Rede von
Dr.
Erich
Köhler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, wird das Wort weiter gewünscht? — Ich stelle ausdrücklich fest: das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache über Drucksache Nr. 1081 und erkläre damit die Interpellation als erledigt.
Wir kommen zu Punkt 3a und b der Tagesordnung:
3a) Beratung der Interpellation der Abgeordten Meyer , Dr. Bärsch, Blachstein, Bromme, Cramer, Kalbitzer, Frau Krahnstöver, Meitmann, Mertins, Lohmüller, Peters, Pohle, Stech, Steinhörster, Wehner und Fraktion der SPD betreffend Finanzierung des Baues von Hochseeschiffen (Nr. 952 der Drucksachen);
b) Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, diese beiden Punkte gemeinsam zu behandeln, und zwar mit der Maßgabe, daß die Redezeit für die Herren Interpellanten auf 10 Minuten festgesetzt wird, für die Beantwortung durch die Regierung auf 10 Minuten, für die Einbringung des Gesetzentwurfs Drucksache Nr. 1018 auf 10 Minuten, und daß 60 Minuten für die Gesamtredezeit in Aussicht genommen werden. Ich habe zunächst Ihr Einverständnis einzuholen für die Festsetzung von 10 Minuten zur Begründung durch die Herren Antragsteller und von 60 Minuten als Gesamtredezeit. — Ich darf Ihr Einverständnis feststellen, und darf zugleich an den Herrn Bundesverkehrsminister appellieren, sich bei der Beantwortung der Interpellation und ebenso bei der Einbringung des Gesetzentwurfes mit je 10 Minuten zu begnügen.
Wer von den Herren Interpellanten wünscht das Wort zur Begründung? — Herr Abgeordneter Meyer .
Meyer (SPD), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, auch namens meiner Freunde, daß diese Interpellation erst heute, nachdem seit ihrer Einbringung wiederum zwei Monate verstrichen sind, zur Verhandlung gestellt wird. Die Interpellation enthält schon in Frage 1 einen Termin, den 31. Mai 1950, bis zu dem wir zu wissen wünschten, ob die für die Finanzierung des Neubaus von Hochseeschiffen, im wesentlichen also des Neubaus von Schiffen, die eine Wasserverdrängung von mehr als 2700 BRT haben, notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, und zwar durch Aktionen des Bundes; denn daß die beteiligten Länder zum Anlaufen dieses Neubauprogramms aus eigener Initiative bereits Mittel
zur Verfügung gestellt bzw. für deren Aufbringung sich verbürgt haben, war uns hinreichend bekannt. Wir meinen aber, daß der Neubau der deutschen Handelsflotte eine Angelegenheit ist, die wir nicht nur den Beteiligten überlassen können, also den bei den interessierten Ländern domizilierenden Werften bzw. Reedereien, sondern eine Angelegenheit, die von wesentlicher Bedeutung für die gesamte deutsche Wirtschaft ist. Aus diesem Grunde bedauern wir außerordentlich, daß die Interpellation erst heute behandelt werden kann.
Ebenso aber bedauern wir, daß auch das Gesetz betreffend den Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte nicht früher zur Verhandlung gekommen ist. Bereits am 21. März hat der Herr Bundesverkehrsminister uns in seiner schriftlichen Antwort auf unsere Anfrage Drucksache Nr. 662 mitgeteilt, daß der Gesetzentwurf vorliege und dem Kabinett zur Beschlußfassung zugehen werde. Seitdem sind wiederum drei Monate verflossen. Das Parlament wird also, wenn nicht durch die Parlamentsferien noch eine weitere Verzögerung eintritt, wieder in die „angenehme" Lage versetzt sein, nunmehr mit Blitzesschnelle zu arbeiten, damit dieser Gesetzentwurf noch vor Beginn der Parlamentsferien verabschiedet werden kann. Wir erachten es für dringlich geboten, die deutsche Öffentlichkeit, insonderheit auch die als Auftraggeber am Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte wesentlich beteiligten Reedereien wissen zu lassen, wie die Länder mit Rücksicht auf die von ihnen im wesentlich vorfinanzierten und bereits jetzt in Auftrag gegebenen Schiffsbauten entlastet werden.
Wir erachten es im übrigen aber für ebenso dringlich, daß Klarheit darüber geschaffen wird, welche Denkvorstellungen die Bundesregierung darüber hat, woher die übrigen 150 Millionen beschafft werden sollen, von denen sie selbst bei ihren Presseveröffentlichungen im März und April wiederholt gesprochen hat. Diese Veröffentlichungen wurden mit dem Bemerken herausgegeben, daß die deutsche Öffentlichkeit sich nicht zu beunruhigen brauche, nachdem die Hergabe von der ECA abgelehnt war; dieses Programm von 250 Millionen DM werde durchgeführt und könne durchgeführt werden.
Besprechungen, die wir vom Verkehrsausschuß aus letzthin in Hamburg hatten, haben, soweit es sich dabei um Reedereivertreter handelte, Klarheit darüber geschaffen, daß es ohne Hilfestellung des Bundes kaum möglich sein wird, 150 Millionen DM am offenen Kapitalmarkt angeliehen zu bekommen. Wir erwarten also, daß über diesen Punkt Klarheit geschaffen wird; denn die Durchführung des Gesamtprogramms auch in diesem zunächst nur verhältnismäßig bescheidenen Umfang, dieses Programms für den Neubau von Hochseeschiffen, hängt wesentlich davon ab, daß insgesamt 250 Millionen DM für die Finanzierung zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, ich brauche zur Begründung unserer Interpellation nicht auf die Einzelheiten einzugehen; sie werden aus unseren Fragen klar. Die allgemeine volkswirtschaftliche Bedeutung des Wiederaufbaues einer Handelsflotte ist jedem Mitglied dieses Hohen Hauses, nehme ich an, hinlänglich bekannt. Aber auch im Hinblick auf die europäische Wirtschaftssituation erscheint es dringlich, nicht nur einen Anfang zu machen. Wir müssen vielmehr in der Planung des Wiederaufbaues unserer Handelsflotte darüber hinaus auch an die Fortsetzung denken, die im nächsten Jahre nötig ist. Nach uns gewordenen, allerdings nicht sehr einheitlichen Auskünften der beteiligten Vertreter sind die deutschen Werften jetzt zu etwa zwei Dritteln ihrer Kapazität beschäftigt. Wenn die deutschen Werften also ihre Arbeitsplatzkapazität auch über den Oktober dieses Jahres hinaus ausnutzen wollen und sollen, dann müssen sie notwendigerweise schon ab Oktober mit der Vorbereitung des Programms für das Jahr 1951/52 beginnen. Nachdem die Vorbereitung der jetzt in Aussicht gestellten Maßnahmen für 1950 bereits so lange Zeit erfordert hat, fürchten wir, daß wir bei der Vorbereitung künftiger Programme unter gleiche Zeitschwierigkeiten geraten werden.
Wir möchten deshalb in Verbindung mit unserer Interpellation die zusätzliche Frage an den Herrn Bundesverkehrsminister richten, wieweit die Vorbereitung oder die Weiterführung des Schiffsbauprogramms nach dem Jahre 1950 vorgesehen ist. Wenn wir richtig unterrichtet sind, befinden sich im ordentlichen Haushalt des Haushalts des Herrn Bundesverkehrsministers — der Haushaltsplan steckt noch im Entwurf — für die Finanzierung des 100 Millionen-DM-Programms 60 Millionen DM. Weitere 70 Millionen DM sollten aus ERP-Mitteln gewonnen werden. Nach den Mitteilungen, die der Herr Bundesverkehrsminister bei der Beantwortung unserer Anfrage Nr. 59 gegeben hat, müssen wir aber damit rechnen, daß von diesen 70 Millionen etwa 40 Millionen noch für die Finanzierung des Überhanges aus dem Jahre 1949/50 — Schiffe bis 2700 BRT — verwendet werden, so daß dann nur 25 Millionen DM verfügbar bleiben. Wenn diese 25 Millionen dann für die Finanzierung des Programms der sogenannten Flüchtlingsländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein verbraucht werden, stehen von den 100 Millionen dann in der Tat nur 60 Millionen zur Verfügung. Wir würden es begrüßen, wenn der Herr Bundesverkehrsminister uns
darüber recht eindeutigen Aufschluß geben könnte. Wir erachten es für dringend geboten, daß die Öffentlichkeit, die beteiligte Werftindustrie und der deutsche Schiffsbau endlich klaren Aufschluß darüber haben, wie sie im Interesse der deutschen Wirtschaft disponieren können.