Rede von
Helene
Wessel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Herren und Damen! Im Auftrage der Zentrumsfraktion möchte ich folgende Erklärung abgeben:
Die Zentrumsfraktion des Bundestags ist grundsätzlich für die Vereinigung aller freien europäischen Staaten zu einem Vereinten Europa. Nach Ablehnung ihres Antrages Drucksache Nr. 1041 im Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten sind die Bedenken, die die Zentrumsfraktion gegen den jetzigen Eintritt der Bundesrepublik in den Europarat zum Ausdruck bringen mußte, noch stärker geworden. Die Ansicht der Ausschußmehrheit, die der Herr Berichterstatter dem Hohen Hause zur Kenntnis gebracht hat, hat die von der Zentrumsfraktion aufgeworfenen Fragen in
in keiner Weise geklärt. So ist die Frage ungeklärt, ob die deutschen Vertreter in Straßburg berechtigt sind, im Namen und im Auftrag Gesamtdeutschlands zu sprechen. Ungeklärt ist die Forderung auf eine Remilitarisierung und damit die Einbeziehung Deutschlands in das Verteidigungssystem Westeuropas. Ungeklärt ist die Frage, ob der Europarat ein Instrument der nationalen Regierungen oder ein echtes unabhängiges europäisches Parlament sein wird, das auch über die wirtschaftliche Einigung, wie sie im Schuman-Plan angestrebt wird, die unerläßliche Kontrolle ausübt. Der von der Zentrumsfraktion eingebrachte Antrag Drucksache Nr. 1041 vertritt nicht nur deutsche, sondern auch europäische Notwendigkeiten. Die Bundesregierung hätte Europa einen guten Dienst erwiesen, wenn sie sich zu den von der Zentrumsfraktion vorgeschlagenen Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten des Europarats bereit erklärt hätte.
Aus den vorgetragenen Gründen sieht sich die Zentrumsfraktion nicht in der Lage, dem Gesetzentwurf über den Eintritt der Bundesrepublik in den Europarat ihre Zustimmung zu geben. Sie glaubt, durch diese Haltung zugleich unterstreichen zu müssen, daß die in dem Zentrumsantrag enthaltenen Forderungen zu den wesentlichen Richtlinien einer deutschen Außenpolitik gehören müssen.