Meine Damen und Herren! Die Tatsache, daß der Bericht zu der vorliegenden Drucksache vom Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens erstattet wird und daß auch dieser Ausschuß den Antrag formuliert hat, könnte zu der Auffassung führen, daß es uns nur darauf ankommt, die Verbraucher vor solchen Fälschungen zu schützen, die gesundheitsschädigend wirken könnten. Ich glaube aber, daß wir darüber hinaus die Pflicht haben, die Verbraucherschaft auch vor solchen Fälschungen zu bewahren, die zwar nicht gesundheitsschädlich sind, die aber immerhin eine wirtschaftliche Schädigung des Verbrauchers bedeuten.
Wir sind daher der Auffassung, daß die Regierung den Abs. 2 des Beschlusses des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens so auffassen muß, daß sie auch Maßnahmen ergreift, die Fälschungen von Nahrungs- und Genußmitteln verhindern, die eine wirtschaftliche Schädigung bedeuten und in vielen Fällen den Tatbestand des Betruges erfüllen. Wenn beispielsweise, wie es vor einiger Zeit der Fall war, in großem Maße Kakaoschalen dem Kakao beigemischt werden, so ist das eine sehr erhebliche Schädigung des Verbrauchers. Wenn weiterhin, wie mir z. B. vor einigen Tagen mitgeteilt wurde, dem sogenannten Eierlikör als Streckungsmittel Puddingpulver hinzugesetzt wird, um dadurch eine dickere Flüssigkeit zu schaffen, so ist auch das eine unzulässige Fälschung. Ebenso kann man sehr häufig beobachten, daß beispielsweise unter der Bezeichnung „Echte Mayonnaise" ein Nahrungsmittel in den Handel gebracht wird, das in einem Maße mit Streckungsmitteln durchsetzt ist, das es nicht mehr rechtfertigt, dieses Nahrungsmittel ohne weitere Deklaration als Mayonnaise oder gar als echte Mayonnaise zu bezeichnen.
Darüber hinaus müssen wir aber die Verbraucher auch davor bewahren, daß sie durch irreführende, durch vorschriftswidrige oder durch mangelhafte Kennzeichnung in ihren berechtigten Interessen geschädigt werden. Wenn man durch die Geschäftsstraßen geht und ab und zu darauf achtet, was in den Auslagen ausgestellt wird, dann kann man in sehr erheblichem Maße finden, daß beispielsweise Käse als „besonders gut", sogar als „allerfeinst" angeboten wird, aber ohne die vorgeschriebene Kennzeichnung des Fettgehalts. Insofern wird die Hausfrau sehr häufig über den Wert der Ware, die sie kauft, getäuscht. Es wird ihr halbfette Ware in die Hand gedrückt, während sie annimmt, eine dreiviertelfette oder vollfette Ware zu kaufen. Das gleiche gilt beispielsweise bezüglich der Milch. Wenn nicht gekennzeichnet wird, ob es sich um Magermilch, Trinkmilch oder Vollmilch handelt, wenn man beispielsweise, wie es in der Nazizeit üblich war, die Magermilch als Frischmilch bezeichnet, um dadurch den Verbraucher über den Nährwert der Ware zu täuschen, so ist das eine gleiche Irreführung; ich möchte es sogar darüber hinaus als groben unlauteren Wettbewerb bezeichnen. Das dürfte es sein, wenn eine große Margarinefabrik in ihrer Reklame die Hausfrauen über den Wert dieses Nahrungsmittels zu täuschen versucht, indem sie behauptet, daß das best e. Mittel zur Kräftigung der Kinder die Margarine sei.
Auf einem ganz anderen Gebiet habe ich kürzlich auch hier in der Nähe festgestellt, daß die Kennzeichnungsvorschriften nicht eingehalten werden. Ich sah in einem Geschäft Weinbrandverschnitt mit Schwarzdruck-Streifen ausgestellt. Nach den Bestimmungen - und diese Bestimmungen sind bewußt erlassen worden - muß Verschnitt mit Rotdruck gekennzeichnet sein. Auch das ist eine bewußte Irreführung des Verbrauchers. Darüber hinaus ist es auch unlauterer Wettbewerb gegenüber dem ehrlichen Handel, der zur unbedingten Einhaltung dieser Vorschriften bereit ist.
Ähnlich liegen die Dinge hinsichtlich der Qualitätsbezeichnungen auf dem Gebiet der Textilien. Auch da werden nicht in vollem Maße Klarheit und Wahrheit eingehalten, sondern Bezeichnungen gewählt, die zweifellos absichtlich den Käufer irreführen sollen.
Ferner ist wieder die Übung eingerissen, Waren minderer Güte als Waren feinster oder gar allerfeinster Qualität zu bezeichnen, also nicht nur den Superlativ, sondern einen Supersuperlativ anzuwenden. Auch dagegen sollte man im Interesse der Verbraucher einschreiten.
Alle von uns geforderten Maßnahmen bilden nun nicht nur einen Schutz des Verbrauchers, sondern sie dienen darüber hinaus auch in weitestem Maße dem Schutz des anständigen und ehrlichen Handels gegenüber den Teilen des Handels, die nicht bereit sind, ihren Beruf im Interesse der Verbraucher auszuüben.
Aus allen diesen Gründen wünschen meine politischen Freunde, daß die Regierung den zweiten Absatz des Antrages dahin auffaßt, daß die notwendigen Maßnahmen auch auf den bezeichneten Gebieten im Interesse der Verbraucher und des ehrlichen Handels durchgeführt werden.