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ID0108006700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950 2927 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen 2928C, 2954D, 2964D, 2965D, 3024D Änderung der Tagesordnung 2928C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb (Nr. 970 der Drucksachen) 2928D, 2929B Zur Geschäftsordnung: Euler (FDP) 2928D Dr. von Brentano (CDU) 2929A Mellies (SPD) 2929A Rademacher (FDP) 2987C Zur Sache: Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller 2929C Freitag (SPD) 2937D Dr. Hammer (FDP) 2942C Dr. Dr. h. c. Lehr (CDU) 2946D Walter (DP) 2949D Frau Wessel (Z) 2952A Dr. Seelos (BP) 2955A Agatz (KPD) 2956A Dr. Miessner (DRP) 2960C Freudenberg (FDP) 2962A Raestrup (CDU) 2965A Arndgen (CDU) 2965D Böhm (SPD) 2966D Storch, Bundesminister für Arbeit 2969C Degener (CDU) 2971A Keuning (SPD) 2972A Harig (KPD) 2974B Dr. Veit (SPD) 2978A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 2980A Freidhof (SPD) 2984A Loritz (WAV) 2987D, 2995B Lenz (CDU) 2989D Dr. Kleindinst (CSU) 2990D Mensing (CDU) 2992A Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 2993A Dr. von Brentano (CDU), Antragsteller 2993D, 2995D Mayer (Stuttgart) (FDP) 2995D Günther (CDU) 2995D Lausen (SPD) 2996A Zur Abstimmung: Paul (KPD) 2996B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 1153 der Drucksachen) 2996C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen) . . . . 2996C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Mutter (Mutterschutzgesetz (Nr. 1182 der Drucksachen) . 2996D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstelle- rin 2996D Frau Dr. Rehling (CDU) 2998B Frau Arnold (Z) 2999C Frau Thiele (KPD) 3000A Frau Dr. Ilk (FDP) 3000D Frau Kalinke (DP) 3001B Frau Döhring (SPD), Antragstellerin 3001D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Mandatsniederlegung des Abgeordneten Müller (Hannover) (Nr. 993 der Drucksachen) . . 3003B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . 3003B Fisch (KPD) 3004B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates (Nr. 975 und Nr. 1158, 1235 der Drucksachen) 3005D Dr. Kneipp (FDP), als Berichterstatter 3005D als Abgeordneter . . . . . . . 3008A Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) . 3007C, 3008C Wartner (BP) 3008D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (Nr. 924 und 1209 der Drucksachen) 3009C Dr. von Merkatz (DP) (zur Geschäftsordnung) 3009C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten — Milch- und Fettgesetz — (Nr. 1243 der Drucksachen) . . 3009D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Nr. 968 und 1224 der Drucksachen) . . . 3009D Dr. Horlacher (CSU) : als Berichterstatter 3010A als Abgeordneter 3014A, 3015B Dr. Kather (CDU) 3012A, C Kriedemann (SPD) 3012D Dr. Baade (SPD) 3013C, 3014C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen (Nr. 1161 und 1222 der Drucksachen) 3016A Struve (CDU), Berichterstatter . . 3016A Kriedemann (SPD) 3016B Harig (KPD) 3016C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Verwendungsordnung der ERP-Zuwendungen (Nr. 1167, 661 der Drucksachen) 3017B Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 3017B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Kürzung der Versorgungsbezüge (Nr. 1174, 434 der Drucksachen) . . . . 3019B Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 3019B als Berichterstatter 3019C als Abgeordneter 3020A Herrmann (SPD) 3020D Melliez (SPD) 3021C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Ollenhauer u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Regelung der Versorgung der Körperbeschädigten und Hinterbliebenen durch Kriegsfolgen und über den Antrag der Fraktion der DP betr. Sozialversicherung (Nr. 1180, 30, 36 der Drucksachen) . . . . 3021D Mende (FDP), Berichterstatter . . . 3022A Storch, Bundesminister für Arbeit . . 3022D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Spies, Strauß, Stücklen, Frau Dr. Probst u. Gen. betr. einheitliche Anerkennung der Schwerbeschädigtenausweise (Nr. 1181, 1004, 1236 der Drucksachen) 3023A Langer (FDP), Berichterstatter . . 3023B Spies (CSU) 3023C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Abg. von Thadden u. Gen. betr. Beseitigung der Entrechtung der ehemaligen Wehrmachtangehörigen und ihrer Hinterbliebenen (Nr. 1187, 1060, 1247 der Drucksachen) 3024A Dr. Kleindinst (CSU) 3024B Frist für Rednerkorrekturen der stenographischen Niederschriften 3024D Nächste Sitzung 3025C Die Sitzung wird um 9 Uhr 13 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Aloys Lenz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der bisherige Verlauf der Debatte über ein so grundlegendes Anliegen, wie es die Frage der Mitbestimmung für weiteste Schichten in unserem Volk darstellt, kann uns nicht befriedigen und wird am allerwenigsten die Kreise befriedigen, die seit Jahren sehnsüchtig auf die Verwirklichung dieses Anspruches warten. Im Laufe des Tages sind in diesem Hause Ansichten geäußert worden, die nicht in das 20. Jahrhundert gehören, sondern in die Aera der vorbismarckschen Zeit. Wie ganz anders wäre das Echo zu dem Antrag der CDU und auch zur Vorlage der SPD gewesen, wenn sie in dieser maßvollen Form 1945 vorgelegt worden wären! Damals war es ausgemachte Sache, daß die zukünftige Wirtschaft nur gemeinsam und mit gleichen Rechten gestaltet und geleitet werden müßte.


    (Lenz)

    Eigentumssorgen beschwerten uns damals nicht, die einen nicht, weil sie nie Eigentum besessen hatten, und die anderen nicht, weil es ihnen genommen war. Gemeinsam wurde angefaßt, gehungert, gedarbt, gearbeitet und nochmals gearbeitet, um die Zeit der schlimmsten Not zu überwinden. Nicht zuletzt dank der von der Gewerkschaftsbewegung im Ausland erworbenen Vertrauensgrundlage, die unserem Volke damals Leben und Lebensmöglichkeit gesichert hat, ist es möglich gewesen, durch die schlimmsten Zeiten nach dem Zusammenbruch hindurchzukommen.
    Worauf stützt sich der Marshallplan? Doch zuerst und zunächst — und das gehört in diesen Zusammenhang hinein— auf das Vertrauen zur unbesiegbaren Arbeitskraft und zum Leistungspotential des deutschen Volkes und damit zuvörderst zum Arbeitswillen und der Arbeitsfähigkeit der deutschen Arbeiterschaft, sicher auch des Unternehmertums, ganz unbestritten; aber nicht eines Unternehmertums, das seinen Blick rückwärts wendet, sondern eines Unternehmertums, das nach vorne schaut und instinktiv die ungeheuren Möglichkeiten erkennt, die sich aus einem neuen Anfang, aus dem Anfang einer neuen Ordnung der Beziehungen zwischen Unternehmern, Betriebsleitung und Belegschaft ergeben, Möglichkeiten der Befriedung und der Uberwindung sozialer Spannungen, des Ausgleichs, einer Volkwerdung im Sozialen. Glaubt jemand noch im Ernst, wir könnten der sogenannten Gefahr des asiatischen Kollektivismus begegnen, ohne zuvor diesen Gefahren bei uns im Wirtschaftlichen und Sozialen den Nährboden entzogen zu haben? Noch ist Bereitschaft vorhanden, viel guter Wille ist da. Verscherzen wir diesen Augenblick nicht!
    Was steht denn der Ausgestaltung eines echten Mitbestimmungsrechts im Wege? Sie verweisen auf die Gewerkschaften und malen den Teufel an die Wand. Wenn die Gewerkschaftsbewegung teuflisch gewesen wäre, dann hätte sie 1945 etwas ganz anderes getan, als geschehen ist. Dann hätte sie nicht für Ruhe und Ordnung gesorgt, die Betriebe geschützt und manchmal auch Leute geschützt, die es ihr heute nicht zu danken wissen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    All das wissen wir aus persönlicher Erfahrung zu genau.
    Es wird erklärt, in der Verankerung der gewerkschaftlichen Mitwirkung im Gesetzeswerk vollende sich die Totalität des Managertunis. Nun, seien sie versichert, Burnhams Buch ist nicht nur für die Gewerkschaften geschrieben worden, sondern, ich glaube, in weit stärkerem Umfang noch für die andere Seite. Im übrigen ist diese Seite des Problems weit mehr eine Funktion soziologischer Verhältnisse als Gegenstand gesetzestechnischer Gestaltung.
    Mit Bezug auf die Vorlage der CDU hat Herr Kollege Schröder in seiner ausgezeichneten Begründung heute vormittag bereits darauf verwiesen, daß sie in puncto Einschaltung der gewerkschaftlichen Vertretung ausgebaut werden kann, wie ich überhaupt in der Konzeption der Vorlage Nr. 970 und in den Vorschlägen des Deutschen Gewerkschaftsbundes durchaus die Möglichkeit einer Synthese erblicke. Nichts wäre verfehlter, als zu sehr mit absoluten Standpunkten zu operieren. Was wir beschreiten, ist Neuland, das zwar vermessen und aufgezeichnet ist, das aber innen noch erforscht und beschritten werden muß. Es muß das Anliegen des ganzen Hauses und hier wiederum seiner besten Kräfte sein, die Sehnsucht der Millionen Arbeitnehmer nach verantwortlicher Mitgestaltung im Wirtschaftsleben zu erfüllen.
    Nach 1945, nach Bochum und Hattenheim gibt es kein Zurück mehr. Kirchen und Gewerkschaften, Parteien und Verbände haben sich des Anliegens der Arbeiterschaft angenommen, manchmal unter verschiedenartigen Aspekten, aber stets aus der Erkenntnis der absoluten Notwendigkeit heraus. Auf dem Katholikentag 1949 ist das Mitbestimmungsrecht der Arbeiterschaft programmatisch verkündet worden, und zwar nicht als eine neue Idee, die erst nach 1945 geboren worden wäre, sondern in konsequenter Durchbildung katholisch-sozialen Denkens, eines Denkens, das aus der Schule Kettelers kommt, das den päpstlichen Rundschreiben „Rerum novarum" und „Quadragesimo anno" entspricht. Vom Katholikentag zu Freiburg über Breslau, Dortmund und den Katholikentag in Essen führt ein gerader Weg zur Entschließung von Bochum. Die KAB, die katholischen Arbeitervereinsbewegung als aktivste Träger dieser Manifestation hat alle Mißdeutungen ihrer bekannten Erklärung, jede liberale Verwässerung, aber auch jede klassenkampfmäßige Ausnutzung und Mißdeutung zurückgewiesen. Der christlich-sozialen Bewegung kommt das große Verdienst zu, geistiger Wegbereiter für unser gemeinsames Anliegen gewesen zu sein. Von der geistigen Bereitschaft aber beider Teile der Wirtschaft ist Erfolg oder Mißerfolg dieser Arbeit abhängig. Wir sind daher allen dankbar, die den Boden haben bereiten helfen für die Verwirklichung dessen, was uns heute aufgegeben ist.
    Ich bin angesichts der Fülle der Probleme, die mit einem wirksamen Mitbestimmungsrecht verbunden sind, keineswegs der Ansicht, daß die Arbeiten, die unter der Führung des Herrn Bundesarbeitsministers durchgeführt worden sind, nutzlos vertane Zeit sind. Im Gegenteil, sie haben die Lage geklärt und sind, wie ich aus meiner täglichen Erfahrung weiß, auch durchaus wertvoll für die weiteren Beratungen. Die Arbeit in den Ausschüssen wird gerade diese Feststellung in vollem Umfange bestätigen. Ich hoffe, daß diese Beratungen sorgfältig erfolgen werden und von dem Willen getragen sind, dem berechtigten Wunsch der Arbeiterschaft und ihrer gewerkschaftlichen Vertretung zu entsprechen.
    Der Antrag der CDU soll unser Anliegen aus dem Bereich theoretischer Erörterungen in den Kreis der praktischen Gestaltung führen. Er läßt Raum für jeden guten Gedanken, der hinzukommt, sofern er geeignet ist, dem Ziele zu dienen, dem sich die überwältigende Mehrheit dieses Hauses, wie ich zuversichtlich hoffe, verpflichtet weiß, eben der Mitbestimmung der Arbeiterschaft in allen Zweigen der Wirtschaft. Der erste Schritt ist mit dem Antrage der Christlich-Demokratischen Union getan worden, und hier bin ich im Gegensatz zu der Auffassung meines Herrn Kollegen Böhm der Ansicht, daß es richtiger ist, zunächst einmal einen Schritt zu tun und dann den zweiten, als vielleicht zwei Schritte auf einmal zu versuchen und dabei zu Fall zu kommen.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kleindinst.

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    Rede von Dr. Josef Ferdinand Kleindinst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine verehrten Damen und Herren! Ich bitte Verständnis dafür zu haben, wenn wir Wert darauf legen, daß auch aus meiner bayerischen Heimat eine sachliche und — wie ich glaube sagen zu dürfen - auf Erfahrungen beruhende Stellungnahme zu dieser wichtigen Ange-


    (Dr. Kleindinst)

    legenheit vorgetragen wird. Der Entwurf geht von den im Ruhrgebiet gemachten Erfahrungen aus und ist nach ihnen konzipiert. Wir haben selbstverständlich dafür volles Verständnis; wir bitten aber, bei der Durcharbeitung im Ausschuß die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, die Kleinbetrieb-, insbesondere in der Fertigindustrie, und die Mittelbetriebe nicht zu übersehen. Wir wollen diese nicht dem Gesetz entziehen, doch müssen Fassungen gefunden werden, die Streitigkeiten, Zweifel und Unstimmigkeiten von vornherein verhüten.
    Die Verwaltung muß — darauf ist schon hingewiesen worden — zweifellos aus diesem Bereich herausgenommen werden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Bereits nach 1920 sind für die Verwaltung eigene Betriebsvertretungen geschaffen worden, und das muß auch hier geschehen, weil sonst Konflikte mit den Bestimmungen über die öffentliche Verwaltung entstehen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wichtig ist natürlich, und zwar deshalb, weil hier die Wirtschaftsausschüsse im Gegensatz zu der Regelung des Betriebsrätegesetzes vorgesehen worden sind, daß die Betriebe der Selbstverwaltung gesondert behandelt werden. In bezug auf die sozialen Verhältnisse ist das Mitbestimmungsrecht zweifellos auch hier notwendig. In bezug auf die wirtschaftliche Zielsetzung müssen bei der Selbstverwaltung, die unter der Kontrolle der Öffentlichkeit, der Aufsicht der Landesregierungen und unter Umständen letztlich auch der Bundesregierung steht, soweit eine Zuständigkeit gegeben ist, diese Zuständigkeiten voll gewahrt werden, wenn wir überhaupt noch von Selbstverwaltung sprechen wollen. Hier hat das Betriebsrätegesetz keine Schwierigkeiten geschaffen.
    Auch hinsichtlich der organisatorischen Verhältnisse muß der Entwurf einer Durcharbeitung unterzogen werden, damit eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten der in Frage kommenden Stellen und Verwaltungen erfolgt. Weiterhin muß eine klare arbeitsrechtliche Durcharbeitung geschehen, wie sie beim Betriebsrätegesetz vorhanden war.
    Weil ich gerade vom Betriebsrätegesetz spreche, darf ich Sie, meine Damen und Herren, daran erinnern, unter welchen schwierigen Umständen in Weimar und in Berlin dieses Gesetz in einer gesetzestechnisch so ausgezeichneten Weise zustande gekommen ist. Wir müssen wirklich heute noch den Männern im Reichsarbeitsministerium und in den Ausschüssen Anerkennung dafür zollen, daß sie dieses Werk unter so schweren Verhältnissen zustande gebracht haben. Wir haben in der Zeit zwischen 1933 und 1945 die erforderlichen gesetzestechnischen Fähigkeiten verloren oder jedenfalls noch nicht wieder gewonnen. Auch auf die gesetzestechnische Arbeit müssen wir im Ausschuß ganz besonderes Gewicht legen.
    Der Entwurf der SPD geht insofern weit über den der CDU hinaus, als er großes Gewicht auf das überbetriebliche Mitbestimmungsrecht, also außerhalb des Betriebes legt. Hier ergibt sich ein ähnliches Problem wie bei der Selbstverwaltung bezüglich der verfassungsmäßigen Organe der Regierung, der Volksvertretung und des Bundeswirtschaftsrats, wenn ich ihn kurz so bezeichnen dar. Das wird deshalb so wichtig sein, weil wir neuerdings unter dem Druck stehen, rasche Entscheidungen zu treffen. Denken Sie nur an die Zeit der Pfundabwertung, in der schnelle Entscheidungen notwendig waren. Wenn dieses Organ als verfassungsmäßiges Organ geschaffen wird, muß es so geschaffen werden, daß ein raches und reibungsloses Zusammenarbeiten ermöglicht wird.
    Was die Wirtschaftskammern betrifft, so darf ich, meine Damen und Herren, wohl kurz das eine sagen, daß ihre wirtschaftspolitische Bedeutung weit überschätzt wird. Ihre Aufgaben sind die der Wirtschaftsverwaltung, vielfach gutachtliche Stellungnahmen in einem beschränkten Verwaltungsgebiet. Jedes wichtige Wirtschaftsgesetz, das wir erlassen, hat dagegen eine viel größere wirtschaftspolitische Bedeutung als die Arbeit dieser Kammern überhaupt. Wichtiger erscheint mir die Zusammenfassung der Arbeit aller Kammern seitens der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Hier taucht wieder das gleiche Problem auf wie das der Bezirkswirtschaftsräte. Es ist die Frage: wie soll das organisatorisch verwirklicht werden, wie sollen die Aufgaben festgelegt werden? Das sind Dinge, die wir ja in der Zeit zwischen 1920 und 1926 eingehend bearbeitet haben und die dann, insbesondere nach der Stabilisierung der Währung und nachdem die Wirtschaft etwas aufblühte, wieder zur Seite gelegt worden sind.
    Meine Damen und Herren, es ist nun zwar mit Recht von dem Risiko gesprochen worden, das insbesondere der Arbeitnehmer im Falle einer verfehlten Wirtschaftsführung des Betriebes tragen muß. Ich bitte aber, auf eines hinweisen zu dürfen, und wundere mich nur, daß dieser Hinweis bei den bisherigen wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen noch nicht erfolgt ist: alle großen Krisen, durch die wir seit dem ersten Weltkrieg gegangen sind, waren Folgen weltpolitischer, nicht rein wirtschaftlicher Vorgänge; sie waren die Folgen der Zerstörung der Weltwirtschaft durch den ersten Weltkrieg und damit des Zusammenbruchs der Währungen. Auch die Rationalisierung und alle diese Ereignisse samt der großen Krise von 1930 bis 1934 waren letztlich die Folgen dieser Verhältnisse; sie war keineswegs nur eine deutsche Krise, sondern eine Krise, die die ganze Weltwirtschaft, sowohl die Siegermächte als auch die besiegten und die neutralen Mächte erfaßt hatte. Wir können heute auf die Einzelheiten nicht eingehen; aber ich möchte doch bitten, auch diese Zusammenhänge zu erkennen, da es der sachlichen Beurteilung unserer Aufgaben nur dienlich wäre.
    Ich war überrascht, daß heute in der Frage der Gleichberechtigung und der Gleichachtung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Töne angeschlagen worden sind wie etwa der vom Herr-im-Hause-Standpunkt und von der Drohung der Überwindung dieses Standpunktes, von denen wir geglaubt haben, daß sie seit Jahrzehnten überwunden wären. Ich bitte versichert zu sein, daß wir immer diese Gleichberechtigung und diese Gleichachtung nicht nur aus einem rechtlichen, sondern auch aus einem sozialethischen Bewußtsein betont haben, daß unsere Arbeit seit Jahrzehnten von der Überzeugung von einer solchen Notwendigkeit erfüllt gewesen ist und daß wir auch mit dieser Absicht jetzt an die Arbeit herangehen wollen. Wir wollen dabei keineswegs die technische und wirtschaftliche Zielsetzung des Unternehmers, den wirtschaftlichen Fortschritt irgendwie hemmen; und ich kann mit Genugtuung feststellen, daß diese Zusicherung ja auch von der Opposition gegeben worden ist. Wir glauben aber auch, daß im Verfolg der seinerzeitigen Betriebsausschüsse, später der Betriebsräte, die Entwicklung dieses organisatorsichen Gedankens und dieser Mitwirkung und Mitbestimmung eine notwendige Konsequenz der ganzen Entwicklung ist.


    (Dr. Kleindinst)

    Wenn wir in der Vergangenheit unserer Aufgabe gerecht werden wollten, so haben wir immer eine Überlegung angestellt, und ich bitte diese Überlegung auch für diese Aufgabe zu würdigen. Als seinerzeit die gemeindliche Selbstverwaltung errichtet wurde, hat man sie als die Schule des Bürgertums betrachtet, als die Vorstufe für den Übergang zu einer damals konstitutionellen Volksvertretung. Und in gewissem Sinne gilt diese Parallele heute in der Wirtschaft für die Arbeitnehmer. Wir dürfen nicht verkennen. daß die Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten im Betrieb und daß die wirtschaftliche Erfahrung auch eine Vorstufe zur richtigen Beurteilung der Wirtschaftsfragen im politischen Leben sind; und ich möchte wünschen, daß das gegenseitige Mißtrauen, das diese Arbeit und auch diese Debatte vergiftet und das durch Drohungen nicht beseitigt, sondern nur verschärft werden kann, hinter der sachlichen Arbeit verschwindet, hinter die wir uns stellen wollen. Wir stellen uns in den Dienst der Aufgabe als sachliche Mittler zwischen dem, was in einem technisch und wirtschaftlich leistungsfähigen Unternehmen festgehalten werden muß, und den berechtigten Belangen der Arbeitnehmerschaft in unserer Wirtschaft und im Staate.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)