Meine Herren und Damen! Ich bin sehr erstaunt, daß die Vertreterin der CDU-Fraktion so betont, daß ihre Fraktion an diesem Mutterschutzgesetz so außerordentlich interessiert ist, daß aber ihre Regierung monatelang den Auftrag des Bundestags nicht ausgeführt hat. Wir sind es gewohnt, daß solche Aufträge, die eben zu Lasten des Unternehmers gehen, von der Bundesregierung verschleppt und, ich möchte fast sagen, sabotiert werden. Man sollte meinen — wenn Sie jetzt den Vorgang so einfach darstellen, daß ein ziemlich vollständiger Entwurf immerhin schon vorgelegen habe —, daß es der Bundesregierung, wenn sie gewollt hätte, nicht schwergefallen wäre, einen solchen Gesetzentwurf hier vorzulegen, zumal Ihre Fraktion daran so außerordentlich interessiert sei.
Meine Fraktion begrüßt den Entwurf der SPD als eine Verhandlungsgrundlage, damit endlich der berufstätigen Frau wenigstens für die Zeit eine geringe Sicherheit gegeben wird, in der sie ein Kind erwartet, in der sie das Kind stillt bzw. in der das Kind allein auf die Mutter angewiesen ist. In der Regierungserklärung sagt Dr. Adenauer, „so sozial als möglich" soll dieser Staat sein; und gerade Sie, meine Herren und Damen von der Rechten, reden soviel vom Schutz der Familie, von der Würde der Frau und anderes mehr. Ich möchte noch einmal betonen, es wäre wirklich Aufgabe der Regierung gewesen, umgehend, so wie der Bundestag es beschlossen hat, ein solches Gesetz vorzulegen. Aber wenn es sich darum handelt, die Frau und die Mutter wirklich zu schützen und sicherzustellen, dann denkt die Adenauer-Regierung nicht daran, die Versprechungen, die sie bei den Wahlen macht, die Versprechungen, die sie in der Regierungserklärung gemacht hat, in der Praxis zu erfüllen. Wir wissen sehr wohl, daß in dieser Gesellschaft, nämlich in der Gesellschaft der Monopole, der Truste und der Unternehmerverbände, die werktätigen Frauen und die werktätigen Männer in den Betrieben und in den Büros selber um ihre Rechte und um ihre soziale Besserstellung kämpfen müssen, kämpfen müssen mit ihren Organisationen, den Gewerkschaften. Wer sehr aufmerksam die heutige Debatte um das Mitbestimmungsrecht verfolgt hat, findet diese Auffassung bestätigt. Die Mehrheit dieses Hauses wird den arbeitenden Menschen nichts schenken, sondern die arbeitenden Menschen werden dieser Regierung alles abtrotzen, von ihr alles erkämpfen :nässen.
Nun einiges zu dem Entwurf. Wir sind der Auffassung, daß der Entwurf in einigen Punkten erweitert werden muß. Wir werden entsprechende Anträge im Ausschuß vorlegen. Ganz besonders gilt das da, wo Kann-Vorschriften enthalten sind. Diese Kann-Vorschriften müssen gestrichen werden, weil sie der Unternehmer-Willkür Tür und Tor offenlassen. Wir sind weiter der Auffassung, daß die Ausdehnung der Bezugszeit für Wochen- und Stillgeld noch etwas schärfer formuliert werden muß und daß jetzt das Stillgeld und das Wochengeld erhöht werden muß. Seit der Zeit der Beratungen im Wirtschaftsrat haben sich die Lebensverhältnisse so verschlechtert, daß die Frau mit den Beträgen nicht mehr auskommt. Ebenso sollte den Frauen, die nicht. gesetzlich krankenversichert sind, ein fester Betrag als Mindestleistung zugesichert werden, weil der regelmäßige Arbeitsverdienst nicht in allen Fällen den Frauen und Müttern die Möglichkeit gibt, in dieser schwersten Zeit für ihr Kind und für sich selber aufzukommen. — Ich weiß nicht, warum Sie lachen, wenn ich Ihnen sage, daß die Verhältnisse sich verschlechtert haben. Warum haben wir die Diskussionen um die Preiserhöhungen und um all die Verhältnisse?
— Von dieser Seite wird darüber sehr heftig gelacht. - Darum bin ich der Auffassung, daß man die Beträge erhöhen sollte. Ebenfalls möchte ich hier die Forderung unterstützen, daß ein Großteil der in Frage kommenden Aufwendungen mit vom Bund getragen wird.
Wir sind ferner der Auffassung, daß in die Aufsichtsbehörde Vertreter der Gewerkschaften eingeschaltet werden, damit wir die Aufsicht über die Durchführung dieses Gesetzes nicht allein einer Exekutive, einer Regierung überlassen, die wir dafür nicht als maßgeblich betrachten,
Wir meinen dann, daß Kindertagesstätten, wie es von den Vorrednerinnen gesagt worden ist, auch auf schulpflichtige Kinder ausgedehnt werden sollten. Solche Kindertagesstätten würden gerade den Müttern, die keine Ehemänner mehr haben, die Möglichkeit bieten, ihre Kinder richtig unterzubringen.
Das ist unsere Auffassung. Wir werden diese Auffassung in dem Ausschuß noch durch geeignete Anträge zum Ausdruck bringen.