Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz, aber aus einer dringenden Sorge zu dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 964 Stellung nehmen. Dieser Antrag geht grundsätzlich davon aus, daß er die Maßnahmen zur Bekämpfung des Schmuggelunwesens begrüßt und billigt und ihnen einen Erfolg wünscht. Er kommt aber dann doch zu dem Ergebnis, daß die Bundesregierung ersucht werden soll, den gesetzgebenden Körperschaften bis zum 1. Juli 1950 Gesetzentwürfe über eine ausreichende Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer vorzulegen.
Meine Damen und Herren, ich halte es technisch nicht für möglich, den Termin vom 1. Juli 1950 einzuhalten. Ich muß erstens darauf hinweisen, daß die Tabak- und Kaffeesteuer mit einem erwarteten Betrag von insgesamt fast 21/2 Milliarden im Haushalt des Bundes steht und daß eine Gesetzgebung, die diese Milliardeneinnahme des Bundes plötzlich durch eine Steuersenkung einem großen Risiko aussetzt, zuerst genau überlegt werden muß. Auch die Unterlagen für eine solche Steuersenkung müßten in ihrer finanziellen Auswirkung genau geprüft werden. Diese Unterlagen sind, abgesehen von den Eingaben, die die interessierten Kreise selbst gemacht haben, bis jetzt noch nicht zuverlässig vorhanden. Diese Unterlagen über die Auswirkung von Steuersenkungen, die für sich allein ausreichen sollten, den Schmuggel dadurch zu verhindern, daß dem Schmuggler jede Gewinnmöglichkeit genommen wird, sind, wie gesagt, bis jetzt nicht vorhanden und auch bis zum 1. Juli 1950 nicht zu gewinnen.
Ein zweiter Gesichtspunkt, der wohl auch von dem Hause gewürdigt werden muß, ist folgender. Wir haben den Kampf gegen das Schmuggelunwesen begonnen, und zwar, wie ich immer wieder ausdrücklich hervorheben muß, nicht allein wegen der Schmugglerwaren Kaffee und Zigaretten, sondern wegen eines ganzen Blütenkranzes von Schmuggelwaren, wobei Kaffee und Zigaretten wertmäßig die kleinere Hälfte der geschätzten Schmuggelwaren ausmachen. Dieser Kampf gegen das Schmuggelunwesen muß aus allgemein-volkswirtschaftlichen Gründen und auch, ich möchte sagen, aus Gründen der Moral des deutschen Volkes geführt werden; und er wird nach den Zusagen, die ich aus jüngster Zeit habe, hoffentlich mit der notwendigen Unterstützung der Besatzungsmächte geführt werden können.
Wenn ich den Antrag Drucksache Nr. 964 richtig verstehe, geht er davon aus, daß im Kampf gegen den Schmuggel die Maßnahmen, die von der Bundesregierung mit Unterstützung der Besatzungsmächte geplant sind, nicht ausreichen, um das Schmuggelunwesen wirklich auszurotten, und daß deshalb die Senkung der Steuer dazukommen müsse. Ob diese hier unterstellte Voraussetzung zutrifft, das kann unmöglich bis zum 1. Juli 1950 entschieden sein. Wir haben heute den 2. Juni 1950. Selbst wenn es in den nächsten Wochen gelingt, die volle Unterstützung der Besatzungsmächte für all die Maßnahmen zu erhalten, die ich vorgeschlagen habe, so ist es doch ausgeschlossen, daß bis zum 30. Juni 1950 ein wirkliches Bild über den Erfolg der Bestrebungen, das Schmuggelunwesen auszurotten, vorliegen kann.
Wenn aber die Bundesregierung von sich aus Gesetzentwürfe vorlegt — und sie müßte ja die Gesetzentwürfe vorlegen —, die den Schmuggel dadurch bekämpfen wollen, daß die Steuersenkung eine Preisverbilligung erzielt, die dem Schmuggler die Gewinnmöglichkeiten nimmt, so wird das in der Öffentlichkeit und wohl auch im Ausland dahin gedeutet werden, daß die Bundesregierung den Kampf gegen das Schmuggelunwesen als erfolglos aufgibt oder einstellt. Das würde wahrscheinlich zur Folge haben, daß die erbetene und jetzt in Aussicht gestellte Unterstützung der Besatzungsmächte bei diesen Maßnahmen nicht mehr gegeben würde.
Ich möchte deshalb dringend bitten, an dem Termin vom 1. Juli 1950 nicht festzuhalten, sondern einen Termin zu wählen, der technisch möglich ist und die notwendige Zeitspanne gibt, um sich auch ein Bild darüber zu machen, ob der Kampf gegen das Unwesen des Schmuggels mit Erfolg geführt werden kann oder nicht.
Ich darf noch einige Sätze anfügen. Die Bundesregierung hat erwartet, daß der Appell, den sie an die Öffentlichkeit gerichtet hat und der von den Oberfinanzpräsidenten in diesen Tagen erneut an die deutsche Bevölkerung gerichtet wird, den Schmuggel nicht durch Steuerhehlerei zu unterstützen, von der deutschen Bevölkerung als selbstverständlich entgegengenommen wird. Ich bedauere es, wenn in der deutschen Presse Artikel erscheinen, wie es vor einigen Tagen in der „Welt" der Fall gewesen ist, die den Schmuggel, ich möchte sagen, als „volkswirtschaftlich nützlich" zu rechtfertigen und zu verteidigen suchen.
Ich möchte dem Hohen Hause nur ein Beispiel sagen. Der Schmuggel kostet dem deutschen Volk an Zoll- und Steuerausfall rund 800 Millionen DM im Jahr. Sie werden in den nächsten Tagen die Übersicht, die bereits an das Präsidium des Deutschen Bundestags abgegangen sein muß, über die
Haushaltslage von Bund und Ländern und über die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit, all die Ansprüche zu erfüllen, die an den Bund herangetragen werden, erhalten. Sie werden daraus ersehen, daß, so groß die Leistungen im Haushalt für gewisse soziale Aufgaben auch ziffernmäßig erscheinen mögen — ich erinnere nur an die Worte Kriegsversehrte, Kriegerwitwen und Kriegerwaisen —, diese Leistungen für den einzelnen Betroffenen doch relativ klein sind, und wir alle in diesem Hohen Hause, sowohl die Bundesregierung als auch sämtliche politischen Parteien, wünschen, daß wir mehr Mittel zur Verfügung hätten, um diese Aufgaben zu erfüllen. Wir haben diese Mittel — es handelt sich um einen Betrag von 800 Millionen DM — nicht, weil das Schmuggelunwesen durch die Steuerhehlerei des deutschen Volkes mit gefördert wird!
Ich möchte einmal einen öffentlichen Appell an alle diejenigen richten, die glauben, den Schmuggel verteidigen zu müssen, und glauben, sich darüber freuen zu müssen, wenn der Kaffeetrinker und Zigarettenraucher dem Gesetz, dem Staat und dem Zoll ein Schnippchen schlägt. Alle diese mögen sich daran erinnern, daß derjenige, der die Steuerhehlerei begeht und den Staat um seine Einnahmen bringt, damit diese Einnahmen denen wegnimmt, denen sie zugedacht werden könnten: den Kriegerwitwen, den Kriegswaisen und den Kriegsversehrten! Ich glaube, daß dann eine deutsche Presse diese Steuerhehlerei nicht mehr verteidigen würde.