Rede von
Rudolf
Kohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich glaube, man kann nicht davon sprechen, daß die Erklärung des Herrn Vizekanzlers i n irgendeiner Form befriedigt. Sie ließ all die Fragen. die in den letzten Diskussionen hier aufgeworfen worden sind, offen. Ich glaube. daß man dazu einiges sagen muß. Die Absicht des Herrn Vizekanzlers geht dahin, die Frage des Brotpreises in seiner konkreten Forderung zu umgehen, sie offen zu lassen. Er ist scheinbar des Glaubens, daß in vier bis fünf Wochen darüber nicht mehr gesprochen wird, sondern sich die Bevölkerung an die erhöhten Preise gewöhnt haben wird. Aber der Bundestag hat in seiner Sitzung vom 14. Juli 1950 die Bundesregierung verpflichtet. die Subventionen für Brotgetreide und Phosphatdünger in der bisherigen Höhe weiter zu zahlen. Die heutige Erklärung der Bundesregierung ist eine Sabotage dieses eindeutigen und klaren Beschlusses der großen Mehrheit dieses Hohen Hauses. Die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen sind der Versuch. die Bevölkerung über die bereits eingetretene allgemeine Erhöhung der Lebensmittelpreise hinwegzutäuschen. die Verantwortung dafür von der Regierung auf die Bauern, die Bäcker und den Einzelhandel abzuwälzen und die Verbraucher gegen diese Schichten auszuspielen.
Mit Entschiedenheit weisen wir den Plan der Bundesregierung zurück, der die Schaffung einer neuen Mehltype vorsieht, um der Bevölkerung ein minderwertiges Brot aufzuzwingen. Dabei wäre es nicht uninteressant, von der Regierung zu erfahren, welche Gründe für sie entscheidend gewesen sind dafür, mit den Bäckern und den Mühlenbesitzern Verhandlungen zu führen, ohne dabei auch die von Herrn Abgeordneten Ollenhauer erwähnten Vertreter der Gewerkschaften bei der
Schaffung dieses neuen Kompromißbrotes mit heranzuziehen.
- Das ist nicht erwähnt worden.
Weiterhin wären wir der Regierung — da wir uns nicht damit einverstanden erklären können. daß die Dinge nur angetippt werden —
außerordentlich dankbar für eine klare Beantwortung der Frage, woher sie die Vollmachten nimmt, die Länder zur Zahlung dieser Subventionen zu verpflichten, die der Bundesfinanzminister nicht mehr gewähren will.
Die Fraktion der Kommunistischen Partei des Bundestages verlangt von der Bundesregierung die Durchführung des Beschlusses vom 14. Juli betreffend die Weiterzahlung der Subventionen für Brotgetreide und Phosphatdünger. Wir sind der Meinung, daß es gilt, den Kampf aufzunehmen gegen eine Politik der Bundesregierung, die die Erhöhung der Preise verursacht und vor allen Dingen ihren Ausdruck findet in der Senkung der Löhne, der Rentenbezüge und der Unterhaltsbeihilfen. Es ist schon oft davon gesprochen worden, zuletzt vom Herrn Kollegen Wönner, daß die Bundesregierung sehr schnell bereit gewesen ist, den besitzenden Kreisen anläßlich der Verabschiedung des Einkommensteuergesetzes ein Geschenk von 900 Millionen Mark zu machen. Ich glaube, man muß in diesem Zusammenhang einmal die eindeutige Frage stellen, ob die Regierung überhaupt gewillt ist, etwas zur Senkung der Preise zu unternehmen, um Preise und Löhne in Weine vernünftige Relation zu bringen. Ich verweise auf Pressemitteilungen, wonach z. B. der Preis für Hausbrandkohle um 25 Pfennig pro Zentner erhöht wird, um eine Senkung der Exportkohlenpreise zu erreichen. Wir werden diese Politik unter keinen Umständen mitmachen.
Aber wir werden auch darum besorgt sein, daß die Bundesregierung an den Protesten aus den Betrieben nicht mit irgendwelchen platonischen Erklärungen vorbeikommt.
Die Bundesregierung hat über die tatsächlich eingetretene Brotpreiserhöhung kein Wort gesagt. Der Herr Vizekanzler Blücher hat, mit oder ohne Willen, verabsäumt, dem Hohen Hause zu erklären, welche Maßnahmen die Bundesregierung durchzuführen gedenkt, um einmal ein genießbares Brot für die arbeitende Bevölkerung zu garantieren und darüber hinaus den Brotpreis auf den alten Stand zu reduzieren.
Der alte Brotpreis ist nicht mehr gültig, der neue Brotpreis ist gang und gäbe, und Sie muten der Bevölkerung zu, das vom Vizekanzler angebotene „Herzensbrot" zu essen.
Die schaffende Bevölkerung wird das nicht widerstandslos hinnehmen. Verlassen Sie sich darauf; die Proteste aus den Betrieben werden Sie eines besseren belehren!