Rede von
Dr.
Linus
Kather
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Wenn man einen Lastenausgleich durchführen will, dann heißt das doch, daß man eine Entschädigung für Verluste geben will. Es würde ja allen Vernunftsgründen widersprechen, wenn man diese Entschädigung nicht in einen gewissen Zusammenhang mit oder in eine Abhänigkeit von der Höhe des Verlustes bringen würde. Das setzt also begrifflich voraus, daß der Lastenausgleich und die damit verbundene Vermögensentschädigung gar nicht ohne eine Feststellung der Höhe des Schadens vorgenommen werden kann. Man kann darüber streiten, wie man diese Feststellung macht. Man kann große Pauschalierungen usw. wählen, um die Sache zu vereinfachen. Aber um eine Feststellung kommt man logischerweise nicht herum. Ich darf darauf hinweisen, daß auch die Gesprächspartner in Unkel sich darüber einig waren, daß wir eine Feststellung haben müßten. Die Unterhaltung ging zunächst nur darum, ob man die notwendige gesetzliche Grundlage für eine Feststellung zusammen mit dem Lastenausgleichsgesetz schafft oder ob man sie vorwegzieht.
Wir haben erstrebt, daß diese gesetzliche Grundlage vorweg geschaffen wird, weil wir der Meinung sind, der schon der Herr Kollege Wackerzapp Ausdruck gegeben hat, daß man ein solches Gesetz sehr viel schneller verabschieden und dann mit der Feststellung beginnen kann, während man bei dem andern Weg ja warten muß, bis das wirklich langwierige Verfahren des Lastenausgleichs abgeschlossen ist. Ich möchte allerdings hier nicht unterlassen zu sagen, daß ich mich in diesem einen Punkte der Auffassung meines Freundes Wackerzapp nicht anschließen kann. Ich würde eine solche Inflation von Ausschüssen nicht mitmachen. Wenn es nach meinem Geschmack ginge, würde überhaupt nur der Lastenausgleichsausschuß allein mit diesem Gesetz befaßt werden. Die anderen Interessenten können ja dort durchaus zu Wort kommen.
Ich muß sagen, daß mich die Ausführungen des Herrn Kollegen Seuffert in ihrer großen Schärfe außerordentlich überrascht haben. Herr Kollege Seuffet, es handelt sich für uns um kein Spiel.
Die Vertriebenen wollen endlich einmal sehen, daß Ernst gemacht wird, und logischerweise muß der Anfang mit der Feststellung gemacht werden.
— Es ist vollkommen abwegig zu sagen, daß durch diese vorweggezogene Feststellung die Beratungen über den Lastenausgleich etwa verzögert würden. Wir haben das Gesetz ja noch nicht, und wir werden es nach Ihrem Antrag, den Sie heute gestellt haben, erst in etwa zwei Monaten bekommen. Dann haben wir ja schon Zeit, inzwischen dieses Gesetz, das wir heute hier vorgelegt haben, zu verabschieden.
— Meine Herren, bleiben Sie sachlich! Gerade die heimatvertriebenen Abgeordneten der SPD möchte ich doch bitten, sich einmal zu überlegen, ob sie uns dasselbe unterstellen wollen, was Herr Kollege Seuffert uns unterstellt hat, nämlich daß wir dieses ganze Gesetz nur eingebracht haben, um ein Ablenkungsmanöver zu machen. Ich weise das als eine unerhörte Beleidigung der heimatvertriebenen Abgeordneten hiermit zurück.
— Das ist vollkommen zutreffend.
Der Herr Kollege Seuffert hat mehrfach von der Konkursquote gesprochen und hat angedeutet, daß wir etwa ein Prozent im Jahre geben wollten. Ich kann Ihnen, Herr Kollege Seuffert, verraten, daß wir sogar — der Antrag liegt uns heute zur Beratung in internen Besprechungen vor — verlangen, dais die Vermögensabgabe mit 4, 3 oder bei der Landwirtschaft mit 2 % pro anno verzinst wird. Sie brauchen uns nicht zu erzählen, Herr Seuffert, daß man die Entschädigung — —
— Nein, ich spreche zu Ihnen; das müssen Sie mir schon überlassen, wohin ich mich wende. Uns brauchen Sie nicht zu erzählen, daß wir die Entschädigung sozial staffeln sollen. Darüber sind wir uns ja, wie Sie aus den Unkeler Beschlüssen wissen, vollkommen einig. Wir sind uns auch darüber einig, daß wir natürlich nicht gleich alles geben können. Wir sind uns auch darüber einig, daß wir die Priorität derer anerkennen, die infolge ihres Alters oder ihrer Erwerbsunfähigkeit nicht in der Lage sind, sich selbst zu helfen, und die Priorität derer, die wieder einen neuen Anfang machen wollen und können. Wir denken auch gar nicht daran — jedenfalls wir, die wir den Antrag gestellt haben —, daß wir etwa die Soforthilfe lahmlegen würden. Wir denken auch gar nicht daran, daß dadurch die Soforthilfeämter stillgelegt werden.
Ihre ganzen Ausführungen, Herr Kollege Seuffert laufen doch darauf hinaus, daß Sie überhaupt keine Feststellungen machen wollen. Denn wenn Sie eines Tages Feststellungen machen wollen, dann müssen sie auch von irgendwelchen Behördenapparaten ausgeführt werden. Sie wissen hier nur zu erzählen, daß man Kosten zu Lasten des Staates — Papier- und Druckkosten usw. — aufwendet. Man kann etwas Notwendiges nicht unterlassen, weil es Geld kostet. Ich bin der Meinung: auch wenn absolut feststünde, daß wir den Geschädigten keinen Pfennig geben können, könnten wir ihrem Wunsch das Gehör nicht versagen, daß sie eimal schwarz auf weiß haben wollen: was haben wir verloren und was haben wir für das Vaterland geopfert?
Darin liegt die starke psychologische Wirkung.
Ich muß mich auch dagegen verwahren, daß Sie hier die Organisationen der Vertriebenen ganz allgemein angegriffen haben, indem Sie von dem „Wert" sprachen, den man etwa landsmannschaftlichen Bescheinigungen zumessen könne. Wir haben hier die sogenannten Heimatprüfstellen vorgesehen, gerade weil wir erreichen wollen, daß nicht Phantasieanmeldungen kommen. Wenn Sie den Entwurf aufmerksam gelesen haben, dann haben Sie auch gesehen, daß wir auf wissentlich falsche Angaben den Verlust des Rechtes gestellt haben. Wir haben also so weit wie möglich Vorkehrungen getroffen, um fehlerhafte Feststellungen zu verhindern.
Ich muß mich noch einmal dagegen verwahren, daß Sie hier sagen: wir können hier kein Gesetz mitmachen, das nur dazu da ist, um Funktionären der Heimatvertriebenen zu irgendwelchen Dingen zu verhelfen. Das ist eine unerhörte Unterstellung, die ich zutiefst bedauere, Herr Seuffert. Ich habe immer größten Wert darauf gelegt, in den Organisationen auch mit den Vertretern der SPD Hand in Hand zu arbeiten. Ich muß zu meinem Bedauern erklären, daß es sehr schwer sein wird, das Porzellan wieder zu kitten, das Sie heute zerschlagen haben.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluß kommen. Wir wollen also mit diesem Gesetz, mit dem es uns selbverständlich vollkommen ernst ist, das wir ja gegen den Widerstand des Herrn Finanzministers — wir sind ja in dieser Beziehung nicht seine Bundesgenossen, er wollte ja diese Schadenfeststellung nicht haben — eingereicht haben, tatsächlich den Vertriebenen helfen. Das ist der erste Gesetzentwurf, der hier überhaupt zum Thema des Lastenausgleichs vorgelegt worden ist, und es ist auch der erste Entwurf, den heimatvertriebene Abgeordnete interfraktionell eingereicht haben. Ich bedaure es sehr, da bei solcher Gelegenheit nicht ein besserer Widerhall aus dem Hause gekommen ist.
Ich schließe mich dem Antrage des Herrn Kollegen Wackerzapp auf Verweisung an den Ausschuß für Heimatvertriebene und an den Ausschuß für den Lastenausgleich an und möchte insbesondere auch an den Ausschuß für den Lastenausgleich die Bitte richten, dieses Gesetz so schnell wie möglich zu verabschieden.