Rede von
Dr.
Hans
Friedrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine verehrten Damen und Herren! Der Ausschuß für Verkehrswesen hat sich einmal durch die Sammlung einer außerordentlichen Fülle von Material und zweitens durch eine persönliche Inaugenscheinnahme der betroffenen Gebiete ein Bild über die Notwendigkeit und über die Ausmaße der notwendigen Hilfe zu machen versucht. Bei dem in Rede stehenden Gebiet ergibt sich eine mehrfache Notwendigkeit für die Annahme und für die Formulierung des Ausschußberichts. Einmal aus dem Grunde, weil in dieses hier in Rede stehende Gebiet seit Kriegsende nicht weniger als 750 000 Heimatvertriebene eingeströmt sind, weil zweitens durch den Verlauf der Zonengrenze dieses Gebiet gewissermaßen in den toten Winkel der Bundesrepublik gerückt ist und weil dieses Gebiet weitgehend seine natürlichen Hilfsquellen und seinen natürlichen Absatz verloren hat. Allein die Tatsache, daß die mitteldeutsche Braunkohle, die diesem Gebiet das Heizmaterial bisher gewissermaßen in toto geliefert hat, weggefallen ist und daß jetzt die westdeutsche Braunkohle herangeschafft werden muß, bedeutet eine sehr erhebliche Belastung. Dann haben sich durch die Zonengrenze die Kilometerentfernungen, die auf der Bundesbahn zum An- und Abtransport der Materialien zurückgelegt werden müssen, sehr erheblich verschlechtert bzw. vergrößert. So ist z. B. der Transportweg von Hof nach Bebra früher 226 km lang gewesen; er beträgt heute 367 km. Von Hof ins Ruhrgebiet — Recklinghausen — betrug er früher 347 km, heute 560 km.
Der Ausschuß hat aus diesem Grunde das Frachtproblem als das Schlüsselproblem in dieser ganzen Angelegenheit angesehen. Ich möchte Ihnen ein Beispiel dazu sagen. Ein einziger Betrieb aus diesem Gebiet hat durch die veränderten Frachtverhältnisse eine Mehrbelastung von 1,5 Millionen DM im Jahr; ein anderer Betrieb weist ein monatliches Defizit von 120 000 DM aus. Er war in der Lage, uns klarzumachen, daß das allein durch die Frachterhöhung bedingt ist. Ein Vergleich zwischen den Betriebskosten und den Frachtkosten ähnlicher Betriebe in verschiedenen deutschen Ge-, bieten hat ergeben, daß beispielsweise ein Betrieb aus der Branche Steine und Erden, der in Essen ansässig ist; 226% weniger Frachtkosten hat als ein gleichartiger Betrieb, der im Gebiet der bayerischen Ostmark angesiedelt ist. Die Erhöhung der Frachten, die die Bundesbahn vorgenommen hat und vornehmen mußte, beträgt seit Juli 1949 nicht weniger als 57%. Aus diesem Grunde haben sich so groteske Fälle ergeben, wie sie beispielsweise in der Flußspatindustrie vorgekommen sind, daß ein Betrieb, der einen Ausfuhrauftrag von 18 Millionen Dollar hatte, diesen Auftrag nicht ausführen kann, weil die Vorfrachten bis zur Küste derartig hoch sind, daß der Betrieb außer Konkurrenz arbeiten würde.
Die Frachtmaßnahmen, die getroffen sind und getroffen werden mußten, werden im übrigen auch durch folgende Zahlen beleuchtet. Das Mehr, das erzielt werden würde, wenn der infolge der Frachterhöhung von der Bundesbahn abgewanderte Verkehr wieder zur Bundesbahn zurückkäme, beträgt etwa 20 Millionen DM. Die Krisenzuschläge, die die Bundesbahn einführen mußte, bringen aber im ganzen Bundesgebiet nur 12 Millionen DM. Aus diesem Beispiel geht also hervor, daß dieses örtliche Problem hier ganz erheblich von diesen Gegebenheiten beeinflußt wird.
Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat aus diesem Grunde den Ihnen in Drucksache Nr. 1033 vorliegenden Bericht abgefaßt. Er bittet Sie heute, eine Ziff. 3 einzufügen, die er noch in seiner gestrigen Sitzung beschlossen hat, nämlich:
Die Bundesregierung wird ersucht, die Frachterleichterung bzw. den Umwegskilometerwegfall auch auf die unterfränkischen Landkreise zu erstrecken, die an das thüringische Gebiet — also an die sowjetische Besatzungszone - grenzen.
Der Ausschuß bittet Sie, den Bericht in dieser Form anzunehmen.