Rede von
August-Martin
Euler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine politischen Freunde wünschen zum Ausdruck zu bringen, daß diese Debatte auf der Regierungsbank sehr ernst genommen werde. Wenn irgend etwas in dieser Zeit geeignet ist, die Demokratie in den Augen des Volkes herabzusetzen, dann sind es in der Tat unvorsichtige, nicht den strengsten Anforderungen gerecht werdende Äußerungen der Minister in der Öffentlichkeit. Das möchten wir unumwunden sagen.
Wenn wir uns in starkem Maße bemüht haben, in diesem Hause eine Form herzustellen, die dem in dieser Zeit sehr angebrachten strengen Anspruch des Volkes an seine Abgeordneten entspricht, dann, müssen wir sagen, sollte das um so mehr das Anliegen der Männer sein, die nun, mit dem Ausdruck des besonderen Vertrauens dieses Hauses beladen, die Ministertätigkeit ausüben.
Wir möchten schon, daß das Volk in seinem Vertrauen und in seinem Respekt gegenüber der Regierung durch eine Art der Äußerungsform der
Minister in der Öffentlichkeit gestärkt wird, die das
Vertrauen geradezu nötig macht. Wir haben immer
wieder draußen in der Bevölkerung feststellen können, wie empfindliche Reaktionen es auslöst, wenn
Minister in ihren Reden — man kann sich fragen,
ob diese Reden nicht zu häufig gehalten werden —
diese strengen Ansprüche, die das Volk mit Recht stellt, nicht befriedigen.
In diesem Zusammenhang halten wir auch die weiter angesprochenen Themen über die Behandlung von Initiativanträgen seitens der Regierung und die verzögerte Ausführung von Beschlüssen — gerade solcher Beschlüsse, an denen auch den Regierungsparteien außerordentlich viel gelegen war — für sehr bedeutungsvoll.
Wenn ich all dieses als den sachlichen Kern dessen, was hier heute der Regierung an Mahnung zuzurufen ist, voranstelle, dann lassen Sie mich weiter sagen, daß der sozialdemokratische Antrag trotz dessen, was an den Äußerungen von Minister Dr. Erhard in München zu beanstanden ist, trotz dessen, daß es richtig war, das Thema hier zur Sprache zu bringen und der Regierung eine Mahnung zuzurufen, unangemessen ist. Denn niemand wird bestreiten — und es wird auch vielen Ihrer Anhänger daußen im Lande so gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie —, daß ein Minister von den Verdiensten Professor Dr. Erhards und ein Minister von einer so unzweifelhaften positiven Staatseinstellung und einer so unzweifelhaften demokratischen Gesinnung nicht deshalb zum Rücktritt gezwungen werden kann, daß man — mit Recht — sagen mag, er habe bei einer seiner Reden Formulierungen gefunden, die nicht verteidigt werden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie begegnen da mit einem unangemessenen Verlangen einem Mann, dessen Äußerungen in diesem Falle weniger deplaciert waren als die Äußerungen Ihrer maßgeblichen Führer gegenüber Regierungsmitgliedern und gegenüber der Tendenz der Regierungspolitik, wie Sie sie eigentlich fortgesetzt in die Öffentlichkeit setzen.
Ich erinnere an die üblen Motive, die Sie den Regierungsparteien und den Ministern unausgesetzt in der Öffentlichkeit unterschieben. Es vergeht fast keine Woche, ohne daß von Ihrer Seite Äußerungen in die Öffentlichkeit gesetzt werden, die den Ministern und den Regierungsparteien den guten Willen, die gute Absicht absprechen. Wenn es irgend etwas Diffamierendes gibt, wenn es irgend etwas gibt, was darauf angelegt ist, in der Bevölkerung — wenigstens in Teilen der Bevölkerung — den Glauben an die Achtbarkeit des politischen Gegners zu zerstören, dann ist es das Verhalten, das Ihre maßgeblichen Sprecher dauernd in der Öffentlichkeit unter Beweis stellen. Schon aus diesem Grund sehen sich meine Freunde nicht imstande, Ihren Antrag zu unterstützen.