Preisend mit viel schönen Reden? Warten Sie nur ab!
Einige zu Ihrer Partei gehörende Minister haben in ihrer Eigenschaft als Politiker das Bedürfnis gefühlt, Schwierigkeiten, die im Wohnungsbau aufgetreten sind, auf die Bundesregierung abzuladen. Nun kann ich dazu sagen: Auf meinem Schreibtisch häufen sieh andererseits die Beschwerden aus den Kreisen und Gemeinden und von einzelnen, die ihrerseits die Schwierigkeiten, die auftreten, auf die Länder abladen. Ich meinerseits bemühe mich, diese Dinge loyalerweise durch Erörterung mit den Ländern auszuräumen. Wenn der Herr Bundeskanzler D in seinen Äußerungen darauf hingewiesen hat, daß am besten jeder vor seiner eigenen Türe kehren soll, so hat er, glaube ich, damit recht gehabt.
-- Das kann man aber so verstehen, und nun sage ich's Ihnen!
Ihre Anfrage ist rein persönlich. Ich biege sie ins Sachliche ab, wenn Sie das gemerkt haben!
Zur Sache folgendes! Es besteht überhaupt kein Anlaß dazu, von einem Versagen des Wohnungsbaus zu reden. Der Wohnungsbau ist in vollem Umfang angelaufen. Darüber kann ich Ihnen eindeutige Zahlen geben. Die baugewerbliche Produktion ist von der Meßzahl 1936 = 100 von 77 auf 95 im April angestiegen. Die Erzeugung von Baustoffen hat im Mai erstmalig seit 1945 mit 102 die Zahl des Jahres 1936 überschritten. Dabei ist die Gesamtbauleistung nur um 7 %, die Leistung des Wohnungsbaus um 17 % gestiegen. Die Zahl der Baugenehmigungen hat in den ersten vier Monaten des Jahres 142 000 betragen. Das sind etwa 3/4 mehr als 1949.
Soeben habe ich eine Notiz bekommen, daß Herr Staatssekretär Fischer in Bayern erklärte, daß in der ersten Hälfte des Mai die Zahl der Baugenehmigungen in Bayern den Höchstand erreicht hat, den jeweils die Statistik der Baugenehmigungen zu verzeichnen hatte.
— Ja, die Bayern kriegen ein Lob!
Die Finanzierung läuft an. Wir hatten, wenn Sie sich erinnern, für erststellige Beleihungen von Sparkassen, Lebensversicherungsgesellschaften und Hypothekenbanken 650 Millionen in Aussicht genommen. Bis heute sind schon 840 Millionen zugesagt, also erheblich mehr, als wir in Aussicht genommen hatten, und zwar an die letzten Darlehensnehmer. Dabei sind kleinere Beträge aus dem Sektor der öffentlichen Versicherungen, der Sozialversicherung, der Genossen. schaftsbanken usw. gar nicht in Rechnung gezogen. Die Bausparkassen haben in Aussicht genommen, im Laufe des Jahres 220 Millionen zur Verfügung zu stellen. Sie haben bis zum 31. März bzw. Anfang Juni schon 211 Millionen zugesagt. Der Betrag wird sicherlich 230 bzw. 240 Millionen erreichen. Von den Bundeshaushaltsmitteln von 370 Millionen sind heute schon 110 Millionen abgerufen, d. h. an den letzten Darlehensnehmer ausgezahlt.
Der wichtigste Maßstab aber ist die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter. Die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter und Bauhilfsarbeiter hat Ende Februar, und zwar zweifellos nicht nur aus rein saisonalen Gründen, die Höchstzahl von 337 000 erreicht. Sie ist bis Ende März auf 260 000, bis Ende April auf 214 000 und bis Ende Mai auf 174 000 gefallen — darunter befinden sich nur noch 107 000 Baufacharbeiter — und geht weiter schnell zurück. Das ist in Anbetracht, daß wir 1,1 Millionen bis 1,2 Millionen Baufacharbeiter und Bauhilfsarbeiter haben, ein außerordentlich günstiges- Ergebnis und der sicherste Maßstab dafür, daß der Wohnungsbau anläuft.
Nun sind selbstverständlich bei der Durchführung des Wohnungsbaus Schwierigkeiten entstanden, und die möchte ich in aller Öffentlichkeit besprechen, weil sie in weiten Kreisen Unruhe herbeigeführt haben. Zunächst einmal braucht die Inbewegungsetzung von Milliardenbeträgen für Investitionszwecke einige Zeit. Nur wenn man Kopfquoten verteilt, geht das verhältnismäßig schnell.
Zweitens: Die Vorbereitung des Wohnungsbaus, vor allen Dingen die der Finanzierung, und die gesetzlichen Grundlagen sind erst im März dieses Jahres zum Abschluß gekommen. Das war dadurch bedingt, daß der Bund erst im Herbst des letzten Jahres seine Tätigkeit aufnehmen konnte und daß die notwendigen Verhandlungen mit den Ländern, Finanzinstituten, parlamentarischen Institutionen usw. eine gewisse Zeit erfordert haben.
Drittens: In der Wohnungsbaufinanzierung müssen die freien Hypotheken des Kapitalmarktes mit den gelenkten Mitteln der staatlichen Förderung verbunden werden. Das muß sich so einspielen, wie es sich auch seinerzeit in der Hauszinssteuerperiode bei den Hauszinssteuerhypotheken eingespielt hat. Ich habe keinen Zweifel, daß die Schwierigkeiten im Laufe dieser Wochen überwunden werden.
Viertens: Das Baujahr 1950 hat mit einem sehr beträchtlichen Überhang an Bauvorhaben aus dem letzten Jahre angefangen,. Allein etwa 40 000 oder etwas mehr Wohnungsbauten waren stillgelegt worden, weil die Finanzierung zu Ende war. Die Finanzierung dieser Bauten ist also 'zum großen Teil nicht wie früher sichergestellt
gewesen, sondern sie war offen geblieben. Es sind deswegen Mittel aus dem Programm 1950 in die Restfinanzierung von Überhangbauten aus dem Jahre 1949 hineingeflossen. Das ist in gewissem Umfange in jedem Jahre der Fall. Man wird aber auch sagen müssen, daß alle diese Bauten nicht begonnen wären ohne Hinblick auf das kommende Programm des Bundes und daß sie ganz sicher nicht ohne die Hilfe des Bundes hätten fertiggestellt werden können.
Ich habe auch dafür Zahlen. Von den ursprünglich vorgesehenen Beträgen der Sparkassen, Lebensversicherungen und Hypothekenbanken mit 650 Millionen hatten zu verschiedenen Stichtagen — April, Mai — die Sparkassen schon 30 % die Lebensversicherungen 35 %, die öffentlichen Bausparkassen 35 % an den letzten Darlehensnehmer ausbezahlt. Das ist an sich ein erfreuliches Zeichen für die rasche Durchführung der Finanzierung, beweist aber, in welchem Umfang die Finanzierung in die Restbauten hinübergegangen ist.
Fünftens: Die Weiterleitung von mehr als 1,2 Milliarden öffentlicher Mittel, die vom Steuerzahler aufgebracht werden, ist nach ihrer Art nicht ganz ohne bürokratische Methoden erreichbar. Zwischen den einzelnen Ländern bestehen in der Art und Weise der Durchführung dieser Dinge, in denen die Länder unabhängig sind, erhebliche Unterschiede in der Elastizität und in der Schnelligkeit.
Aber nun darf ich noch auf einige Schwierigkeiten kommen, die in der öffentlichen Erörterung eine Rolle gespielt haben und die auch in diesem Zusammenhang erwähnt werden müssen.
Sechstens: Unter den öffentlichen Mitteln sind allein 400 Millionen aus dem Lastenausgleichsstock vorgesehen. Der Lastenausgleichsstock unterliegt nach dem Soforthilfegesetz der Selbstverwaltung durch das Hauptamt für Soforthilfe und seinen Kontrollausschuß. Dieser Ausschuß hat am 18. März 1950 seine Richtlinien als Weisung für die Vergebung von Soforthilfemitteln für den Wohnungs- und Siedlungsbau herausgegeben. Ich habe mit Schreiben vom 13. März meine Bedenken gegen diese Weisung geäußert, muß aber hier feststellen, daß die Vertreter der Länder im Kontrollausschuß diesen Richtlinien zugestimmt haben. Ich muß loyalerweise sagen, daß das die Vertreter der Finanzressorts und nicht der Wohnungsbauressorts gewesen sind. Ich kann aber heute die bestimmte Erklärung abgeben, daß sich diese Schwierigkeiten im nächsten Jahre nicht wiederholen werden. Wir werden sie im Laufe dieses Sommers und Herbstes beheben.
Auf andere Schwierigkeiten muß ich noch näher eingehen, weil Herr Minister Kubel in einem Artikel vom 2. Juni dieses Jahres
unter seinem Namen diese Schwierigkeiten berührt und die Bundesregierung und mich persönlich für diese Schwierigkeiten verantwortlich gemacht hat.
Siebentens: Das sind die Schwierigkeiten, die bei den Richtlinien für die ERP-Mittel aufgetreten sind. Die Bundesregierung hat sich in Zusammenwirken mit der Bank deutscher Länder zu Beginn des Jahres in großzügiger Weise entschlossen, auf eine in Aussicht gestellte, aber nicht fest zugesagte Berücksichtigung des Wohnungsbaues mit 250 Millionen ERP-Mitteln in diesem Kalenderjahr hin diese Mittel vorzufinanzieren. Wir haben diese Mittel im März auf die Länder und die Kreditinstitute verteilt, die sie weiterleiteten und die für die Vorfinanzierung eingeschaltet werden mußten. Unmittelbar nach der Verteilung der Mittel haben wir auch Richtlinien herausgegeben, die mit den beteiligten Bundesressorts und den Ländern durchgesprochen waren, die eine wesentliche Vereinfachung der Richtlinien der ERP-Mittel für den Wohnungsbau vom letzten Jahre bedeutet haben, die ja, wie die Herren vom Wohnungsbau wissen, erhebliche Schwierigkeiten bereitet haben.
Wir haben diese unsere Absicht und die Grundlagen der Richtlinien auch mit amerikanischen Stellen vorbesprochen. Nun hat uns aber die ECA -Mission Anfang April durch ihre Beauftragten Wünsche auf eine Ergänzung dieser Richtlinien vom 4. März übermitteln lassen. Am 26. April erst haben wir den Wortlaut dieser Wünsche erfahren. Daran haben sich lange Verhandlungen angeschlossen, an denen wir auch die Länder beteiligt haben. Es ist uns gelungen, die Schwierigkeiten, auf die ich im einzelnen nicht eingehen will, auszuräumen. Wir haben jetzt, am 19. Juni, Ergänzungen zu diesen Richtlinien herausgegeben, die wieder mit den Ländern abgestimmt worden sind, und sind damit sicher, daß diese Schwierigkeiten ausgeräumt sind.
Diese Dinge sind auch dem Herrn Minister Kubel bekannt gewesen. Ich habe mich gerade in einer Sitzung am 1. Juni mit den Länderministern sehr ausführlich darüber ausgesprochen. Trotzdem hat er unter dem 2. Juni einen Artikel mit seinem Namen veröffentlicht, in dem er ausdrücklich sagt:
Dieser ganze Ablauf der Dinge, nämlich die Verzögerung des Wohnungsbaues um drei Monate es handelt sich um ein Zehntel der eingesetzten Summen —, war dem Herrn Bundesminister bekannt und kann von jedem der 11 Länder protokollarisch
- „protokollarisch" ist besonders gravierend! — bewiesen werden. In Wirklichkeit hat es also das Wohnungsbauministerium versäumt, seine Richtlinien vom 4. März 1950 von der ECA-Kommission bestätigen zu lassen. Darüber hinaus hat es auch diese Richtlinien mit dem Bundesminister für Vertriebene nicht voll abgestimmt.
Kurz: ich sei voll verantwortlich!
Meine Damen und Herren! Ich möchte annehmen, daß dieser Artikel unter dem 2. Juni nicht erschienen wäre, wenn Herr Minister Kubel vorher, ehe er den Artikel geschrieben hat, die Unterredung mit mir und den anderen Länderministern am 1. Juni gehabt hätte.
Nun folgendes! Es haben sich natürlich auch Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung über die Durchführung des Wohnungsbauprogramms bei den einzelnen Ländern ergeben, die darauf beruhen, daß die Länder Gesetze, Verordnungen und Richtlinien erlassen haben, bei denen mindestens zweifelhaft oder strittig ist, ob sie mit dem Wohnungsbaugesetz übereinstimmen, und zwar beziehen sich nun diese Differenzen in einem Punkt allerdings auf Länder, in denen Ihre Partei den
1 Wohnungsbau wesentlich beeinflußt. Es dreht sich dabei immer um die Auseinandersetzung, ob der private Wohnungsbau, auch soweit er sozialer Wohnungsbau ist, im Sinne der Bundesrichtlinien und des Bundesgesetzes genügend berücksichtigt wird.
Rechtlich strittig ist häufig der Zeitpunkt des Inkraftretens der rechtlichen Kongruenz mit dem Bundeswohnungsbaugesetz. Verhandlungen mit den betreffenden Ländern sind im Gange, und ich glaube, daß sie zu einer Klärung in diesen Fragen führen werden.
In anderen Schwierigkeiten, die entstanden sind, hat der Bund helfen können und hat loyalerweise geholfen. Die Herren kennen das große Programm des Landes Schleswig-Holstein, das von den Gewerkschaften inauguriert war und mit 40 Millionen ERP-Mitteln ein besonderes Flüchtlingswohnungsbauprogramm, das mustergültig sein soll, durchführt. Das Land Schleswig-Holstein hat sich verpflichten müssen, mit 35 Millionen eigenen Mitteln in dieses Programm hineinzugehen. Aber es war nicht in der Lage, diese 35 Millionen aufzubringen. Der Bund ist eingesprungen und hat 19 Millionen — — - Nein, der Bund hat nicht die Pflicht, Geld zu verteilen, und ich möchte Ihnen sagen, daß Schleswig-Holstein schon ohne diese 19Millionen wesentlich mehr als der Durchschnitt der übrigen Länder pro Kopf der Bevölkerung für den Wohnungsbau bekommen hat. Jedenfalls haben wir hier, ob Pflicht oder nicht, das Richtige in loyaler Weise getan.
) Meine Damen und Herren! Ich habe damit, glaube ich, nachgewiesen, daß der Wohnungsbau angelaufen ist, daß kein Grund dazu besteht, Sorge zu haben, daß dieses Wohnungsbauprogramm nicht in Gang käme. Ich kann hinzufügen, daß wir heute
gesehene Wohnungsbauprogramm wesentlich überschritten werden wird. Ich habe vorhin festgestellt, daß wir im Raum der 1. Hypothek mehr als 200 Millionen Mark mehr zur Verfügung haben, als wir bei den Ansätzen zum Programm gerechnet haben. Wir haben auch im zweiten Raum etwa 100 Millionen Mark mehr zur Verfügung, die aus dem Lastenausgleichsstock kommen. Kleine Beträge da und dort sind dabei gar nicht in Rechnung gestellt. Das heißt: Wir werden in diesem Jahr nicht 2,7 Milliarden, sondern etwa 3 Milliarden im Wohnungsbau anlegen, und damit wird die Zahl der Wohnungen, die wir in diesem Jahr bauen, weit näher an die 300 000 als an die 250 000, wie vorgesehen, herankommen.
Das ist eine gewaltige Leistung des ganzen Volkes, und ich glaube, es wäre erwünscht und würde der Größe der Aufgabe entsprechen, wenn wir uns um eine gemeinsame Lösung dieser Aufgabe bemühten, statt bei auftretenden Schwierigkeiten uns gegenseitig Vorwürfe zu machen.