Rede von
Gustav
Herbig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Antrag des Aus- schusses für Finanz- und Steuerfragen wurde auch von unserer Fraktion gebilligt. Damit soll aber keineswegs zum Ausdruck gebracht werden, daß wir etwa auch die Steuerpolitik der Regierung billigen. Wir haben zu der Steuerpolitik der Regierung bis heute noch kein Vertrauen. Wenn der Herr Finanzminister glaubt, die Herabsetzung der Verbrauchssteuern für Genußmittel — das sind Tabak, Kaffee, Tee, denen ich noch Schokolade und Kakao anfügen möchte - ausschließlich oder hauptsächlich dadurch erreichen zu können, daß er den Schmuggel bekämpft, so geht er nach unserem Dafürhalten irre. An sich ist es für einen Finanzminister begreiflich, wenn er erst in zweiter Linie daran denkt, Verbrauchssteuern herabzusetzen. Aber Schmuggelbekämpfung heißt noch lange nicht, daß man auch die Preise herabsetzen kann, sondern bedeutet lediglich, daß man den Leuten, die sich mit dem Herüberbringen dieser Genußmittel über die Grenze befassen, den Verdienst schmälert oder unmöglich macht. Damit ist aber keineswegs eine Herabsetzung der Preise für Genußmittel verbunden.
Nun haben Waren, die vor nicht allzulanger Zeit als Luxus hingestellt wurden, insbesondere Genußmittel, schon längst aufgehört, Luxuswaren zu sein. Tabak, Kaffee und Tee sind Volksnahrungsmittel geworden, ähnlich wie wir das vom Bier hörten, dem „flüssigen Brot" der Bayern, das in Herrn Horlacher einen so äußerst beredten Verteidiger gefunden hat. Die Preise für die Genußmittel also können wir nur herabdrücken, wenn wir die Verbrauchssteuern, die für diese Genußmittel unverhältnismäßig groß sind, herabsetzen.
Wenn also dieser Antrag heute die Unterschrift aller Fraktionen des Parlaments trägt, so hat der
Herr Bundesfinanzminister noch keineswegs Anlaß zu einer besonderen Freude über diese Einmütigkeit. Nach meinem Dafürhalten hat die Regierung kaum je einen deutlicheren Verweis bekommen als in diesem Antrag. Die Regierung hatte Zeit genug, sich die Dinge zu überlegen und über den Weg schlüssig zu werden, den sie beschreiten wollte, um die hohen Preise für Genußmittel herabzusetzen.
Es ist ihr aber bisher noch nicht eingefallen, diesen Weg zu gehen. Sie hat sich nicht die Zeit dazu genommen, nicht einmal soviel Zeit, wie sie verwandt hat, um uns vor kurzem das Gesetz über die Reform der Einkommensteuer vorzulegen, jener unsozialen Steuer, der unsozialsten, die wir bisher hatten.