Rede von
Ernst August
Farke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Partei hat gegenüber dem Entwurf des Gesetzes über den Vertrieb jugendgefährdender Schriften schwerwiegende Bedenken, da durch dieses Gesetz das Grundrecht der freien Meinungsäußerung, der Pressefreiheit, sowie die Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen eingeschränkt wird. Für das Verbot pornographischer und unzüchtiger Schriften reichen nach unserer Ansicht die strafgesetzlichen Bestimmungen aus. Der Vertrieb von unsittlichen Druckerzeugnissen kann bei Kiosken und den Bahnhofsbuchhandlungen auf dem Verordnungswege eingeschränkt oder ganz unterbunden werden.
Über den Begriff „jugendgefährdend" gehen die Meinungen sehr weit auseinander. In einer Begriffsfestlegung durch eine staatliche Behörde, auch wenn sie von 1926 bis 1935 zufriedenstellend gearbeitet haben soll, sehen wir keine Lösung des Problems, sondern eine Gefahr. Wir glauben auch nicht, daß die Gefährdung der Jugend in unserer heutigen Lage durch zweifelhafte Druckerzeugnisse allein hervorgerufen wird, da die Jugend kaum Mittel hat, sich solche Druckschriften zu kaufen. Sie würde sie sich aber besorgen, wenn ein staatliches Verbot sie auf diese Druckerzeugnisse erst aufmerksam machen würde.
Wenn man von einer sittlichen Gefährdung der Jugend spricht, so kann man sie nach unserer Ansicht nur im Zusammenhang mit den unerträglichen Wohnraumverhältnissen in den Flüchtlingsländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern sehen,
und es wäre für das Land Rheinland-Pfalz ruhmvoller gewesen, statt eines Gesetzes gegen jugendgefährdende Schriften eine umfassende Aufnahmebereitschaft für Flüchtlinge nachweisen zu können.
Wir könnten uns nur damit einverstanden erklären, daß ähnlich wie bei der Filmselbstkontrolle ein Selbstkontrollorgan für die Feststellung jugendgefährdender Schriften mit der Verlegerschaft und dem Buch- und Zeitschriftenhandel geschaffen wird und eine Gesetzesregelung nur auf dieses Kontrollorgan Bezug nimmt. Wenn sich bisher kein Selbstkontrollorgan gebildet hat, so ist damit noch nicht gesagt, daß es nicht noch entstehen kann. Wir hoffen, daß bei den Ausschußberatungen noch ausführlich zu dem einzelnen Stellung genommen werden kann, und hoffen auch, daß wir da zu irgendeiner vernünftigen und wünschenswerten Lösung kommen werden, wünschenswert in dem Sinne, wie ich es eben angedeutet habe.
Meine Fraktion ist dafür, daß federführend der Ausschuß für Jugendfürsorge mit dem Gesetz befaßt wird und daß zu gleicher Zeit die Vorlage dem Rechtsausschuß überwiesen wird.