Rede von
Bernhard
Bauknecht
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Freiheit und Bindung sind die beiden Komponenten, die das gesamte Leben stark beeinflussen, auch das der Wirtschaft. Es ist aber durchaus abwegig, etwa zu glauben, daß das eine das andere völlig ausschließt. Erfreulicherweise hat sich auch die Bundesregierung zu dieser Auffassung bekannt und in dem Reigen der Marktgesetze, die sie uns in diesen Wochen vorlegt, auch auf dem Gebiete der Fleisch- und Viehbewirtschaftung ein Gesetz herausgebracht. Es ist erfreulich, daß sich dies Gesetz auf das beschränkt, was auf diesem Sektor unumgänglich notwendig zu tun ist, daß es vor allen Dingen nicht mehr einen starken Zwangscharakter trägt und namentlich auf dem Preisgebiet anstrebt, marktgerechte Preise sich selber entwickeln zu lassen. Das Kernstück des ganzen Gesetzes ist ja der Markt. Wenn sich aber echte Marktpreise entwickeln sollen, kann man naturgemäß auf eine Bindung an den Markt nicht verzichten. Es wird davon abhängen, ob auf Grund des Gesetzes die Möglichkeit besteht, die Märkte gleichmäßig zu beschicken, um eine Kontinuität der Preisentwicklung zu gewährleisten.
Meine Herren, ich darf Sie daran erinnern, was damals bei dem Übergang der Zwangswirtschaft in die freie Marktwirtschaft passiert ist. Im Monat Januar haben wir bei Vieh ganz ungeheure Preisstürze erleben müssen, und dann sind die Preise wieder stark angestiegen. Der Erzeuger hat kein Interesse daran, und der Verbraucher kann auch keines haben, weil sich solche saisonmäßig bedingte Preisabschläge im Fleischerladen naturgemäß kaum oder gar nicht auswirken. Es ist deshalb zu begrüßen, daß Möglichkeiten geschaffen werden, die Märkte gleichmäßig zu beliefern. Gefahren drohen dann in besonderem Maße, wenn durch irgendwelche Beeinträchtigungen von außen her, sagen wir: durch eine außerordentliche Trockenheit, der Drang zum Markt sehr stark ist. Hierfür wird eine Vorratsstelle notwendig sein. Wir begrüßen es, daß diese vorgesehen ist. Die Vorratsstelle kann selbstverständlich nur beschränkte Aufgaben erfüllen, weil ja eines schönen Tages das Fleisch, das auf Vorrat gelegt wurde, wieder auf den Markt gegeben werden muß, und in diesem Augenblick besteht wieder die Gefahr, daß Preiseinbrüche geschehen. Man wird also deswegen durch die gerechte freie Marktpreisentwicklung auch solchen jahreszeitlichen Schwankungen nicht voll ausweichen können.
Nun ersehen Sie aus der Anlage, daß der Bundesrat nicht in allen Stücken der gleichen Auffassung ist wie das Bundeskabinett. Er ist es insbesondere in einem maßgebenden Stück nicht: in der Frage der Einfuhrstelle. Von der Einfuhrstelle steht
kein Wort im Entwurf. Gestern früh hat sich der Ausschuß des Bundestages für Ernährung und Landwirtschaft eingehend mit der allgemeinen landwirtschaftlichen Politik beschäftigt, und er ist zu einer einheitlichen Auffassung gekommen. Sämtliche Parteien sind danach einstimmig der Auffassung, daß Einfuhr- und Vorratsstelle geschaffen werden sollen. Meine Herren, ich glaube, daß meine Partei sich hier weitgehend der Auf fas-sung des Bundesrates anschließen kann, wonach diese Lücke, nämlich das Fehlen der Einfuhrstelle, ausgefüllt werden soll. Wenn die Dinge immer so blieben, wie sie im Moment sind, daß die Einfuhren von außen her geregelt vor sich gehen und den deutschen Markt nicht bedrohen, dann könnten wir auf diese Stelle verzichten; aber ich glaube nicht daran, und die meisten von Ihnen, meine Herren, wahrscheinlich auch nicht. Die Handelsverträge werden sich so entwickeln, daß man bestimmte Mengen von Fleisch hereinnehmen muß. Wenn wir hier der Willkür der Importeure ausgeliefert sein sollten, die dann eben einführen, wenn sie ein Geschäft dahinter wittern, dann, glaube ich, können wir auf die Einflußnahme des Staates, oder, was noch besser ist, freiwilliger Marktverbände nicht verzichten, an denen sich alle, die interessiert sind, beteiligen können, der Verbraucher wie das verarbeitende Gewerbe, der Handel und die Landwirtschaft. Solche Einfuhrstellen müssen also mindestens vorgesehen werden, und wenn dann kein Bedürfnis oder keine Notwendigkeit besteht, davon Gebrauch zu machen, dann kann ja der Importeur sein Fleisch auf den Markt bringen. Das scheint mir das wichtigste zu sein.
Herr Abgeordneter Kriedemann hat vorhin gesagt, daß er diese Funktionen lieber in der Hand des Staates als in der Hand der Marktverbände sehen würde. Hier kann man geteilter Meinung sein. Ich neige weitgehend der Auffassung zu, daß man der Wirtschaft hier eine Verantwortung übergeben kann.
Ich will nun nicht auf Einzelheiten eingehen. Auch wir werden eine Reihe von Abänderungsvorschlägen zu den einzelnen Paragraphen zu machen haben und diese im Ausschuß vorbringen. Besonders umstritten wird wohl die Frage sein, wer die Mittel für diese Einfuhr- und Vorratsstelle aufzubringen hat. Hier neige ich durchaus der Auffassung meines Vorredners zu, daß sich die Tätigkeit nicht etwa nach dem Vorhandensein von vielleicht ganz geringen Mitteln im Etat richten darf. Die Mittel müssen durchaus so groß sein, daß diese Stelle auch funktionsfähig ist.
Ich beantrage zum Schluß namens meiner Fraktion, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen.