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ID0108004900

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    Vokabeln: 6
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    6. Harig.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950 2927 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen 2928C, 2954D, 2964D, 2965D, 3024D Änderung der Tagesordnung 2928C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb (Nr. 970 der Drucksachen) 2928D, 2929B Zur Geschäftsordnung: Euler (FDP) 2928D Dr. von Brentano (CDU) 2929A Mellies (SPD) 2929A Rademacher (FDP) 2987C Zur Sache: Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller 2929C Freitag (SPD) 2937D Dr. Hammer (FDP) 2942C Dr. Dr. h. c. Lehr (CDU) 2946D Walter (DP) 2949D Frau Wessel (Z) 2952A Dr. Seelos (BP) 2955A Agatz (KPD) 2956A Dr. Miessner (DRP) 2960C Freudenberg (FDP) 2962A Raestrup (CDU) 2965A Arndgen (CDU) 2965D Böhm (SPD) 2966D Storch, Bundesminister für Arbeit 2969C Degener (CDU) 2971A Keuning (SPD) 2972A Harig (KPD) 2974B Dr. Veit (SPD) 2978A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 2980A Freidhof (SPD) 2984A Loritz (WAV) 2987D, 2995B Lenz (CDU) 2989D Dr. Kleindinst (CSU) 2990D Mensing (CDU) 2992A Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 2993A Dr. von Brentano (CDU), Antragsteller 2993D, 2995D Mayer (Stuttgart) (FDP) 2995D Günther (CDU) 2995D Lausen (SPD) 2996A Zur Abstimmung: Paul (KPD) 2996B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 1153 der Drucksachen) 2996C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen) . . . . 2996C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Mutter (Mutterschutzgesetz (Nr. 1182 der Drucksachen) . 2996D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstelle- rin 2996D Frau Dr. Rehling (CDU) 2998B Frau Arnold (Z) 2999C Frau Thiele (KPD) 3000A Frau Dr. Ilk (FDP) 3000D Frau Kalinke (DP) 3001B Frau Döhring (SPD), Antragstellerin 3001D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Mandatsniederlegung des Abgeordneten Müller (Hannover) (Nr. 993 der Drucksachen) . . 3003B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . 3003B Fisch (KPD) 3004B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates (Nr. 975 und Nr. 1158, 1235 der Drucksachen) 3005D Dr. Kneipp (FDP), als Berichterstatter 3005D als Abgeordneter . . . . . . . 3008A Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) . 3007C, 3008C Wartner (BP) 3008D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (Nr. 924 und 1209 der Drucksachen) 3009C Dr. von Merkatz (DP) (zur Geschäftsordnung) 3009C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten — Milch- und Fettgesetz — (Nr. 1243 der Drucksachen) . . 3009D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Nr. 968 und 1224 der Drucksachen) . . . 3009D Dr. Horlacher (CSU) : als Berichterstatter 3010A als Abgeordneter 3014A, 3015B Dr. Kather (CDU) 3012A, C Kriedemann (SPD) 3012D Dr. Baade (SPD) 3013C, 3014C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen (Nr. 1161 und 1222 der Drucksachen) 3016A Struve (CDU), Berichterstatter . . 3016A Kriedemann (SPD) 3016B Harig (KPD) 3016C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Verwendungsordnung der ERP-Zuwendungen (Nr. 1167, 661 der Drucksachen) 3017B Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 3017B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Kürzung der Versorgungsbezüge (Nr. 1174, 434 der Drucksachen) . . . . 3019B Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 3019B als Berichterstatter 3019C als Abgeordneter 3020A Herrmann (SPD) 3020D Melliez (SPD) 3021C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Ollenhauer u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Regelung der Versorgung der Körperbeschädigten und Hinterbliebenen durch Kriegsfolgen und über den Antrag der Fraktion der DP betr. Sozialversicherung (Nr. 1180, 30, 36 der Drucksachen) . . . . 3021D Mende (FDP), Berichterstatter . . . 3022A Storch, Bundesminister für Arbeit . . 3022D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Spies, Strauß, Stücklen, Frau Dr. Probst u. Gen. betr. einheitliche Anerkennung der Schwerbeschädigtenausweise (Nr. 1181, 1004, 1236 der Drucksachen) 3023A Langer (FDP), Berichterstatter . . 3023B Spies (CSU) 3023C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Abg. von Thadden u. Gen. betr. Beseitigung der Entrechtung der ehemaligen Wehrmachtangehörigen und ihrer Hinterbliebenen (Nr. 1187, 1060, 1247 der Drucksachen) 3024A Dr. Kleindinst (CSU) 3024B Frist für Rednerkorrekturen der stenographischen Niederschriften 3024D Nächste Sitzung 3025C Die Sitzung wird um 9 Uhr 13 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dietrich Keuning


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Dr. Schröder hat heute morgen bei der Begründung des Gesetzentwurfs im wesentlichen zwei große Kreise gezogen. In den einen Kreis setzte er die betrieblichen Belange und in den anderen Kreis die überbetrieblichen Belange. Ich glaube, Herr Dr. Schröder, daß diese scharfe Scheidung mit der Wirklichkeit, in der wir stehen, nicht das geringste zu tun hat. Sie führten selbst aus, daß in 20 % der Betriebe 80 % der Arbeitnehmer beschäftigt sind. Diese 80 % in unserem Bundesgebiet sind rund 10 Millionen Menschen, die, oh sie in Arbeit stehen oder nicht in Arbeit stehen, das gesamtwirtschaftliche Leben doch sehr entscheidend beeinflussen.
    Wir sind vor einigen Tagen in WatenstedtSalzgitter gewesen — Sie sind mit dort gewesen —, und wir haben gesehen, daß die ganzen Schwierigkeiten dieses Gebiets letzten Endes daher kommen, daß das dort liegende große Werk nicht mehr in Betrieb ist. Ich glaube, daß hier ein Musterbeispiel dafür vorhanden ist, wie sehr die Gemeinden davon abhängen, in ihrem Raum lebensfähige Betriebe zu haben, die auch funktionieren. Das Gedeihen oder Nichtgedeihen eines Betriebes kann Tod oder Leben für die Gemeinde bedeuten. Insofern ist jedes Betriebsinteresse von bedeutendem Gesamtinteresse.
    Ich glaube aber, schon zwischen Ihren Ausführungen und der Begründung des Entwurfs einen gewissen Widerspruch zu finden. Sie schreiben in der Begründung auf Seite 18 unter § 1 über die Aufgaben der beiden Partner im Betrieb und sagen da am Ende des ersten Absatzes:
    Bei der Erfüllung dieser Aufgabe dürfen sie aber nicht nur ihre beiderseitigen Belange im Auge haben, sondern müssen sich in den Rahmen der Gesamtwirtschaft fügen, von der ihr Betrieb nur ein Glied ist.
    Damit stellen Sie doch selbst klar heraus, daß hier nicht davon die Rede sein kann, das Geschehen im Betrieb sei reines Privatinteresse. Das Geschehen im Betrieb beeinflußt sehr stark das gesamtwirtschaftliche Geschehen. Ich habe aber Ihren Ausführungen als Wesentliches entnommen, daß es darauf ankommt, eine klare Trennung zwischen der Arbeitnehmerschaft im Betrieb und den Gewerkschaften zu vollziehen. In derselben Begründung sagen Sie auf Seite 19 dann weiter, daß die Betriebsräte nicht an Aufträge und Weisungen gebunden sein sollen, und setzen in Klammern hinzu „Marschrouten". Damit bringen Sie also zum Ausdruck, daß die Arbeitnehmer nicht aus freiem Entschluß irgendwelche Entscheidungen treffen würden, sondern von gewerkschaftlichen Instanzen in ihrer Entschlußfreiheit gehemmt oder in eine bestimmte Richtung gedrängt würden. Das ist das, was ich Ihrer Begründung als Wesentlichstes entnommen habe.
    Der Ausschuß für Arbeit hat sich bei den verschiedensten Besichtigungen in verschiedenen Werken bemüht, einen Eindruck von dem zu gewinnen, was an wirklich echtem Mitbestimmungsrecht in den Betrieben vorhanden ist; ich denke jetzt besonders an die Besichtigung der Gute-Hoffnungs-Hütte in Oberhausen. Hier handelt es sich um ein entflochtenes Werk, und anwesend war der Vater dieser ganzen Idee, Herr Dr. Dinkelbach. Er hat dann in Ausführungen klar erkennen lassen, und auch in der Diskussion wurde das erhärtet, daß in den entflochtenen Werken bei den Aufsichtsräten nun ein wesentlich größeres Interesse für die wirtschaftlichen Belange festzustellen sei, als das bis zum Zusammenbruch der Fall war. Ich glaube, Herr Dr. Dinkelbach ist zu einer solchen Äußerung befugt. denn meines Wissens war er bis zum Zusammenbruch in mehr als 30 Aufsichtsräten tätig — ich glaube, es waren sogar fast 40, jedenfalls aber 30 —, so daß er sich also wohl ein sehr gutes Urteil bilden kann. Das Eigenartige ist mir nun, daß, wie ich weiß, der Urheber dieses Gesetzentwurfs, Herr Dr. Schröder, doch engster Mitarbeiter des Herrn Dr. Dinkelbach ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wenn nun Herr Dr. Dinkelbach selbst diese Einrichtung als etwas Nachahmenswertes hinstellt, dann ist es mir eigentlich unerklärlich, daß sein enger und vertrauter Mitarbeiter diesen Weg nicht weiter beschreitet.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Sie sehen Widersprüche, die nicht da sind, Herr Keuning!)

    — Dann würde es mich freuen, nachher eventuell belehrt zu werden. Ich sehe aber einen Widerspruch darin, Herr Dr. Schröder, daß Sie, wie § 46 der Vorlage erkennen läßt — und das ist das Wesentliche in Ihrem Entwurf —, keine Einschaltung der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat wollen.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf] : Das steht auch nicht drin!)

    - Sie sprechen von einem Vorschlagsrecht der Gewerkschaften, und zwar bezieht sich das, wenn ich es recht verstanden habe, auf Mitglieder des Betriebes, die von Gewerkschaften vorgeschlagen werden.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Nein, keineswegs!)

    — Dann habe ich das nicht recht verstanden. Sie sprechen aber im ersten Teil des § 46 davon, daß nur Arbeitnehmer Mitglieder sein können. Dann finde ich das zumindest sehr unklar ausgedrückt. denn im ersten Satz steht ganz eindeutig, daß der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer gebildet wird.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Aus Vertretern der Arbeitnehmer!)

    Wenn nun verlangt wird, daß nur Mitglieder der Betriebe in den Aufsichtsräten sein sollen, dann müßten wir uns fragen, mit welchem Recht die andere Seite nun alle möglichen fachlich geeigneten oder richtig erscheinenden Personen in die Aufsichtsräte hineinholt. Wenn heute morgen davon gesprochen wurde, daß die Aufsichtsräte und der Vorstand nach dem Aktiengesetz eine gewisse


    (Keuning)

    Verantwortung tragen, so möchte ich doch gern hören, wie oft es vorgekommen ist, daß Vorstandsmitglieder vor Gericht gezogen wurden, weil sie unfähig waren oder weil das ihnen anvertraute Werk nachher nicht mehr lebensfähig war. Die Unfähigkeit dieser Personen hat sich, wie wir das in den meisten dieser Fälle erlebt haben, so ausgedrückt, daß Konkurs angemeldet wurde. Dann war aber meist nicht der Betroffene, der Unfähige aus dem Vorstand der Leidtragende, sondern die Leidtragenden waren dann die in dem Betrieb beschäftigten Arbeiter. Sie wurden arbeitslos, und bei größerer Erwerbslosigkeit wurde es dann zu einem erheblichen Teil auch doch erforderlich, aus Steuergeldern Mittel zu Unterstützungen zur Verfügung zu stellen. Dabei hat die Riesenarbeitslosigkeit vor 1933 doch klar aufgezeigt, daß dann im wirtschaftlichen Gefüge irgendeine große Unordnung oder irgendeine Unfähigkeit vorhanden sein mußte, sonst hätte es dazu nicht kommen können.
    Die Arbeiterschaft hat aus diesen Ereignissen die Lehre gezogen, daß es nötig sei, die Demokratie auch in die Wirtschaft einzubauen, nicht, wie eben vom Abgeordneten Degener gesagt wurde, den Betriebsparlamentarismus einzuführen, sondern die Arbeiterschaft hat erkannt, daß die Demokratie der Weimarer Republik nicht die Lebenssicherheit gab. Es war eine politische Demokratie. In dieser politischen Demokratie haben sich die Kräfte des Kapitalismus sehr blühend entwickelt. Es kam zu Riesengebilden, bis zu 300 000 Menschen in einem Gebilde in der Hand von wenigen Wirtschaftsmachthabern. Diese Gebilde haben das gesamte Wirtschaftsleben entscheidend beeinflußt. Wenn hier heute morgen von einer Nebenregierung gesprochen wurde, von einer Nebenregierung der Gewerkschaften, ja, meine Damen und Herren, ich möchte doch einmal fragen: Hat nicht so etwas wie eine Nebenregierung der Großindustrie bestanden, sind nicht hier und dort noch die großen Verwaltungspaläste zu finden? Und wann sind sie gebaut worden? Die Jahreszahlen, die an den Stirnseiten angebracht sind, zeigen ja, daß sie in Zeiten größter Not erbaut wurden. Aus diesen Palästen heraus wurde entscheidend von der Nebenregierung her das gesamte Leben in der deutschen Republik beeinflußt. Die Konzernherren haben entscheidend dazu beigetragen, daß es möglich wurde, über diese Nebenregierung eine Regierung zu ermöglichen, die das Unglück, in dem wir heute sitzen, letzten Endes allein verschuldet hat. Sie wissen genau, worauf ich dabei anspiele, auf die großen Spenden der Großindustrie an die NSDAP; Sie wissen auch wohl, daß im Thyssen-Prozeß von Thyssen selbst zum Ausdruck gebracht wurde, daß ihm die Brüningsche Wirtschaftspolitik nicht zusagte und aus diesem Grunde die Arbeitslosigkeit von ihm ver- schärft wurde. Bitte, das können Sie nachlesen, meine Damen und Herren! So ist das doch zu sehen! Man muß sich das einmal vorstellen: ein Mensch mit solch einer Auffassung vom Gesamtwohl steht an der Spitze von Gebilden mit 300 000 beschäftigten Menschen; welch ungeheuer verderblicher Einfluß auf das gesamte Leben!
    Ich will nicht zu sehr in der Vergangenheit herumkramen. Es ist auch jetzt noch interessant, meine Damen und Herren! Im vorigen Jahr war im Industriegebiet im August/September eine ziemlich starke Kurzarbeitswelle wirksam. Es ist dabei interessant zu sehen, daß der Auftragsbestand für die eisenschaffende Industrie — zu Anfang des vorigen Jahres gleich 100 gesetzt - im Laufe des
    Jahres bis August auf 70 absank. Die Produktion im vorigen Jahr — Anfang des Jahres ebenfalls gleich 100 gesetzt — stieg aber bis August auf 130, so daß dann Mitte August Auftragsbestand und Produktion um 60 auseinanderklafften. Und dann erfolgten die Wahlen und praktisch fast mit dem Wahltag setzte die große Kurzarbeitswelle hier ein.
    Ich will nicht bestimmte Schlüsse ziehen, ich überlasse es jedem selbst, die ungeheueren Möglichkeiten zu beurteilen, die hier vorhanden waren. Wenn ich als Betriebsratsvorsitzender eines großen Betriebes mit immerhin 71/2 Tausend Menschen Belegschaft in die betrieblichen Unterlagen hineinschaue wie auch die anderen verantwortlichen Leiter des Werkes, dann habe ich dabei immer empfunden, wie eng, wie unbeweglich ich in meiner Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender praktisch bin, wenn die außerbetrieblichen Einflüsse so stark sind, daß ich mich im Betrieb selbst gar nicht dagegen wehren kann. Bei bester Einsicht im Betrieb, bei bestem Wollen, mit der Leitung zusammen einen Betrieb aufzubauen, eine Leistung zu vollbringen, den Arbeitern den Arbeitsplatz zu sichern, war es einfach nicht möglich, auf Grund der allgemeinen Lage hier vom Betrieb aus irgendwie einen Einfluß zu nehmen.
    Wenn dann damals gleich in der Arbeiterschaft, in der Arbeitnehmerschaft — ich darf doch das Wort gebrauchen, das der Kollege Degener nicht so sehr wünschte — das große Bangen, die Angst auftauchte, nun erwerbslos zu werden, so ist die letzte Ursache dafür doch in dem Streben nach Sicherheit zu finden, die ja auch mit diesem Gesetzentwurf in etwa angesprochen wird. Es ist doch die Angst des arbeitenden Menschen, morgens draußen zu stehen, nicht mehr seine Familie ernähren zu können, die Angst, die ihn dazu treibt, neue Wege zu suchen, dieses doch schon so oft erlebte Hoch und Tief nicht wieder zu erleben. Wenn man dann heute morgen von Herrn Dr. Hammer hörte, wie er in seinen Ausführungen von der Stoppuhr und von dem Meister sprach, daß er sagte, das letzten Endes doch die Betriebsgemeinschaft das Tragende ist, dann möchte ich dem Herrn Dr. Hammer sagen: Sein Fraktionskollege, unser stellvertretender Bundeskanzler Herr Blücher war es, der im vorigen Herbst erklärte, man solle nicht soviel Gerede um das Mitbestimmungsrecht machen, man solle dem Arbeiter einen vernünftigen Akkord geben, und alle Fragen wären geklärt. Ich glaube, wer die Frage so sieht, geht sehr an dem Leben vorbei.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wenn Herr Seebohm, der Verkehrsminister, ebenfalls erklärte, daß dieses große Streben nach Sicherheit doch in Sklaverei führen müsse, meine Damen und Herren, dann glaube ich, daß Herr Seebohm niemals in Unsicherheit gelebt hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich glaube nicht, daß er gebangt hat: Bin ich bei denen, die den blauen Brief bekommen und damit wer weiß für wie lange Zeit die Hoffnung begraben muß, irgendwelche Anschaffungen zu machen?
    Sie irren mächtig, meine Damen und Herren, die Sie hier heute gegen die Grundsätze des eingebrachten Gesetzentwurfes sprachen, wenn Sie glauben, daß es dem Arbeiter darauf ankäme, momentan irgendwelche Pfennige sich zu sichern. Es geht ihm darum, die Ernte des langen, mühevollen Ar-" beitslebens zu sichern. Das ist sein Bestreben. Wenn hier immer wieder versucht wurde, eine Trennung zwischen Gewerkschaften und den Männern in den


    (Keuning)

    Betrieben zu vollziehen, so glaube ich, daß man auch hier die Lage sehr verkennt.
    Von meinen Fraktionsfreunden ist hier auf die Bedeutung der Gewerkschaften in der Vergangenheit hingewiesen worden. Ich glaube auch, daß die Einsichtigen hier erkannt haben, welche Rolle sie gespielt haben. Wir im Betrieb haben es genügend oft erlebt. In den schwierigsten Situationen haben uns die Gewerkschaftssekretäre zur Verfügung gestanden, und es wäre manchmal böse ausgelaufen, wenn nicht das gesamtvolkswirtschaftliche Interesse von den berufenen Gewerkschaftsvertretern im Betrieb den Arbeitnehmern klargemacht worden wäre.
    Wir erleben auch, daß die ganze Schulung der Gewerkschaften doch letzten Endes geleitet ist von gesamtvolkswirtschaftlichen Interessen. Meine Damen und Herren, ich glaube, daß es auch einem Teil dieses Hauses bekannt ist, daß ein Streik nicht von heute auf morgen vom Zaune gebrochen werden kann; da muß die Zusage des Gewerkschaftsbundes vorliegen; auch hier spielen gesamtvolkswirtschaftliche Interessen eine große Rolle. Ich möchte das denen sagen, die heute meinten, daß die Gewerkschaften hier nur Machtansprüche stellten.. Ich glaube, daß diejenigen, die nun dauernd die Gewerkschaft ausschalten möchten, nicht im geringsten die Rolle erkannt haben, die die Gewerkschaft in der Vergangenheit gespielt hat. Sie war es doch, die sich mit eingesetzt hat, daß das ganze Wirtschaftsleben wieder in Gang kam. Denken Sie an die Parolen „Der Bergmann zuerst!", die überall zu lesen waren, und daran, welcher Einfluß der Gewerkschaft dahintersteckte, die Bergarbeiter mit an die Arbeit zu bringen.
    Ich glaube, daß man hieraus erkennen kann, wie sehr der schaffende Mensch Mittelpunkt der ganzen Gesellschaft ist. Diese ganze Gesellschaftsordnung wird nicht eher ein sicheres Gefüge haben, als bis dieser schaffende Mensch wieder in den Mittelpunkt der Gesellschaft gerückt ist und bis der Arbeiter als Mensch in dieser Gesellschaft geachtet wird. Dafür kämpft die Arbeiterschaft mit den Gewerschaften. Ich möchte das allen denen sagen, die glauben, eine Trennung vollziehen zu können zwischen den arbeitenden Menschen in den Betrieben und der Gewerkschaft.
    In diesem Sinne werden wir bei der Beratung des Gesetzes im Ausschuß unsere Anträge einbringen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Harig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Paul Harig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Die Frage des Mitbestimmungsrechts ist nicht nur eine Frage dieses Hauses, die Frage des Mitbestimmungsrecht ist eine Kampffrage, ist eine Frage der Belegschaften in den Betrieben, die das Mitbestimmungsrecht haben wollen. Wir haben das doch erlebt: nach 1945, 1946 war es möglich, ohne daß das Parlament dazu Stellung nahm, die Frage der Mitbestimmung in einer ganzen Reihe von Betrieben zu klären und Vereinbarungen darüber zu treffen. Das war die Zeit, in der der Unternehmer, derjenige, der Angst hatte vor der Entwicklung der Dinge, der Mann, der während der Zeit des Tausendjährigen Reiches auch Politik gemacht hatte, sich im Kellerloch oder Mauseloch verkrochen hat. Aber nachdem die Macht der Unternehmer sich wieder festigen konnte, haben sie sich einen Dreck darum gekümmert, ob in den Betrieben Vereinbarungen abgeschlossen waren oder nicht. Gehen Sie zu den i Arbeitsgerichten, und Sie werden sehen, daß dort Arbeit in Hülle und Fülle nur aus dem Grunde vorhanden ist, weil die Unternehmer ihre eigenen Abmachungen mit den Arbeitern oder ihren Vertretern nicht einhalten. Bei uns in Hagen war es seit Monaten notwendig, eine zweite Kammer einzurichten, weil die Arbeitsgerichte bei dieser Art und Weise des Vorgehens der Unternehmer, das dann zu arbeitsgerichtlichen Klagen führte, die Fälle nicht mehr bewältigen konnten. Dort, wo die Belegschaften Widerstand leisteten und sich hinter Betriebsräte in der Frage des Mitbestimmungsrechts stellten, haben wir zum Teil erlebt, daß die Arbeitnehmer ihr Mitbestimmungsrecht hielten. Zum Teil haben wir aber auch erlebt, daß gewissenlose Unternehmer dazu übergingen, den Betrieb stillzulegen, alle Arbeiter zu entlassen und zu erklären: Ich habe keine Aufträge mehr; ein Beweis dafür, wie groß die wirtschaftliche Macht in der Hand weniger bedeutet, wie sie auf die Belange des Volkes keine Rücksicht nehmen und von ihrer wirtschaftlichen Macht Gebrauch machen. — Ich sehe vor mir Menschen sitzen, die ein jetzt ungläubiges Gesicht machen. Ich werde nur einen Betrieb nennen, bei dem es so gehandhabt wurde: bei der Firma Kalthoff in Hagen.
    Ich kann auch noch einen anderen Beweis antreten, und das ist ein Fall, den ich selbst erlebte. Ich war ja selbst bis vor kurzem Betriebsratsvorsitzender eines großen Werkes und habe eine betriebliche Vereinbarung abgeschlossen, nach der Betriebsräte nicht gekündigt werden können, es sei denn, die Zustimmung der Gewerkschaften, die Zustimmung des Betriebsrates ist vorhanden. Einen Fetzen Papier ist es wert zu einer Zeit, in der sie glauben, wieder mit der Macht spielen zu können. So liegen doch die Dinge.
    Aus dem Grunde stehe ich auf dem Standpunkt: Das Mitbestimmungsrecht ist nicht nur eine Frage des Parlaments, sondern ist eine Machtfrage, und man sollte nicht nur heute, sondern man sollte morgen, übermorgen und zu allen Zeiten die Gewerkschaft als die Interessenvertretung der arbeitenden Menschen im Betrieb, die das Mitbestimmungsrecht angeht, darauf hinweisen, daß sie den Kampf zu organisieren haben; denn wenn heute das Mitbestimmungsrecht vereinbart werden sollte, ist es morgen schon einen Fetzen Papier wert wie die Verträge der Vergangenheit.
    Aber nun etwas Grundsätzliches zu der Frage des Mitbestimmungsrechts im ganzen! Die Stellungnahme meiner Fraktion unterscheidet sich von der Stellungnahme der Diskussionsredner, die heute hier aufgetreten sind, wenigstens zum größten Teil. Mehrere Diskussionsredner, hauptsächlich Mitglieder der Gewerkschaften, haben einige positive Dinge vorgetragen, sind aber in all diesen Fragen nicht konsequent genug gewesen. Die Frage des Mitbestimmungsrechts ist in der Öffentlichkeit nicht verstummt. Seit 1945 steht sie im Mittelpunkt der Diskussion, einmal heftiger, einmal weniger heftig. So haben nicht nur die Gewerkschaftskonferenzen, die Versammlungen der Gewerkschaftskollegen und die Kollegen in den Betriebsversammlungen zu dieser Frage Stellung genommen, sondern auch die verschiedensten Parteien, der Katholikentag und die Presse, alle auf Grund der Forderung entscheidender Teile des Volkes nach Verwirklichung des Mitbestimmungsrechts. Diese Forderung ist im Volke fest verwurzelt. An dieser Diskussion konnte auch derjenige nicht vorbeige-


    (Harig)

    hen, der das Mitbestimmungsrecht nicht will. Das in- und ausländische Kapital hat sich an der Diskussion um das Mitbestimmungsrecht rege beteiligt. Die Arbeitgeberverbände haben im Kampf gegen das Mitbestimmungsrecht eine starke Stellung bezogen.

    (Zustimmung bei der KPD.)

    Nicht nur die Unternehmer, die Monopolkapitalisten des Auslandes und die Arbeitgeberverbände, sondern auch hohe geistliche Würdenträger wie Bischöfe und der Papst haben sich in die Diskussion eingemischt. Sie haben eine Einheitsfront in der Abwehr dessen, was da kommen könnte, geschaffen. Manche sind dabei ziemlich stur zu Werke gegangen. Manche sind auf Grund der Lage, wie sie nun einmal zu verzeichnen ist, etwas konzessionslüstern gewesen. Aber in einem waren sich alle einig, indem sie sagten: Für uns Unternehmer, für uns Arbeitgeber, für uns Monopolkapitalisten ist die Frage des Mitbestimmungsrechts der Werktätigen ein Hindernis auf dem Wege zur Durchführung des Marshall-Planes, des Schuman-Planes und der kriegerischen Vorbereitungen.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Die ausländischen und deutschen Großkapitalisten haben nicht die Absicht, das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer zu dulden. Ihre politischen und wirtschaftlichen Ziele sind gegen die Demokratisierung der Wirtschaft gerichtet; sie sind gerichtet auf die unumschränkte Alleinherrschaft. Dieses Streben nach Alleinherrschaft in den Betrieben erleben wir überall. Einen Tag, nachdem ich entlassen war, hat in meiner Heimat mehr als ein halbes Dutzend von Unternehmern ihren Betriebsräten gesagt: „So, nun ist euer Führer am Ort zum Teufel, und nun werden wir euch zeigen, daß es auch noch Tariflöhne gibt;

    (Hört! Hört! bei der KPD)

    nun werden wir euch zeigen, daß es auch noch Arbeitslose gibt." Ich kann dafür den Beweis antreten. Die Unternehmer, hauptsächlich die Monopolkapitalisten, die dabei tonangebend waren, haben in der Vergangenheit niemals Gelüste verspürt, breite Schichten des Volkes nach demokratischen Methoden mitbestimmen zu lassen. Ich habe das in mehreren Besprechungen mit dem Vorsitzenden des Klöckner-Konzerns, Herrn Dr. Jarres, selbst erlebt. Ich kenne die Melodie, die gesungen wurde. Sie wollen nicht, daß die Menschen, die die Werte schaffen, über diese Werte, über die Produktion, die Art der Produktion und ihre Verteilung mitbestimmen. Das paßt nicht in ihren Kram. Sie verstehen sich vielmehr auf das Regieren, auf das Diktieren und auf das Befehlen, in der Hauptsache im Betrieb. Sie haben in der Vergangenheit schon des öfteren selbst aus den Schichten der Arbeitnehmer Menschen für ihre Ziele eingespannt, haben die wirtschaftliche Not dieser Menschen dazu benutzt, ihre reaktionäre Politik in den Betrieben durchzuführen. Sie haben brutal ausgebeutet. Den armen Menschen, der tagaus tagein, jahraus jahrein in Winter und Sommer, im Regen oder Schnee, mitten in der Nacht aufstehen mußte, unter unmenschlichen Bedingungen das Brot für seine Familie verdienen mußte, haben sie nie geachtet. Ich spreche aus Erfahrung; denn ich stehe seit 40 Jahren in den Betrieben, mitten in der Arbeiterschaft, habe also in dieser Beziehung mein Teil hinter mir. Sie haben schon zu einer Zeit, als der Drang nach Sozialismus in der Arbeiterschaft sehr groß war, ein großes Betrugsmanöver durchgeführt. Der Nationalsozialismus war das größte Meisterstück, daß sie
    sich in dieser Beziehung geleistet haben. Die sozialistischen Gefühle der Arbeitnehmer haben sie ins Gegenteil verkehrt.
    Einen ähnlichen Betrug haben sie heute mit dieser Vorlage auch wieder vor. Die Forderungen auf Mitbestimmungsrecht sind nicht totzuschweigen. Aber dieses Mitbestimmungsrecht soll zur Erhaltung der Macht der Bank- und Fabrikherren verfälscht werden. Darin liegt eine große Gefahr für die Arbeiterschaft.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Sie müssen wohl auch eine Reinigungsrede halten!)

    — Herr Dr. Schröder, wir sind ja keine Unbekannten. Sie, Herr Dr. Schröder, die rechte Hand von Herrn Dinkelbach, sind der Schöpfer oder der Vater dieses Entwurfs.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Wer hat Ihnen das gesagt, Herr Harig?)

    — Sie selber, klatschen Sie nur Bravo! Sie sind der Vater dieses Entwurfs, und Sie handeln im Auftrage Ihrer Fraktion und deren Hintermänner.

    (Sehr gut! bei der KPD. — Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Ich habe leider keine Hintermänner!)

    — Sie handeln im Auftrage der Hintermänner der Fraktion, der Freunde von Pferdmenges und der Freunde von Dinkelbach.

    (Sehr richtig! bei der KPD. — Lachen in der Mitte. — Zuruf von der Mitte: Der weiß genau Bescheid!)

    Die Ideologie und die Mentalität Ihrer Freunde und
    und Ihrer Auftraggeber spricht aus dieser Vorlage.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Die Vorlage ist nicht so schlecht, wie Sie glauben, Herr Harig!)

    — Sie ist viel schlechter, als ich es im ersten Moment glaubte, weil sie geschaffen wurde, um die Begriffe zu verwirren.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Das ist ja nicht wahr!)

    Im ersten Paragraphen lese ich es schon, wo von der Betriebsgemeinschaft gesprochen wird.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Sind Sie dagegen?)

    Wollen Sie mir den Unterschied zwischen der Theorie, die in dieser Beziehung während der Nazizeit gepredigt wurde, und der Theorie der Betriebsgemeinschaft sagen?

    (Sehr gut! bei der KPD. Abg. Frau Dr. Gröwel: Wir wissen mit den Nazis nicht so Bescheid! — Heiterkeit und Sehr gut! in der Mitte.)

    — Tun Sie doch nicht so! Ich kenne doch alle Leute.
    Und wenn ich eine Damenstimme höre, dann bin
    ich etwas zurückhaltend, weil ich ein Mann bin.

    (Heiterkeit.)

    Der Name Dinkelbach, davon bin ich überzeugt, ist mit dem Inhalt dieses Entwurfs identisch. Der Name Dinkelbach besagt eben alles.

    (Zuruf von der KPD: Das ist ein Programm!)

    Es ist auch nicht so, als wenn ich Herrn Dinkelbach nicht kennen würde; ich habe ihn zur Genüge erlebt.

    (Abg. Frau Dr. Gröwel: Es sind aber nicht alle Dinkelbacher!)

    Auf dem Katholikentag wurde eine Arbeitsgemeinschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gebildet. In dieser Arbeitsgemeinschaft war


    (Harig)

    der maßgebliche Mann Dinkelbach. Er hatte die Aufgabe, für die er sozusagen geboren ist. Er hatte die Aufgabe, auszuknobeln, wie man aus schwarz weiß machen kann.

    (Abg. Strauß: Vielleicht war er bezahlt? — Zuruf von der FDP: Denk mal an!)

    Diese Aufgabe hat er.

    (Abg. Strauß: Die Schwarzen bleiben schwarz!)

    Er hat in dieser Frage schon einmal ein Meisterwerk geleistet, und zwar bei der Entflechtung.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Als nämlich nach 1945 fast die gesamte Arbeiterschaft stürmisch die Enteignung der Monopolkapitalisten oder die sogenannte Sozialisierung verlangte, war es Dinkelbach, der damals die Begriffe verwirrte und unter dem Motto der Entflechtung den breiten Schichten des Volkes begreiflich machen wollte, daß die Entflechtung zu demselben Ziel führen würde. Ich habe in dieser Frage einige Erfahrungen, weil ich von Anfang an mit dabei war,

    (Zuruf von der Mitte: Haben Sie auch entflochten?)

    mehr dabei war als diejenigen, die hier so tun, als ob sie mehr von den Dingen verstehen. Und in seinen Bestrebungen, die Dinge zu verwirren,

    (Abg. Strauß: Vor lauter Nähe sind Sie kurzsichtig geworden!)

    wurde er von Dr. Potthoff unterstützt. Dr. Potthoff ist der Mann, der mit der Theorie vom Besitzmonopol und Leitungsmonopol nach meiner Meinung und nach der Meinung meiner Fraktion sehr viel Unheil angerichtet hat. Diese Theorie vom Besitz- oder Leitungsmonopol ist auch in die Gehirne einer ganzen Reihe von Gewerkschaftsführern eingedrungen.

    (Zuruf von der FDP: Pfui! — Heiterkeit.) Der Name Dinkelbach ist ein Programm.


    (Zurufe.)

    — Meine Herren, ich will Ihnen etwas sagen; mein Kollege Böhn hat es Ihnen schon gesagt. Das Gebiet ist so wichtig, daß man zumindest versuchen sollte, sich über diese Frage in vernünftiger Weise auszusprechen und nicht dauernd lächerliche Zwischenrufe zu machen.

    (Abg. Strauß: Was nennen Sie vernünftig?)

    — Nach meiner Meinung haben Ihre Redner auch nichts Vernünftiges gesagt.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: „Auch nichts!" — Große Heiterkeit. — Glocke des Präsidenten.)

    — Wenn sich die Arbeiterschaft in Belegschaftsversammlungen so betragen würde wie Sie, dann wäre ich davon überzeugt, daß sie einen Pflock zurückstecken müßte. Aber Gott sei Dank beträgt sich die Arbeiterschaft anständiger, als Sie sich hier betragen.