Entschuldigen Sie, Herr Präsident, daß ich meine Gefühle hier vorgebracht habe!
Der Herr Bundeskanzler hat sich in diesem Zusammenhang Mühe gegeben, die Führung der SPD davon zu überzeugen, daß die Argumente der Kommunisten gar nicht so waren, wie die SPD-Führung es sich gedacht hat. Für uns ist bei der Argumentation zu dieser Frage eines maßgebend: Wir gehen aus von der Stellungnahme, wie sie in den Potsdamer Beschlüssen festgelegt ist.
— Das tun Sie nur, wenn Sie es brauchen.
Sie tun nur das, was Ihnen parteipolitisch angenehm ist, ohne die Gesamtinteressen des Volkes zu betrachten. Ansonsten erfüllen Sie das, was in der Willkür-Politik eines Churchill und der amerikanischen Imperialisten in Verbindung mit den Beschlüssen von Potsdam zum Ausdruck kommt. Wir sind glücklich, daß dieser Vertrag mit Polen geschlossen wurde
und damit ein Abschluß im Interesse beider Völker und im Interesse des Weltfriedens zustande kam. Ich bin mir klar darüber, daß Sie glücklicher gewesen wären, wenn dort die Kanonen gedonnert hätten.
Herr Adenauer hat mit Recht die Stellungnahme der Saar-SPD ausgespielt, mit der die Westzonen-SPD in der Comisco zusammensitzt. Es wäre aber richtig gewesen, wenn er dem Hohen Hause gesagt hätte, daß die Saar-Separatisten, die die Saar an Frankreich verschachert haben, im wesentlichen auch CDU-Leute waren.
Wenn er damit zu trösten versuchte, daß mit dem Schuman-Plan endlich auch die Lösung der Saarfrage gefunden werden kann, so kann man dazu nur sagen, daß umgekehrt ein Schuh daraus wird. Denn in der Saarfrage hat der stärkere Partner entschieden. In der deutsch-französischen Union, im Europarat und in der Europa-Union wird auch der Stärkere entscheiden. Wenn Herr Adenauer nachdenkt, wird er feststellen müssen, daß er mit dem Anschluß Westdeutschland nur in den Schuh hineindrückt, in dem die Saar bereits steckt.
Er hat die Bedenken verschwiegen, die gegenüber der Europa-Union selbst in Kreisen der Industrie Westdeutschlands zum Ausdruck kamen. Er hat auch die Bedenken verschwiegen, die sogar in den Regierungsparteien ausgesprochen wurden.
Im Anschluß an diese Ausführungen möchte ich dem Hohen Hause eine Erklärung meiner Partei
zur Frage des Anschlusses Westdeutschlands an die Europa-Union zur Kenntnis bringen:
Der Anschluß Westdeutschlands an die Europa-Union und der Zusammenschluß der Schwerindustrie des Ruhrgebiets mit der Frankreichs, Luxemburgs und Belgiens ist ein entscheidender Bestandteil der Kriegspläne des amerikanischen Imperialismus, der durch einen dritten Weltkrieg seine Weltherrschaft errichten möchte.
Um Westdeutschland entsprechend seiner zentralen Lage in Europa als Operationsbasis für den Krieg ausbauen zu können, haben die anglo-amerikanischen Imperialisten mit Hilfe westdeutscher Politiker systematisch das Potsdamer Abkommen gebrochen, den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland verhindert und die Politik der Spaltung Deutschlands betrieben.
Der Anschluß Westdeutschlands an die Europa-Union würde die Spaltung Deutschlands vertiefen und für unabsehbare Zeit aufrechterhalten. Diese Tatsache wird von der Adenauer-Regierung bewußt gegenüber dem deutschen Volk verschwiegen. Durch Propagandaerklärungen über die gesamtdeutschen Wahlen möchte Dr. Adenauer sich selbst als einen Vorkämpfer für die Einheit Deutschlands dem deutschen Volke empfehlen. Daß die Propaganda-Erklärungen über die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands durch gesamtdeutsche Wahlen nur der Täuschung des deutschen Volkes dienen sollen, während Adenauer bewußt die Politik der Spaltung Deutschlands betreibt, beweist u. a. ein von ihm der amerikanischen Zeitschrift „U. S. News and World Report" gegebenes Interview. In diesem Interview, das am 19. Mai dieses Jahres dem Korrespondenten der Zeitschrift in Bonn gegeben und welches noch richt in Deutschland veröffentlicht wurde, sagt Herr Dr. Adenauer wörtlich:
Wenn wir in den Europarat eintreten, dann wird dies die Spaltung in Deutschland zwischen Ost- und Westdeutschland vertiefen.
Ebenso wie Dr. Adenauer dem deutschen Volke verschweigt, daß der Beitritt zur Europa-Union die Spaltung Deutschlands vertieft. so verschweigt er auch die anderen verhängnisvollen Folgen. die für das deutsche Volk aus einem solchen Beitritt Westdeutschlands entstehen müßten.
In ihrer Denkschrift zur Frage des Beitritts zum Europarat erwähnt die Bundesregierung, daß der reaktionäre Graf Coudenhove-Kalergi der geistige Vater der Pan-Europa-Idee ist. Sie verschweigt aber dem deutschen Volk, daß dieser reaktionäre Graf
in seinem Buch „Pan-Europa-ABC", das 1931 in Wien erschien, den Faschismus propagierte, indem er schrieb: „Der Faschismus will die abendländische Kultur erhalten". In dem gleichen Buch fordert dieser Graf die Schaffung einer Europa-Kriegsmacht zum Kampf gegen die Sowjet-Union. So ist die Pan-Europa-Idee, die die geistige Grundlage der Europa-Union darstellt, von vornherein mit faschistischem Gedankengut verbunden. Um so bedauerlicher ist es, daß sozialdemokratische Parteiführer den Gedanken der Europa-Union bejahen und den Beitritt Westdeutschlands zur Europa-Union im Augenblick nur aus taktischen Gesichtspunkten ablehnen.
Die Denkschrift der Bundesregierung bezieht sich in ihrer Geschichte des Europarates auf den französischen Staatsmann Briand, der im Anschluß an den Locarno-Vertrag eine Art Europa-Union propagierte. In der Tat sollte der Vorschlag der Bundesregierung über den Eintritt Westdeutschlands in die Europa-Union Anlaß sein, kritisch die Lehren der Außenpolitik der Weimarer Republik zu ziehen. Diese Außenpolitik könnte charakterisiert werden durch zwei Verträge, deren einer der Vertrag von Rapallo ist. Rapallo war das erste Mal nach 1918,
daß eine europäische Großmacht, die Sowjet-Union, mit Deutschland auf der Basis der Gleichberechtigung einen Vertrag abschloß, der dem deutschen Volke große Möglichkeiten in der Außenpolitik, vor allen Dingen in der Entwicklung seines Außenhandels eröffnete. Der Außenminister, der diesen Weg beschritt, wurde von faschistischen Mördern erschossen,
der von ihm beschrittene Weg in der Außenpolitik sehr bald von der Regierung verlassen. Statt dessen beschritt die deutsche Regierung einen Weg, der über Locarno zu einer einseitigen Bindung an die Westmächte mit der Spitze gegen die Sowjetunion führte. Das Ergebnis dieses Weges war die Weltwirtschaftskrise, der Sieg des Faschismus in Deutschland und der Krieg mit all seinen Folgen.
Auch heute gibt es für das deutsche Volk zwei Wege der Außenpolitik: den Weg des Friedens und der Freundschaft mit allen Völkern, der von der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik gegangen wird und der bereits zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Staaten führte, in denen 800 Milionen Menschen leben auf der Basis der Gleichberechtigung. Der andere Weg ist der Weg, den die sogenannte Bundesregierung im Auftrage der Hohen Kommission beschreitet und der über den Anschluß an die Europa -Union Westdeutschland zum Bestandteil eines neuen Kriegsblocks macht, der sich gegen die Sowjet-Union, die Volksdemokratien und die Deutsche Demokratische Republik richtet. Dieser Weg ist der Weg in eine neue Katastrophe für unser Volk.
Der Beitritt Westdeutschlands zur Europa-Union hat sofort schwerwiegende wirtschaftliche Folgen. In Westdeutschland gibt es trotz günstiger Bedingungen zur Zeit mehr als 1,5 Millionen Arbeitslose. Diese Menschen können nur wieder in Arbeit gebracht werden und damit eine menschenwürdige Existenz erhalten, wenn der innerdeutsche Handel mit der Deutschen Demokratischen Republik und die Handelsbeziehungen mit der Sowjet-Union, den Volksdemokratien und der Volksrepublik China ausgebaut und stärkstens entwickelt werden.
Der Anschluß Westdeutschlands an die Europa-Union, die Verwirklichung des Schuman-Planes, die
Unterordnung unter die Kriegspolitik des angloamerikanischen Imp erialismus unterwirft Westdeutschland Handelsbeschränkungen und Kontrollen, die aufs schwerste die Lebensinteressen unseres Volkes, besonders der werktätigen Bevölkerung, bedrohen.
In dem bereits erwähnten Interview Dr. Adenauers findet man folgendes Frage- und Antwortspiel zwischen dem Korrespondenten und Dr. Adenauer:
Frage des Korrespondenten: Erfordert der Wohlstand Deutschlands Handelsbeziehungen mit den Ost-Staaten, den Ländern des Sowjetblocks?
Adenauer: Früher hatten wir einen regen Handelsaustausch mit dem Osten. Damals bestand eine große Nachfrage nach deutschen Waren. Wenn es die politische Entwicklung zuläßt, würde es unsere Lage bedeutend erleichtern, wenn wir durch Verkäufe an den Osten wieder etwas von unseren Waren absetzen könnten.
Nächste Frage: Sie bezogen sich auf die politische Entwicklung, die es gestatten könnte, erhöhten Handel mit dem Osten zu betreiben. An was für eine Entwicklung denken Sie dabei?
Adenauer: An die Atmosphäre zwischen den USA und Rußland; wenn sich diese Atmosphäre bessert, wäre mehr Handel möglich.
Dr. Adenauer gibt hiermit zu, daß die Entwicklung des Handels mit der Sowjet-Union und den Ländern der Volksdemokratien lebenswichtig für Deutschland ist. Die Entwicklung dieses Handels hängt jedoch nicht von der Atmosphäre zwischen den USA und der Sowjet-Union, sondern ausschließlich von den Beziehungen Deutschlands zu der Sowjet-Union und den Volksdemokratien ab. Wer die Interessen des deutschen Volkes den imperialistischen Interessen der USA unterordnet, wie Dr. Adenauer dies offensichtlich tut, schadet damit den nationalen Interessen des deutschen Volkes.
Dem Beitritt Westdeutschlands zur Europa-Union folgt unmittelbar der Beitritt zum Atlantikpakt Europa-Union und Atlantikpakt sind unlösbar miteinander verbunden. Der Atlantikpakt verfolgt Angriffsziele. Er besitzt einen aggressiven, kriegerischen Charakter. Offen verlangen amerikanische Politiker und Militärs, verlangt der englische Kriegshetzer Churchill eine aggressive Politik gegen die Sowjetunion und die volksdemokratischen Länder. Oft mit brutaler Offenheit erklärt Churchill: der größte Fehler der Sieger des ersten Weltkrieges sei gewesen, daß sie nicht damals schon die Sowjet-Union durch einen Schlag vernichtet hätten. Offen verlangt er die Zurückeroberung Ost-Europas. Ebenso offen erklären amerikanische Politiker, daß der Krieg heute für die USA günstiger sei als in einigen Jahren, da heute die Sowjet-Union angeblich noch nicht über genügend Atom-Bomben verfüge.
Bei der Durchführung ihrer Kriegspläne gedenken die amerikanischen Imperialisten wie in der Vergangenheit, andere Völker für ihre Interessen in den Krieg zu schicken. Darum sehen die Pläne der Atlantikpakt-Mächte vor, daß die USA Langstreckenbomber und Marinefahrzeuge zum Einsatz bringen, während die Infanterie von den europäischen kontinentalen Ländern gestellt werden soll. Vor allen Dingen soll die deutsche Jugend für den Infanteriedienst unter amerikanischem Kommando herangezogen werden. So schreibt Walter Lippmann, der bekannteste Publizist der USA am 7. Juni dieses Jahres:
Die Folgerung, daß die Londoner Beschlüsse
große Armeen von zwangsweise Einberufenen
in Frankreich, den Niederlanden und schließlich in Deutschland erforderlich machen, hat
Verzweiflung und Erbitterung hervorgerufen. Walter Lippmann spricht also von großen Armeen zwangsweise Einberufener in Westdeutschland. Und in der Tat, dieses wäre eine unmittelbare Folge des Beitritts Westdeutschlands zur Europa-Union.
Die Bereitschaft dazu hat Dr. Adenauer in seinem berüchtigten Interview im Herbst des vergangenen Jahres ausdrücklich gegeben. Die Aufstellung der von ihm geforderten Bundespolizei soll heute schon dazu dienen, die nötigen Ausbildungskader für ein zukünftiges deutsches Kontingent in einer europäischen Wehrmacht zu schaffen. Der Korrespondent der „Frankfurter Neuen Presse" berichtet aus Washington darüber:
In Washington befürworten Militärkreise die sofortige Organisation einer deutschen Bundespolizei, die den Kern für die späteren Ausbildungskader eines deutschen militärischen Kontingents zur Verteidigung Europas bilden würde.
Die Kriegsvorbereitungen des amerikanischen Imperialismus sind so offensichtlich geworden, daß kein aufrichtig denkender und den Frieden wünschender Mensch davor die Augen verschließen kann. Dies kommt nicht zuletzt auch zum Ausdruck in der Erklärung des Chefkorrespondenten des Reuter-Büros in Berlin, der nicht gewillt ist, noch länger die von seinen Auftraggebern gewünschten Lügenberichte anzufertigen, und erklärt, er weigere sich, der Komplice der amerikanischen Kriegshetzer zu sein.
Ebenso offensichtlich wie die Kriegsvorbereitungen des amerikanischen Imperialismus ist die Friedenspolitik der Sozialistischen Sowjet-Union.
Die Sowjetunion hat in ihrer ganzen Geschichte noch keinen Krieg gegen andere Völker begonnen.
Vom ersten Tage ihrer Existenz steht die sowjetische Außenpolitik im Zeichen des Kampfes für den Frieden.
In den Vereinten Nationen, die durch den Atlantikpakt mehr und mehr lahmgelegt werden, ist die Sowjetunion für das Verbot der Atomwaffe und für die Einrichtung einer strengen internationalen Kontrolle über die Durchführung dieses Verbots eingetreten. Sie schlug den Großmächten die Herabsetzung aller Kriegsrüstungen und Militärausgaben vor. Sie forderte in bezug auf Deutschland den Abschluß eines gerechten Friedensvertrags und den Abzug aller Besatzungstruppen aus ganz Deutschland. Diese Forderung würde bei ihrer Verwirklichung der Menschheit und insbesondere auch dem deutschen Volk einen dauerhaften Frieden garantieren.
Die Durchführung dieser Forderungen der Sowj etunion, insbesondere für Deutschland, fürchtet Herr Dr. Adenauer — und Herr Becker hat es hier offen ausgesprochen —, damit seiner Regierung nicht der Boden unter den Füßen genommen wird. Er betreibt mit dem Eintritt Westdeutschlands in die Europa-Union und dem Anschluß an den Atlantikpakt die Aufrechterhaltung der militärischen Besetzung Deutschlands auf lange Zeit und die Einbeziehung Westdeutschlands in die Kriegspläne der amerikanischen Imperialisten. Diese Kriegsziele
aber liegen nicht im Interesse des deutschen Volkes.
Der Anschluß an die Europa-Union vertieft die
Spaltung, verstärkt die Remilitarisierung, soll die
Kriegsvorbereitungen erleichtern. Das deutsche
Volk aber braucht seine Einheit und den Frieden.