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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den beiden bereits den Ausschüssen des Hohen Hauses zur Beratung vorliegenden Gesetzentwürfen über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen, der Bundesautobahnen und der Bundesstraßen des Fernverkehrs habe ich nunmehr die Aufgabe, einen Gesetzentwurf über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundesbahn einzubringen. Damit ist dann die Reihe der das Verkehrsressort betreffenden Gesetzentwürfe über das ehemalige Reichsvermögen abgeschlossen. Nach Art. 87 des Grundgesetzes werden die Bundeseisenbahnen in bundeseigener Verwaltung geführt. Entgegen der besonderen Regelung des Eigentums an den Bundeswasserstraßen, den Bundesautobahnen und den Bundesstraßen des Fernverkehrs hat man dem Bundeseisenbahnvermögen keine besondere Bestimmung im Grundgesetz zugedacht; vielmehr fällt das Sondervermögen des Reiches, das dem Betrieb der Reichseisenbahnen gewidmet war, nach dem Grundgesetz — und zwar nach Art. 134 Abs. 1, der das Schicksal des Reichsvermögens allgemein regelt — in das Vermögen des Bundes. Das Ihnen vorliegende Gesetz soll hierzu, wie es in Art. 134 Abs. 4 vorgesehen ist, das Nähere regeln.
Das Gesetz dient nicht der Ausführung des Art. 130 des Grundgesetzes. Es läßt deshalb die gegenwärtigen organisatorischen und verwaltungsrechtlichen Verhältnisse der Bundesbahn im ehemaligen Vereinigten Wirtschaftsgebiet und bei der Betriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahnen unberührt. Es greift auch nicht der künftigen Gestaltung der Deutschen Bundesbahn durch das Bundesbahngesetz vor. Diese Feststellung hat bei der Beratung des Entwurfes im Bundesrat eine besondere Rolle gespielt; sie wurde auf Vorschlag des Bundesrates auch in der Begründung verwertet.
Wenn die Vorlage die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundesbahn nun noch vor Erlaß des Bundesbahngesetzes regelt, so findet das seinen wesentlichen Grund in dem weiteren Zweck, den das Gesetz verfolgt. Es soll nämlich hinsichtlich des Bundeseisenbahnvermögens gewisse Rechtswirkungen des Gesetzes Nr. 19 der amerikanischen Militärregierung und der Verordnung Nr. 217 des französischen Oberkommandos in Deutschland aufheben. Diese beiden Gesetze haben über das Reichsvermögen in der amerikanischen und französischen Zone eine vom Grundgesetz abweichende Bestimmung getroffen. In beiden Militärregierungsgesetzen ist das Reichseisenbahnvermögen den Ländern, in denen es gelegen ist, treuhänderisch für den Bund übertragen worden. Nach beiden Gesetzen kann jedoch die gesetzgebende Körperschaft des Bundes binnen eines Jahres nach Errichtung der Deutschen Bundesrepublik diejenigen treuhänderisch auf die Länder übertragenen Vermögenswerte bezeichnen, die sie in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz für den Bund in Anspruch nehmen will: andernfalls werden sie endgültig Eigentum der Länder.
Die Vorlage erwähnt die beiden Militärregierungsgesetze im Gesetzestext zwar nicht ausdrücklich. Ihre enge Verbindung zu ihnen wirkt sich jedoch -
darauf möchte ich vorsorglich hinweisen — in manchen Bestimmungen aus. Die Notwendigkeit einzelner Bestimmungen des Entwurfs wie z. B. die des § 1 Abs. 3 über das Vermögen von Gesellschaften, an denen die Reichsbahn eine Beteiligung besaß, oder die des § 6 über das Vermögen an derartigen Gesellschaften, die ihren Sitz im sowjetisch besetzten Gebiet haben, ist nur im Zusammenhang mit dem Gesetz Nr. 19 bzw. der Verordnung Nr. 217 voll verständlich: In der Begründung ist die gegenseitige Beziehung der Gesetzentwürfe zu den beiden Militärregierungsgesetzen daher eingehend erörtert worden.
Was nun die gesetzlichen Bestimmungen im einzelnen anlangt, so lehnt sich der Text dieses Gesetzes eng an die Gesetzentwürfe über die Bundeswasserstraßen, die Bundesstraßen und insbesondere auch über das Postvermögen an. Entsprechend der Verwaltung des bisherigen Reichseisenbahnvermögens sieht das Gesetz die Verwaltung des Bundeseisenbahnvermögens als Sondervermögen des Bundes vor. Wie dieses Sondervermögen im einzelnen zu verwalten ist, wird später das Bundesbahngesetz bestimmen.
Ich möchte bei der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nur auf zwei Bestimmungen des Gesetzes besonders hinweisen. Einmal handelt es sich um die im § 2 Absatz 2 ausgesprochene Übernahme von Verpflichtungen der Länder Rheinland-Pfalz, Baden und Württemberg-Hohenzollern gegenüber der Betriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahnen auf das Sondervermögen Deutsche Bundesbahn. Die Länder dieser Zone haben nämlich die ehemaligen Reichseisenbahnen in ihrem Bereich in Form einer mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten gemeinnützigen Anstalt des öffentlichen Rechts der „Betriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahnen" betrieben und sind dieser Anstalt gegenüber zur Deckung von etwaigen Fehlbeträgen in der Betriebsrechnung verpflichtet. Nachdem nunmehr das Reichseisenbahnvermögen dem Bund zufallen soll, müssen die Länder billigerweise von dieser Verpflichtung entbunden werden.
Zum anderen wird in § 6 des Entwurfs die Mehrheitsbeteiligung der Reichsbahn an Gesellschaften geregelt, die zwar nicht ihren Sitz, aber doch Teile ihres Vermögens in der Bundesrepublik oder in West-Berlin haben. Es handelt sich hier insonderheit um das Vermögen der ehemaligen Mitropa. Diese Vermögenswerte sollen in Anlehnung an die für solche Vermögensobjekte vorgesehene Regelung der beiden vorhin erwähnten Militärregierungsgesetze einer neu zu gründenden Gesellschaft übertragen werden. Die Haftung für die Verbindlichkeiten der alten Gesellschaft ist dabei in einer Weise geregelt worden, die den tatsächlichen Gegebenheiten gerecht wird.
Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf zugestimmt und lediglich eine von der Bundesregierung angenommene Neufassung des letzten Absatzes des allgemeinen Teiles der Begründung vorgeschlagen, durch den besonders hervorgehoben wird, daß die Rechtsverhältnisse der Betriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahnen durch das Gesetz nicht berührt werden.
Zum Schluß noch eine Frage zur Termingebundenheit des Gesetzes. Nach neuerlichen Äußerungen von Vertretern der alliierten Hohen Kommission hat die in den beiden Militärregierungsgesetzen festgelegte Jahresfrist nicht schon mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes, am 24. Mai 1949, sondern erst am 21. September 1949, also mit dem Zeitpunkt, in dem die Bundesrepublik durch Bildung ihrer Regierung handlungsfähig geworden ist, zu laufen begonnen. Es sollte daher angestrebt werden, daß Gesetz spätestens bis zum 20. September 1950 der Hohen Kommission vorzulegen.
Ich bitte das Hohe Haus, den Gesetzentwurf zu genehmigen.