Rede von
Rudolf
Kohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß die Ausführungen des Herrn Finanzministers in irgendeiner Form überzeugend gewesen sind. Ich glaube es deshalb auch nicht, weil vor allen Dingen der Grundton der Ausführungen darauf abgestellt war, auf die Tränendrüsen zu drücken und zu sagen: wenn wir den Schmuggel energisch bekämpfen und dadurch ein höheres Steueraufkommen erhalten, werden wir all die sozialpolitischen Wünsche befriedigen können, die an uns herangetragen werden. Ich glaube, daß bisher von seiten dieser Regierung noch nicht der Beweis erbracht worden ist, daß sie sich den Bedürfnissen und Erfordernissen, nehmen wir einmal an,
der Körpergeschädigten, der Witwen und Waisen gegenüber auch nur irgendwie etwas großzügig gezeigt hätte. Der Herr Bundesfinanzminister hat zwar in den letzten Wochen und Monaten in einer ganzen Reihe von Veranstaltungen — nicht etwa der Gewerkschaften oder der Arbeiterschaft, sonder Industrie- und Handelskammern und all der Kreise, die zum Besitz zählen — außerordentlich große Versprechungen gemacht. Er sprach davon, daß bis Ende des Jahres 1950 eine zweite entscheidende Steuerreform kommen müsse. Er sprach weiter davon, daß der kommende Lastenausgleich nicht zu einer Belastung der Wirtschaft werden dürfe, und er sprach von all diesen Fragen, die sich um diese Steuerpolitik des Herrn Finanzministers herumgruppiert haben. Wenn er jetzt aber hier die Meinung vertritt, daß es technisch unmöglich ist, bis zum 1. Juli die Unterlagen zu sammeln, so bin ich der Auffassung, daß das, um was es hier eigentlich geht, nicht eine rein rechnerische Angelegenheit ist, sondern eine Angelegenheit der Beseitigung unmoralischer und ungerechter Massensteuern, die erhoben werden.
Wir sind nicht der illusionären Auffassung, daß sich nun mit einer Bekämpfung des Schmuggels — und ich beneide den Herrn Finanzminister um seinen Optimismus in dieser Frage — mit Hilfe der Hohen Kommissare, indem man den Bock zum Gärtner macht, irgend etwas ändert, sondern wir sind der Meinung, daß die Frage nicht eine Frage des Schmuggels allein, sondern eben eine Frage der Änderung einer Steuerpolitik ist, die einfach nicht mehr erträglich ist. Deswegen glauben wir, daß das gesamte Beiwerk, das dieser Antrag vorsieht, ruhig beiseite bleiben könnte. Für uns ist entscheidend, daß der einhellige Wille des Bundestags auch den Herrn Finanzminister zwingen sollte, den Willen der Bevölkerung zu respektieren und dafür zu sorgen, daß am 1. Juli wirklich ein Gesetz vorgelegt wird, das mit einer Massensteuerpolitik Schluß macht, die nicht mehr verantwortet werden kann.