredite gefördert werden dürften. Wir waren uns sehr frühzeitig darüber im klaren, daß im allgemeinen diese Mittel nicht den privaten Forschungsinstituten der Industrie zufließen sollten, sondern den öffentlichen Forschungsinstituten, insbesondere unseren technischen Hochschulen. Unsere technischen Hochschulen sind wirklich durch Mangel an Mitteln in einer geradezu erschreckenden Weise in ihrer For-
schungstätigkeit gehemmt, sehr zum Schaden der deutschen Wirtschaft, die ja letzten Endes ihre Konkurrenzfähigkeit im Export ganz weitgehend den früheren großen Pionierleistungen der deutschen Forschung verdankt. Es war daher dringend notwendig, die Mittel auf diese Aufgaben zu konzentrieren.
Wir haben uns dann mit dem ERP-Ministerium über allgemeine Richtlinien für den Einsatz dieser Mittel verständigt und auch darüber, daß es nötig sein würde, für die Überwachung und Koordination dieser Forschung einen besonderen Ausschuß einzusetzen. Dabei ist es unmöglich, nur ein einziges Bundesressort zu beteiligen. Es sind vier Bundesressorts, die unbedingt daran beteiligt sein müssen; das ist als federführendes Ministerium das ERP-Ministerium, es ist das Bundesinnenministerium in seiner Zuständigkeit für allgemeine Kulturangelegenheiten, es ist das Bundesfinanzministerium und das Bundesministerium für Wirtschaft. Es ist auch klar, daß bis zu einem gewissen Grade die Ländergesichtspunkte dabei zur Geltung kommen müssen. Wir haben vorgeschlagen, in den Steuerungsauschuß einen Vertreter der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder hineinzunehmen. Wir haben auch dem ERP-Ministerium zu erkennen gegeben, daß wir es unbedingt für nötig hielten, daß sich nicht nur Beamte, sondern auch Parlamentarier an dieser Nachprüfung der Forschungsprojekte, an ihrer Koordinierung und an ihrer Konzentration auf die vordringlichsten Aufgaben beteiligen. Es wurde vorgeschlagen, daß drei Parlamentarier zu den fünf Beamten hinzutreten sollten und so ein Achterausschuß gebildet werden sollte.
Bei diesem Stand der Verhandlungen haben wir uns dann mit dem wirtschaftspolitischen Ausschuß in Verbindung gesetzt und haben unsere Gesichtspunkte zum Einsatz und zur Steuerung dieser Forschungsmittel dort vorgetragen. Der wirtschaftspolitische Ausschuß hat einstimmig unseren Gesichtspunkten bezüglich dieses Einsatzes der Mittel und bezüglich der personellen Überwachung dieses Einsatzes zugestimmt. Auf Grund dieser Zustimmung des wirtschaftspolitischen Ausschusses ist dann wiederum einstimmig der Beschluß des ERP-Ausschusses entstanden, der Ihnen in Gestalt der Drucksache Nr. 1199 hier vorliegt.
Im ersten Absatz wird die Bundesregierung ersucht,
aus der 2. und 3. Tranche der ERP-Gegenwertmittel zur Förderung der Forschung einen Betrag von insgesamt 49 Millionen DM bereitzustellen ohne Anrechnung der von der ECA-Mission für denselben Zweck bereits bewilligten 22 Millionen DM.
Es ist gar kein Zweifel, daß 50 Millionen DM für dieses ungeheuer wichtige Gebiet der Forschung ein ungenügender Betrag sein würden. Es wäre sehr erwünscht, wenn trotz der uns jetzt drohenden allgemeinen Kürzung der Gegenwertmittel auch diesem Beschluß Rechnung getragen werden könnte.
Ich glaube, ich kann Ihnen wirklich nur ehrlich empfehlen, diesem Absatz 1 zuzustimmen. Wir könnnen nur den Wunsch haben, daß es der Bundesregierung gelingen wird, bei den Verhandlungen mit der ECA-Mission auch für diesen Wunsch Erfüllung zu bekommen.
Im zweiten Teile dieses Antrages wird die Bundesregierung ersucht, für die Aufstellung des aus den ERP-Mitteln zu fördernden Forschungsprogramms einen Ausschuß zu konstituieren, der, wie ich Ihnen eben sagte, aus den Vertretern der vier Bundesressorts, einem Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Länder und drei Parlamentariern zusammengesetzt ist.
Wir haben schon angefangen, mit einem solchen Achterausschuß zu arbeiten. Ich darf aus diesen Arbeiten berichten: wir hatten das Gefühl, daß es sehr nützlich war, in dieser Weise eine sehr straffe Koordination sämtlicher Forschungsaufgaben vorzunehmen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, den ich vorhin vorgetragen habe, diese Mittel nach Möglichkeit auf die Universitätsinstitute und die übrigen öffentlich finanzierten Forschungsinstitute zu konzentrieren und die Forschung der Industrie im wesentlichen auf die eigenen Mittel der Industrie zu verweisen. Wir können diesem Gesichtspunkt nicht hundertprozentig folgen, denn es gibt sehr wertvolle Forschungsinstitute auch in der Industrie. In den Fällen, in denen solche Institute auch finanziert werden, muß mit allem Nachdruck und mit aller Wirksamkeit dafür gesorgt werden, daß diese aus öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungsergebnisse nicht der betreffenden Firma allein zugute kommen, sondern der gesamten deutschen Wirtschaft zugänglich gemacht werden.
Ich darf berichten, daß ich mit den parlamentarischen Kollegen, mit denen ich in diesem Ausschuß zusammenarbeite — das sind die Abgeordneten Dr. Pünder und Freudenberg — gerade in der scharfen Durchsetzung dieses Prinzips vollkommen einig bin. Ich glaube, daß wir auf diese Weise einen erheblichen Nutzen stiften können.
Der Ausschuß empfiehlt Ihnen also die Annahme der Drucksache Nr. 1199 und die Zustimmung zu den Prinzipien, die ich Ihnen in diesem Bericht vorgetragen habe.