Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abänderungsantrag der FDP, die Frist, die der Ausschuß einstimmig auf den 1. Juli festgesetzt hat, um einen Monat zu verlängern, ist meines Erachtens nicht sachlich begründet. Der Herr Bundesfinanzminister hat zwar erklärt, es sei in dieser kurzen Frist nicht möglich, die technischen Unterlagen für die Senkung der Steuern herbeizuschaffen; aber wenn man sich einmal überlegt, welche technischen Unterlagen dazu erforderlich sind, wird man ohne weiteres gewahr, daß die technischen Unterlagen längst vorhanden sind. In unseren Beratungen im Finanz- und Steuerausschuß sind wir ja doch erst dann zu diesem einstimmigen Beschluß gekommen, nachdem wir die Verbrauchszahlen aus früheren Jahren eingehend geprüft hatten und insbesondere auch bei der Zigarettensteuer den Erfolg einer entsprechenden Senkung durch die Regierung Brüning kennengelernt haben. Alle diese Erfahrungen aus der Vergangenheit stehen genau wie uns im Finanzausschuß auch dem Herrn Bundesfinanzminister zur Verfügung. Auch er weiß, daß der Kaffeeverbrauch 0,6 kg pro Jahr und Kopf beträgt, während er vor dem Krieg 2,5 kg betragen hat und daß man auf dem Schwarzen Markt wahrscheinlich einen Verbrauch von weiteren 0,6 kg einzusetzen hat. Auch er weiß, daß mit
einer Senkung der Preise für Röstkaffee ein höherer Verbrauch zu erwarten ist. Auch er weiß, mit welchen Zahlen des Einkommens er ungefähr zu rechnen hat. All diese Unterlagen braucht er nicht erst zu sammeln, sondern das sind die Unterlagen über die Erfahrungen, die in der Vergangenheit gemacht worden sind; und diese Erfahrungen berechtigten uns eben nach unserer Ansicht, diesen Beschluß zu fassen. Deshalb haben wir die Frist von drei Wochen festgesetzt, die nur den Sinn hat, die technische Voraussetzung für die Formulierung eines Gesetzes zu schaffen, nicht mehr und nicht weniger.
Ich habe auch in den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers nichts davon gehört, daß er im einzelnen auf das Material, das ihm etwa noch fehlte, eingegangen wäre. Wenn er damit meint, daß er warten müßte, ob seine Schmuggelbekämpfungsaktion den von ihm erwarteten Erfolg haben wird oder nicht, dann allerdings trennen sich unsere Wege; denn es ist so, daß der Ausschuß der Ansicht war, daß es nicht möglich sei, nur von der Bekämpfung des Schmuggels eine Verbesserung auf diesem Sektor zu erwarten.
Wenn der Herr Bundesfinanzminister gleichzeitig einen moralischen Appell zur Bekämpfung der Steuerhehlerei ausgesprochen hat, so ist das gewiß sehr lobenswert, aber ob es nützlich ist, müssen wir uns doch sehr fragen. Die Steuerhehlerei ist ein Kapitel des Schwarzen Marktes; und die Bundesregierung ist auch sonst immer bei der Hand, zu erklären, daß eine Bekämpfung des Schwarzen Marktes nur mit marktgemäßen Mitteln möglich sei. Auf einmal soll es hier mit Polizeimitteln möglich sein! Ich finde, daß hier ein großer Widerspruch zwischen dem, was uns sonst wiederholt gerade von der Bundesregierung vorgetragen worden ist, und der heutigen Erklärung besteht.
Die Gefährdung der sozialen Leistung, die vom Herrn Bundesfinanzminister schon hervorgehoben worden ist, kommt nach Ansicht des Ausschusses gar nicht in Frage, da bei einer Senkung der Steuern auf das von uns vorgesehene Maß das Aufkommen an den indirekten Steuern, an den Verbrauchssteuern nicht sinken, sondern steigen wird. Man kannt damit rechnen, daß sich der Kaffee- und Rauchtabakwarenverbrauch den Vorkriegsziffern wieder annähern und auf diese Art und Weise insgesamt ein höheres Aufkommen zu erzielen sein wird.
Ich glaube deshalb, daß der Antrag des Ausschusses unverändert angenommen werden sollte.