Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Erst kommt die Debatte, in der Begründungen zu den Anträgen im einzelnen vorgetragen werden können.
Ich stelle nun also fest, daß die Ausschußmitglieder mangels Unterrichtung durch die Bundesregierung über die offenbar notwendige Beschaffenheit des zu bestimmenden Sitzes nicht im Bilde sind. Es fragt sich nun. welche Konsequenzen zu ziehen sind. Die Herren des Gerichts erklären, daß für sie nur eine Leipzig vergleichbare Stadt der Bundesrepublik in Frage kommen kann. Leipzig kommt als Sitz des Bundesgerichtshofes leider nicht in Betracht. Bonn als vorläufiger Sitz der Bundesregierung scheidet für diesen Zweck aus. Berlin als künftiger Sitz der Bundesregierung scheidet an sich nach der Meinung der Herren Gerichtsangehörigen, die ich hier nur referiere, auch aus. Sie haben erklärt, es gebe unter diesen Umständen im Bereich des Grundgesetzes nur vier Städte, nämlich München, Frankfurt, Köln und Hamburg, die ihrer Größe und Bedeutung nach als Sitz in Betracht kämen, indem sie einmal ein bestimmtes kulturell gefärbtes und wirtschaftlich abgestelltes Eigenleben zeigen und damit den Richtern Fühlungnahme zu einem solchen Leben
ermöglichen und weil sie zum anderen Sitz berühmter Universitäten mit zum größten Teil vollständigen Bibliotheken seien und damit die Fühlung zur Wissenschaft, und zwar die persönliche Fühlungnahme — nicht nur durch amtliche Zeitschriften — zu pflegen ermöglichen. Sie könnten sich im Sinne der Fortentwicklung des Rechts, ihrer vornehmen Aufgabe, an einem Platze wie Braunschweig. Karlsruhe oder Kassel nicht wohlfühlen, weil dort die Voraussetzungen für das, was für führende Juristen notwendig ist, einfach schlechterdings nicht gegeben sei.
Wir müssen im Bundestag bei der Stadt, die wir auswählen, auch in Betracht ziehen, ob sich das Gericht in ihr wohlfühlt. Ich gehe nun davon aus, daß für Köln — die Herren, die für Köln sind, sollen das Wort haben und die Vorzüge, die sicherlich vorhanden sind. schildern; ich will von meinem Standpunkt aus nichts gegen Köln gesagt haben —, wie die Dinge einmal gelaufen sind und wie sie sie die verehrte Bundesregierung hat „schlieren" lassen, kaum eine greifbare Aussicht vorhanden ist.
Die Herren haben mir dann erklärt, daß ihnen München, Frankfurt und Hamburg gleich lieb seien, am liebsten aber Hamburg, weil die weit überwiegende Zahl von Fällen beim Reichsgericht — ich glaube zwischen 2/3 und 3/4 aller Fälle — aus dem norddeutschen Gebiet, nämlich aus NordrheinWestfalen, Niedersachsen und den Hansestädten kam. Die Rechtsuchenden befinden sich also vorwiegend in dem Bereicht von Hamburg, was bei Beurteilung der Verkehrslage eine gewisse Rolle spielt.
So komme ich zu dem Ergebnis, daß, wenn Frankfurt sich nicht bewerben will — es hat sozusagen aufgegeben —, wenn Köln aus politischen Gründen ausscheidet, man nur zwischen München und Hamburg wählen dürfte. München hat nun schon zwei oberste Bundesbehörden, nämlich den Bundesfinanzhof und das Bundespatentamt. Ich möchte meinen, wenn man der „Streuung" Rechnung tragen will, von der in Punkt 10 der Ausschußrichtlinien die Rede ist, kann man nicht auch noch den Bundesgerichtshof nach München verlegen. Ich bin daher der Ansicht, daß man letzten Endes auf Hamburg abkommen muß, wenn dort die technisch-materiellen Voraussetzungen der Richtlinien gegeben sein sollten. Leider ist ein Hamburger Bundesratsvertreter hier nicht anwesend. Ich habe mich mit dem Vertreter von Hamburg in Verbindung gesetzt und möchte hier — für meine Person mit allem Vorbehalt — folgendes erklären; ich betone dabei ausdrücklich, daß ich hier kein- Hamburger Interessen vertrete; ich bin zwar als Referendar und Assessor in Hamburg ausgebildet worden und verehre Hamburg als die große Hansestadt im Norden. Ich habe aber keine Vollmacht, Hamburg zu vertreten, möchte also nur referieren, daß man von Hamburg aus folgendes erklärt: Man ist bereit, das völlig intakte Oberlandesgerichtsgebäude, das, glaube ich, nur irgendwo eine Bombenschramme abbekommen hat, zur Verfügung zu stellen. Das Oberlandesgericht selbst zieht dann in die Räume des früheren Zonenjustizamtes zurück. Was die Zahl der Wohnungen angeht — es handelt sich übrigens nicht um 400, wie der Herr Kollege Maier gesagt hat, sondern um 80 bis 120 Wohnungen; insoweit liegt ein Irrtum vor, bei „400" handelt es sich um eine Zahl in anderem Zusammenhang —, so sind 80 bis 120 Wohnungen in einer Millionenstadt wie Hamburg mit einer ungeheuren Baukapazität kein besonderes Problem. Wie sehr in Hamburg heute gebaut wird, weiß jeder, der einmal durch Hamburg gefahren ist. Die benötigten Wohnungen könnten in Hamburg jedenfalls rascher und bequemer und in besserer Auswahl als in jeder anderen Stadt gestellt werden. Das gebe ich hier ohne besonderen Auftrag und ohne Obligo für mich wieder. Es ist bedauerlich, daß man die genauen Daten nicht zur Stelle hat. Ich habe daher für den Antrag meiner Fraktion Verständnis gehabt, die Beratung auszusetzen.
Ich habe nunmehr den Antrag zu stellen, daß der § 123 GVG den Wortlaut bekommt:
„Sitz des Bundesgerichtshofes ist Hamburg".
Ich weiß nun nicht, wie abgestimmt werden soll. Meines Erachtens muß, da es hier „weitergehende" Anträge nicht gibt, in der Reihenfolge der Einbringung der Anträge abgestimmt werden. zuletzt natürlich über den Ausschuß-Antrag auf Wahl von Karlsruhe. Aber das ist eine Frage, die das Präsidium entscheiden muß.
— Der Antrag Hamburg ist in gar keiner Weise am „weitestgehenden". Es ist der zuletzt gestellte Antrag.