Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wohl niemand in diesem Hohen Hause, der sich nicht der Schwierigkeiten bewußt ist, die wir auf dem straßenverkehrstechnischen Gebiet innerhalb unserer elf Länder haben. Auch meine Fraktion hat sich die Angelegenheit bei der Antragstellung auf Fertigstellung der Autobahn Kassel-Hamburg sehr reiflich überlegt und ist zu der Überzeugung gekommen, daß im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die wir in vielen Teilen des lüneburger und südhannoverschen Landes haben, die Fertigstellung unerläßlich ist.
Sie haben vorgestern Gelegenheit gehabt, aus einer Pressenotiz über den Baubeginn des Werraviadukts, durch dessen Zerstörung die Autobahn Göttingen-Kassel unterbrochen worden ist, zu entnehmen, daß die Umleitung bei diesem Viadukt inzwischen 30 Todesopfer gefordert und Schaden von mehreren Millionen Mark verursacht hat. Ich weise darauf hin, daß durch den Engpaß bei Nörten, durch den ständig täglich Tausende und aber Tausende von Fahrzeugen rollen, unendlich viele Opfer zu beklagen sind. Ich persönlich habe leider dort auch bereits einen Unfall bei mehrfachem Abfahren der Strecke in der Woche gehabt. Ich bekam heute morgen einen Brief von den Landräten der Kreise Fallingbostel und Soltau, die darauf hinweisen, daß bei der Entwicklung im Raume Soltau im Hinblick auf den Truppenübungsplatz und die Zusammenziehung der Panzereinheiten der Besatzungsarmee dort das größte Panzerübungsgelände in Westeuropa in Anspruch genommen wird und daß damit zu rechnen ist, daß im Raume Bergen-Soltau-Fallingbostel die Bundesstraße Nr. 3 Hamburg, die über Celle-Soltau-Harburg führt und täglich von rund 8 000 Fahrzeugen benutzt wird, stundenweise gesperrt wird.
In einer Konferenz am 7. 6. 1950 im Bezirk Lüneburg, an der die Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landräte und Oberkreisdirektoren des Bezirks Lüneburg teilgenommen haben, hat sich der
Deutscher Bundestag. - 70. Sitzurig. Bonn, Mittwoch, den 21. Juni 1950 2549
Oberbürgermeister der Stadt Celle gemeldet und erklärt, daß sämtliche Anlieger mit ihren Fachwerkhäusern an der Bundesstraße 3, die durch Celle führt, in wenigen Jahren ihre Häuser in Verfall sehen. Die Häuser sind nicht mehr zu halten, weil der motorisierte Verkehr derart folgenschwere Formen angenommen hat. Ich bitte zu überlegen, daß, wenn diese Sperrung der einzigen Verbindung nach dort oben durch die Besatzungsmacht vorgenommen werden sollte — wir wissen ja wohl alle um diese internationale Verbindung von Nord nach Süd —, die Verhältnisse uns zwingen, eine Änderung herbeizuführen. Deswegen haben wir uns bewußt auf diesen Antrag konzentriert und alle diese finanziellen Schwierigkeiten in Betracht gezogen. Wir stehen auch auf dem Standpunkt, den ich hier nicht besonders zu betonen brauche, der auch vorn Kollegen Ehlers sowie dem Kollegen Nöll von der Nahmer zum Ausdruck gebracht worden ist — wir befinden uns da nicht nur mit diesen beiden Kollegen in Übereinstimmung, sondern mit allen Kollegen dieses Hauses —, daß wir dringendere Angelegenheiten zu erledigen haben. Aber ich bitte zu erwägen: wenn es uns nicht gelingt, den gesamten Verkehr — ich wiederhole, der nur auf dieser einen Straße täglich 8 000 Fahrzeuge umfaßt — vorweg in gesunde und geregelte Bahnen zu bringen. dann können wir ihn nicht flüssig halten. Das wäre möglich, wenn der Verkehr bei der Sperrung dieser Straße, die in Aussicht steht. weil das Schußgelände für die Besatzungsmacht leider nicht ausreicht, auf die Straße IO Hannover-Soltau direkt durch den Kreis Fallingbostel ab Schwarmstedt umgelegt wird. Und hier haben wir festzustellen, wie ja der Bericht des Ausschusses sagt — und der Ausschuß hat sich einmütig zu der Auffassung bekannt, an dieser Teilstrecke zu arbeiten, weil dort bereits 60 % der Autobahn in Trassierung und Brückenbauten fertiggestellt ist —: Allein im Kreis Fallingbostel, der nachher die Umleitung wird übernehmen können, wenn wir diese 22 km Teilstrecke von Schwarmstedt nach Soltau fertigbauen würden und wenn die Bundesstraße HannoverSchwarmstedt bis dahin zügig diesen gesamten Verkehr aufnehmen kann, wäre es möglich, diesen gesamten Verkehr bei Fertigstellung dieser 22 km langen, bisher in Trassierung fertiggestellten Brückenbauten und ebenfalls fertigestellten Übergängen bzw. Unterführungen dieser Autobahnstrecke auf diese eine Straße zu bannen.
Ich habe leider nicht die Zeit, aber es dürfte auch genügen, diese wenigen Angaben einmal zur Erhärtung des Ausschußantrags vorzutragen. Und daß dabei der Schlußantrag des Ausschusses gebührende Berücksichtigung findet, beweist ja allein, daß dieser Kreis Notstandsgebiet ist, da er an Flüchtlingsbelegung unter den Kreisen Niedersachsens an zweiter Stelle steht. So wird auch in dieser Hinsicht dem Antrag des Ausschusses Genüge geleistet.