Rede:
ID0107302100

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    Deutscher Bundestag. - 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Juli 1950 2625 73 Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen 2626D Zustimmung des Bundesrats zu den Enta würfen eines Gesetzes über Reichsmarkverbindlichkeiten zwischen Gebietskörperschaften 2627A Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung des Lohnstops . 2627A Gesetzes über eine vorübergehende Erweiterung der Geschäfte der Hypotheken- und Schiffspfandbriefbanken . 2627A Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes 2627A Gesetzes über die Erhebung von Abgaben auf dem Gebiet der Ernährungswirtschaft 2627A Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter . 2627A Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Europarat 2627A Gesetzes zur Erleichterung der Annahme an Kindes Statt 2627A Volkszählungsgesetzes 2627A Zustimmung des Bundesrats zu den Abänderungsvorschlägen des Vermittlungsausschusses zum Gesetz über die Notaufnahme von Deut- schen in das Bundesgebiet 2627A Gesetz zur Änderung des Soforthilfegesetzes 2627A Bericht des Bundeskanzlers über die Förderung der bildenden Kunst (Drucksachen Nr. 337 und 1085) 2627B Anfrage Nr. 75 der Abg. Strauß, Spies und Gen. betr. Fortführung der Schulspeisung (Drucksachen Nr. 910 und 1095) 2627B Anfrage Nr. 84 der Fraktion der SPD. betr Auswirkung der Leistungssteigerungen des Sozialversicherungsgesetzes (Drucksachen Nr. 1026 und 1115) 2627B Anfrage Nr. 85 der Abg. Dr. Baade u. Gen betr. Steigerung des Kunstdüngerververbrauchs (Drucksachen Nr. 1028 und 1116) 2627B Anfrage Nr. 86 der Fraktion der FDP betr. Marinepersonal-Dokumentenzentrale (Drucksachen Nr. 1031 und 1104) 2627B Anfrage Nr. 88 der Abg. Dr. Horlacher und Gen. betr. Bekämpfung des Kartoffelkäfers (Drucksachen Nr. 1055 und 1130) . 2627B Redaktionelle Änderung zum Beschluß über den Entwurf eines Gesetzes über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet (Drucksache Nr. 1074) 2627C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Bundesbahngesetz (Nr. 861 der Drucksachen) 2621C Jahn (SPD), Interpellant 2627D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 2628D Rümmele (CDU) 2629B Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Art. 33 des Grundgesetzes (Nr. 863 der Drucksachen) 2629D Dr. Arndt (SPD), Interpellant . . . 2629D Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 2634B Pannenbecker (Z) 2635B Dr. Dresbach (CDU) 2636A Dr. Seelos (BP) 2637D Gundelach (KPD) 2638B Dr. Mühlenfeld (DP) 2639A von Thadden (DRP) . . . . . 2640D Zinn (SPD) 2641C Storch, Bundesminister für Arbeit . . 2643A Dr. Schalfejew, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft (persönliche Bemerkung) 2643B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Überleitung der Besatzungslasten, sonstigen Kriegsfolgelasten und von Steuern und Monopolerträgen auf den Bund — Überleitungsgesetz — (Nr. 1064 der Drucksachen) 2643C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2643C Dr. Hoffmann, Finanz- und Wiederaufbauminister des Landes Rheinland-Pfalz 2645D Ewers (DP) 2648C Lausen (SPD) 2649D Dr. Besold (BP) 2650D Dr. Wuermeling (CDU) 2651C Fisch (KPD) 2653A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP): zur Sache 2653D zur Abstimmung 2654D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Vorläufige Handelsabkommen vom 4. März 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Pakistan (Nr 1086 der Drucksachen) 2655A Bromme (SPD) 2655A Kohl (Stuttgart) (KPD) 2655D Kuhlemann (DP) 2656C Dr. Horlacher (CSU) 2656C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Nr. 913 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 1053 der Drucksachen) 2657A Birkelbach (SPD), Berichterstatter . . 2657B Zweite und dritte Beratung des von der 1 Fraktion der SPD (Nr. 327 der Drucksachen) und von den Fraktionen der CDU/ CSU, FDP und DP beantragten Entwurfs eines Richterwahlgesetzes (Nr. 955 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1088 der Drucksachen) 2657D Zur Geschäftsordnung: Pelster (CDU) 2657D Zinn (SPD) 2658A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Aufhebung der Einreisebeschränkungen für deutsche Staatsbürger in das Saargebiet (Nr. 353, 842 und 1079 der Drucksachen) 2658C Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 2658C Niebergall (KPD) 2659B Roth (SPD) 2659C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Sitz der oberen Bundesbehörden (Nr. 1069 der Drucksachen) 2660D Maier (Freiburg) (SPD), Antragsteller 2660D Blücher, Vizekanzler 2662A Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1128 der Drucksachen) . 2662D Nächste Sitzung 2662D Die Sitzung wird um 14 Uhr 39 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Gustav Gundelach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Die Antwort der Regierung auf die Interpellation der SPD-Fraktion kann unsere Fraktion und sicher auch die der Sozialdemokratie in keiner Weise befriedigen. Es ist ganz offensichtlich, daß die Personalpolitik der Adenauer-Regierung im Gegensatz zum Grundgesetz steht. Dafür sind überzeugende Tatsachen bei der Begründung der genannten Interpellation hier angeführt worden. Wir Kommunisten sind allerdings über eine derartige Personalpolitik der Regierung nicht verwundert. Denn die Adenauer-Regierung baut sich selbstverständlich einen Beamtenapparat auf, mit dem sie in der Lage zu sein glaubt, ihre gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichtete Politik durchzusetzen. Es wird hier in Westdeutschland eine Personalpolitik gerechtfertigt, die nicht den Forderungen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere nicht den Forderungen der organisierten Arbeiterschaft, entspricht. Aber die Adenauer-Regierung kümmert sich nicht im geringsten um die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung, sondern sie handelt ganz eindeutig im Interesse jener kleinen Oberschicht der Konzernherren hier in Westdeutschland, die in Wirtschaft und Politik wieder restlos tonangebend sind. Dementsprechend ist eben die Personalpolitik der Adenauer-Regierung, wofür bereits eine ganze Reihe von Tatsachen von dieser Stelle aus angeführt worden ist. Wir Kommunisten sind nicht der Meinung, daß die Besprechung einzelner Fälle am besten zwischen einzelnen Ministerien oder Ministern erfolgt oder in Ausschüsse hineingehört. Wir sind der Meinung, daß solche Dinge hier, wo die Vertreter des Volkes sitzen, aufgezeigt werden müssen.
    Es ist mir allerdings bei den acht Minuten Redezeit nicht möglich, die ganze Fülle von Tatsachen dafür aufzuzeigen, in welch einem Umfang ehemalige sehr führende Nationalsozialisten heute bereits wieder in verantwortlichen staatlichen Positionen sitzen. Hier ist schon früher einmal — ich erinnere erneut an den Fall — der Name des Herrn Dr. Herbert Blankenhorn genannt worden, des Ministerialdirigenten und Leiters der Verbindungsstelle zum Petersberg. Dieser Herr war Mitglied der NSDAP und während der Naziherrschaft Angehöriger des Auswärtigen Amtes, während des Krieges in der Botschaft Hitlers in Bern. In dem Verbindungsbüro zum Petersberg sitzen neben Dr. Blankenhorn noch drei weitere ehemalige Pgs, ein Herr Dittmann, zu Hitlers Zeit Generalkonsul, ein Herr Mohr, Legationsrat, und ein Herr von Marchthaler, Legationssekretär. Im Organisationsbüro sitzen die ehemaligen Pgs Dr. Melchers, von Keller, von Grundherr, alles Herren, die zur Nazizeit im auswärtigen Dienst gewesen sind.

    (Abg. Kiesinger: Herr von Grundherr ist nie Pg gewesen!)

    — Es kommt nicht einmal darauf an, daß sie immer ausgesprochene Mitglieder der NSDAP gewesen sind. Es kommt auf ihre Eigenschaft und ihre Verantwortung während der Nazizeit an.

    (Sehr richtig bei der KPD.)

    Im Marshallplan-Ministerium befindet sich als Pressereferent ein Herr Gustav Adolf Sonnenhohl, ebenfalls Mitglied der NSDAP seit dem Jahre 1931 und SS-Untersturmführer seit dem Jahre 1933.

    (Hört! Hört! links.)

    Der Chefdolmetscher Hitlers, Herr Paul Otto Schmidt, sitzt heute bereits als Hauptdolmetscher in der Internationalen Ruhrbehörde.

    (Hört! Hört! links.)

    Im Wirtschaftsministerium sitzt das ehemalige Mitglied der NSDAP Dr. Schalfejew. Dieser Herr war nach dem Führer-Lexikon Leiter der Wirtschaftspolitischen Abteilung im Nazi-Wirtschaftsministerium.
    Meine Damen und Herren, das sind nur einige wenige Fälle. Die Liste, die uns zur Verfügung steht, ist außerordentlich lang. Ich habe leider nicht die Zeit. in den wenigen Minuten Redezeit, die uns nur zur Verfügung stehen, diese weiteren Tatsachen anzuführen. Aber schon diese wenigen Fälle deuten an, wie jene kleine Oberschicht unseres Volkes, jene Leute in Westdeutschland, die gemeinsam mit der Hohen Kommission die Situation beherrschen, es verstanden haben, alle wichtigen Positionen im Staatsapparat mit ihren Vertrauensleuten zu besetzen.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Wir Kommunisten lenken auch von dieser Stelle aus die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diese Tatsache und fordern insbesondere die Arbeiterklasse auf, gemeinsam mit allen Deutschen, die für Freiheit und Fortschritt sind, den Kampf zu führen gegen eine Regierung. deren Politik sich gegen die Interessen der Werktätigen richtet, wie das auch auf dem Gebiet der Personalpolitik zum Ausdruck kommt.



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Mühlenfeld. 8 Minuten!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Mühlenfeld


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich diese Interpellation der Fraktion der SPD in ihrer Systematik ansieht und die Ausführungen des Herrn Kollegen Arndt als Begründung zu dieser Interpellation mit angehört hat, muß man sich doch fragen: Was ist . denn eigentlich gewollt? Wir haben den Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers entnommen, daß es gerade die dauernden Anzapfungen und Verdächtigungen der SPD gewesen sind, die letzten Endes die Bundesregierung veranlaßt haben, Nachforschungen darüber anzustellen, wie es mit der konfessionellen Zusammensetzung der Beamten und Angestellten der Ministerialbürokratie aussieht. Wenn dann aber die Regierung das, wozu sie gezwungen ist, unter Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte und Freiheiten tut, dann kommen die Herren Interpellanten von der SPD und fragen die Bundesregierung: Wie kommst du dazu, so etwas zu tun? Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, eine derartige Haltung muß man als reichlich pharisäisch bezeichnen.
    Mit dieser Anfrage setzt nun die SPD das gleiche Manöver fort. Sie verlangt von der Bundesregierung eine nachträgliche Durchleuchtung der in Frage stehenden Bundesbediensteten auf Korporationszugehörigkeit und auf NSDAP-Zugehörigkeit. Worauf läuft das hinaus? Im ersteren Falle auf gesellschaftliche Achtung und im letzteren Falle auf eine neue Entnazifizierung. Daß beides gegen den Grundsatz des Art. 33 des Grundgesetzes verstößt, dürfte doch wohl keine Frage sein. Es würde mich nicht wundern, wenn eines schönen Tages auf Initiative der Interpellanten von den Beamten auch Angaben darüber verlangt würden, welchen Parteien sie angehören. Ich möchte dann einmal sehen, was die SPD-Fraktion dazu sagen würde, wenn man derartige Untersuchungen anstellen wollte. Höchstwahrscheinlich würde sie einen geharnischten Protest loslassen.
    Meine Damen und Herren, selbstverständlich sind Eignung und Fähigkeit ausschlaggebend und nicht die Konfession, auch nicht die politische Zugehörigkeit. In diesem Sinne stimme ich den Ausführungen meines Herrn Vorredners, des Herrn Kollegen Seelos, zu, der feststellte, daß Gott sei Dank eine Befriedung zwischen den Konfessionen eingetreten ist, die zu gemeinsamer Arbeit mit dem Ziele einer moralischen und geistigen Ertüchtigung des deutschen Volkes geführt hat. Daher sollte man sich hüten, Sprengladungen anzulegen und durch derartige Interpellationen, wie sie hier angebracht werden, eine Gefahr heraufzubeschwören, die wir glücklich sind, eben überstanden zu haben.
    Meine Damen und Herren, was mich aber an der ganzen Geschichte besonders interessiert, sind die Ausführungen, die Herr Abgeordneter Arndt über die Entnazifizierung und die ehemaligen Nationalsozialisten gemacht hat. Ich denke, wir wollen mit der Entnazifizierung ein für allemal Schluß machen, und ich frage die Herren von der SPD: Erkennen Sie einen Spruchkammerbescheid, einen Kategorisierungsbescheid als Rechtstitel an oder nicht?

    (Zurufe links.)

    Ich glaube, wir kommen nicht darum herum, einen
    derartigen Kategorisierungsbescheid als rechtsverbindlich und rechtskräftig anzuerkennen; andernfalls begeben wir uns in eine Rechtsunsicherheit, die allergrößte Gefahren mit sich bringen muß.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Zurufe von der SPD.)

    — Ich weiß schon, meine Herren, wenn die Entnazifizierung bei Personen, die Ihnen nicht ganz genehm sind, nicht so ausläuft, sind Sie besonders empfindlich.

    (Zuruf rechts: Sehr gut! — Zuruf links: Haben Sie Anlaß dazu?)

    Wir müssen die Entnazifizierungsbescheide, wie sie von den Spruchkammern ausgestellt worden sind, anerkennen. Dabei berufe ich mich auf Ausführungen, die der SPD-Abgeordnete Dr. Lütkens, ich glaube, Ende März vorigen Jahres gemacht hat, worin er sagte: Es kommt alles darauf an, daß das deutsche Volk nach besten Kräften die Selbstbereinigung vollzieht. Diesem Ausspruch und diesem Grundsatz stimmt meine Fraktion völlig zu.
    Meine Herren, in diesem Falle, den Sie hier immer wieder pexieren, steht ja nun eindeutig fest, daß das deutsche Volk durch den Mund Ihrer Parteifreunde in Bornum gesprochen hat. Es trifft nicht zu, daß die Erklärung nur von einem einzelnen Mann unterschrieben worden ist. Sechs Mitglieder der SPD-Fraktion in Bornum und vier Mitglieder der CDU-Fraktion des Gemeinderates, dazu freiwillig der Herr Gemeindedirektor haben diese Bescheinigung ausgestellt, nachdem sie den Fall Ehrich genau so eifrig und genau so gewissenhaft geprüft haben, wie es die Militärregierung auch getan hat. Meine Damen und Herren, entweder erkennen wir einen derartigen Kategorisierungsbescheid als Rechtstitel mit Rechtskraft an — ich betrachte ihn als geltendes Recht —, dann müssen wir auch alle Konsequenzen daraus ziehen und jemandem, der in Gruppe V eingestuft ist mit dem ausdrücklichen Vermerk, damit ihm der Weg zur Mitarbeit am Aufbau des demokratischen Staatswesens freigemacht wird, auch die Möglichkeit dazu geben. Oder wenn wir von Kategorisierungsbescheiden im negativen Sinne sprechen, die dem Betroffenen das Recht der Betätigung in gewissem Umfange absprechen, müssen wir uns auch dazu bekennen, derartige Kategorisierungsbescheide in ihrer positiven Wirkung anzuerkennen.
    Meine Damen und Herren! Zu dem Fall der Ämterpatronage möchte ich vorweg noch eins bemerken: Es ist schon so, Berufsbeamtentum und Toleranz gehören zusammen, Herr Arndt, da bin ich mit Ihnen gleicher Meinung. Ich möchte aber dem Hohen Hause nun nicht vorenthalten, wie Sie, meine Herren von der SPD, das in die Praxis umsetzen. Vor mir liegt ein Schreiben aus Düsseldorf vom 19. 4., und mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich nur zwei Sätze daraus verlesen - alles andere schenke ich mir zunächst — unter Fortlassung der Namen, um damit zu zeigen, daß es mir nicht darauf ankommt, Personen zu treffen und ihnen Schwierigkeiten zu machen, sondern das Grundsätzliche herauszustellen. Diese Personen, um die es sich hier handelt, meine Herren von der SPD, gehören in Ihre Reihen. Es heißt in diesem Schreiben aus Düsseldorf:
    Der Genosse Rieschmann, Arbeitsamt Minden, sucht einen sozialdemokratisch organisierten Berufsberater. Die Stelle ist nach TOA V dotiert. Meine Bemühungen im näheren Umkreis haben keinen geeigneten Bewerber auftreiben können.


    (Dr. Mühlenfeld)

    Unter besonderer Beachtung der Vertraulichkeit dieser Angelegenheit bitte ich, in den Ämtern dieserhalb Nachfrage zu halten und eventuell nähere Angaben dem Genossen Rieschmann unmittelbar zukommen zu lassen. Ferner bitte ich unter Hinweis auf den Herner Beschluß, die nachwuchsfähigen und besonders förderungswürdigen Genossen in den Ämtern festzustellen. Es ist erwünscht, daß von diesen Genossen eine kurze Lebenslaufdarstellung mit Beurteilung charakterlicher und persönlicher Art gestellt wird.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Wie in Herne beschlossen, ist beabsichtigt, diese Unterlagen dem Deutschen Gewerkschaftsbund und dem Genossen Dr. W. als Unterlage für eventuelle Vakanzen zuzuleiten. Mit dem Genossen H. habe ich vereinbart, daß die westfälischen Freunde diese Unterlagen an Herrn H. und die rheinischen Kollegen an mich unter „Persönlich" zuleiten.
    Ich glaube, das spricht doch wohl Bände,

    (Lachen links)

    und man sollte nicht mit Steinen werfen, wenn man im Glashause sitzt. Meine Damen und Herren, und hier wende ich mich mal wieder an Sie, meine Herren von der Linken insbesondere: Sind es nicht gerade Sie gewesen, Ihre Freunde in Schleswig-Holstein, die wenige Tage vor der Wahl dort eine Erklärung herausgegeben haben, die in ihren wichtigsten Punkten bezüglich der Entnazifizierung lautet — es sind Ihre sämtlichen Kollegen, Ihre Kollegen von der Landtagsfraktion der SPD in Schleswig-Holstein —:
    Wiederherstellung der vollen staatsbürgerlichen und sozialen Gleichberechtigung aller Staatsbürger! Schluß mit der Zweiteilung Deutschlands in Staatsbürger verschiedenen Rechts!

    (Zurufe von der SPD.)

    Volle Gleichberechtigung für alle Staatsbürger, die nicht ehrenrühriger und verbrecherischer Dinge schuldig sind!
    Meine Damen und Herren! Wenn ich Ihnen nicht vorher gesagt hätte, wer der Verfasser ist, hätten Sie höchstwahrscheinlich angenommen, das hätte meine Fraktion von sich gegeben.

    (Zurufe von der SPD: Nein! Nein!)

    Es sind Ihre Leute, die noch vor einem Jahre etwas anderes gesagt haben.

    (Zuruf des Abg. Dr. Greve.)

    — Herr Dr. Greve, stimmt es, oder stimmt es nicht? Sie haben noch vor einiger Zeit eine ganz andere Haltung eingenommen.

    (Abg. Dr. Greve: Ich?)

    Mir scheint, meine Herren, es ist für Sie notwendig, zu dem zu stehen, was Ihre Freunde in Schleswig-Holstein gesagt haben, und daraus die Konsequenzen zu ziehen, andernfalls man das für ein übles Wahlmanöver halten müßte.
    Meine Damen und Herren! Es ist meine Pflicht, nachdem ich mich gründlich mit dem Fall Dr. Ehrich habe beschäftigen müssen, hier zu erklären, daß an den ganzen Beschuldigungen, die gegen Dr. Ehrich vorgebracht werden, nicht ein Wort wahr ist.

    (Lebhafter Widerspruch bei der SPD.) Nicht ein Wort!


    (Weitere Zurufe links.)

    Dr. Ehrich ist zwar Landesgruppenleiter gewesen.

    (Erneute lebhafte Zurufe links: Aha! Also doch!)

    — Meine Herren, das bestreitet ja niemand; das ist aber keine Gauleitereigenschaft oder etwas ähnliches.

    (Zuruf des Abg. Dr. Greve.)