Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, man darf sagen, daß es sich der Herr Vizekanzler mit seinen Erklärungen angelegen sein ließ, das ganze Ernährungsproblem aus dem niederen Tageskampf auf die Höhe emporzuheben, die notwendig erscheint angesichts der Entwicklung in der übrigen Welt,
— ich glaube, meine Damen und Herren, angesichts der Entwicklungen, die sich auch in der übrigen Welt abzeichnen.
Ich glaube, wir werden sehr bald Sorge bekommen nicht um einen oder zwei Pfennig Brotpreiserhöhung, sondern Sorge darum, wie wir unser Volk überhaupt satt bekommen.
Zu der Margarineabgabe ein paar Worte. Hier
sind in der Öffentlichkeit doch zum Teil Auffassungen vertreten worden, die den Eindruck
erweckten, als läge uns daran, die Margarinepreise
zu erhöhen. Kein Mensch von uns hat jemals den Gedanken vertreten, dieses Nahrungsmittel etwa im
Endverbrauch verteuern zu lassen. Was wir gewollt
haben, ist lediglich das eine: bei dem Absinken der
damaligen Rohstoffpreise für Margarine das Absinken dieser Preise auf einen solchen Stand zu verhindern, der die deutsche Milch- und Buttererzeugung praktisch zur völligen Unrentabilität verurteilt
hätte. Wir glauben, daß wir es im Interesse der Gesamternährung unseres Volkes nicht hätten verantworten können, die Preise für Milch und Milchfette
auf einen Stand herunterdrücken zu lassen, der —
das dürfen wir einmal ruhig sagen - bei der sich in
der übrigen Welt entwickelnden Lage für die deutsche Fettversorgung schlechthin gefährlich werden konnte.
— Nein, wir haben nie etwas anderes gesagt, Herr Kollege. Wir haben uns immer auf den Standpunkt gestellt, daß wir nur an variablen Abgaben für Margarine interessiert seien, variabel dergestalt, daß der Endpreis für Margarine unter keinen Umständen erhöht würde.
Dankbar begrüßen wir die Erklärung des Herrn Vizekanzlers, daß sich die Bundesregierung bereiterklärt hat, die Preise für Phosphatdüngemittel unter allen Umständen auf dem bisherigen Preisniveau zu halten. Denn es wäre einfach unverantwortlich für die deutsche Gesamternährung, wenn wir für diesen Mangeldünger Preiserhöhungen von rund 90 bis 100 % hätten hinnehmen müssen. Das hätte zur Folge gehabt, daß die deutsche Landwirtschaft von diesem Dünger in Zukunft praktisch kaum noch hätte Gebrauch machen können. Die weitere Folge wäre gewesen, weil ja auch hier das Gesetz des Minimums im Boden entscheidend ist, daß die deutsche Getreideernte in einem Maße zurückgegangen wäre, das unverantwortlich ist. Ich darf aber die Regierung bitten, hier schnell zu handeln; denn hier ist keine Zeit mehr zu verlieren. Wenn nicht in Kürze Klarheit auf diesem Gebiet geschaffen wird, dann besteht die Gefahr, daß Phosphorsäuredünger nicht in dem Maß angewendet wird, wie es vonnöten ist.
Nun das Getreidegesetz als solches! Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß die FDP eigentlich eine etwas andere Auffassung in puncto Preisgestaltung für deutsches Getreide hatte.
Wir waren der Meinung, daß wir uns hier in guter Gesellschaft, nämlich der der Gewerkschaften befanden und daß ein Preisgefüge mit Mindest- und Höchstpreisen der heutigen deutschen Wirtschaftspolitik viel nähergekommen wäre. Wir haben uns aber im Hinblick darauf, daß sich die Weltsituation zugespitzt hat, und selbstverständlich im Hinblick darauf, daß wir alles zu tun haben, um unserem Volk das tägliche Brot zu sichern, entschlossen, dem Festpreissystem zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Wir sind recht betrübt gewesen, als wir hörten, daß nun angeblich die Hohen Kommissare nicht bereit waren, den Festpreis zu akzeptieren. Ich glaube, das sind doch wohl Äußerungen aus der unteren Etage des Petersbergs. Ich kann mir einfach nicht denken, daß die Hohen Kommissare, die doch Demokraten sind,
einen Beschluß, der hier gefaßt wird, etwa abändern würden.
Denn Sinn und Wesen der Demokratie ist es doch wohl — das darf man ruhig feststellen —,
anderen nicht etwas zuzumuten, was man selber zu tun nicht bereit ist.
Es dürfte in diesem Hause doch klar sein, daß man in Amerika seit Jahren nicht nur Festpreise, nein, sondern garantierte Mindestpreise für die agrarischen Erzeugnisse hat. Ich darf deshalb die Regierung bitten, mit allem Ernst den Petersberg darauf hinzuweisen, daß jedenfalls die Mehrheit dieses Hauses nicht bereit ist, von den Höchstpreisen
ohne Mindestpreise Gebrauch zu machen. Denn was bedeuten Höchstpreise ohne Mindestpreise? Wir haben das einmal im Wirtschaftsrat bei den Kartoffeln erlebt. Sie würden praktisch bedeuten, daß unsere bäuerliche Bevölkerung bei der vor der Tür stehenden Roggenernte — und sie muß verkaufen, denn sie hat Geld nötig, und wir haben ja Gewerbefreiheit; ich will damit kein Wort gegen Handel oder Genossenschaften sagen — gewissen Kreisen ausgeliefert werden könnte. Das muß unter allen Umständen verhindert werden.
Wir sind uns wohl im ganzen Hause darüber einig, daß der Preis für das Brotgetreide praktisch den Lohn für körperliche Arbeit unserer bäuerlichen Bevölkerung darstellt. Ich glaube nicht, daß man die Preise, die die Regierung hier vorschlägt, in irgendeiner Form als zu hoch bezeichnen kann. Ich darf bei dieser Gelegenheit aber auch daran erinnern — und das sollten wir einmal ganz offen zum Ausdruck bringen —, daß das deutsche Landvolk Jahre hindurch sein Brotgetreide zu Preisen abgeliefert hat, die weit unter den Weltmarktpreisen, teilweise bloß bei der Hälfte derselben lagen.
Das muß um der Wahrheit willen festgestellt werden. Das Hohe Haus sollte sich entschließen, unserem Antrag, der dem Präsidium dergestalt vorliegt, daß die sogenannten Höchstpreise wieder in Festpreise umgewandelt werden, zuzustimmen.
Ein Wort noch zu den Futtergetreidepreisen. Meine Damen und Herren! Wenn in der Anlage zur Regierungsvorlage von einem Futtergetreidepreis von 260 DM gesprochen wird, so befürchte ich allen Ernstes, daß dieses Futtergetreide dann frei Hof des Bauern einen Preis erreichen wird, der über dem des deutschen Roggens liegt.
Die Regierung sollte sich sehr ernst überlegen, ob sie diesen Weg zu gehen bereit ist; denn er bedeutet praktisch, daß die Gefahr riesengroß wird, daß das deutsche Brotgetreide
— ich bin bald so weit — in die Futtertröge wandert. Das, glaube ich, kann man nicht verantworten.
Ich darf Sie also im Namen meiner Fraktion bitten, diesem Gesetz über Getreide Ihre Zustimmung zu geben, damit wir draußen auf dem Lande bei der erzeugenden Bevölkerung endlich wieder das Maß von Sicherheit bekommen, das notwendig ist, um in Zukunft die Produktion nicht nach unten, sondern nach oben zu reißen.