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ID0108005900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950 2927 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen 2928C, 2954D, 2964D, 2965D, 3024D Änderung der Tagesordnung 2928C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb (Nr. 970 der Drucksachen) 2928D, 2929B Zur Geschäftsordnung: Euler (FDP) 2928D Dr. von Brentano (CDU) 2929A Mellies (SPD) 2929A Rademacher (FDP) 2987C Zur Sache: Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller 2929C Freitag (SPD) 2937D Dr. Hammer (FDP) 2942C Dr. Dr. h. c. Lehr (CDU) 2946D Walter (DP) 2949D Frau Wessel (Z) 2952A Dr. Seelos (BP) 2955A Agatz (KPD) 2956A Dr. Miessner (DRP) 2960C Freudenberg (FDP) 2962A Raestrup (CDU) 2965A Arndgen (CDU) 2965D Böhm (SPD) 2966D Storch, Bundesminister für Arbeit 2969C Degener (CDU) 2971A Keuning (SPD) 2972A Harig (KPD) 2974B Dr. Veit (SPD) 2978A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 2980A Freidhof (SPD) 2984A Loritz (WAV) 2987D, 2995B Lenz (CDU) 2989D Dr. Kleindinst (CSU) 2990D Mensing (CDU) 2992A Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 2993A Dr. von Brentano (CDU), Antragsteller 2993D, 2995D Mayer (Stuttgart) (FDP) 2995D Günther (CDU) 2995D Lausen (SPD) 2996A Zur Abstimmung: Paul (KPD) 2996B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 1153 der Drucksachen) 2996C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen) . . . . 2996C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Mutter (Mutterschutzgesetz (Nr. 1182 der Drucksachen) . 2996D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstelle- rin 2996D Frau Dr. Rehling (CDU) 2998B Frau Arnold (Z) 2999C Frau Thiele (KPD) 3000A Frau Dr. Ilk (FDP) 3000D Frau Kalinke (DP) 3001B Frau Döhring (SPD), Antragstellerin 3001D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Mandatsniederlegung des Abgeordneten Müller (Hannover) (Nr. 993 der Drucksachen) . . 3003B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . 3003B Fisch (KPD) 3004B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates (Nr. 975 und Nr. 1158, 1235 der Drucksachen) 3005D Dr. Kneipp (FDP), als Berichterstatter 3005D als Abgeordneter . . . . . . . 3008A Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) . 3007C, 3008C Wartner (BP) 3008D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (Nr. 924 und 1209 der Drucksachen) 3009C Dr. von Merkatz (DP) (zur Geschäftsordnung) 3009C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten — Milch- und Fettgesetz — (Nr. 1243 der Drucksachen) . . 3009D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Nr. 968 und 1224 der Drucksachen) . . . 3009D Dr. Horlacher (CSU) : als Berichterstatter 3010A als Abgeordneter 3014A, 3015B Dr. Kather (CDU) 3012A, C Kriedemann (SPD) 3012D Dr. Baade (SPD) 3013C, 3014C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen (Nr. 1161 und 1222 der Drucksachen) 3016A Struve (CDU), Berichterstatter . . 3016A Kriedemann (SPD) 3016B Harig (KPD) 3016C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Verwendungsordnung der ERP-Zuwendungen (Nr. 1167, 661 der Drucksachen) 3017B Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 3017B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Kürzung der Versorgungsbezüge (Nr. 1174, 434 der Drucksachen) . . . . 3019B Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 3019B als Berichterstatter 3019C als Abgeordneter 3020A Herrmann (SPD) 3020D Melliez (SPD) 3021C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Ollenhauer u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Regelung der Versorgung der Körperbeschädigten und Hinterbliebenen durch Kriegsfolgen und über den Antrag der Fraktion der DP betr. Sozialversicherung (Nr. 1180, 30, 36 der Drucksachen) . . . . 3021D Mende (FDP), Berichterstatter . . . 3022A Storch, Bundesminister für Arbeit . . 3022D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Spies, Strauß, Stücklen, Frau Dr. Probst u. Gen. betr. einheitliche Anerkennung der Schwerbeschädigtenausweise (Nr. 1181, 1004, 1236 der Drucksachen) 3023A Langer (FDP), Berichterstatter . . 3023B Spies (CSU) 3023C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Abg. von Thadden u. Gen. betr. Beseitigung der Entrechtung der ehemaligen Wehrmachtangehörigen und ihrer Hinterbliebenen (Nr. 1187, 1060, 1247 der Drucksachen) 3024A Dr. Kleindinst (CSU) 3024B Frist für Rednerkorrekturen der stenographischen Niederschriften 3024D Nächste Sitzung 3025C Die Sitzung wird um 9 Uhr 13 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Rudolf Freidhof


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Euler hat heute morgen den Antrag gestellt, diesen Beratungsgegenstand von der heutigen Tagesordnung abzusetzen, und er hat das damit begründet, daß es aus Gründen der Rationalität unserer Arbeitsweise notwendig sei, diesen Punkt erst später zu behandeln, wenn auch der sozialdemokratische Gesetzentwurf eingereicht sei. Ich glaube, es war nicht allein die Tatsache, daß er um die Rationalität der Arbeitsweise des Bundestages besorgt ist, die ihn zu diesem Antrag bewog, sondern ich nehme an, daß sein Antrag aus politischen Motiven geboren war. Ich darf daran erinnern, daß sein Fraktionsfreund Freiherr von Rechenberg vor einiger Zeit in einer Rede in Köln erklärt hat, wenn die CDU es wagen sollte, gemeinsam mit der Sozialdemokratie das Mitbestimmungsrecht durchzuführen, dann werde das zum Bruch der Koalition und zum Austritt der FDP aus der jetzigen Regierung führen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das zunächst einmal als Vorbemerkung.
    Nun haben wir aus allen Lagern eine Reihe von Eingaben erhalten, — — vielleicht, Herr Freiherr von Rechenberg, bleiben Sie da, ich will Sie nachher noch etwas zitieren! — Ich sagte, wir haben eine Reihe von Eingaben erhalten, von Arbeitgeberseite und von Arbeitnehmerseite, von einzelnen Korporationen, von Vereinigungen, von Betriebsräten, von den Gewerkschaften und von den Kirchen. Allein diese Tatsache, daß eine Flut von Gutachten und Eingaben an uns herangetragen worden ist, ferner die Tatsache, daß die Frage des Mitbestimmungsrechts draußen in der Öffentlichkeit eine breite Resonanz gefunden hat, und nicht zuletzt die Tatsache, daß wir heute einen ganzen Tag darauf verwenden, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, sowie die hier gehaltenen Reden, die die Wichtigkeit des Problems unterstreichen, zeigen, wie notwendig es ist, in dieser Frage eine Klärung herbeizuführen.
    Von Unternehmerseite sind Mittel angewandt worden, die nach meiner Auffassung zu schärfstem Protest herausfordern, weil sie sachlich unbegründet sind und zu einer Diffamierung des jetzt zur Beratung stehenden Gegenstandes führen. Ich will aber, bevor ich auf diesen Gegenstand eingehe, noch eine weitere Vorbemerkung machen: Der Landesausschuß der bayerischen Industrie hat vor einiger Zeit an seine Mitglieder ein Rundschreiben verschickt, und ich muß einige Stellen aus diesem Rundschreiben verlesen, um nachher zu dem, was ich gesagt habe, Stellung nehmen zu können. In diesem Rundschreiben heißt es:
    Das Präsidium des Landesausschusses der bayerischen Industrie hat in seiner Sitzung am 4. April 1950 die Lage der Wirtschaft und des Unternehmertums erörtert und ist zu der Erkenntnis gekommen, daß keine Zeit mehr versäumt werden darf, um entscheidende Maßnahmen zum Schutze der privaten Wirtschaft und des Unternehmertums zu ergreifen.
    Nun überspringe ich einige Dinge, die nicht von so großer Wichtigkeit sind, um zur Hauptsache zu kommen. Es heißt dann weiter:
    Aus dieser Erkenntnis heraus hat das Präsidium beschlossen, die Mitglieder des Hauptausschusses zu bitten, bei den von ihnen vertretenen Industrien eine Umlage von 1 DM pro Kopf der Beschäftigten zu veranlassen. Diese
    Beiträge sollen dazu dienen, einen Fonds zu bilden, mit dessen Mitteln die vorerwähnten Aufgaben erfüllt werden können.
    Und welches sind die Aufgaben?
    In der Frage des Mitbestimmungsrechtes alle verfügbaren Kräfte zur Erhaltung der Unabhängigkeit des Unternehmertums einzusetzen, Wahlgelder für die Durchsetzung wirtschafts- und unternehmerfreundlicher Auffassungen in den bürgerlichen Parteien bei den bevorstehenden Landtagswahlen sicherzustellen und Kandidaten auf aussichtsreichen Plätzen der bürgerlichen Wahllisten unterzubringen.
    Verehrte Anwesende! Allein dieses Rundschreiben würde genügen, um die Forderung nach dem Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte in den Betrieben zu begründen. Denn das ist das Geld, das die Arbeitnehmer erarbeiten müssen und das nun die Unternehmer zu Zwecken ausgeben, die gegen die Arbeitnehmerschaft gerichtet sind.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Der Unternehmer hat keinen Anteil, nein? Dem steht nichts zu?)

    — Die Arbeiterschaft schafft doch diese Werte! (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Freiherrn von
    Rechenberg.)
    Nun sehe ich in dem „Industrie-Kurier" vom 18. Juli eine letzte Warnung und dabei als Beilage dieses Pamphlet: „Im Anfang war die Mitbestimmung", das sich ganz auf Lenin bezieht. Ich bedaure, daß der sonst von mir hochgeschätzte Herr Kollege Dr. Becker dieses Pamphlet zur Grundlage seiner Begründung gemacht hat.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Begründung? Warum?)

    — Ich will Ihnen sagen, warum, und ich will es
    ganz deutlich sagen: Meine Herren, daß Sie heute
    hier sitzen können, ist nicht Ihr eigenes Verdienst,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das lehne ich völlig ab!)

    sondern ist in erster Linie das Verdienst der Sozialdemokratie, das Verdienst des Abwehrkampfes, den
    die Sozialdemokratie vom ersten Tage nach der Ka-


    (Freidhof)

    pitulation im Jahre 1945 an gegen den östlichen Totalitarismus geführt hat,

    (lebhafter Beifall bei der SPD; — entrüstete Zurufe rechts; — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Kein Wort davon wahr!)

    zu einer Zeit, als viele Ihrer Herren es noch nicht gewagt haben, politisch in der Öffentlichkeit aufzutreten.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Ich vielleicht auch? Sie haben mich ja koramiert! Ich auch?)

    Meine Damen und Herren, damit will ich dieses Kapitel zunächst einmal abschließen.

    (Lebhafte Rufe rechts: Aha!)

    — Ich komme nachher noch zu Ihnen, Herr Kollege von Rechenberg.

    (Zuruf rechts: Gar nicht notwendig! — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Ich möchte es aber! Seien Sie so lieb und machen Sie es jetzt schon!)

    — Das müssen Sie schon mir überlassen!
    Bei der Frage des Mitbestimmungsrechts dreht es sich nicht allein darum, daß ein gesetzlicher Akt vollzogen werden soll, sondern darum, daß die Arbeitnehmer diejenige Würde erhalten, die ihnen kraft ihrer Funktion, die sie in der Volkswirtschaft ausüben, zusteht. Das hat selbst der Herr Bundeskanzler Adenauer erkannt, als er unlängst in einer Unterredung gesagt hat, daß von der Lohnseite her dem Arbeitnehmer allein nicht mehr beizukommen ist, sondern daß soziale Gerechtigkeit vollzogen werden muß.
    Ich will einige Dinge jetzt überschlagen; ich will noch folgendes sagen, was heute morgen schon ein Redner gesagt hat, ich habe mir das ebenfalls vorgenommen. Wenn wir jetzt nicht 1950 schreiben würden, sondern erst 1945 oder 1946 schreiben würden, dann würde die gesetzliche Handhabung für das Mitbestimmungsrecht zweifelsohne leichter durchzuführen sein als zum heutigen Zeitpunkt.
    Ich muß nun zu den Ausführungen, die der Herr Kollege Dr. Hammer — nein, ich will zuerst zum Herrn Abgeordneten von Rechenberg kommen.

    (Heiterkeit.)

    Daß in Deutschland jede Organisation die Möglichkeit hat, ihre Stellungnahme für oder gegen das Mitbestimmungsrecht klar und eindeutig auszusprechen, wird niemand übelnehmen. Wir sind zu einer sachlichen Auseinandersetzung jederzeit bereit. Aber ich habe in der „Frankfurter Rundschau" vom 19. Juli 1950 einen Artikel gelesen. Der Artikel beschäftigt sich mit dem Herrn Kollegen Freiherr von Rechenberg. Und da ich bis jetzt ein Dementi noch nicht gelesen habe,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Habe auch nicht die Absicht! — Zuruf von der SPD: Na also!)

    möchte ich Sie zwingen, von dieser Tribüne aus zu diesen Anschuldigungen oder zu dieser sachlichen Feststellung, so will ich sagen, selbst Stellung zu nehmen.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Können Sie haben!)

    In diesem Artikel wird festgestellt, daß bei dem Empfang des Studienausschusses für deutsch-französische Wirtschaftsbeziehungen zu Ehren des amerikanischen Hochkommissars McCloy eine Veranstaltung stattgefunden hat, bei der auch Freiherr von Rechenberg das Wort ergriffen hat. Die „Frankfurter Rundschau" schreibt, daß sie einen
    vollständigen stenographischen Bericht von dieser Veranstaltung in ihren Händen habe.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Wissen Sie, woher? Fragen Sie einmal das Büro von McCloy, wo sie ihn her hat!)

    — Das ist egal, und wenn es gestohlen ist, (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Nein, nicht gestohlen! — Heiterkeit)

    auch wenn das Protokoll gestohlen ist, so ändert das nichts an der Tatsache, daß Sie, wenn es ein stenographisches Protokoll ist und der Wahrheit entspricht, zu diesen Fragen Stellung nehmen müssen.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das bezog sich nur auf die Bemerkung: „Ein glücklicher Zufall ließ uns das Blatt auf den Tisch flattern"! — Zuruf links: Es gibt keine Zufälle, Herr von Rechenberg!)

    Der amerikanische Hohe Kommissar McCloy hat in dieser Veranstaltung mit Sorge festgestellt, daß kleine Klüngel in Deutschland sich anschicken, die deutsche Wirtschaft wieder zu beherrschen.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Ganz so hat er es nicht gesagt!)

    Nach diesem Bericht — ich zitiere die Zeitung — hat von Rechenberg erklärt —,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: „Viele Deutsche fragen sich voll Sorge", hat es gelautet!)

    — soll Herr von Rechenberg erklärt haben, daß diese Gefahr riesengroß ist,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Jawohl, habe ich erklärt!)

    und daß diese Gefahr, die riesengroß ist, in erster Linie vom Sozialismus herstammt. Sie sollen wörtlich erklärt haben: „Wir haben ihn kennengelernt, in der braunen Form, wie ihn Adolf Hitler vertrat, und wir haben ihn genügend kennengelernt in der roten marxistischen Form, wie es Stalins Schrekkensregiment darstellt."

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Richtig!)

    Herr von Rechenberg, ich glaube, erstens einmal hat die Gewaltherrschaft des Dritten Reiches mit Sozialismus nichts zu tun gehabt;

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Da kann man verschiedener Ansicht sein!)

    und wenn Sie von Sozialismus des Dritten Reiches reden, dann glaube ich, haben wir als Sozialdemokraten ihn näher kennengelernt als viele Leute, die auf Ihrer Seite sitzen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wir haben ihn so brutal kennengelernt, daß der größte Teil unserer Fraktion in Gefängnissen oder Zuchthäusern oder in Konzentrationslagern gewesen ist. Wir haben auch den Kampf gegen das Schreckensregiment im Osten geführt, weil wir auf dem Standpunkt stehen, daß Sozialismus ohne Menschlichkeit nicht möglich ist. Wo die Menschlichkeit fehlt, ist der Sozialismus am Ende.
    Aber ich komme zu dem Wichtigsten, und deswegen möchte ich Sie fragen, ob Sie diese Ausführungen gemacht haben. Sie sollen nach dem Stenogramm gesagt haben:
    Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Vertreter einer Nation, in der kommunistisches Denken geradezu als Schande gilt, etwa hiermit fortschrittlich sozialistisches Gedankengut meinen könnte. Wenn es gelingt, sozialistische Ideen in Deutschland zum Tragen und zur


    (Freidhof)

    Macht zu bringen, dann kann Amerika die Hoffnung auf ein zukünftiges Europa begraben. Das sage ich nicht als Drohung, ich sage es aus einer ehrlichen Herzensangst, daß es dazu kommen könnte. Und daß es dazu nicht kommt, das wird gerade Ihre Aufgabe als Vertreter dieser Nation sein, dafür zu sorgen, daß alle derartigen Bestrebungen in Deutschland nicht zur Macht gelangen.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Richtig!)

    Haben Sie das gesagt?

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das habe ich wörtlich gesagt!)

    — Dann muß ich schon sagen: Wenn sich Deutsche an die Besatzungsmacht wenden,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Nein!)

    um den Kampf der Arbeiterklasse um das Mitbestimmungsrecht zu verhindern,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Drehen Sie es nicht herum!)

    wenn sie sich an die Besatzungsmacht wenden
    — jeder, der sich an die Besatzungsmacht wendet, das ist mein Standpunkt, um in die innerpolitischen Verhältnisse einzugreifen, handelt antinational, handelt gegen die Nation. Über das, was wir zu tun haben, setzen wir uns innenpolitisch auseinander ohne die Besatzungsmacht. Wer sich an die Besatzungsmacht in einer solchen Situation wendet, wird als das gekennzeichnet werden, was er ist.

    (Zuruf von der SPD: Landesverräter! — Weitere Zurufe: Die hessischen Arbeitgeberverbände haben das auch getan! — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Ich habe McCloy kritisiert, um ihn auf die Weise auf den richtigen Weg zu bringen! Ich habe dadurch erreicht, was ich wollte! — Zuruf von der SPD: Sie haben an McCloy geschrieben!)

    Nun möchte ich mich — -

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das ist eine Entstellung der Zeitung! — Zuruf von der SPD: Reden Sie von der Tribüne! — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Da komme ich nicht mehr ran!)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Es ist noch Platz für Sie auf der Rednerliste.

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    Rede von Rudolf Freidhof


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nun möchte ich mich noch mit dem Kollegen Dr. Hammer auseinandersetzen. Herr Kollege Dr. Hammer, Sie haben ja mit mir gemeinsam das Betriebsrätegesetz in Hessen geschaffen, Sie haben ja mitgearbeitet, und zwar bis zu dem Augenblick, in dem das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht beschlossen worden ist, in dem Sie dann mit Ihrem Kollegen Göbel gestreikt haben und in die Sitzungen nicht mehr gekommen sind. Ich muß anerkennen -- und das möchte ich Ihnen hier bestätigen —, daß Sie sehr fleißig während der Zeit der Beratungen mitgearbeitet haben.
    Der Herr Kollege Hammer hat aber einen sehr interessanten Satz in seiner Rede gesagt. Er sagte wörtlich: „Wer gegen unsere Wirtschaft rebelliert, muß sich darüber klar sein, daß am Ende die Sklaverei steht." — Herr Kollege Hammer, wenn die Arbeiterschaft von Anfang an nicht rebelliert hätte, dann würde sie noch heute in dem Zustand sein, in dem sie im Anfang gewesen ist. Erinnern
    Sie sich daran, daß noch im Jahre 1890 in den Stahlwerken von Stumm kein Werkangehöriger eine Ehe schließen konnte ohne die Zustimmung der Werkleitung, des Chefs. Erinnern Sie sich daran, daß noch im Jahre 1918 bestimmte Arbeitnehmergruppen, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlassen hatten, durch die Polizei zwangsweise an ihre Arbeitsstellen zurückgebracht werden konnten. Das ist die Rebellion gewesen, die die Arbeitnehmerschaft zu ihrem Segen durchgeführt hat.
    Nun will ich Ihnen aber noch etwas anderes sagen, Herr Kollege Hammer. Ich habe im „Deutschen Kurier" vom 14. Januar 1950 einen Artikel von Ihnen gelesen. Ich bedauere, daß Herr vnn Brentano, der auch dem Betriebsrätegesetz in Hessen mit zugestimmt hat, nicht anwesend ist. Ich will alles, was Sie heute morgen an philosophisch-. historischem Vortrag über die Arbeiterbewegung gehalten haben, das zum Teil in diesem Artikel enthalten ist, übergehen. Ich will nur eine Stelle vorlesen:
    Das angekündigte Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird vielleicht mit Rücksicht auf Herrn von Brentano und auf das mißgestaltete Kind jener Mesalliance zwischen SPD und hessischer CDU verschämt das Wörtchen Mitbestimmung hier und da gebrauchen.
    Verehrte Anwesende! Der Herr Kollege Arndgen hat seine Unterschrift unter das hessische Betriebsrätegesetz als damaliger Arbeitsminister geleistet. Es ist vorhin von dem Herrn Kollegen Becker gesagt worden, daß Professor Böhm, der frühere Kultusminister der hessischen Regierung, als Sachverständiger gehört worden ist. Wir haben ihn seinerzeit gebeten, seine Auffassung in unserem Ausschuß vorzutragen. Ich muß aber feststellen, daß sämtliche CDU-Abgeordnete des Hessischen Landtages in namentlicher Abstimmung mit Ja gestimmt haben. Ich wünsche nur, wenn wir jetzt das Mitbestimmungsrecht hier schaffen und es den Verhältnissen des hessischen Betriebsrätegesetzes entspricht, daß dann alle CDU-Abgeordneten, auch des Bundestages, den Mut aufbringen, den die hessischen CDU-Abgeordneten aufgebracht haben.
    Nun hat der Kollege Becker noch gesagt, er frage sich, wohin politisch die Reise geht, wenn wir dieses Mitbestimmungsrecht durchführen. Ich verhehle gar nicht — das habe ich auch damals als Sprecher im Hessischen Landtag gesagt, als ich zum Betriebsrätegesetz Stellung genommen habe —, daß auch Gefahren für die Gewerkschaften darin bestehen, wenn der eine oder andere in den Aufsichtsrat delegiert wird. Diese Gefahren müssen die Gewerkschaften mit in Kauf nehmen; das ist selbstverständlich. Aber, wenn der Herr Kollege Dr. Becker fragt, wohin politisch die Reise gehen soll, dann wäre es besser gewesen, wenn diese Frage vor 1933 gestellt worden wäre; denn wenn vor 1933 das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht bereits vorhanden gewesen wäre, dann habe ich die feste Überzeugung, daß wir vielleicht über diese Katastrophe, die wir hinter uns haben, hinweggekommen wären.

    (Abg. Strauß: Weil sie kein Geld hätten ausgeben können; das ist der Witz!)

    — Jawohl.
    Dann noch ein anderes, Herr Kollege Dr. Becker und Herr Kollege Dr. Hammer. Durch den Einspruch der Militärregierung waren bekanntlich die


    (Freidhof)

    Atikel 52 ff. zunächst suspendiert in der Meinung, daß eine spätere Nationalversammlung oder ein Bundesparlament, das jetzt geschaffen worden ist, das Mitbestimmungsrecht regelt, daß aber bis zu dem Zeitpunkt, wo durch den Bund dieses Gesetz geschaffen wird, diese Paragraphen suspendiert werden. Nachdem die Militärregierung selbst eingesehen hat, daß der Bund keine Anstalten macht, diese Dinge möglichst rasch zu regeln, ist man mittlerweile dazu übergegangen, in den Ländern, in denen das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht bereits im Gesetz verankert ist, die Paragraphen in Kraft zu setzen.
    Ihr Herr Kollege Euler und auch Ihr Herr Kollege Dr. Ihlau haben in einer ganzen Reihe von Versammlungen erklärt: Nachdem das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht in Hessen in Kraft getreten ist, werden wahrscheinlich eine ganze Reihe von Betrieben aus dem Lande Hessen auswandern; andere Betriebe werden nicht mehr nach Hessen kommen, und Kredite vom Ausland werden wir nach Hessen nicht mehr bekommen. Wenn Sie es mit dem Lande Hessen gut meinen, dann rate ich Ihnen, jetzt das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht für den ganzen Bund zu schaffen; dann besteht keine Ausweichmöglichkeit für die Unternehmer in Hessen mehr, in ein anderes Land abzuwandern.

    (Beifall bei der SPD.)

    Noch eine Bemerkung zu dem Herrn Kollegen Freudenberg. Ich will nur zwei Sätze sagen. Der Herr Kollege Freudenberg hat gesagt, daß er als unabhängiger Kandidat in seinem Wahlkreis Weinheim gewählt worden ist. Ich kenne die Verhältnisse dort sehr gut. Er hat gesagt, seine Stimmen hätten nicht soviel gekostet wie die sozialdemokratischen Stimmen. Vielleicht ist der Herr Kollege Freudenberg einmal so freundlich und legt uns eine Abrechnung vor, wieviel die Wahlkosten zur Durchsetzung seiner Wahl in seinem Wahlkreis betragen haben.

    (Unruhe und Zurufe.)

    Dann hat Kollege Freudenberg gesagt, er sei jetzt älter und klüger geworden.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist erfreulich!)

    und sei um so mehr überzeugt, daß die Entfaltung der Leistungen der einzelnen Individuen gewährleistet sein muß. Ich muß sagen, ich habe vor 30 Jahren mit dem Herrn Kollegen Freudenberg im Badischen Landtag gesessen und habe damals von ihm andere Reden als heute gehört. Wenn er älter geworden ist, dann ist er nach meiner Auffassung wenig klüger geworden, und wenn er sich gar auf Ludwig Haas berufen hat, dann möchte ich noch im Andenken an Ludwig Haas sagen, wenn Ludwig Haas diese Rede gehört hätte, dann hätte er wahrscheinlich heute von einem mißratenen Sohn gesprochen.

    (Heiterkeit.)

    Über das, was der Herr Abgeordnete Walter von der Deutschen Partei gesagt hat, will ich mich nicht unterhalten. Er hat erklärt: „Es muß verhindert werden, daß es zu Streiks und Demonstrationen kommt." Dazu kann ich nur bemerken, wahrscheinlich ist sein Bedarf vor 1933 so gründlich gedeckt worden, daß er es heute nicht mehr nötig hat.

    (Heiterkeit.)

    Zur KPD will ich kein Wort sagen, und zwar deshalb nicht, weil man nicht die Gewißheit hat,
    ob ein kommunistischer Abgeordneter in vier Wochen noch kommunstischer Abgeordneter ist. (Zuruf von der KPD: Billig!)

    Was wir verlangen, ist die Anerkennung der Gewerkschaften, die Gleichberechtigung der Arbeitnehmer und die Verankerung nicht der Mitwirkung, sondern der Mitbestimmung in diesem Gesetz. Sie haben ja selbst gesagt, daß Sie eine machtpolitische Auseinandersetzung nicht haben wollen. Gut, teilen Sie Ihre Macht mit der Arbeiterschaft! Dann ist eine machtpolitische Auseinandersetzung nicht notwendig.

    (Beifall bei der SPD.)