Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bestreikung der argentinischen Dampfer erfolgt auf Grund eines Beschlusses der „TransportarbeiterInternationale". Der Grund für diesen Beschluß der Internationale ist der Zustand, daß in Argentinien einige von den führenden Gewerkschaftlern der dortigen Transportarbeiter inhaftiert sind. Die Gründe, die dazu geführt haben, können wir natürlich von uns aus nicht beurteilen.
Als wir im Arbeitsministerium am vergangenen Samstag über die Vorgänge in Hamburg informiert wurden, haben wir uns sofort mit der Leitung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Verbindung gesetzt, um von dort die Grundlagen für die Vorkommnisse zu erhalten. Die Leitung des Deutschen Gewerkschaftsbundes war leider dazu nicht in der Lage und mußte uns erklären, daß für die Erledigung derartiger Angelegenheiten nur die zuständige Industriegewerkschaft in Frage kommt; das ist der Verband der öffentlichen Betriebe, Verwaltung und Verkehr. Wir haben daraufhin sofort versucht, uns mit Herrn Kummernuß, dem Vorsitzenden dieser Industriegewerkschaft, in Verbindung zu setzen. Das ist uns leider nicht gelungen.
Nach dem Grundgesetz haben wir von der Bundesregierung keine Möglichkeit, in derartige Vorkommnisse einzugreifen.
Wenn es eine Stelle gibt, die hier eingreifen kann, dann ist es der Senat der Stadt Hamburg. Wir haben uns deshalb auch mit dem zuständigen Senator in Verbindung gesetzt, der uns erklärt hat, er sehe keine Möglichkeit für ein Eingreifen, weil kein Notstand festzustellen sei und deshalb auch keine gesetzliche Grundlage für einen staatlichen Eingriff gegeben sei. Das ist die Situation, vor der wir stehen.
Ich muß deshalb die direkt gestellten Fragen wie folgt beantworten.
Sie fragen die Bundesregierung, was in der Zwischenzeit geschehen ist. — Das habe ich Ihnen eben gesagt.
Weiter wird gefragt:
Warum war der Herr Bundesarbeitsminister am 19. Juli 1950 vormittags über diesen wichtigen Vorfall noch nicht unterrichtet?
Dazu ist zu sagen, daß ich erst am 19. von einer Dienstreise zurückgekehrt bin und erst nachmittags in meinem Ministerium über die bereits von meinem Staatssekretär eingeleiteten Schritte unterrichtet wurde.
Dann wird gefragt:
Ist dich die Bundesregierung klar darüber, daß der Befehl der deutschen Gewerkschaften eine schwere Schädigung der notleidenden deutschen Häfen und ihrer Arbeitnehmer bedeutet?
Sie dürfen sich klar darüber sein, daß man in der
Bundesregierung sehr wohl weiß, was derartige
Streiks für die deutsche Volkswirtschaft zu bedeuten haben.
Viertens wird gefragt:
Ist sich die Bundesregierung bewußt, daß durch diesen Boykott argentinischer Staatsdampfer eine schwere Schädigung des Außenhandels eintritt und eine Gefährdung des bisher nur paraphierten deutsch-argentinischen Handelsvertrages zu befürchten ist?
Meine Damen und Herren, dazu kann ich eigentlich nur folgendes sagen. Das Recht zum Streik steht den Arbeitern in allen Ländern, die dem Genfer Arbeitsamt angeschlossen sind, als ein gesetzliches Recht zu. Wenn davon Gebrauch gemacht wird, so kann meines Erachtens ein Staat nur dann eingreifen, wenn die Lebensgrundlagen der betreffenden Bevölkerung gefährdet sind. Eine derartige Gefährdung kann die Bundesregierung in den Hamburger Vorkommnissen nicht sehen.
Die fünfte Frage lautet:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um
a) den Streik sofort abzubrechen?
Dazu hat die Bundesregierung keinerlei gesetzliche Grundlage und keine Möglichkeit.
b) in Zukunft derartige einseitige Maßnahmen zum Schaden des deutschen Ansehens zu verhindern?
Auch hier handelt es sich meines Erachtens nur darum, durch eine gute Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebern und Bundesregierung die Grundlagen dafür zu schaffen, daß keine Unterbrechungen unseres wirtschaftlichen Lebens eintreten. Eine gesetzliche Handhabe, hier vorher einzugreifen, ist uns nicht gegeben.