Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache Nr. 884 der Abgeordneten Goetzendorff und Genossen betreffend Gablonzer Waren, die dem Hohen Hause unter Punkt 6 der heutigen Tagesordnung zur Beratung vorliegt, wurde seinerzeit dem Ausschuß für Außenhandelsfragen überwiesen. Als im Ausschuß die Beratung dieses Antrags anstand, kam es nach dem Vortrag des Herrn Vorsitzenden nicht zur Beschlußfassung, weil die Herren Abgeordneten, die den Antrag eingebracht hatten, nicht zur Teilnahme an der Beratung aufgefordert waren. Das Thema wurde dann auf die Tagesordnung der 15. Ausschußsitzung am 15. Juli 1950 gesetzt mit der Maßgabe, die Antragsteller zur Begründung ihres Antrags einzuladen. Auf Grund der Einladung ist weder der Antragsteller noch ein Vertreter zur Begründung des Antrags erschienen.
Und nun, meine Damen und Herren, zur sachlichen Seite der Drucksache Nr. 884. Die Gablonzer Industrie befaßt sich insbesondere mit der Herstellung folgender Erzeugnisse: erstens Bijouterie) waren: Broschen, Schließen, Anhänger, Ringe, Ohrringe, Hutschmuck, Metallknöpfe, Kolliers; zweitens Glaskurzwaren: Knöpfe, Steine, Perlen aller Art, Armreifen, Serviettenringe, Glastiere, Glasspielwaren, Glasschreibfedern, Devotionalien — hier insbesondere Rosenkränze —, Christbaumschmuck, Linsen, Glaskugeln, Rückstrahler usw.; drittens Hohlglasveredlung: Vasen, Schalen, Teller, Dosen, Salzfässer, Löffel, Gabeln; viertens Lüsterbehangartikel.
Die Erzeugnisse der soeben angeführten vier Gruppen sind in dreizehn Zollpositionen unter den statistischen Nummern 738 b, c und d, 739 c, d, e, 758 a, b, 759, 763 und 763 d, 878 b, 883, 884 a, b, 885 a, b, 887 a, b, 919 und 946 b aufgeführt. Es muß also bei liberalisierten Handelsverträgen die Initiative allein der Wirtschaft überlassen bleiben.
Der Antrag Drucksache Nr. 884 ist sachlich falsch. Die Gablonzer Waren sind Schmuckwaren und gehören nach der Terminologie des Brüsseler Zolltarifschemas von 1949, das als Grundlage für alle in letzter Zeit abgeschlossenen und zukünftigen Handelsverträge dient, zum unechten Schmuck. Der unechte Schmuck ist ebenso wie z. B. Goldschmuck, Silberschmuck, Markasit- und Similischmuck ein Unterbegriff des Oberbegriffs Schmuckwaren. Alle Handelsverträge, in denen Schmuckwaren als deutsche Lieferung angeführt sind, umfassen daher ohne weiteres auch Waren Gablonzer Art.
Eine gesonderte Aufführung in den Handelsverträgen müßte zwangsläufig zur Folge haben, daß andere Industrien mit Recht für ihren Industriezweig gleiche und ähnliche Anträge stellen würden und verlangen könnten, z. B. Pforzheimer Waren, Gmünder Waren, Idar-Obersteiner Waren, Hanauer
Waren usw. in Handelsverträgen ausdrücklich zu benennen und sie quotenmäßig zu beteiligen.
Es soll und darf aber nicht verkannt werden, daß die Gablonzer Industrie, die für unsere heutigen Begriffe eine Industrie der Heimatvertriebenen ist, gegenüber alteingesessenen Industrien auf völlig veränderter Grundlage steht und ihr darum mit allen zu Gebote stehenden Mitteln geholfen werden muß.
Diesem Umstand Rechnung tragend, faßte der Ausschuß für Außenhandelsfragen den einstimmigen Beschluß, der dem Hohen Hause in dem Ausschußantrag Drucksache Nr. 117 vorliegt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, bei allen Außenhandelsverträgen den Absatz Gablonzer Waren zu fördern.
Im Namen des Ausschusses bitte ich das Hohe Haus, diesem Antrag auf Drucksache Nr. 1117 die Zustimmung zu erteilen.