Rede von
Dr.
Gebhard
Seelos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Herr Präsident! Meine Damen
Herren! Ich bedaure, daß diese Diskussion über
die religiöse Zugehörigkeit der Beamten und Angestellten überhaupt in dieser Form geführt worden ist. Denn nie haben die zwei Kirchen, die evangelische und die katholische, besser zusammengehalten als in der jetzigen Zeit, in der sie angesichts der furchtbaren Bedrohung aus dem Osten auch zusammenhalten müssen.
Ich frage: Will man von der politischen Seite her eine Spaltung in diese Einigkeit und Zusammenarbeit hineintragen?
Das ist meine kurze Stellungnahme zu dieser Frage.
Ich komme zu der Frage der ehemaligen Nazis. Wir müssen uns mit Recht manchmal in diesem Hause die steigende Wut und den Abscheu vergegenwärtigen, welche man im deutschen Volke während des Krieges in immer stärkerem Maße gegen die Nazis empfunden hat. Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß man 1945 gewillt war, mit aller Energie mit all diesen Verbrechern Schluß zu machen. Nun hat man unter dem Druck und in der Not der Zeit leider dieses Gefühl etwas vergessen. Man kümmert sich nicht so sehr mehr um die Tausende von einfachen Nazis, die noch draußen liegen, und bemüht sich eigenartigerweise manchmal noch um führende
Leute, die 1945, wenn man sie dem Volke preisgegeben hätte, einfach erschlagen worden wären.
Aber wenn hier der Name des Herrn Dr. Globke gefallen ist, dann fühle ich mich veranlaßt, hierzu zu sprechen. Ich kenne Herrn Globke seit 15 Jahren persönlich ausgezeichnet. Er ist eine untadelige Persönlichkeit.
— Hören Sie zu! — Wir haben uns in Berlin jede Woche, wenn ich nicht im Ausland war, getroffen. Dort war ein Kreis von etwa acht bis zehn Leuten, aus jedem Ministerium einer. Wir haben dort die Nachrichten, auch die geheimsten, ausgetauscht, um diesem System möglichst Abbruch zu tun. Aus diesen acht bis zehn Leuten ist Herr Quecke von den Nazis am 28. April 1945 erschossen worden. Herr Münz ist von den Nazis anläßlich des 20. Juli zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Er ist nachher umgekommen. Herr Dr. Lenz ist auch zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Er lebt noch in München. Dann gehörte dazu noch der Ministerialrat Grünwald, der auch umgekommen ist. Ich selber habe mit dem 20. Juli nichts zu tun gehabt. Ich bin nur nach Berlin zitiert und nach fünf Tagen wieder entlassen worden, weil die Personalabteilung des Auswärtigen Amtes meine Akten versteckt und unterschlagen hat. Diesem Kreis hat Herr Globke angehört. Und wenn Sie Ihre Anfrage dahin stellen: Sollen Personen. die für die nationalsozialistische Gewaltherrschaft an hervorragender Stelle tätig waren. heute hohe öffentliche Ämter bekleiden?" dann kann ich eben nur sagen. Herr Globke hat in den ganzen Jahren mit einer Nervenkraft, die unerhört war, an diesem Vorposten gestanden und er hat dort nur gegen die nationalsozialistische Herrschaft gearbeitet. Erlauben Sie mir. daß ein Bekannter das, was hier vielleicht nicht bekannt ist. einmal sagt. um etwas die Persönlichkeit dieses wirklich hochanständigen und untadeligen Menschen zu beleuchten.