Rede:
ID0108005700

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Freidhof.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950 2927 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen 2928C, 2954D, 2964D, 2965D, 3024D Änderung der Tagesordnung 2928C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb (Nr. 970 der Drucksachen) 2928D, 2929B Zur Geschäftsordnung: Euler (FDP) 2928D Dr. von Brentano (CDU) 2929A Mellies (SPD) 2929A Rademacher (FDP) 2987C Zur Sache: Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller 2929C Freitag (SPD) 2937D Dr. Hammer (FDP) 2942C Dr. Dr. h. c. Lehr (CDU) 2946D Walter (DP) 2949D Frau Wessel (Z) 2952A Dr. Seelos (BP) 2955A Agatz (KPD) 2956A Dr. Miessner (DRP) 2960C Freudenberg (FDP) 2962A Raestrup (CDU) 2965A Arndgen (CDU) 2965D Böhm (SPD) 2966D Storch, Bundesminister für Arbeit 2969C Degener (CDU) 2971A Keuning (SPD) 2972A Harig (KPD) 2974B Dr. Veit (SPD) 2978A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 2980A Freidhof (SPD) 2984A Loritz (WAV) 2987D, 2995B Lenz (CDU) 2989D Dr. Kleindinst (CSU) 2990D Mensing (CDU) 2992A Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 2993A Dr. von Brentano (CDU), Antragsteller 2993D, 2995D Mayer (Stuttgart) (FDP) 2995D Günther (CDU) 2995D Lausen (SPD) 2996A Zur Abstimmung: Paul (KPD) 2996B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 1153 der Drucksachen) 2996C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen) . . . . 2996C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Mutter (Mutterschutzgesetz (Nr. 1182 der Drucksachen) . 2996D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstelle- rin 2996D Frau Dr. Rehling (CDU) 2998B Frau Arnold (Z) 2999C Frau Thiele (KPD) 3000A Frau Dr. Ilk (FDP) 3000D Frau Kalinke (DP) 3001B Frau Döhring (SPD), Antragstellerin 3001D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Mandatsniederlegung des Abgeordneten Müller (Hannover) (Nr. 993 der Drucksachen) . . 3003B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . 3003B Fisch (KPD) 3004B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates (Nr. 975 und Nr. 1158, 1235 der Drucksachen) 3005D Dr. Kneipp (FDP), als Berichterstatter 3005D als Abgeordneter . . . . . . . 3008A Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) . 3007C, 3008C Wartner (BP) 3008D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (Nr. 924 und 1209 der Drucksachen) 3009C Dr. von Merkatz (DP) (zur Geschäftsordnung) 3009C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten — Milch- und Fettgesetz — (Nr. 1243 der Drucksachen) . . 3009D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Nr. 968 und 1224 der Drucksachen) . . . 3009D Dr. Horlacher (CSU) : als Berichterstatter 3010A als Abgeordneter 3014A, 3015B Dr. Kather (CDU) 3012A, C Kriedemann (SPD) 3012D Dr. Baade (SPD) 3013C, 3014C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen (Nr. 1161 und 1222 der Drucksachen) 3016A Struve (CDU), Berichterstatter . . 3016A Kriedemann (SPD) 3016B Harig (KPD) 3016C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Verwendungsordnung der ERP-Zuwendungen (Nr. 1167, 661 der Drucksachen) 3017B Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 3017B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Kürzung der Versorgungsbezüge (Nr. 1174, 434 der Drucksachen) . . . . 3019B Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 3019B als Berichterstatter 3019C als Abgeordneter 3020A Herrmann (SPD) 3020D Melliez (SPD) 3021C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Ollenhauer u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Regelung der Versorgung der Körperbeschädigten und Hinterbliebenen durch Kriegsfolgen und über den Antrag der Fraktion der DP betr. Sozialversicherung (Nr. 1180, 30, 36 der Drucksachen) . . . . 3021D Mende (FDP), Berichterstatter . . . 3022A Storch, Bundesminister für Arbeit . . 3022D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Spies, Strauß, Stücklen, Frau Dr. Probst u. Gen. betr. einheitliche Anerkennung der Schwerbeschädigtenausweise (Nr. 1181, 1004, 1236 der Drucksachen) 3023A Langer (FDP), Berichterstatter . . 3023B Spies (CSU) 3023C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Abg. von Thadden u. Gen. betr. Beseitigung der Entrechtung der ehemaligen Wehrmachtangehörigen und ihrer Hinterbliebenen (Nr. 1187, 1060, 1247 der Drucksachen) 3024A Dr. Kleindinst (CSU) 3024B Frist für Rednerkorrekturen der stenographischen Niederschriften 3024D Nächste Sitzung 3025C Die Sitzung wird um 9 Uhr 13 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Die Intervention geschäftsordnungsmäßiger Art meines Freundes Euler von heute früh hat wenigstens den Erfolg gehabt, daß nun die beiden Vorlagen hier zur Debatte stehen, so daß man auch beide und ihre Auswirkungen miteinander vergleichen kann. Der Antrag der CDU, wenn ich ihn recht verstanden habe, läuft darauf hinaus, daß hinsichtlich des personellen und des sozialen Mitbestimmungsrechts Betriebsvereinbarungen getroffen werden sollen, daß, wenn diese nicht getroffen werden, darauf geklagt werden kann und daß, wenn im Einzelfall dann auf Grund dieser Betriebsvereinbarung sich Differenzen ergeben, auch daraufhin vermutlich vor den Arbeitsgerichten wieder geklagt werden soll.
    In wirtschaftlicher Beziehung hat man eine Zweiteilung vorgenommen, hat Wirtschaftsausschüsse geschaffen, die eigentlich nur eine Mitberatung herbeiführen, während in wesentlichen Dingen —Änderung des Betriebszwecks, Stillegung usw. — eine Art richtiger Mitbestimmung in dem Sinne geschaffen ist, daß, wenn eine Einigung der Beteiligten nicht erfolgt und auch eine besondere Schiedskommission nicht zum Ziele kommt, dann vor einem Schiedsausschuß und notfalls vor einem Oberschiedsausschuß verhandelt und entschieden werden soll.
    Der Entwurf der SPD ist meiner Ansicht nach klarer und folgerichtiger. Er geht davon aus, daß er bei den Großbetrieben, über 300 Arbeitnehmer oder über ein gewisses Kapital hinausgehend, das Schwergewicht so in den Aufsichtsrat verlegt, daß 50 % des Aufsichtsrats Vertreter der Arbeitnehmer sein müssen, und von diesen 50 % muß die Hälfte aus der Spitzenorganisation der Gewerkschaften genommen oder von ihnen vorgeschlagen sein, während die andere Hälfte der Hälfte der Arbeitnehmervertreter aus den Belegschaftsmitgliedern genommen werden soll, aber nicht muß.
    In den anderen Betrieben ist zunächst von einer wirtschaftlichen Mitberatung die Rede. dann aber von einer Entscheidung durch Schiedsstellen, die bei
    den im gleichen Entwurf vorgeschlagenen neuen Organisationen der Wirtschaftsvertretungen errichtet werden, also bei den Wirtschaftskammern, bei den Landwirtschaftskammern, bei den Handwerkskammern. Das Schwergewicht liegt auch hier wieder darin, daß in diesen Kammern die Hälfte der Mitglieder aus den Arbeitnehmervertretern genommen werden muß, und zwar auch wieder auf Vorschlag der Spitzenorganisation der Gewerkschaften. Insbesondere gilt dieses bei der oberen Spitze dieses Wirtschaftskammersystems, nämlich bei der Bundeswirtschaftskammer, hinsichtlich deren bestimmt ist, daß hier die Hälfte einerseits von den Vertretungen und Vereinigungen der Arbeitgeberseite, die andere Hälfte anderseits von der Spitzenorganisation der Gewerkschaften benannt wird.
    Wir sehen daraus also, daß nach dem Vorschlag der SPD die Spitzenorganisation der Gewerkschaften einen ganz gewaltigen Einfluß auf die Besetzung der in Frage kommenden wirtschaftspolitischen Machtpositionen haben soll und, wenn der Entwurf Gesetz wird, haben wird. Hinzu kommt — ich empfehle, einmal im einzelnen durchzulesen —, daß nach dem Vorschlag der SPD zum Beispiel dieser Bundeswirtschaftsrat für Bundesregierung und Bundesorgane gutachtlich tätig werden soll und daß keine andere Sachverständigenstelle hier für unser Parlament, hier für die Bundesregierung wirksam werden soll, wenn dieser Bundeswirtschaftsrat nicht vorher seine Zustimmung gegeben hat.

    (Abg. Etzel Das heißt, auch wenn er die Zustimmung gibt, erfährt er in jedem Falle, wo dieses Parlament — denken Sie nur an die hearings in den Ausschüssen — oder wo die Bundesregierung irgendwo einmal ein Sachverständigengutachten einzieht. Ich wollte Ihnen das einmal skizzieren, weil die hier zur Debatte stehenden Dinge einmal unter dem Gesichtspunkt der eigentlichen Politik — also streng genommen und konkret gesprochen: der Machtpolitik — betrachtet werden müssen. Vorweg aber scheint es mir richtig zu sein, einmal die Begriffe zu klären; denn ich habe den Eindruck, daß die Begriffe „Mitwirkungsrecht" und „Mitbestimmungsrecht" verschieden gehandhabt und angewendet werden. Mitwirkungsrecht ist ein genereller Begriff, wenig konkret, farblos. Mitbestimmungsrecht kann und soll nur bedeuten: gleichgewichtige Zustimmung der Arbeitnehmer oder ihrer Vertretungen zum Arbeitgeber. Diese gleichgewichtige Zustimmung geht so weit, daß nach dem Vorschlag der SPD zum Beispiel eine offene Handelsgesellschaft oder ein einzelner Inhaber eines Betriebes einen Beirat wählen muß, der ähnlich wie der Aufsichtsrat einer G. m. b. H. oder einer Aktiengesellschaft gestaltet ist, die gleichen Rechte eines solchen haben soll, zu 50 % eben praktisch an der Willensbildung beteiligt ist — an der Willensbildung, aber nicht am Risiko. Auf wen wird nun dieses Mitbestimmungsrecht angewendet? Nach dem Entwurf der CDU auch auf Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes, auf Behörden. Im Entwurf der SPD, den ich, da er heute früh erst verteilt ist, nicht so gründlich habe durchsehen können, ist das, soweit ich festgestellt habe, nicht vorgesehen. Auch hier muß ich das Kompliment machen, daß er logischer ist. Denn, meine Damen und Herren, Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes unterstehen dem zuständigen Minister. Der Minister ist für die Frage ihrer Anstellung, Entlassung und Beförderung dem Parlament verantwortlich. Er kann diese Verantwor tung nicht tragen, wenn er sich damit entschuldigen muß: Bitte, ich war an das Mitbestimmungsrecht meines Betriebsrates und meiner Behörde gebunden, und infolgedessen könnt ihr mich nicht verantwortlich machen. Ich kann mir — insbesondere nach den speziellen Erörterungen, die wir in Hessen bei der Beratung des dortigen Betriebsrätegesetzes gehabt haben — auch nicht vorstellen, wie ein solches Mitbestimmungsrecht eigentlich funktionieren soll. Nehmen Sie den Fall, daß ein Justizinspektor vom Landgericht in Neuwied als Justizoberinspektor an das Landgericht, sagen wir, in Dortmund versetzt werden soll. Welcher Betriebsrat muß seinen Segen geben? Der in Neuwied oder der in Dortmund, seinem künftigen Sitz, oder der Betriebsrat im Ministerium? Die Frage ist in dem CDU-Entwurf im einzelnen offengelassen. Ich empfehle dringend, diese Bestimmung des Entwurfs überhaupt zu streichen; sie ist undemokratisch und verstößt gegen das Prinzip des parlamentarischen Systems. Anschließend die weitere Frage: Die Betriebe der Kommunen, des Staates: die Gaswerke, die Wasserwerke, die Elektrizitätswerke, die Straßenbahnen — gilt für die das Mitbestimmungsrecht auch? Und mit welchem Inhalt? Wer verwaltet, wer entscheidet? Entscheidet der Oberbürgermeister, der Landrat in Verbindung mit seinem zuständigen Gemeindeund Kommunalparlament? Dieses Gemeindeund Kommunalparlament wird ausgeschaltet, wenn ein Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten des Betriebes dazwischengeschaltet wird. Diese bekommen gewissermaßen deshalb, weil sie dort angestellt sind, eine Art doppeltes Stimmrecht gegenüber den anderen Staatsbürgern. Die anderen Staatsbürger haben aus anderen Gründen, z. B. weil sie Steuern zahlen, auch ein ganz erhebliches Interesse, dabei mitzusprechen. Ich halte ein derartiges Mitbestimmungsrecht für derartige Betriebe für unvereinbar mit dem Grundsatz der kommunalen und der demokratischen Selbstverwaltung. Nun die Frage: Wie steht es mit den sozialisierten Betrieben? Die Frage ist hier noch nicht erörtert worden. — In Hessen! — Fragen Sie doch nicht, Sie haben sie ja selber mit gemacht. (Zuruf von der FDP: Ach, hat er schon vergessen! — Zurufe links: Das ist neu! — Eine Phantasie haben Sie, die ist großartig!)


    (Dr. Becker [Hersfeld])


    (Abg. Etzel [Duisburg]: Keiner!)


    (Zurufe in der Mitte: Nein! Nein!)


    (Zuruf links: Wo gibt es die?)


    (Zuruf links: Ach!)

    Zu diesen sozialisierten Betrieben — oder sozialisierten Betrieben der Zukunft — darf ich eine Zwischenfrage stellen. Ich frage jetzt nicht die KPD, sondern ich frage zwei andere Parteien. Ich frage: Bleibt nach Schaffung dieses Mitbestimmungsrechtes der Wunsch bestehen, darüber hinaus auf dem Wege der Sozialisierung fortzuschreiten, so wie es hier und da in einzelnen Parteiprogrammen teils offen, teils verschleiert steht? — Wenn ja, dann ist die Frage aufzuwerfen: Soll in den sozialisierten Betrieben das Mitbestimmungsrecht bleiben, oder soll es versagt werden?
    Und eine weitere Frage: Soll, wenn dieses Mitbestimmungsrecht geschaffen ist, der Gedanke der Kommando-Planwirtschaft weiter bleiben? — Ich frage aus folgendem Grund: Bei sozialisierten Betrieben wird doch wohl die Macht des Staates, der
    Staatsgewalt oder, wenn es nach den Gedanken unseres früheren Wirtschaftsministers, unseres jetzigen Kollegen Koch geht, irgendein etwas phantasievoll, sagenhaft aufgebauter Begriff namens Gemeineigentum für die Kommandoführung maßgebend sein. Da kann ja doch gegenüber diesem Kommando logischerweise ein Mitbestimmungsrecht nicht mehr in Frage kommen.
    Oder ich frage Sie: Wenn in wirtschaftlichen Dingen diese Kommando-Planwirtschaft kommt, kann dann überhaupt noch ein Mitbestimmungsrecht in wirtschaftlichen Dingen bestehen? — Nehmen wir den Fall: Die kommandierende Planwirtschaft verfügt, daß der Betriebszweck dieses Betriebes im Interesse der allgemeinen Planwirtschaft umgestellt wird. Kann dann der Inhaber dagegen aufstehen? — Nein! — Kann der Betriebsrat, können die Mitbestimmungsorgane dagegen auftreten? — Nein!
    Und nun frage ich Sie: Warum soll dieses Glück, daß es in Ihren Augen doch darstellt, nämlich dieses Mitbestimmungsrecht, derartigen Betrieben versagt werden? — Ich will Ihnen die Antwort geben. Ein Mitbestimmungsrecht in wirtschaftlichen Dingen ist weder mit der kommandierenden Planwirtschaft noch mit den sozialisierten Betrieben noch mit der Privatwirtschaft irgendwie vereinbar.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Das ist nicht meine Weisheit,

    (Zuruf links: Das ist Ihre Phantasie!) sondern das ist die Weisheit des Sachverständigen, den wir in Hessen in der Kommission bei der Beratung des Betriebsrätegesetzes gehört hatten. Der Sachverständige war Mitglied der CDU, der frühere Kultusminister von Hessen, Herr Professor Dr. Franz Böhm.


    (Hört! Hört! bei der FDP. — Zuruf von der SPD: Hat die CDU selbst abgelehnt!)

    Die Frage, um die es sich handelt, ist nun: Was soll dieses Mitbestimmungsrecht umgreifen? Es ist schon vorhin im Laufe der Debatte mit Recht darauf verwiesen: Die Tatsache der Mitberatung besteht vernünftigerweise in allen Betrieben. Wenn hier insbesondere mein Vorredner zwei Fälle angeführt hat, in denen sich ein Unternehmer unverständig benommen hat, dann darf man aus einzelnen Ausnahmen nicht allgemeine Schlußfolgerungen ziehen und nun aus diesen Ausnahmen die Notwendigkeit besonderer Gesetze herleiten wollen. Wir haben schon heute morgen durch unseren Freund Hammer vortragen lassen, daß in sozialer Beziehung von uns aus auch sogar noch weiter gegangen werden kann und eine Mitverwaltung aller sozialen Einrichtungen gegeben werden könnte. Darüber ist, glaube ich, auch in diesem Hause in sozialer Beziehung kein Streit. In personeller Beziehung ist es selbstverständlich, daß im Wege der Beratung zwischen Betriebsrat und Leitung des Betriebes von jeher Verhandlungen stattgefunden haben. Wenn Sie aber aus dem. was in tatsächlicher Beziehung, nämlich in beratender Form, richtig ist, eine gesetzliche Bestimmung machen wollen, dann kommen Sie zum Beispiel zu folgendem Fall, der sich im Interesse der Arbeitnehmer und ihres Vorwärtskommens sehr ungünstig auswirken kann. Das ist folgender:
    Ein Vorarbeiter möchte weiterkommen und Werkmeister werden. Er ist bei der Firma X angestellt und meldet sich bei der Firma Y, fragt an, ob er dort ankommen kann. — Wenn Sie ein Gesetz machen mit dem Zwang der Anhörung des Be-


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    triebsrats, dann muß jetzt der Betriebsrat von Y gefragt werden, und der wird sich pflichtgemäß beim Betriebsrat des früheren Betriebes X erkundigen müssen. Der Erfolg würde sein, daß dort bekannt würde, daß der Mann seinen Arbeitsplatz wechseln will; und dann ist es schon aus. Er würde in der Zukunft mit Mißtrauen betrachtet, und sein Vorwärtskommen wäre gefährdet. Es lassen sich da viele ähnliche Fälle nennen, in denen das Mitbestimmungsrecht für den Arbeitnehmer ungünstig ist.
    Aber eines habe ich in beiden Gesetzen vermißt; das ist nämlich die Frage des Kündigungsschutzes für den Fall der Entlassung. Der gehört, wenn es sich um ein Gesetz handelt, das im Interesse der Sicherung des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers geschaffen werden soll, dann mit allen Sicherungen und Kautelen hier hinein. Es wird Aufgabe des Ausschusses sein, hier vielleicht noch die entsprechenden Ergänzungen vorzunehmen.

    (Abg. Dr. von Brentano: Es kommt ein Kündigungsschutzgesetz!)

    Über wirtschaftliche Mitbestimmung und deren Auswirkungen habe ich schon gesprochen. — Beratung ist eine Selbstverständlichkeit. Beratung ist richtig. Aber Mitbestimmung — d. h. in dem Sinne, daß nun, wenn sich die beiden Partner über eine Maßnahme nicht einig werden, irgendeine Stelle außerhalb des Betriebes den Stichentscheid geben soll — muß abgelehnt werden, weil sie nicht dem Arbeitsfrieden und nicht dem Fortschritt dient; denn die Erfahrung, die sowohl die Arbeitnehmerseite wie die Arbeitgeberseite im Betriebe hat, wird die dritte außerhalb des Betriebes stehende Seite nicht haben. Sie sehen an diesen Auswirkungen eines: Es gibt viele Dinge im Leben, die praktisch ohne Paragraphen ganz ausgezeichnet funktionieren und ablaufen.

    (Sehr wahr! bei der FDP.)

    Sobald man aber anfängt, diese Dinge in Paragraphen zu formulieren, schafft man Übertreibungen, schafft man Überspitzungen, und im Fall der Nichtübereinstimmung der Partner muß man dann Entscheidungsstellen schaffen, die dann vielleicht mehr Unheil anrichten als sie Gutes tun.
    Ja, meine Damen und Herren, ich habe vorhin die Frage gestellt, und die Frage drängt sich bei der Lektüre dieser Gesetzesvorschläge auf: Wohin geht politisch gesehen nun eigentlich die Reise? Wohin? Daß der Vorschlag der CDU nach bestem Wissen und Wollen aufgestellt ist und einen Vermittlungsvorschlag enthält, erkennen wir ohne weiteres an. Der Vorschlag der SPD scheint uns dann, wenn weiterhin die kommandierende Planwirtschaft im Hintergrund als Programmpunkt steht, wenn weiterhin die Sozialisierung, sei es auch nur der Grundstoffindustrien, als Programmpunkt im Hintergrund bleibt, ein sehr gefährlicher Weg, gefährlich für die Volkswirtschaft im allgemeinen, gefährlich für die Freiheit und gefährlich für die Arbeitnehmer.
    Wir müssen nun noch, da auch die juristische Seite zu beachten ist, auf folgendes hinweisen: Diese Mitbestimmung, die Gesetz werden soll, ist praktisch gesehen eine Teilenteignung. Ich bitte, diese Konsequenz einmal klar ins Auge zu fassen. Eigentum besteht aus dem Besitz, das heißt aus dem tatsächlichen Innehaben, besteht aus dem Recht der Fruchtziehung, der Nutzung, und besteht aus dem Recht der Verfügung über den Betrieb. Wenn dieses Verfügungsrecht durch ein Gesetz eingeschränkt wird, dann liegt darin eine Teilenteignung, eine Teilenteignung mit all ihren Konsequenzen nach den Bestimmungen auch unseres Grundgesetzes. Darüber wollen wir uns klar sein. Wir wollen uns weiter klar sein, daß, wenn hier ein Mitbestimmungsrecht, d. h. das Recht der Arbeitnehmer geschaffen wird, zu verfügen, in die einzelnen Vorkommnisse des Lebens eines Betriebes einzugreifen, der Arbeitnehmer gleichsam wie ein Unternehmer an der Seite des ursprünglichen Unternehmers gleichberechtigt mit ihm tritt, dann der Arbeitsvertrag in einen Gesellschaftsvertrag umgeändert wird.

    (Seht wahr! rechts.)

    Wenn vorhin ein Redner der KPD darauf anspielte, daß die Formulierung Arbeitsgemeinschaft oder so ähnlich in § 1 des Entwurfs der CDU eine Rückerinnerung an die vergangenen Zeiten des braunen Sozialismus sei, dann irrt er. Es handelt sich hier offensichtlich um die richtige Erkenntnis dessen, daß es sich praktisch um die Umwandlung eines Arbeitsvertrags in einen Gesellschaftsvertrag handelt. Wenn ich mich nicht täusche, hat gerade bei seinen letzten Erläuterungen zum Mitbestimmungsrecht Seine Heiligkeit der Papst auf den Unterschied zwischen diesen beiden Vertragsformen sehr deutlich hingewiesen.
    Es ist auch von Wirtschaftsdemokratie gesprochen worden, von einem konstitutionellen Wirtschaftssystem, von einem Parlamentarismus im Betrieb. Die Vergleiche, die hier mit dem staatlichen Leben und mit den historischen Entwicklungen im staatlichen Leben gezogen wurden, sind falsch. Der Staat und Privateigentum sind zwei grundverschiedene Begriffe. Wenn man die Entwicklung des einen auch auf das andere anwenden will, dann ergäbe sich folgende Parallele, dann würde die Zeit des absoluten Staates mit dem uneingeschränkten Unternehmerbesitz zu vergleichen sein, dann würde dieses Mitbestimmungsrecht, das hier geschaffen werden soll, etwa mit einer Art Konstitutionalismus oder parlamentarischem System zu vergleichen sein. Nun sind wir auf dem Gebiete der staatlichen Entwicklung aber zur Republik gekommen. Welche Konsequenzen auf wirtschaftlichem Gebiet würden dieser Entwicklung auf staatlichem Gebiet entsprechen? Etwa die sozialisierten Betriebe im westdeutschen Jargon oder die volkseigenen Betriebe im Jargon der Ostzone? Um Antwort wird gebeten.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Und nun weiter. Wird die Gewerkschaft, wenn sie diese Machtposition bekommt, die im Entwurf der SPD ihr zugedacht ist, noch die alte Gewerkschaft von früher sein, die Sachwalterin allein der Arbeiterinteressen, oder wie wird sie sich entwickeln? Stellen Sie sich doch vor, daß in allen Betrieben über 300 Arbeitnehmer 50% des Aufsichtsrats, mindestens aber 25% des Aufsichtsrats, von Personen besetzt werden, die von der Spitzenorganisation der Gewerkschaften benannt werden. Ja, dann wird eine kleine Gewerkschaft der Manager entstehen. Dann wird in vielen Betrieben immer der gleiche Vertreter der Gewerkschaften sitzen. Mein Vorredner hat darauf hingewiesen, daß in privaten Gesellschaften auch oft betriebsfremde Personen säßen. Das ist richtig, — aber sie sind in freier Wahl gewählt. Hier wird eine Wahl vorgeschrieben. Es müssen 50 % so gewählt werden, wie es hier im Gesetzentwurf vorgeschlagen wird. Wenn diesem Vorschlagsrecht entsprochen wird, dann ist von einer freien Wahl natürlich doch nicht mehr die Rede, dann wird auch keine Auswahl mehr danach möglich sein, ob nicht die vorgeschlagene Persönlichkeit in soundso vielen anderen und gerade auch


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    in Konkurrenzbetrieben im Aufsichtsrat sitzt. Diese Prüfung wird nicht möglich sein, und es wird nun ganz der Loyalität der betreffenden Person anheimgegeben sein, die Interessen miteinander zu vereinigen oder in der einen Aufsichtratssitzung zu vergessen, was er in der anderen gehört hat.

    (Zuruf links: Das ist eine öffentliche Angelegenheit!)

    Die Gewerkschaftsvertreter — ich erkenne ihre Tätigkeit vollkommen an, ich sage kein tadelndes Wort, sondern ich spreche nur von den Entwicklungen, die nach dieser Gesetzesvorlage möglich sind — werden mit der Zeit kraft ihrer Tätigkeit in einem oder in mehreren Aufsichtsräten unternehmerisch denken lernen und in dem Augenblick nicht mehr die reinen Sachwalter der Arbeiterinteressen sein, die sie sind und sein sollten. Nach der Richtung hin habe ich sehr erhebliche Bedenken, denn die Entwicklung im Osten hat uns doch allerhand gelehrt.
    Ich darf vielleicht mal aus den östlichen Stimmen, die zu diesem Problem vorliegen, eine, und zwar von Lenin aus dem Jahre 1920 vortragen, abgedruckt in der Zeitung „Industriekurier", die Sie kennen.

    (Zurufe von der KPD: Au! Au!)

    — Jawohl! Hören Sie nur zu; es ist die Stimme Ihres Meisters!

    (Heiterkeit in der Mitte und rechts.)

    Das Mitbestimmungsrecht führt bestenfalls zu einer enormen Kraftvergeudung und genügt in keiner Weise der Schnelligkeit und Präzision der Arbeit, die den Bedürfnissen einer zentralisierten Großindustrie entsprechend verlangt wird,
    sagt Lenin.

    (Zuruf von der KPD: Aus welchem Zusammenhang herausgerissen?)

    Es steht in Band 25 Seite 18, Rede auf dem Nationalkongreß vom 27. Januar 1920. Bei einer anderen Gelegenheit sagt Lenin:
    Nach der Eroberung der Staatsmacht ist das vornehmste Interesse des Proletariats der Wiederaufbau der Großindustrie; ohne ihn kein Sieg des Sozialismus. Ein solcher Erfolg aber setzt die Zusammenfassung der Macht in den Händen der Betriebsleitung voraus. Jede Einmischung der Gewerkschaften in die Leitung der Betriebe ist als unbedingt schädlich und unzulässig zu betrachten.
    Das sagte Lenin.

    (Zuruf rechts: Der muß ausgeschlossen werden!)

    Aber er sagte es nicht von Anfang an, sondern er
    sagte es erst im späteren Verlauf der Entwicklung
    seines Staatssystems. Vorher hatte er gesagt —
    vorher! —:
    Die Gewerkschaften müssen dahin kommen,
    faktisch die gesamte Verwaltung der Volkswirtschaft als eines einzigen wirtschaftlichen
    Ganzen in ihren Händen zu konzentrieren.
    Das bedeutet also zunächst die Auffassung, auf dem Weg über die Gewerkschaften Einfluß auf die Betriebe zu gewinnen, und wenn das gewonnen ist, dann geht die Entwicklung des Gewerkschaftsvertreters aus dem Vertreter der Arbeiterinteressen in die umgekehrte Richtung, in die Unternehmerinteressen hinein und diesmal in die staatlichen Unternehmerinteressen hinein, so daß er nunmehr
    als staatlicher Betriebsleiter aus einem Sachwalter der Arbeiter zu ihrem Fronvogt geworden ist. (Sehr gut! rechts.)

    Nun einige Stimmen aus dem Westen. Eine haben wir heute morgen aus dem Munde des Herrn Kollegen Schröder gehört, der Herrn Buttenwieser zitierte, der gesagt hatte:
    Die bloße Zugehörigkeit einiger Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat ist kein Hindernis oder ist nicht schwer zu nehmen —
    oder so ähnlich hieß es. Er sprach also von der „bloßen Zugehörigkeit". Die haben wir ja nun schon seit dem Gesetz von 1924 gehabt, und die hat in dem Zusammenhang, von dem Sie sprachen, nämlich der Frage der Kreditbeschaffung und der Kreditwürdigkeit, keinerlei Abbruch getan.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf): Er hat es

    aber in dem Zusammenhang vorgetragen!)
    — Ja, es ist aber nur von der bloßen Zugehörigkeit die Rede. Er hat nicht von dem gesprochen, was hier im einzelnen vorliegt: nämlich vorn wirtschaftlichen Mitbestimmungsrecht.

    (Zuruf rechts: Das hat er gedacht! — Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Er sprach aber von den Mitbestimmungsgesetzen!)

    Nun ist von Interesse, daß die amerikanischen Gewerkschaften gerade anderer Auffassung sind. Die sind der Auffassung, daß die Gewerkschaften mit dem Mitbestimmungsrecht nichts zu tun haben sollten, damit sie eben in voller Freiheit, in voller Unabhängigkeit von Unternehmergedankengängen ihre Aufgabe als Sachwalter der Arbeitnehmerschaft durchführen können. Ich glaube, einer der Herren Vorredner hat das bekannte Zitat von den Bergarbeitern schon gebracht. Green sagt:
    Die Trennungslinie zwischen der Ausübung der Rechte der Arbeiter und der Leitung muß genau eingehalten werden. Die vereinzelt vertretene Anschauung, die Arbeiterschaft solle zusammen mit der Leitung das Eigentum verwalten, kann nicht akzeptiert werden. Die Freiheit der Arbeiter hängt ihrerseits ab von der Handlungsfreiheit der Unternehmensleitung.
    Also hier scharfe Trennung der beiderseitigen
    Funktionen.
    Um zusammenzufassen: In sozialer Beziehung — ja; Kündigungsschutz bei Entlassungen — ja; wirtschaftliche Mitberatung - selbstverständlich, von jeher geübt; wirtschaftliches Mitbestimmungsrecht in dem Sinne, wie er hier gebraucht wird — nein; Vertretung im Aufsichtsrat — unter gewissen Kautelen ja!
    Wenn der Arbeitsfriede, den wir wünschen, und wenn die Prosperität der deutschen Volkswirtschaft das Endziel dieses Gesetzentwurfs sein soll — sie ist auch das Endziel dessen, was wir politisch vertreten —, dann kann es auf dem Weg kaum oder nicht erreicht werden. Wir werden mitarbeiten an der Gesetzgebung, aber wir sagen Ihnen eins: Herr Minister Storch hat vorhin mit Recht erklärt, es kommt auf die Wandlung des Geistes und nicht auf Paragraphen an, und er hat damit zum Ausdruck gebracht: Die Paragraphen allein schaffen es nicht, sondern nur die geistige Gesinnung, die ganze Einstellung, mit der von beiden Seiten an die Durchführung eines solchen Gesetzes herangegangen wird. Er hat weiter gesagt, ein solches Gesetz kann einem Gesetz gleichen, wie es als Verbotsgesetz auf dem wirtschaftlichen Gebiet in der Zeit der Zwangswirtschaft gemacht worden ist, d. h. ein Gesetz, von dem man von vornherein sah, daß es in


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    vielen Dingen nicht eingehalten werden konnte. Das ist allerdings richtig, und unser Freund Freudenberg hat in seinen eindrucksvollen Ausführungen gerade gezeigt, was als geistige Voraussetzung bei solchen Dingen nötig ist. Ich sage aber nun, und das ist die Schlußfolgerung, die man aus den Worten des Herrn Ministers Storch ziehen muß: Dann sind die Paragraphen entweder nebensächlich, vielleicht sogar im einzelnen nur schädlich.
    Zum Schluß noch eins: Herr Minister Storch sprach auch von Schüssen, Querschüssen, die gefallen seien. Es ist vom Zentralvorstand der Gewerkschaften, wenn ich über den Absender richtig unterrichtet bin, gedroht worden, daß alle Mittel des gewerkschaftlichen Kampfes zur Durchsetzung dieses Mitbestimmungsrechts eingesetzt würden. Ich darf erwidern, daß der Streik legal ist nur zur Durchsetzung besserer Arbeitsbedingungen, nicht zur Durchsetzung bestimmter Gesetze. Ich darf darauf hinweisen, daß mit Streikandrohungen einem Parlament nicht gekommen werden darf. Ich darf schließen mit den Worten: Freie Demokraten lassen sich nicht einschüchtern!

    (Lebhafter Beifall rechts.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Freidhof.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Freidhof


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Euler hat heute morgen den Antrag gestellt, diesen Beratungsgegenstand von der heutigen Tagesordnung abzusetzen, und er hat das damit begründet, daß es aus Gründen der Rationalität unserer Arbeitsweise notwendig sei, diesen Punkt erst später zu behandeln, wenn auch der sozialdemokratische Gesetzentwurf eingereicht sei. Ich glaube, es war nicht allein die Tatsache, daß er um die Rationalität der Arbeitsweise des Bundestages besorgt ist, die ihn zu diesem Antrag bewog, sondern ich nehme an, daß sein Antrag aus politischen Motiven geboren war. Ich darf daran erinnern, daß sein Fraktionsfreund Freiherr von Rechenberg vor einiger Zeit in einer Rede in Köln erklärt hat, wenn die CDU es wagen sollte, gemeinsam mit der Sozialdemokratie das Mitbestimmungsrecht durchzuführen, dann werde das zum Bruch der Koalition und zum Austritt der FDP aus der jetzigen Regierung führen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das zunächst einmal als Vorbemerkung.
    Nun haben wir aus allen Lagern eine Reihe von Eingaben erhalten, — — vielleicht, Herr Freiherr von Rechenberg, bleiben Sie da, ich will Sie nachher noch etwas zitieren! — Ich sagte, wir haben eine Reihe von Eingaben erhalten, von Arbeitgeberseite und von Arbeitnehmerseite, von einzelnen Korporationen, von Vereinigungen, von Betriebsräten, von den Gewerkschaften und von den Kirchen. Allein diese Tatsache, daß eine Flut von Gutachten und Eingaben an uns herangetragen worden ist, ferner die Tatsache, daß die Frage des Mitbestimmungsrechts draußen in der Öffentlichkeit eine breite Resonanz gefunden hat, und nicht zuletzt die Tatsache, daß wir heute einen ganzen Tag darauf verwenden, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, sowie die hier gehaltenen Reden, die die Wichtigkeit des Problems unterstreichen, zeigen, wie notwendig es ist, in dieser Frage eine Klärung herbeizuführen.
    Von Unternehmerseite sind Mittel angewandt worden, die nach meiner Auffassung zu schärfstem Protest herausfordern, weil sie sachlich unbegründet sind und zu einer Diffamierung des jetzt zur Beratung stehenden Gegenstandes führen. Ich will aber, bevor ich auf diesen Gegenstand eingehe, noch eine weitere Vorbemerkung machen: Der Landesausschuß der bayerischen Industrie hat vor einiger Zeit an seine Mitglieder ein Rundschreiben verschickt, und ich muß einige Stellen aus diesem Rundschreiben verlesen, um nachher zu dem, was ich gesagt habe, Stellung nehmen zu können. In diesem Rundschreiben heißt es:
    Das Präsidium des Landesausschusses der bayerischen Industrie hat in seiner Sitzung am 4. April 1950 die Lage der Wirtschaft und des Unternehmertums erörtert und ist zu der Erkenntnis gekommen, daß keine Zeit mehr versäumt werden darf, um entscheidende Maßnahmen zum Schutze der privaten Wirtschaft und des Unternehmertums zu ergreifen.
    Nun überspringe ich einige Dinge, die nicht von so großer Wichtigkeit sind, um zur Hauptsache zu kommen. Es heißt dann weiter:
    Aus dieser Erkenntnis heraus hat das Präsidium beschlossen, die Mitglieder des Hauptausschusses zu bitten, bei den von ihnen vertretenen Industrien eine Umlage von 1 DM pro Kopf der Beschäftigten zu veranlassen. Diese
    Beiträge sollen dazu dienen, einen Fonds zu bilden, mit dessen Mitteln die vorerwähnten Aufgaben erfüllt werden können.
    Und welches sind die Aufgaben?
    In der Frage des Mitbestimmungsrechtes alle verfügbaren Kräfte zur Erhaltung der Unabhängigkeit des Unternehmertums einzusetzen, Wahlgelder für die Durchsetzung wirtschafts- und unternehmerfreundlicher Auffassungen in den bürgerlichen Parteien bei den bevorstehenden Landtagswahlen sicherzustellen und Kandidaten auf aussichtsreichen Plätzen der bürgerlichen Wahllisten unterzubringen.
    Verehrte Anwesende! Allein dieses Rundschreiben würde genügen, um die Forderung nach dem Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte in den Betrieben zu begründen. Denn das ist das Geld, das die Arbeitnehmer erarbeiten müssen und das nun die Unternehmer zu Zwecken ausgeben, die gegen die Arbeitnehmerschaft gerichtet sind.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Der Unternehmer hat keinen Anteil, nein? Dem steht nichts zu?)

    — Die Arbeiterschaft schafft doch diese Werte! (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Freiherrn von
    Rechenberg.)
    Nun sehe ich in dem „Industrie-Kurier" vom 18. Juli eine letzte Warnung und dabei als Beilage dieses Pamphlet: „Im Anfang war die Mitbestimmung", das sich ganz auf Lenin bezieht. Ich bedaure, daß der sonst von mir hochgeschätzte Herr Kollege Dr. Becker dieses Pamphlet zur Grundlage seiner Begründung gemacht hat.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Begründung? Warum?)

    — Ich will Ihnen sagen, warum, und ich will es
    ganz deutlich sagen: Meine Herren, daß Sie heute
    hier sitzen können, ist nicht Ihr eigenes Verdienst,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das lehne ich völlig ab!)

    sondern ist in erster Linie das Verdienst der Sozialdemokratie, das Verdienst des Abwehrkampfes, den
    die Sozialdemokratie vom ersten Tage nach der Ka-


    (Freidhof)

    pitulation im Jahre 1945 an gegen den östlichen Totalitarismus geführt hat,

    (lebhafter Beifall bei der SPD; — entrüstete Zurufe rechts; — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Kein Wort davon wahr!)

    zu einer Zeit, als viele Ihrer Herren es noch nicht gewagt haben, politisch in der Öffentlichkeit aufzutreten.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Ich vielleicht auch? Sie haben mich ja koramiert! Ich auch?)

    Meine Damen und Herren, damit will ich dieses Kapitel zunächst einmal abschließen.

    (Lebhafte Rufe rechts: Aha!)

    — Ich komme nachher noch zu Ihnen, Herr Kollege von Rechenberg.

    (Zuruf rechts: Gar nicht notwendig! — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Ich möchte es aber! Seien Sie so lieb und machen Sie es jetzt schon!)

    — Das müssen Sie schon mir überlassen!
    Bei der Frage des Mitbestimmungsrechts dreht es sich nicht allein darum, daß ein gesetzlicher Akt vollzogen werden soll, sondern darum, daß die Arbeitnehmer diejenige Würde erhalten, die ihnen kraft ihrer Funktion, die sie in der Volkswirtschaft ausüben, zusteht. Das hat selbst der Herr Bundeskanzler Adenauer erkannt, als er unlängst in einer Unterredung gesagt hat, daß von der Lohnseite her dem Arbeitnehmer allein nicht mehr beizukommen ist, sondern daß soziale Gerechtigkeit vollzogen werden muß.
    Ich will einige Dinge jetzt überschlagen; ich will noch folgendes sagen, was heute morgen schon ein Redner gesagt hat, ich habe mir das ebenfalls vorgenommen. Wenn wir jetzt nicht 1950 schreiben würden, sondern erst 1945 oder 1946 schreiben würden, dann würde die gesetzliche Handhabung für das Mitbestimmungsrecht zweifelsohne leichter durchzuführen sein als zum heutigen Zeitpunkt.
    Ich muß nun zu den Ausführungen, die der Herr Kollege Dr. Hammer — nein, ich will zuerst zum Herrn Abgeordneten von Rechenberg kommen.

    (Heiterkeit.)

    Daß in Deutschland jede Organisation die Möglichkeit hat, ihre Stellungnahme für oder gegen das Mitbestimmungsrecht klar und eindeutig auszusprechen, wird niemand übelnehmen. Wir sind zu einer sachlichen Auseinandersetzung jederzeit bereit. Aber ich habe in der „Frankfurter Rundschau" vom 19. Juli 1950 einen Artikel gelesen. Der Artikel beschäftigt sich mit dem Herrn Kollegen Freiherr von Rechenberg. Und da ich bis jetzt ein Dementi noch nicht gelesen habe,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Habe auch nicht die Absicht! — Zuruf von der SPD: Na also!)

    möchte ich Sie zwingen, von dieser Tribüne aus zu diesen Anschuldigungen oder zu dieser sachlichen Feststellung, so will ich sagen, selbst Stellung zu nehmen.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Können Sie haben!)

    In diesem Artikel wird festgestellt, daß bei dem Empfang des Studienausschusses für deutsch-französische Wirtschaftsbeziehungen zu Ehren des amerikanischen Hochkommissars McCloy eine Veranstaltung stattgefunden hat, bei der auch Freiherr von Rechenberg das Wort ergriffen hat. Die „Frankfurter Rundschau" schreibt, daß sie einen
    vollständigen stenographischen Bericht von dieser Veranstaltung in ihren Händen habe.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Wissen Sie, woher? Fragen Sie einmal das Büro von McCloy, wo sie ihn her hat!)

    — Das ist egal, und wenn es gestohlen ist, (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Nein, nicht gestohlen! — Heiterkeit)

    auch wenn das Protokoll gestohlen ist, so ändert das nichts an der Tatsache, daß Sie, wenn es ein stenographisches Protokoll ist und der Wahrheit entspricht, zu diesen Fragen Stellung nehmen müssen.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das bezog sich nur auf die Bemerkung: „Ein glücklicher Zufall ließ uns das Blatt auf den Tisch flattern"! — Zuruf links: Es gibt keine Zufälle, Herr von Rechenberg!)

    Der amerikanische Hohe Kommissar McCloy hat in dieser Veranstaltung mit Sorge festgestellt, daß kleine Klüngel in Deutschland sich anschicken, die deutsche Wirtschaft wieder zu beherrschen.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Ganz so hat er es nicht gesagt!)

    Nach diesem Bericht — ich zitiere die Zeitung — hat von Rechenberg erklärt —,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: „Viele Deutsche fragen sich voll Sorge", hat es gelautet!)

    — soll Herr von Rechenberg erklärt haben, daß diese Gefahr riesengroß ist,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Jawohl, habe ich erklärt!)

    und daß diese Gefahr, die riesengroß ist, in erster Linie vom Sozialismus herstammt. Sie sollen wörtlich erklärt haben: „Wir haben ihn kennengelernt, in der braunen Form, wie ihn Adolf Hitler vertrat, und wir haben ihn genügend kennengelernt in der roten marxistischen Form, wie es Stalins Schrekkensregiment darstellt."

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Richtig!)

    Herr von Rechenberg, ich glaube, erstens einmal hat die Gewaltherrschaft des Dritten Reiches mit Sozialismus nichts zu tun gehabt;

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Da kann man verschiedener Ansicht sein!)

    und wenn Sie von Sozialismus des Dritten Reiches reden, dann glaube ich, haben wir als Sozialdemokraten ihn näher kennengelernt als viele Leute, die auf Ihrer Seite sitzen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wir haben ihn so brutal kennengelernt, daß der größte Teil unserer Fraktion in Gefängnissen oder Zuchthäusern oder in Konzentrationslagern gewesen ist. Wir haben auch den Kampf gegen das Schreckensregiment im Osten geführt, weil wir auf dem Standpunkt stehen, daß Sozialismus ohne Menschlichkeit nicht möglich ist. Wo die Menschlichkeit fehlt, ist der Sozialismus am Ende.
    Aber ich komme zu dem Wichtigsten, und deswegen möchte ich Sie fragen, ob Sie diese Ausführungen gemacht haben. Sie sollen nach dem Stenogramm gesagt haben:
    Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Vertreter einer Nation, in der kommunistisches Denken geradezu als Schande gilt, etwa hiermit fortschrittlich sozialistisches Gedankengut meinen könnte. Wenn es gelingt, sozialistische Ideen in Deutschland zum Tragen und zur


    (Freidhof)

    Macht zu bringen, dann kann Amerika die Hoffnung auf ein zukünftiges Europa begraben. Das sage ich nicht als Drohung, ich sage es aus einer ehrlichen Herzensangst, daß es dazu kommen könnte. Und daß es dazu nicht kommt, das wird gerade Ihre Aufgabe als Vertreter dieser Nation sein, dafür zu sorgen, daß alle derartigen Bestrebungen in Deutschland nicht zur Macht gelangen.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Richtig!)

    Haben Sie das gesagt?

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das habe ich wörtlich gesagt!)

    — Dann muß ich schon sagen: Wenn sich Deutsche an die Besatzungsmacht wenden,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Nein!)

    um den Kampf der Arbeiterklasse um das Mitbestimmungsrecht zu verhindern,

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Drehen Sie es nicht herum!)

    wenn sie sich an die Besatzungsmacht wenden
    — jeder, der sich an die Besatzungsmacht wendet, das ist mein Standpunkt, um in die innerpolitischen Verhältnisse einzugreifen, handelt antinational, handelt gegen die Nation. Über das, was wir zu tun haben, setzen wir uns innenpolitisch auseinander ohne die Besatzungsmacht. Wer sich an die Besatzungsmacht in einer solchen Situation wendet, wird als das gekennzeichnet werden, was er ist.

    (Zuruf von der SPD: Landesverräter! — Weitere Zurufe: Die hessischen Arbeitgeberverbände haben das auch getan! — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Ich habe McCloy kritisiert, um ihn auf die Weise auf den richtigen Weg zu bringen! Ich habe dadurch erreicht, was ich wollte! — Zuruf von der SPD: Sie haben an McCloy geschrieben!)

    Nun möchte ich mich — -

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das ist eine Entstellung der Zeitung! — Zuruf von der SPD: Reden Sie von der Tribüne! — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Da komme ich nicht mehr ran!)