Meine Damen und Herren! Ich beantrage für meine Fraktion, die Ausschußanträge anzunehmen. Die Rentabilität des Haus- und Grundbesitzes ist eine so vielseitig diskutierte und auch so vielseitig und nicht nur von Interessentengruppen untersuchte Frage, daß das, was hier heute vorgetragen worden ist, doch nicht recht glaubhaft erscheint. Wir solten uns nur eins einmal klarmachen. Wir haben heute die Situation, daß das allgemeine Mietpreisniveau durch die Stopp-Preisverordnung von 1936 auf einen Satz von 120 % der Miete von 1914 festgelegt worden ist. Ein paar kleine Varianten, die ausnahmsweise hier zugelassen sind, will ich in den Hintergrund stellen. Wir haben also die Situation, daß wir eine Miete haben, die höre und schreibe 120 % von 1914 ist. Wenn wir das einmal mit dem allgemeinen Ansteigen nicht nur der anderen Lebenshaltungskosten vergleichen, sondern auch mit dem Einkommen, wenn ich darauf hinweisen darf, daß gemessen an 1938 allein das Durchschnittseinkommen bei ungefähr 160 liegt,
— an 1938 aber gemessen, dann ist hier eine Situation gegeben, die ganz zweifellos beweist, daß von seiten des Haus- und Grundbesitzes, also der Hauseigentümer, seit langen Jahren finanzielle Opfer gebracht werden, welche ganz außergewöhnlich sind und die dazu benutzt worden sind, um praktisch das Realeinkommen zu Lasten einer bestimmten Schicht zu erhöhen.
Sehen wir uns diese Schicht nun einmal in ihrer Struktur an. Man ist so in der flüchtigen Diskussion gern geneigt, anzunehmen, daß es sich bei den Haus- und Grundbesitzern im allgemeinen um vermögende Menschen handelt. So sind die Dinge aber ja nun nicht. Gewiß, es gibt vermögende Hau und Grundbesitzer. Aber die breite Schicht der deutschen Menschen hat bereits früher sehr gern mühselige Ersparnisse in Hausbesitz angelegt, um daraus eine Lebensrente zu bekommen. Diese Menschen sind - wenn wir uns erinnern, daß wir in der Miethöhe an 1914 gebunden sind — durch zwei Inflationen im wesentlichen um ihr sonstiges Ver mögen gebracht worden,
so daß sie heute gezwungen sind, zu einem wesentlichen Teil ihre Einnahmen aus den Mieten zu haben. Diese Einnahmen genügen aber nicht.
Ich kenne sehr gut die haus- und grundbesitzerliche Struktur im Ruhrrevier, und ich kann aus der persönlichen Kenntnis der Dinge sagen, daß die große Mehrzahl der Haus- und Grundbesitzer Kleinrentnerschichten sind, sehr viele arme, kleinverdienende Leute, auch sehr viele Arbeiter, auch sehr viele Angehörige Ihrer Parteien,
welche sich mit wenigen Ersparnissen ein Häuschen hingestellt und geglaubt haben, durch die Vermietung die Unkosten etwas niedriger gestalten zu können.
Ich weiß aus zahlreichen Haus- und Grundbesitzervereinen, daß es dort nicht möglich ist, die Beiträge, wie das sachlich infolge der allgemeinen Unkostensteigerung gegenüber den Friedensbeiträgen notwendig wäre, auch nur um 50 Pfennig monatlich zu erhöhen, weil die Kassierer übereinstimmend erklären, daß das Geld in breiten Schichten dazu nicht da ist.
Wenn man nun erstmalig nach dem Kriege hingegangen ist und allgemeine Erhöhungen abgewälzt hat, dann war es eine erste Erleichterung, die hier gewährt wurde und um deren Aufhebung es augenblicklich geht.
Ich kann Ihnen sagen, meine sehr verehrten Herren von dieser Seite des Hauses,
daß gerade aus Ihren Kreisen Dutzende von Leuten mir gegenüber ihre Empörung darüber zum Ausdruck gebracht haben, daß ausgerechnet in dieser Situation ein solcher Antrag von Ihrer Seite gekommen ist. Das müssen Sie sehen und das müssen Sie wissen.
Es ist ja auch gar nicht richtig, daß der Hausund Grundbesitz rentabel ist. Es ist hier schon gesagt worden: Ja, die Leute haben ihre Sachwerte gerettet! Bitte sehr, wer die letzten Diskussionen über den Lastenausgleich verfolgt hat, weiß, daß der so gerettete Haus- und Grundbesitz mit mindestens 50 % seines Wertes für den Lastenausgleich belastet werden soll, das nicht gerechnet, was an Vermögensabgaben, an Vermögensteuer für den Lastenausgleich nächstens herangezogen wird. Also nach der Seite hin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Dinge durch das, was demnächst durch den Lastenausgleich praktiziert wird. ja bereits in Ordnung gebracht.
Nun hat Herr Klabunde, dessen Sachkenntnis bei diesen Dingen sicherlich nicht zu unterschätzen ist, hier eine Rechnung aufgemacht, die mich allerdings außerordentlich überrascht hat. Er hat gesagt: Ja, der Haus- und Grundbesitz ist ja gar nicht mehr unrentabel; denn da, wo eine Unterbilanz ist, kann er über die Umstellungsgrundschuld mühelos diese Unterbilanz durch entsprechende Stundungsanträge erledigen. Sehr verehrter Herr Klabunde! Ich glaube, so kann man volkswirtschaftlich nicht rechnen. Und Sie sind - das Kompliment möchte ich Ihnen machen -
doch viel zu klug, um nicht zu wissen, daß man so auch nicht rechnen darf; denn ein Vermögen, das volkswirtschaftlich angelegt ist und sich nicht mehr rentiert, ist volkswirtschaftlich verloren. Hier machen Sie nun das Rechenkunststück, daß Sie sagen: Die Beträge, die über Umstellungsgrundschulden, die berühmte Staatsgrundschuld, nicht rentierlich gestellt werden können, können wir ja stunden, und die werden gestundet. Daß das nicht ganz so stimmt, hat Ihnen bereits Herr Dr. Preusker nachgewiesen. Aber dadurch wird ja die Rentabilität nicht hergestellt! Damit begehen Sie das Kunststück der Vernichtung eines großen Teils des Wertes unseres heutigen Grundbesitzes; denn Sie drücken diesen Wert dadurch auf ein Niveau herab, bei welchem die deutsche Volkswirtschaft eines großen Teils ihrer effektiven Werte beraubt würde. Also so kann man es nicht machen. Aber Sie machen einen zweiten Fehler in dieser Geschichte; denn gerade Sie wissen ganz genau, daß das Einkommen aus den Umstellungsgrundschulden in Höhe von rund 250 Millionen DM für den sozialen Wohnungsbau herangezogen wird. Wenn Sie nun hier plötzlich die Quelle zweimal ausschöpfen wollen - und das wollen Sie ganz offenbar —, dann weiß ich allerdings nicht, wie Sie rechnungsmäßig zurecht kommen wollen. Ich glaube also, daß man die Dinge so einfach nicht sehen darf.
Die Bestimmung, die hier aufgehoben werden soll, ist bereits seit längerer Zeit in Kraft, und ich habe nirgendwo gehört, daß die Abwälzung der entsprechenden Grundsteuererhöhungen zu irgendwelchen unerträglichen Zuständen geführt hätte. Ich habe aber sehr wohl gehört, daß diese Abwälzung manchem armen Teufel etwas mehr
Brot in den Kasten gebracht hat, als er vorher
darin hatte. Das sollte man hier nicht vergessen, und das sollte man mit aller Deutlichkeit
sehen und sollte man entsprechend respektieren.
Zu den Vorschlägen von Herrn Kollegen Paul möchte ich sagen, daß mich diese Vorschläge überraschen. Man kann natürlich sagen: Weil die Grundsteuererhöhungen umgelegt werden, tritt praktisch eine Mieterhöhung ein. Das ist logisch selbstverständlich richtig.
Ich könnte mir aber etwas anderes vorstellen, was sehr wesentlich wäre, daß man nämlich die Grundsteuererhöhungen nicht macht, um auf diese Weise Mieterhöhungen zu umgehen. Hier haben wir zum erstenmal wieder durch die parlamentarische Kontrolle in den Stadtparlamenten dafür zu sorgen, daß nicht durch unsinnige Erhöhungen von Steuern und durch eine unsinnige und wilde Ausgabenwirtschaft die Bevölkerung in allen ihren Schichten, ob Vermieter oder Mieter, herangezogen wird. Aus diesem Grunde sollte man gerade diese Seite, die von dem Kollegen Paul hier diskutiert worden ist, sehr in den Mittelpunkt der Dinge stellen und dahin drücken, daß eben die Grundsteuererhöhungen nicht vorgenommen werden.
Ich kann für die Stadt Duisburg, aus der ich komme und deren Ratsherr ich noch bin, darauf hinweisen, daß wir von der Landesregierung geradezu gezwungen worden sind, die Grundsteuererhöhung vorzunehmen. Es ist uns gesagt worden, daß wir sonst gewisse andere Ausgleiche nicht bekommen. So kann man nicht verfahren, das halte ich für einen schwerwiegenden Fehler. Und weil hier dieser Weg der Umlegung zum ersten Male wieder eine Kontrolle ermöglicht und breite Schichten der Bevölkerung auf diese Kontrolle hinweist, hat auch aus diesem Nebenwirkungsgrund jedenfalls die Argumentation keinen Platz, die Herr Kollege Paul hier vorgetragen hat.
Ich fasse zusammen. Nach der Struktur der Bevölkerung umfassen die Haus- und Grundbesitzer weitgehend alle Schichten, vom ärmsten Arbeiter bis zum vermögenden Menschen. Wir sind nach der derzeitigen Miethöhe mit dieser bescheidenen ersten Möglichkeit, einmal die zusätzlichen Lasten auf alle umzulegen, natürlich auch auf diejenigen Haus- und Grundbesitzer, die in den Häusern wohnen, zum erstenmal den Weg gegangen, der die Dinge gerecht verteilt. Ich bitte daher, dem Ausschußantrag stattzugeben.