Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Vorredner, daß er mit so heimatlicher Ehrlichkeit und Biederkeit seine Rede begonnen und geschlossen hat. Davon, daß das Bundesministerium der Finanzen noch den Versuch gemacht hätte, der Beantwortung der Interpellation auszuweichen, kann wirklich keine Rede sein. Ich gestehe, daß ich gestern zum ersten Mal von der Existenz dieser Interpellation erfahren habe,
und zwar dadurch, daß sie in mein Haus gekommen ist, während ich anderweitig zu tun hatte.
Ich habe mich, als ich davon erfuhr, sofort bereit erklärt, die Interpellation persönlich zu beantworten.
— Des Herrn Staatssekretärs Hartmann, weil ich außerhalb des Hauses war!
Ich möchte zunächst einmal folgendes feststellen: Ich glaube, mit dem Herrn Vorredner darin einig zu sein, daß es der lebhafteste Wunsch ist, alle die Härten, die durch die Währungsreform für die Altsparer entstanden sind, so bald wie möglich auszugleichen. Es ist richtig, daß in der seinerzeitigen Regierungserklärung der Herr Bundeskanzler das Versprechen abgegeben hat, die Frage, ob und in welchem Umfang diese Mängel beseitigt werden können, zu überprüfen. Es ist richtig, daß ich in diesem Bestreben auch in Hamburg seinerzeit diese Erklärung abgegeben habe und daß ich auch dieser Erklärung gefolgt bin.
In meinem Hause war ein Referentenentwurf über diese Frage eines Altsparergesetzes aufgestellt. Wir sind mit der Bank deutscher Länder, ohne deren Mitwirkung sich ein solches Gesetz überhaupt nicht denken und überhaupt nicht vollziehen läßt, auch ins Benehmen getreten. Wer die Presse von damals kennt, weiß ja ungefähr, wie die Verhandlungen seinerzeit gelaufen sind. Auf Grund dieser Beratungen und der dabei gemachten Erfahrungen hat das Bundesministerium der Finanzen dem Ausschuß für Geld und Kredit des Deutschen Bundestages am 22. Januar 1950 auch eine Denkschrift, die das gesamte Material enthielt, unterbreitet, eine Denkschrift, von der auch der Herr Vorredner zugab, daß sie eine gründliche und feine Arbeit gewesen sei.
Diese Denkschrift hatte den Sinn, daß auf Grund dieses Materials jedem Mitglied dieses Hauses auch die Möglichkeit gegeben sein sollte, nachzuprüfen, welche weiteren Schritte auf diesem Wege gegangen werden können und welche Schritte dieser Art etwa vorgeschlagen werden können. Positive Anregungen nach dieser Seite sind nicht erfolgt.
Ich darf zunächst einmal den Fragenkomplex, wie er in dieser Denkschrift umrissen war, noch einmal in ein paar ganz nüchterne Tatsachen und Zahlen zusammenfassen. Wenn ich eine Gesamtaufwertung von ungefähr 20 % annehme, dann würde es sich um etwa 5 Milliarden Sparanlagen handeln. Die Jahresaufwendungen an Zinsen und Verwaltungskosten würden mindestens 300 Millionen DM betragen. Diese Mittel aufzubringen, gibt es nur drei Wege. Der eine Weg ist der einer Kaufkraftschöpfung, man kann auch sagen: Geldnachreform. Der andere Weg ist der Weg der Verbindung mit dem allgemeinen Lastenausgleich, und der dritte ist der Weg, aus dem allgemeinen Bundeshaushalt Mittel zu nehmen.
Die Bundesregierung hält es bei der augenblicklichen geldpolitischen Situation nicht für vertretbar, die Entstehung von neuen Sparkonten in Höhe von rund 5 Milliarden DM im Wege einer Geldnachreform vorzusehen. Denn wenn eine solche Maßnahme für die Altsparer einen praktischen Wert haben sollte, müßte die Verfügung über diese Konten zur Schöpfung neuer Kaufkraft mindestens von einem Teilbetrag führen. Das würde nach Überzeugung der Bank deutscher Länder die Stabilität der deutschen Mark gefährden, die unter allen Umständen erhalten bleiben muß. Die Bundesregierung hat es deshalb bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht für richtig gehalten, einen solchen Gesetzentwurf vorzuschlagen.
Ich darf bemerken, daß mit der Stelle, die letzten Endes der Gesetzgeber auf diesem Gebiete heute noch ist, mit den Besatzungsmächten, Gespräche geführt wurden, das Ergebnis dieser Gespräche aber derart gewesen ist, daß es unrätlich erschien, förmliche Verhandlungen zu beginnen.
Was zweitens die Regelung des allgemeinen Lastenausgleichs betrifft, so sage ich ja dem Hohen Hause nichts Neues, wenn ich mitteile, daß der Gesetzentwurf über den allgemeinen Lastenausgleich als Referentenentwurf fertiggestellt ist und zur Zeit Gegenstand von Besprechungen der Ressorts ist. Ich hoffe, daß diese Ressortbesprechungen spätestens Mitte August ein Ende gefunden haben und der Gesetzentwurf dann den gesetzgebenden Körperschaften zugehen kann.
Die Frage der Altsparer steht mit diesem Gesetzentwurf in innigem Zusammenhang. Es wäre politisch wahrscheinlich Widerständen begegnet, wenn vor einer Lösung der Frage des allgemeinen Lastenausgleiches und vor Vorlage eines Gesetzentwurf es über dieses Thema allein die Frage der Altsparer herausgegriffen worden wäre und damit die Wirtschaftskraft, die für die Regelung des allgemeinen Lastenausgleiches in Frage kam, in gewissem Sinne vorbelastet worden wäre.
Das ist auch der Grund, warum die Bundesregierung in dieser Denkschrift den inneren Zusammenhang zwischen allgemeinem Lastenausgleich und spezieller Frage des Altsparers betont hat. Sie hat im Ausschuß für Geld und Kredit — und ich glaube, daß sie auch in allen anderen Ausschüssen das gleiche erlebt hätte — keinen Widerspruch, sondern volle Übereinstimmung gefunden.
Das ist ein zeitlicher Umstand gewesen.
Es könnte nun die dritte Frage aufgeworfen werden, ob Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden können. Ich nehme an, daß dem Hohen Hause allgemein die Denkschrift Drucksache Nr. 1000 bekannt ist. Ich brauche also weiter nichts hinzuzufügen. Ich kann hinzufügen, daß in den letzten Stunden zwei Gesetze im Kabinett verabschiedet worden sind, das Gesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes und das Bundesversorgungsgesetz, und daß diese Gesetze notwendigerweise Ansprüche an den Haushalt stellen müssen, die, wenn ich mich vorsichtig ausdrücke, die letzte Kraft des Haushalts in Anspruch nehmen. Ob in diesem Haushaltsjahr daneben noch Mittel, die für eine jährliche Verzinsung von 300 Millionen DM ausreichen würden, zur Verfügung stehen, diese Frage kann jeder selbst beantworten. Ohne Schaffung einer neuen steuerlichen Belastung und neuer Einkünfte ist das haushaltsmäßig jedenfalls nicht möglich.
Ich darf also kurz zusammenfassen: Die Frage vor dem Gesetzentwurf über den allgemeinen Lastenausgleich zu lösen, wäre sicherlich politischen Bedenken begegnet. Die Frage bei der heutigen Haushaltslage und bei der Belastung dieses Haushalts mit anderen Aufgaben aus Haushaltsmitteln zu lösen, könnte nicht verantwortet werden, wenn diese Lösung zur Folge hätte, daß die anderen Aufgaben dadurch gekürzt werden müßten. Die Frage im Wege einer Geldnachreform zu lösen, bedarf einer besonders dringlichen Überlegung und hängt von Umständen und einer Betrachtung einer Gesamtlage ab, die sich nun einmal nicht nach dem Willen des einzelnen richten. Ich möchte also sagen: Ich halte es nicht für unmöglich, daß wir noch zu einer Lösung des Problems kommen. Es mag die Möglichkeit bestehen — und die Bundesregierung wird diese Möglichkeit prüfen —, ob nicht im Zusammenhang mit großen investitionspolitischen Aufgaben der Zukunft gleichzeitig eine Lösung dieser Frage erfolgen kann, wenn sie dazu dient, im deutschen Bundesgebiet zugleich neue Werte zu schaffen. Auf diesem Wege würde jeder Kaufkraftschöpfung wenigstens ein Teil der mit ihr verbundenen Gefahren genommen werden können.
Wenn die Frage bisher nicht angeschnitten wurde, so lag es an den Gründen, die ich Ihnen genannt habe. Ich wiederhole sie noch einmal: vor dem allgemeinen Lastenausgleich politisch bedenklich, bei der Haushaltslage aus Haushaltsmitteln derzeit wohl nicht durchführbar. Eine Geldnachreform kann nur in einem günstigen Zeitpunkt, nur in Verbindung mit Investitionsaufgaben und nur in Zusammenarbeit nicht allein mit der Bundesregierung, sondern mit dem Zentralbankensystem und den Kräften, die heute noch die Währungsgesetzgebung in der Hand haben, erfolgen.